Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_692/2024  
 
 
Urteil vom 20. November 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, Rüedi, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Sarah Eichenberger Caballero, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Fahrlässige schwere Körperverletzung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, 
vom 30. Juli 2024 (SST.2023.296). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte A.________ am 30. Juli 2024 zweitinstanzlich wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 100.-- und einer Verbindungsbusse von Fr. 2'400.--. Die Zivilklage des Privatklägers verwies es auf den Zivilweg. 
 
B.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben. Er sei freizusprechen und die Zivilklage des Privatklägers sei abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde ist zu begründen, wobei anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGG). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten einschliesslich Willkür in der Sachverhaltsfeststellung bestehen qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1). Dies ist der Fall, wenn der angefochtene Entscheid geradezu unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht. Erforderlich ist, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1). Für die Willkürrüge gelten erhöhte Begründungsanforderungen (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es genügt nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 148 V 366 E. 3.3; 137 II 353 E. 5.1 mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 148 IV 205 E. 2.6; 146 IV 88 E. 1.3.1). Dem Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel kommt im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zu (BGE 148 IV 409 E. 2.2; 146 IV 88 E. 1.3.1).  
 
2.  
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung. 
 
2.1. In tatsächlicher Hinsicht steht unbestritten fest, dass sich am 12. Juli 2021 auf der U.________strasse in V.________ bei der Verzweigung W.________ ein Verkehrsunfall ereignete. Der Beschwerdeführer kam von Süden und wollte nach links abbiegen, während der Privatkläger von Norden entgegenkam. Dabei kollidierte der Personenwagen des Beschwerdeführers mit dem Motorrad des Privatklägers. Anschliessend geriet der Privatkläger unter den Personenwagen des Mitbeschuldigten (B.________), der dem Beschwerdeführer gefolgt und ebenfalls nach links abgebogen war. Der Privatkläger erlitt schwere Verletzungen im Brustbereich und stark blutende Weichteilverletzungen, die eine konkrete Lebensgefahr bewirkten.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 125 Abs. 1 StGB). Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt (Art. 125 Abs. 2 StGB).  
 
2.2.2. Fahrlässig handelt, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (Art. 12 Abs. 3 StGB). Das Mass der im Einzelfall zu beachtenden Sorgfalt richtet sich, wo besondere, der Unfallverhütung und der Sicherheit dienende Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 145 IV 154 E. 2.1; 143 IV 138 E. 2.1; 135 IV 56 E. 2.1).  
Grundvoraussetzung für die Fahrlässigkeitshaftung bildet die Vorhersehbarkeit des Erfolgs. Die zum Erfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter mindestens in ihren wesentlichen Zügen voraussehbar sein. Zunächst ist also zu fragen, ob der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen bzw. erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss das Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens wesentlich zu begünstigen. Die Adäquanz ist nur zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden des Opfers bzw. eines Dritten oder Material- oder Konstruktionsfehler, als Mitursache hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste (BGE 135 IV 56 E. 2.1 mit Hinweisen). Die hinzutretende andere Ursache muss einen derart hohen Wirkungsgrad aufweisen, dass die an sich adäquate Ursache nach wertender Betrachtungsweise als rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint. Entscheidend ist die Intensität der beiden Ursachen. Das Verhalten eines Dritten vermag den Kausalzusammenhang nur zu unterbrechen, wenn diese Zusatzursache derart ausserhalb des normalen Geschehens liegt, derart unsinnig ist, dass damit nicht zu rechnen war (BGE 142 IV 237 E. 1.5.2 mit Hinweisen). 
Weitere Voraussetzung der Fahrlässigkeitshaftung ist, dass der Erfolg auch vermeidbar war. Dabei wird ein hypothetischer Kausalverlauf untersucht und geprüft, ob der Erfolg bei pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Für die Zurechnung des Erfolgs genügt, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE 140 II 7 E. 3.4; 135 IV 56 E. 2.1; Urteile 6B_236/2024 vom 13. Mai 2024 E. 1.1.3; 6B_1201/2022 vom 3. April 2023 E. 2.1.1; je mit Hinweisen). 
 
2.2.3. Wo besondere Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 148 IV 39 E. 2.3.3; 145 IV 154 E. 2.1; 143 IV 138 E. 2.1; je mit Hinweis). Im Strassenverkehr richtet sich der Umfang der zu beachtenden Sorgfalt nach den Bestimmungen des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) und der dazugehörenden Verordnungen (vgl. BGE 129 IV 282 E. 2.2.1; Urteile 6B_16/2023, 6B_23/2023 vom 17. Mai 2024 E. 2.2.3; 6B_74/2023 vom 29. November 2023 E. 1.3.3 mit Hinweisen). Gemäss Art. 26 Abs. 1 SVG muss sich im Verkehr jedermann so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet. Der Fahrzeugführer muss sein Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann (Art. 31 Abs. 1 SVG). Er muss jederzeit in der Lage sein, auf die jeweils erforderliche Weise auf das Fahrzeug einzuwirken und auf jede Gefahr ohne Zeitverlust zweckmässig zu reagieren (BGE 120 IV 63 E. 2a mit Hinweisen). Er muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11]). Das allgemeine Mass der Aufmerksamkeit, die der Fahrzeugführer nach Art. 31 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 VRV der Strasse und dem Verkehr zuzuwenden hat, richtet sich nach den gesamten Umständen, namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen Verhältnissen, der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen (BGE 120 IV 63 E. 2a mit Hinweisen).  
 
2.2.4. Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren (Art. 34 Abs. 2 SVG). Das Überfahren einer Sicherheitslinie stellt aus objektiver Sicht eine schwere Verkehrsregelverletzung dar (BGE 136 II 447 E. 3). Der Fahrzeugführer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen. (Art. 34 Abs. 3 SVG). Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen (Art. 36 Abs. 3 SVG).  
 
2.2.5. Nach dem aus Art. 26 Abs. 1 SVG abgeleiteten Vertrauensgrundsatz darf jeder Strassenbenützer grundsätzlich darauf vertrauen, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer ordnungsgemäss verhalten (BGE 143 IV 500 E. 1.2.4; 125 IV 83 E. 2b; 118 IV 277 E. 4a; Urteile 6B_272/2024 vom 15. Mai 2024 E. 1.3.1; 7B_292/2022 vom 4. April 2024 E. 4.2.2; mit Hinweisen). Auf den Vertrauensgrundsatz kann sich nur stützen, wer sich selbst verkehrsregelkonform verhält. Wer gegen die Verkehrsregeln verstösst und dadurch eine unklare oder gefährliche Verkehrslage schafft, kann nicht erwarten, dass andere diese Gefahr durch erhöhte Vorsicht ausgleichen. Jedoch gilt diese Einschränkung dort nicht, wo gerade die Frage, ob der Verkehrsteilnehmer eine Verkehrsvorschrift verletzt hat, davon abhängt, ob er sich auf den Vertrauensgrundsatz berufen kann oder nicht (BGE 143 IV 500 E. 1.2.4 mit Hinweisen).  
 
2.3. Die Vorinstanz prüft, ob der Beschwerdeführer die schwere Körperverletzung des Privatklägers fahrlässig verursacht hat.  
 
2.3.1. Zur Feststellung des bestrittenen Sachverhalts würdigt die Vorinstanz das verkehrstechnische Gutachten, welches die C.________ AG am 10. Dezember 2021 erstellte und am 12. April 2022 ergänzte. Dabei berücksichtigt die Vorinstanz die Stellungnahme der Arbeitsgruppe für Unfallmechanik (AGU) vom 29. Februar 2024, welche der Beschwerdeführer einreichte. Gemäss Vorinstanz bestätigt die AGU, dass der Privatkläger dem Beschwerdeführer auch dann nicht hätte ausweichen können, wenn er mit 80 km/h gefahren wäre. Die Vorinstanz hält fest, die AGU begründe nicht, inwiefern der im C.________-Gutachten berücksichtigte Toleranzbereich der Geschwindigkeit des Beschwerdeführers zu beanstanden sei. Daher kann die Vorinstanz nicht nachvollziehen, weshalb die im C.________-Gutachten diesbezüglich beachteten Standardwerte falsch sein sollen, zumal sie aus der Fachliteratur stammen. Ebenso wenig verfängt gemäss Vorinstanz die unsubstanziiert vorgebrachte Kritik der AGU, wonach gewisse Angaben im C.________-Gutachten "sehr hypothetisch" seien. Weiter werfe die AGU in allgemeiner Weise Fragen auf, ohne konkret aufzuzeigen, inwiefern das C.________-Gutachten auf falschen Annahmen basieren solle. Mit dieser Begründung gelangt die Vorinstanz zum Schluss, dass die Stellungnahme der AGU keinen Anlass gebe, die Schlussfolgerungen der C.________ anzuzweifeln.  
 
2.3.2. Die Vorinstanz geht mit der Erstinstanz zugunsten des Beschwerdeführers davon aus, dass er vor dem Abbiegen angehalten habe. Dem Zusatzgutachten der C.________ entnimmt sie, dass der Beschwerdeführer zum Abbiegen die durchgezogene Sicherheitslinie überfahren habe. Weiter berücksichtigt die Vorinstanz die Aussagen des Beschwerdeführers, der den Privatkläger erst kurz vor dem Aufprall wahrgenommen habe. Er habe sich erschreckt und in dieser Sekunde habe es schon "gekracht".  
 
2.3.3. Das C.________-Gutachten arbeitet mit verschiedenen Varianten. Die Vorinstanz geht von jener Variante aus, wonach der Privatkläger mit 94 km/h unterwegs war. Bei dieser Geschwindigkeit habe der Beschwerdeführer den Privatkläger wegen der Büsche am rechten Strassenrand nicht sehen können, als er sich zum Abbiegen entschlossen habe, und zwar unabhängig davon, ob er die Sicherheitslinie überfahren habe. Gehe man davon aus, dass der Beschwerdeführer vor dem Abbiegen angehalten habe, so habe es gemäss C.________-Gutachten von seinem Abbiegeentschluss bis zur Kollision 4,75 Sekunden gedauert. Der Privatkläger sei für den Beschwerdeführer nach 0,3 Sekunden sichtbar gewesen oder sogar nach 0,15 Sekunden, wenn der Beschwerdeführer die Sicherheitslinie nicht überfahren hätte. Diese Schlussfolgerung des C.________-Gutachtens beanstandete der Beschwerdeführer schon im Berufungsverfahren. Die Vorinstanz hält dazu fest, eine höhere Geschwindigkeit des Privatklägers würde lediglich dazu führen, dass der Beschwerdeführer ihn noch eher hätte sehen müssen.  
 
2.3.4. Die Vorinstanz verweist auf die Aussage des Beschwerdeführers, er habe vor dem Entscheid zum Abbiegen die Strasse auf Gegenverkehr geprüft. Mit Blick auf diese Aussage geht die Vorinstanz davon aus, dass der Beschwerdeführer danach seinen Fokus nicht mehr auf den Gegenverkehr gerichtet habe. Dies hätte er jedoch tun müssen. Er hätte, so die Vorinstanz, die Einschränkungen der Sicht durch Büsche und allfällige ihn rechts überholende Fahrzeuge mitberücksichtigen und entsprechend vorsichtig die Gegenfahrbahn überqueren müssen. Die Vorinstanz verweist in diesem Zusammenhang auf das Urteil 6B_1185/2014 vom 24. Februar 2015. Dort hielt das Bundesgericht fest, es habe sich bereits mehrmals mit der Frage befasst, welche Sorgfalt ein vortrittsbelasteter Verkehrsteilnehmer beim Abbiegen bei eingeschränkter Sicht aufwenden müsse. In diesem Zusammenhang habe es erwogen, eine gewisse Behinderung der Vortrittsberechtigten könne kaum vermieden werden, wenn die Sicht für einen Wartepflichtigen bei einer Einmündung so beschränkt werde, dass er zwangsläufig mit dem Vorderteil seines Personenwagens in die vortrittsbelastete Verkehrsfläche gelange, bevor er von seinem Fahrersitz aus überhaupt Einblick in diese erhalte. In solchen Situationen sei ein sehr vorsichtiges Hineintasten zulässig, wenn der Vortrittsberechtigte das ohne Sicht langsam einmündende Fahrzeug rechtzeitig genug sehen könne, um entweder selbst auszuweichen oder den Wartepflichtigen durch ein Signal zu warnen. Dies gelte auch für Sichtbeschränkung vorübergehender Natur (vgl. dort E. 2.5 mit Hinweisen).  
 
2.3.5. Bezogen auf den vorliegenden Fall erwägt die Vorinstanz, dem Beschwerdeführer sei eine Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen. Sie gibt zu bedenken, dass er den Privatkläger wegen der Büsche auch dann nur ganz knapp hätte sehen können, wenn dieser mit 84 km/h entgegengekommen wäre. Daher seien weitere Kontrollblicke auf die vortrittsberechtigte Gegenfahrbahn angezeigt gewesen. Damit sei eine Sorgfaltspflichtverletzung festgestellt, weshalb sich der Beschwerdeführer nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen könne. Vor diesem Hintergrund lässt die Vorinstanz offen, ob der Privatkläger schon vor Beginn der Bremsspur bremste und ob zugunsten des Beschwerdeführers anzunehmen sei, der Privatkläger sei mit 100 km/h entgegengekommen.  
 
2.3.6. Die Vorinstanz erwägt weiter, für den Beschwerdeführer sei vorhersehbar gewesen, dass er entgegenkommende, vortrittsberechtigte Verkehrsteilnehmer nicht rechtzeitig erkenne, wenn er diesen nicht die nötige Aufmerksamkeit schenke. Daran ändere nichts, dass der Privatkläger die erlaubte Geschwindigkeit mindestens um 4 km/h überschritten habe. Denn die Überschreitung sei nicht derart gross, dass damit nicht hätte gerechnet werden müssen. Vielmehr kämen solche Überschreitungen bei mehr oder weniger geraden Ausserortsstrecken wie der U.________strasse in V.________ regelmässig vor. Daher habe die Geschwindigkeitsüberschreitung des Privatklägers keine Mitursache gesetzt, mit der schlechthin nicht habe gerechnet werden müssen und die derart schwer wiege, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache der Kollision erscheine und die mangelnde Aufmerksamkeit des Beschwerdeführers in den Hintergrund dränge. Zu berücksichtigen sei die Geschwindigkeitsüberschreitung aber bei der Strafzumessung. Auch das Verhalten des Mitbeschuldigten, der hinter dem Beschwerdeführer gefahren sei und den Privatkläger nach der Kollision überrollt habe, stelle keine Mitursache dar, mit der überhaupt nicht habe gerechnet werden müssen. Vielmehr komme es auf einer viel befahrenen Strecke bei regem Feierabendverkehr regelmässig vor, dass sich ein nachfolgender Lenker auf den Entscheid des voranfahrenden Lenkers verlasse und davon ausgehe, dieser habe den Gegenverkehr vor dem Abbiegen geprüft. Dass der Mitbeschuldigte ebenfalls fahrlässig gehandelt habe, unterbreche den Kausalzusammenhang nicht.  
 
2.3.7. Die Vorinstanz hält weiter fest, die Kollision mit dem Privatkläger wäre für den Beschwerdeführer vermeidbar gewesen, wenn er genügend aufmerksam gewesen wäre. Er habe genug Zeit für weitere Kontrollblicke gehabt, denn der Privatkläger sei spätestens 0,3 Sekunden nach dem Abbiegeentschluss des Beschwerdeführers sichtbar gewesen. Bis zur Kollision habe es aber noch 4,75 Sekunden gedauert. Hätte der Beschwerdeführer den Privatkläger erkannt, dann hätte er spätestens auf der Mittellinie anhalten können. Auch ein etwas späteres Bremsen des Beschwerdeführers hätte noch gereicht, damit der Privatkläger ohne Kollision hätte passieren können. Die Vorinstanz lässt offen, ob die Respektierung der Sicherheitslinie genügt hätte, um den Unfall zu vermeiden. Jedenfalls hätte der Beschwerdeführer auch bei Beachtung der Sicherheitslinie das Abbiegen aufgrund der knappen Distanzverhältnisse zum Privatkläger abbrechen müssen, nachdem er ihn erblickt hätte. Dies wäre bei gebotener umsichtiger Fahrweise möglich gewesen.  
 
2.4. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Sachverhaltsfeststellung.  
 
2.4.1. Konkret beanstandet er die vorinstanzlichen Feststellungen zur Geschwindigkeit des Privatklägers, zu den örtlichen Gegebenheiten, zu seiner Ausgangsgeschwindigkeit, zu seiner Blickausrichtung während des Abbiegens und zu dessen zeitlichem Ablauf. Am Ende seiner Beschwerde gelangt er zum Fazit, ein Gericht dürfe "sich nur überzeugt zeigen von einem Sachverhaltsaspekt, wenn es jeden vernünftigen Zweifel daran ausschliesst, dass sich die Geschehnisse tatsächlich so zugetragen haben". Er dürfe nur verurteilt werden, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen wäre, dass er den Unfall in allen denkbaren Konstellationen hätte vermeiden können. Selbst wenn ihm eine konkrete Sorgfaltspflichtverletzung nachgewiesen werden könnte, sei er "im Zweifel für den Angeklagten" freizusprechen, "wenn es auch nur eine rechnerisch mögliche und realistische Konstellation" gebe, in welcher er den Unfall trotz rechtmässigem Verhalten nicht hätte vermeiden können. Die Verteidigung habe im kantonalen Verfahren dargelegt, dass mehrere solche Konstellationen möglich seien. So trägt der Beschwerdeführer beispielsweise vor, die Vorinstanz gehe davon aus, dass er vor dem Abbiegen angehalten habe. Angesichts der unbekannten Faktoren bleibe offen, ob dies tatsächlich die günstigste Variante für ihn sei.  
 
2.4.2. Damit beruft sich der Beschwerdeführer auf den Grundsatz "in dubio pro reo". Dabei scheint er zu übersehen, dass diesem Grundsatz als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zukommt. Das Bundesgericht darf die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nicht wie eine Appellationsinstanz mit freier Kognition überprüfen. Vielmehr kann es nur eingreifen, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht. Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist. Dies ist der Fall, wenn das angefochtene Urteil geradezu unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dabei genügt es nicht, wenn der Beschwerdeführer einen von den vorinstanzlichen Feststellungen abweichenden Sachverhalt behauptet und aufzeigt, wie sich der Unfall auch noch abgespielt haben könnte (vgl. E. 1.2 hiervor).  
 
2.4.3. Der Beschwerdeführer plädiert wie in einem appellatorischen Verfahren. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn er die vorinstanzliche Feststellung kritisiert, wonach er seine Aufmerksamkeit nach dem Abbiegeentschluss nicht mehr hinreichend auf den Gegenverkehr gerichtet habe. Hier stellt er der vorinstanzlichen Beweiswürdigung bloss seine eigene Sicht der Dinge entgegen. Gleiches gilt, wenn er vorbringt, es sei offen, ob der Privatkläger schon vor Beginn der Bremsspur zu bremsen begonnen habe, was die Berechnung der maximalen Ausgangsgeschwindigkeit im C.________-Gutachten "stark in Frage" stelle. Die AGU komme zum Schluss, die Geschwindigkeit des Privatklägers "könnte auch höher gewesen sein". Damit belegt der Beschwerdeführer keine Willkür. Weiter bringt er vor, es sei schlichtweg falsch, dass es 4,75 Sekunden gedauert habe zwischen seinem Abbiegeentschluss und der Kollision. Willkür zeigt er auch damit nicht auf, hält er doch selbst fest, dass das C.________-Gutachten von 3,75 bis 4,75 Sekunden ausgeht. Auf solche und ähnliche Rügen ist nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer ist daran zu erinnern, dass für die Annahme von Willkür nicht einmal genügen würde, wenn eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint. Daran ändert auch das vom Beschwerdeführer zitierte Urteil 6B_355/2012 vom 28. September 2012 E. 2.9 nichts. Gleiches gilt für das vom Beschwerdeführer erwähnte Urteil 6B_804/2017 vom 23. Mai 2018 E. 2.2.3.3, welches dem BGE 144 IV 345 entspricht.  
 
2.4.4. Nach dem Gesagten legt der Beschwerdeführer nicht hinreichend dar, dass die Vorinstanz bei der Sachverhaltsfeststellung in Willkür verfallen wäre.  
 
2.5. Sodann beanstandet der Beschwerdeführer die vorinstanzlichen Ausführungen zur Vorhersehbarkeit und zur Vermeidbarkeit des Unfalls.  
 
2.5.1. Soweit der Beschwerdeführer seine rechtliche Argumentation auf der Grundlage eines Sachverhalts präsentiert, der von den willkürfreien Feststellungen der Vorinstanz abweicht, ist darauf nicht einzugehen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn er vorträgt, zu seinen Gunsten sei anzunehmen, dass er die Sicherheitslinie nur um wenige Zentimeter überfahren habe.  
 
2.5.2. Der Beschwerdeführer verweist zutreffend auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 26 Abs. 1 SVG, wonach der Wartepflichtige, der nach links in eine Hauptstrasse einbiegen will, nicht damit zu rechnen braucht, dass ein Vortrittsberechtigter mit weit übersetzter Geschwindigkeit herannaht, auch wenn ganz erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen häufig sind. Auf Hauptstrassen ausserorts muss generell mit Geschwindigkeiten von über rund 90 km/h nicht gerechnet werden (BGE 118 IV 277 E. 5a und E. 5b; vgl. auch Urteil 6B_509/2010 vom 14. März 2011 E. 3.3.4). Die Vorinstanz konnte die Geschwindigkeit des herannahenden Privatklägers nicht exakt feststellen. Doch hält sie gestützt auf das C.________-Gutachten fest, dass auch die AGU bestätigt habe, dass der Privatkläger die Kollision selbst dann nicht hätte vermeiden können, wenn er mit 80 km/h gefahren wäre. Zudem erwägt die Vorinstanz, eine höhere Geschwindigkeit des Privatklägers hätte lediglich dazu geführt, dass der Beschwerdeführer ihn früher hätte sehen müssen.  
 
2.5.3. Nach dem Gesagten sind die rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz nicht zu beanstanden.  
 
2.6. Die Abweisung der Zivilforderung des Privatklägers beantragt der Beschwerdeführer ausgehend von einem Freispruch. Nachdem es bei der Verurteilung wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung bleibt, hat es bei der angefochtenen Verweisung der Zivilforderung auf den Zivilweg sein Bewenden. Die Strafzumessung beanstandet der Beschwerdeführer zu Recht nicht.  
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 3'000.--. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. November 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt