Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_320/2023
Urteil vom 21. Februar 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichter Kölz, Hofmann,
Gerichtsschreiber Schurtenberger.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis,
Amt der Region Oberwallis,
Überlandstrasse 42, Postfach, 3900 Brig.
Gegenstand
Sistierung des Strafverfahrens,
Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts des Kantons Wallis, Einzelrichter der Strafkammer,
vom 28. November 2022 (P3 22 145).
Sachverhalt:
A.
Zwischen A.________ einerseits und B.________, C.________ und D.________ andererseits besteht eine langjährige Streitigkeit mit wiederholten verbalen und handgreiflichen Konflikten. In diesem Zusammenhang führt die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Amt der Region Oberwallis, einerseits ein Strafverfahren gegen B.________, C.________ und D.________ wegen diverser Delikte, begangen an verschiedenen Tagen (Verfahrensnummer SAO 18 2169). Andererseits untersuchte sie die im Rahmen mehrerer Strafklagen gegen A.________ erhobenen zahlreichen Tatvorwürfe und erhob gegen letzteren Anklage (Verfahrensnummer SAO 18 1179). Dabei bildet ein Vorfall vom 20. März 2020 insoweit Gegenstand beider Strafverfahren, als jeweils beide Seiten des Konfliktes der jeweils anderen Seite Straftaten vorwerfen und dabei den Sachverhalt diametral entgegengesetzt schildern.
B.
Mit Verfügung vom 8. Juni 2022 sistierte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren SAO 18 2169 hinsichtlich des Vorfalls vom 20. März 2020 bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheids im Verfahren SAO 18 1179. Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Wallis mit Verfügung vom 28. November 2022 ab.
C.
Mit Eingabe vom 16. Januar 2023 erhob A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, das Verfahren SAO 18 2169 weiterzuführen. "Eventualiter" beantragt er die Aufhebung der Sistierungsverfügung und die Vereinigung der Verfahren SAO 18 2169 und SAO 18 1179.
Erwägungen:
1.
Gegenstand des angefochtenen Entscheids ist eine in Anwendung von Art. 314 Abs. 1 lit. b StPO ergangene Sistierungsverfügung. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 Abs. 1 BGG gegeben. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt.
2.
2.1. Der angefochtene Entscheid schliesst das gegen den Beschwerdeführer laufende Strafverfahren nicht ab. Es handelt sich um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 oder Art. 93 BGG angefochten werden kann. Der angefochtene Entscheid betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand (Art. 92 BGG). Es handelt sich somit um einen "anderen Zwischenentscheid" im Sinne von Art. 93 BGG. Gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde gegen einen derartigen Zwischenentscheid zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die Variante nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt hier ausser Betracht, weshalb einzig zu prüfen ist, ob der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann.
2.2. Nach der Rechtsprechung muss es sich beim nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein derartiger Nachteil liegt vor, wenn er auch durch einen für die beschwerdeführende Person günstigen späteren Entscheid nicht mehr behoben werden kann (BGE 144 IV 127 E. 1.3.1). Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 142 III 798 E. 2.2). Die Beschwerdevoraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 BGG sollen das Bundesgericht entlasten; dieses soll sich wenn möglich nur einmal mit einer Sache befassen (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 147 III 159 E. 4.1; 137 IV 237 E. 1.1). Die beschwerdeführende Person muss, wenn das nicht offensichtlich ist, im Einzelnen darlegen, inwiefern ihr ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur drohen soll. Andernfalls kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE 142 III 798 E. 2.2; 137 III 324 E. 1.1; je mit Hinweisen).
2.3. Der Beschwerdeführer bringt diesbezüglich (einzig) vor, ihm drohe insoweit ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur, als er "nicht seine ihm zustehende Rolle als Privatkläger" einnehmen könne, sondern im parallel geführten Strafverfahren die Rolle als Beschuldigter inne habe und "damit einhergehend den Belastungen des Strafverfahrens" ausgesetzt sei. Nach der Rechtsprechung begründet die Durchführung eines Strafverfahrens jedoch keinen Nachteil rechtlicher Natur, der mit einem für die angeschuldigte Person günstigen Entscheid nicht behoben werden könnte (BGE 133 IV 139 E. 4; 115 Ia 311 E. 2c; 98 Ia 239; Urteile 6B_281/2021 vom 3. November 2021 E. 2.2.2; 6B_814/2020 vom 11. August 2020 E. 3.3; 1B_226/2019 vom 11. Juli 2019 E. 1.4).
Nach der Rechtsprechung ist auf Beschwerden gegen Sistierungsverfügungen nach Art. 314 StPO indessen dann einzutreten, wenn der Beschwerdeführer hinreichend substanziiert eine Verletzung des Beschleunigungsgebots rügt (BGE 134 IV 43 E. 2.2; Urteile 1B_318/2020 vom 11. März 2021 E. 1; 1B_365/2019 vom 7. April 2020 E. 1). Dies setzt voraus, dass die drohende Verletzung des Beschleunigungsgebots von der rechtsuchenden Partei in einer den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG genügenden Weise dargelegt wird (vgl. BGE 143 IV 175 E. 2.3; 138 III 190 E. 6; 134 IV 43 E. 2.5; Urteil 1B_599/2022 vom 18. April 2023 E. 2.4.1).
Der Beschwerdeführer beschränkt sich vorliegend darauf vorzubringen, die Ausführungen der Vorinstanz seien nicht mit dem Beschleunigungsgebot vereinbar und die Sistierung eines Verfahrens tangiere "per se" das Beschleunigungsgebot. Damit kommt er seiner diesbezüglichen Substanziierungspflicht nicht hinreichend nach.
2.4. Weiter rügt der Beschwerdeführer, die beiden Strafverfahren SAO 18 2169 und SAO 18 1179 seien in Verletzung von Art. 30 StPO nicht von Amtes wegen vereinigt worden. Die am Ursprung des Beschwerdeverfahrens liegende Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 8. Juni 2022 hatte indessen einzig die Sistierung des Verfahrens SAO 18 2169 zum Gegenstand. Auf diese ausserhalb des Streitgegenstands liegenden Anträge und Rügen des Beschwerdeführers betreffend eine Vereinigung der Verfahren kann daher von vornherein nicht eingetreten werden (vgl. Urteil 1B_174/2022 vom 17. August 2022 E. 3.1 mit Hinweis).
3.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen und keine Parteientschädigungen zuzusprechen ( Art. 66 und 68 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Amt der Region Oberwallis, und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, Einzelrichter der Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. Februar 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Schurtenberger