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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_486/2007/leb 
 
Urteil 20. November 2007 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Karlen, 
Gerichtsschreiber Küng. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch 
Rechtsanwalt Daniel Gysi, 
 
gegen 
 
Justiz- und Polizeidepartement des Kantons 
St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen, 
Beschwerdegegner, 
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Ausweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 4. Juli 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der mazedonische Staatsangehörige X.________ (geb. 1986) kam im Rahmen des Familiennachzuges 1994 in die Schweiz und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung. Seine Eltern und ein Bruder verfügen über eine Niederlassungsbewilligung. Zwischen 1998 und 2004 beging er zahlreiche Straftaten, insbesondere Vermögens- und Betäubungsmitteldelikte, aber auch Gewaltdelikte, namentlich Raubüberfälle und die mit einem Mittäter verübte Vergewaltigung einer etwa gleichaltrigen Jugendlichen im Mai 2003. Seit 1998 war X.________ vorwiegend in Heimen und Erziehungs- sowie Massnahmevollzugsanstalten untergebracht. Im Dezember 2006 entliess ihn die Jugendanwaltschaft St. Gallen wegen Massnahmeunfähigkeit definitiv aus einer Heimeinweisung. 
 
Am 2. Februar 2007 wies das kantonale Ausländeramt X.________ für die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus. Auf seinen Rekurs hin setzte das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen die Dauer der Massnahme auf fünf Jahre herab. Die dagegen erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg. 
 
Das Kreisgericht St. Gallen verurteilte X.________ am 19. April 2007 wegen Diebstahls, mehrfachen versuchten Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen versuchten und mehrfachen vollendeten Hausfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. 
 
X.________ wurde Ende April 2007 aus der Schweiz ausgeschafft. 
B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. September 2007 beantragt X.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 4. Juli 2007 aufzuheben und auf seine Ausweisung zu verzichten. 
 
Das Justiz- und Polizeidepartement sowie das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen beantragen unter Hinweis auf das angefochtene Urteil Abweisung der Beschwerde. 
 
Das Bundesamt für Migration beantragt ebenfalls, die Beschwerde abzuweisen. 
 
Erwägungen: 
1. 
1.1 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) kann ein Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Ebenso kann der Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Verhalten im Allgemeinen und seine Handlungen darauf schliessen lassen, dass er nicht gewillt oder nicht fähig ist, sich in die im Gaststaat geltende Ordnung einzufügen (Art. 10 Abs. 1 lit. b ANAG). 
 
Die Ausweisung soll jedoch nur ausgesprochen werden, wenn die nach Art. 11 Abs. 3 ANAG gebotene Interessenabwägung diese Massnahme als verhältnismässig erscheinen lässt. Dabei sind namentlich die Schwere seines Verschuldens, die Dauer der Anwesenheit sowie die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum ANAG [ANAV; SR 142.201]). 
 
Je länger ein Ausländer in der Schweiz lebt, desto strengere Anforderungen sind grundsätzlich an die Voraussetzungen einer Ausweisung zu stellen. Selbst bei einem Ausländer, der bereits hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben in der Schweiz verbracht hat ("Ausländer der zweiten Generation"), ist bei Gewaltdelikten bzw. wiederholter schwerer Straffälligkeit eine solche indessen nicht ausgeschlossen (BGE 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190, mit Hinweisen). Der heute 21-jährige Beschwerdeführer ist im Alter von gut acht Jahren in die Schweiz gekommen. Er ist damit kein Ausländer der zweiten Generation, für welchen eine Ausweisung nur unter ganz restriktiven Voraussetzungen zulässig wäre. 
1.2 Der Beschwerdeführer räumt - wie bereits vor dem Verwaltungsgericht - ein, dass die Ausweisungsgründe von Art. 10 Abs. 1 lit. a und b ANAG grundsätzlich erfüllt erfüllt sind. Er bestreitet jedoch die Verhältnismässigkeit der Ausweisung. 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer erachtet die Feststellung der Vorinstanz, in Bezug auf die Vergewaltigung gehe ihm das Unrechtsbewusstsein offenbar vollständig ab, als unzutreffend. Die ohnehin ungenügend substantiierte Rüge (vgl. dazu BGE 133 II 249 E. 1.2.2 und 1.4.3) ist unbegründet, da sich die Vorinstanz insoweit auf die Akten, insbesondere das von ihr erwähnte psychiatrische Gutachten, stützen kann. 
2.2 Die Vorinstanz hat festgestellt, das deliktische Verhalten des Beschwerdeführers habe sich mit zunehmendem Alter intensiviert. Die vom Beschwerdeführer dagegen gerichteten Einwände entbehren angesichts der unbestrittenen und insoweit eindeutigen Sachverhaltsdarstellung der Vorinstanzen, auf welche verwiesen werden kann, jeder Grundlage. 
3. 
Soweit sich der Beschwerdeführer mit dem Ausweisungsgrund der drohenden Fürsorgeabhängigkeit (Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG) auseinandersetzt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten; die Vorinstanzen haben ihren Entscheid nicht auf diese Bestimmung gestützt. 
4. 
Der Beschwerdeführer hatte Gelegenheit, während seinem Aufenthalt in der Arbeitserziehungsanstalt Y.________ (teilweise) eine berufliche Ausbildung in der Schlosserei zu absolvieren. Auch ohne entsprechenden Abschluss wird ihm dies zumindest erleichtern, eine Erwerbstätigkeit im Heimatland auszuüben. Dass die Vorinstanzen dies berücksichtigten, kann ihnen nicht als Ermessensmissbrauch vorgeworfen werden; eine widersprüchliche Argumentation ist darin nicht zu erblicken. 
5. 
5.1 Die Vorinstanz hat im Einklang mit der einschlägigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung und unter Berücksichtigung der massgebenden Gesichtspunkte ausführlich begründet, inwiefern die Ausweisung des Beschwerdeführers verhältnismässig ist (angefochtenes Urteil E. 2.4). Es kann auf diese zutreffenden Ausführungen verwiesen werden. Angesichts des krassen andauernden Fehlverhaltens und der augenscheinlichen Unverbesserlichkeit des Beschwerdeführers, welcher nach den psychiatrischen Gutachten wegen seiner Aggressivität als für Dritte gefährlich erachtet wird, ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass nunmehr direkt seine Ausweisung verfügt wurde. Auch von seiner Integration in der Schweiz kann nach der Aktenlage offensichtlich keine Rede sein. Weder die vom Beschwerdeführer angeführten "gesundheitlichen Leiden" der in der Schweiz niedergelassenen Mutter noch seine psychischen Störungen vermögen die von den Vorinstanzen bejahte Verhältnismässigkeit in Frage zu stellen. Die Vorinstanzen durften ohne Verletzung von Bundesrecht das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers als überwiegend und diese als verhältnismässig bezeichnen. 
5.2 Der Beschwerdeführer kann auch aus Art. 8 Ziff. 1 EMRK nichts zu seinen Gunsten ableiten. Er ist heute 21 Jahre alt, nicht verheiratet und ohne familiäre Verpflichtungen; auch ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis liegt nicht vor. Er kann sich daher nicht mehr auf die Bindung zur elterlichen Familie berufen (BGE 125 II 521 E. 5). 
6. 
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Da sich die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers als von vornherein aussichtslos erweisen, kann ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht gewährt werden (Art. 64 BGG). Bei diesem Ausgang hat er die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 20. November 2007 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: