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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6P.211/2006 
6S.474/2006 /rom 
 
Urteil vom 20. Dezember 2006 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Zünd, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Kempf, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
6P.211/2006: 
Strafverfahren; Willkür, Grundsatz "in dubio pro reo", 
 
6S.474/2006: 
Grobe Verletzung der Verkehrsregeln, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.211/2006) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.474/2006) gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 24. August 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ fuhr am 25. März 2005, 13.40 Uhr, mit seinem Personenwagen auf der dreispurigen Autobahn A1 in Richtung St. Gallen. Ihm wird vorgeworfen, nach dem "Brüttiseller-Kreuz" auf dem zweiten Überholstreifen mit einer Geschwindigkeit von 120 bis 130 km/h über rund einen Kilometer einen Abstand von rund fünf Metern zu dem vor ihm fahrenden Personenwagen eingehalten zu haben. 
B. 
Mit Urteil vom 18. November 2005 verurteilte der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Uster X.________ wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG i.V.m. Art. 34 Abs. 4 SVG und Art. 12 Abs. 1 VRV zu einer Busse von Fr. 400.--. 
C. 
In Gutheissung der von der Staatsanwaltschaft See/Oberland eingereichten Berufung verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich X.________ am 24. August 2006 wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG i.V.m. Art. 34 Abs. 4 SVG und Art. 12 Abs. 1 VRV zu einer Busse von Fr. 1'500.--. 
D. 
X.________ erhebt in einer Beschwerdeschrift staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, je mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 24. August 2006 sei aufzuheben und die Sache sei zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er bringt vor, er habe sich durch die Einhaltung eines ungenügenden Nachfahrabstandes (Art. 34 Abs. 4 SVG und Art. 12 Abs. 1 VRV) aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen lediglich der einfachen Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG schuldig gemacht. 
E. 
Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf eine Stellungnahme zu den Beschwerden verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
I. Staatsrechtliche Beschwerde 
1. 
1.1 Die tatsächliche Feststellung, der Beschwerdeführer sei sehr nahe zum vorderen Fahrzeug aufgefahren, stützt die Vorinstanz im Wesentlichen auf die Zeugenaussagen von zwei Polizeibeamten, welche auf der ersten Überholspur seitlich nach hinten versetzt zum Beschwerdeführer fuhren und übereinstimmend zu Protokoll gaben, der Abstand von rund fünf Metern zwischen dem Auto des Beschwerdeführers und dem vorderen Wagen wie auch ihre eigene Distanz zu diesen beiden Fahrzeugen seien während etwa einem Kilometer in etwa konstant geblieben (Akten Staatsanwaltschaft See/Oberland act. 11 und 12). 
 
Der Beschwerdeführer zieht diese Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz in Zweifel. Er anerkennt lediglich, sich während eines kurzen Augenblicks bei einer Geschwindigkeit um die 113 km/h auf 20 bis 30 Meter dem vor ihm fahrenden Auto genähert zu haben. Aufgrund der ungünstigen, rechts nach hinten versetzten Position und der grossen Distanz sei die Sicht für die beiden Polizeibeamten derart eingeschränkt gewesen, dass sie nicht in der Lage gewesen seien, verlässliche Angaben zu den Abstandsverhältnissen zu machen. Indem die Vorinstanz die Aussagen der zwei Zeugen gleichwohl als glaubwürdig eingestuft habe, habe sie die Beweise willkürlich gewürdigt, denn es bestünden erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel, ob sich der Sachverhalt so wie von den beiden Polizisten geschildert zugetragen habe. Der Beschwerdeführer rügt mithin einen Verstoss gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV) sowie eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel (Art. 32 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 2 EMRK). 
1.2 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 129 IV 113 E. 2.1 mit Hinweisen). Den gesetzlichen Begründungsanforderungen wird nicht Genüge getan, wenn der Beschwerdeführer im Rahmen pauschaler Vorbringen einfach behauptet, der angefochtene Entscheid sei verfassungswidrig, und seine Sicht der Dinge derjenigen der letzten kantonalen Instanz gegenüberstellt. Vielmehr muss in Auseinandersetzung mit der Begründung des angefochtenen Entscheids dargetan werden, inwiefern dieser nicht nur in der Begründung sondern auch im Ergebnis gegen ein konkretes verfassungsmässiges Recht verstossen soll (grundlegend: BGE 110 Ia 1 E. 2a; 125 I 492 E. 1b S. 495, mit Hinweisen; vgl. ferner BGE 127 I 38 E. 3c und 4 S. 43 mit weiteren Hinweisen). 
1.3 Der Beschwerdeführer legt nicht hinreichend dar, inwiefern die Feststellungen der Vorinstanz auch im Ergebnis unhaltbar sein sollten. Seine Rügen, insbesondere jene, die Polizisten seien nach den Umständen gar nicht in der Lage gewesen, den Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen abzuschätzen, erschöpfen sich in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und genügen folglich den Begründungsanforderungen gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht. 
 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten. 
II. Nichtigkeitsbeschwerde 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass auf Autobahnen Fahrzeuge auf dem zweiten Überholstreifen schneller fahren würden als solche auf der mittleren Spur. Die Feststellung der Vorinstanz, wonach der Abstand zwischen dem Polizeidienstfahrzeug auf der ersten und dem Wagen des Beschwerdeführers auf der zweiten Überholspur konstant geblieben sei, verletze deshalb Bundesrecht. 
2.2 Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen, dass die Überprüfung der Richtigkeit von Erfahrungssätzen und ihrer Anwendung als Rechtsfrage behandelt wird und demnach mit Nichtigkeitsbeschwerde vorgebracht werden kann. Ausgeschlossen von der Überprüfung sind jedoch Feststellungen über die Umstände des Einzelfalls (BGE 105 IV 343 E. 2a). 
 
Die Bestimmung des Abstands zwischen dem Polizeiwagen und dem Auto des Beschwerdeführers im konkreten Fall ist eine Frage der Beweiswürdigung. Mit seinem Vorbringen versucht der Beschwerdeführer unter dem Titel der Lebenserfahrung eine für den Kassationshof verbindliche tatsächliche Feststellung der Vorinstanz in Zweifel zu ziehen. Damit ist der Beschwerdeführer nicht zu hören. 
 
Da der Beschwerdeführer keine anderen gegen die rechtliche Würdigung durch die Vorinstanz gerichtete Rügen erhebt, ist auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzutreten. 
III. Kosten 
3. 
Bei diesem Ausgang der Verfahren hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG und Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde und die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühren von insgesamt Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 20. Dezember 2006 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: