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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_421/2012 
 
Urteil vom 20. Dezember 2012 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Fabienne Brunner, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Z.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Weber, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Betreibungsamt Thalwil-Rüschlikon-Kilchberg, 
 
Gegenstand 
Grundstücksteigerung (Lastenverzeichnis/Steigerungsbedingungen), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs vom 22. Mai 2012 (PS120092-O/U). 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
In der gegen X.________ laufenden Betreibung auf Grundpfandverwertung Nr. 1 teilte das Betreibungsamt Thalwil-Rüschlikon-Kilchberg dem Schuldner und Pfandeigentümer am 20. März 2012 das Datum für die Grundstücksteigerung (xxxx 2012) mit und legte das rechtskräftige Lastenverzeichnis bzw. die Steigerungsbedingungen bei. Hiergegen gelangte X.________ mit Eingaben vom 5. April 2012 an das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde und vom 20. und 23. April 2012 (Poststempel) an das Bezirksgericht Horgen als untere Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. 
 
B. 
Die untere Aufsichtsbehörde trat mit Urteil vom 27. April 2012 auf die betreibungsrechtliche Beschwerde wegen Verspätung nicht ein. Hiergegen erhob X.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, welche mit Urteil vom 22. Mai 2012 abgewiesen wurde. 
 
C. 
Mit Eingabe vom 4. Juni 2012 hat X.________ Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des Entscheides der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde vom 22. Mai 2012 und die Anweisung, auf seine betreibungsrechtliche Beschwerde einzutreten und entsprechend den Anträgen zu entscheiden. Weiter verlangt er aufschiebende Wirkung. 
 
Mit Präsidialverfügung vom 26. Juni 2012 wurde dem Betreibungsamt der Vollzug des Steigerungszuschlages untersagt. 
 
In der Sache sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Angefochten ist ein Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde, welche die Beschwerde gegen die Verfügung des Betreibungsamtes - die Ansetzung des Datums für die Grundstücksteigerung - zum Gegenstand hat. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 19 SchKG). Sie ist unabhängig von einer gesetzlichen Streitwertgrenze gegeben (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). 
 
1.2 Die Beschwerde gegen den letztinstanzlichen Entscheid ist fristgemäss erhoben worden (Art. 75 Abs. 1, Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde in Zivilsachen legitimiert (Art. 76 Abs. 1 lit. a und b BGG). 
 
1.3 Mit vorliegender Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten ist in der Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). 
 
2. 
2.1 Die untere Aufsichtsbehörde ist auf die Beschwerde gegen die Ansetzung des Steigerungsdatums nicht eingetreten. Der Beschwerdeführer habe die Bekanntgabe am 22. März 2012 entgegengenommen, worauf die Beschwerdefrist am 23. März 2012 zu laufen begonnen und (unter Berücksichtigung der Betreibungsferien) am 18. April 2012 geendigt habe. Die Eingaben vom 20. bzw. 23. April 2012 seien verspätet. 
 
2.2 Die obere Aufsichtsbehörde hat zunächst geprüft, ob die Eingabe vom 5. April 2012, welche der Beschwerdeführer bei ihr (der oberen Aufsichtsbehörde) eingereicht habe, als rechtzeitige Beschwerde gegen die Verfügung des Betreibungsamtes zu erachten sei. Sie hat erwogen, dass Art. 32 Abs. 2 SchKG (in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung), welcher die Überweisung im Falle von Eingaben regelt, nur von "Betreibungs- und Konkursämtern", und nicht von (Aufsichts-) "Behörden" spreche. Mit Hinweis auf die eigene Praxis (Beschluss vom 6. Dezember 2011, Nr. PS110210-O/U) komme die Überweisung nur dann in Frage, "wenn die SchK-Beschwerde versehentlich bei der oberen statt bei der unteren Aufsichtsbehörde eingereicht werde". Die Überweisung erfolge, wenn es sich bei der Eingabe um einen "Irrläufer" bzw. einen "blanken Irrtum" handle, nicht aber, wenn die falsche Behörde oder Instanz "bewusst und absichtlich" angerufen wurde. Vorliegend ergebe sich aus dem Wortlaut der Eingabe vom 5. April 2012, dass der im Verfahren nach Art. 17 SchKG versierte Beschwerdeführer klar und deutlich um die Zuständigkeitsordnung wusste und sich wissentlich und willentlich darüber hinwegsetzte. Damit falle eine fristwahrende Überweisung an die untere Aufsichtsbehörde ausser Betracht. Im Weiteren sei die untere Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde wegen Verspätung zu Recht nicht eingetreten. 
 
3. 
Anlass zum vorliegenden Verfahren gibt die betreibungsrechtliche Beschwerde gegen die Ansetzung des Steigerungsdatums durch das Betreibungsamt. Der Beschwerdeführer stellt die Auffassung der oberen Aufsichtsbehörde, wonach die Erstinstanz auf seine Eingaben (vom 20. bzw. 23. April 2012) wegen verspäteter Beschwerdeführung zu Recht nicht eingetreten sei, nicht in Frage. Streitpunkt ist, ob die Vorinstanz - wie der Beschwerdeführer unter Berufung auf Art. 32 Abs. 2 SchKG geltend macht - die Eingabe vom 5. April 2012 an die untere Aufsichtsbehörde hätte überweisen müssen. 
 
3.1 Gemäss Art. 32 Abs. 2 SchKG ist eine Frist gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt. In der Lehre wird - wie der Beschwerdeführer richtig ausführt - vorgeschlagen, Art. 32 Abs. 2 SchKG in dem Sinne auszulegen, dass die Anrufung auch einer unzuständigen (Aufsichts-) Behörde genügt und die Überweisungspflicht auslöst, soweit nicht die Einhaltung einer Klagefrist in Frage steht (vgl. NORDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 6 zu Art. 32 SchKG). Selbst die Annahme einer entsprechenden Überweisungspflicht ändert allerdings nichts daran, dass nicht nur die staatlichen Organe nach Treu und Glauben zu handeln haben, sondern auch der Einzelne in seinem Rechtsverkehr mit den Behörden an diesen Grundsatz bzw. das Rechtsmissbrauchsverbot gebunden ist (vgl. Art. 5 Abs. 3, Art. 9 BV; HOHL, Procédure civile, Bd. I, 2001, Rz. 909 ff.; MOOR/FLÜCKIGER/MARTENET, Droit administratif, Bd. I, 3. Aufl. 2012, S. 931 ff.; WIEDERKEHR/RICHLI, Praxis des allgemeinen Verwaltungsrechts, Bd. I, 2012, Rz. 2132). In diesem Sinn stehen auch Regeln zur Überweisungspflicht allgemein unter dem Vorbehalt, dass keine vorsätzlich falsch adressierte Eingabe vorliegt (vgl. BGE 111 V 406 E. 2 S. 408). Mit Blick auf die konkreten Umstände besteht - wie sich aus dem Folgenden ergibt - kein Anlass, die Anwendung von Art. 32 Abs. 2 SchKG näher zu erörtern. 
 
3.2 In der Eingabe vom 5. April 2012 begründet der Beschwerdeführer sein Vorgehen, direkt an die obere Aufsichtsbehörde zu gelangen, mit seiner Unzufriedenheit mit Entscheiden, welche die untere Aufsichtsbehörde in früheren Beschwerden gegen das Betreibungsamt getroffen habe, sowie mit Befangenheit. Die obere Aufsichtsbehörde hat daraus entnommen, dass der Beschwerdeführer sich absichtlich über die Zuständigkeitsregeln hinwegsetzte. Zu Recht stellt der Beschwerdeführer nicht in Frage, dass von ihm - wie von jedem Rechtsuchenden überhaupt - ein loyales Verständnis für das von ihm ausgeübte (Beschwerde-) Recht vorausgesetzt wird (BGE 105 Ib 301 E. 1b S. 303 f.). Allein aus den vielen, in eigener Sache ergangenen Urteilen des Bundesgerichts (wie Urteil 7B.163/2006 vom 30. November 2006 E. 2 oder bereits Urteile 7B.78/1997 vom 18. April 1997 und B.264/1996 vom 19. November 1996) musste dem Beschwerdeführer jedoch klar sein, dass pauschale Ausstandsbegehren gegen eine Behörde im Grundsatz missbräuchlich und unbeachtlich sind (BGE 111 Ia 148 E. 4 S. 149; 105 Ib 301 E. 1c und d S. 304). Die obere Aufsichtsbehörde hat im Ergebnis angenommen, es laufe Treu und Glauben bzw. dem Rechtsmissbrauchsverbot zuwider, wenn der Beschwerdeführer mit Absicht bzw. wider besseres Wissen mittels pauschaler Ausstandsbegehren die Zuständigkeit der Erstinstanz ausschalten wollte. Aus diesem Grund hat sie geschlossen, eine Überweisung der Eingabe komme nicht in Frage, und die Behandlung durch die angerufene Behörde sei Folge des nachweislich widersprüchlichen Verhaltens. Dass die obere Aufsichtsbehörde damit in überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV; BGE 118 Ia 241 E. 4 S. 244) verfallen sei, wird nicht behauptet. Es liegt keine Verletzung von Bundesrecht vor, wenn die obere Aufsichtsbehörde das Vorgehen des Beschwerdeführers nicht geschützt und sich nach Eingang seiner Eingabe (am 11. April 2012) darauf beschränkt hat, ihm mit Schreiben vom 16. April 2012 (unbestrittenermassen rechtzeitig) die Zuständigkeit der unteren Aufsichtsbehörde sowie die Nicht-Überweisung mitzuteilen. 
 
3.3 Die obere Aufsichtsbehörde hat weiter (wie betreffend Neuschätzung und Guthaben aus der Liegenschaftenverwaltung) geprüft, ob - trotz verspäteter Beschwerde - ein Anlass zum Einschreiten von Amtes gemäss Art. 22 SchKG bestehe. Sie ist (in den als "Eventualerwägungen" bezeichneten Ausführungen) zum Schluss gelangt, dass keine Verletzung von Vorschriften im Sinne der genannten Bestimmung vorliege. Darauf geht der Beschwerdeführer nicht ein; eine unrichtige Anwendung von Art. 22 SchKG wird nicht gerügt. 
 
4. 
Nach dem Dargelegten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung an die Grundpfandgläubigerin und Beschwerdegegnerin entfällt, zumal sie auf eine Vernehmlassung zum Gesuch um aufschiebende Wirkung verzichtet hat und ihr im bundesgerichtlichen Verfahren keine ersatzpflichtigen Kosten entstanden sind. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 20. Dezember 2012 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante