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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_352/2023  
 
 
Urteil vom 21. März 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Einzelunternehmen A.________, B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Hugo Feuz, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Bern, Abteilung Beiträge und Zulagen, 
Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, 
Beschwerdegegnerin, 
 
C.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Zürcher. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 28. März 2023 (200 22 427 AHV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
C.________ war mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2011 der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn als Selbstständigerwerbende angeschlossen und entrichtete in der Folge die auf Basis der Steuermeldungen erhobenen Sozialversicherungsbeiträge. Am 25. April 2019 meldete sie der Ausgleichskasse, sie sei in der Zeit vom 26. Mai 2014 bis zum 31. März 2018 für das Einzelunternehmen A.________, B.________, als Schein-Selbstständige tätig gewesen. Die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn überwies die Sache der Ausgleichskasse des Kantons Bern (AKB), bei welcher B.________ angeschlossen war. In der Folge veranlasste die AKB bei B.________ eine ausserordentliche Arbeitgeberkontrolle. Daraufhin forderte sie von B.________ mit Verfügung vom 19. November 2019 und Einspracheentscheid vom 10. Juni 2022 die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen inkl. Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt Fr. 65'866.80 mit der Begründung, die Tätigkeit der C.________ sei als unselbstständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren. 
 
B.  
Die von B.________ hiergegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern nach Beiladung der C.________ mit Urteil vom 28. März 2023 ab, soweit es auf das Rechtsmittel eintrat. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt das Einzelunternehmen A.________, B.________, das kantonale Gerichtsurteil sei aufzuheben, da die Tätigkeit der C.________ als selbstständig zu qualifizieren sei. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2; 130 III 136 E. 1.4). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Ein Mangel in der Sachverhaltsfeststellung gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG liegt nicht bereits dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Eine Beweiswürdigung erweist sich erst dann als willkürlich, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen hat oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 144 II 281 E. 3.6.2).  
 
1.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG im bundesgerichtlichen Verfahren nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Neue Begehren sind nach Art. 99 Abs. 2 BGG unzulässig.  
 
1.4. Nicht einzutreten ist auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde, deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind (Art. 113 BGG; Urteil 5A_80/2024 vom 18. März 2024 E. 1).  
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, als es das Vertragsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der Beigeladenen als unselbstständige Erwerbstätigkeit qualifizierte. 
 
3.  
 
3.1. Vom Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit (massgebender Lohn genannt) werden paritätische Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge erhoben (Art. 5 Abs. 1 und Art. 13 AHVG). Als massgebender Lohn gilt jedes Entgelt für in unselbstständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit (Art. 5 Abs. 2 AHVG). Vom Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit wird demgegenüber ein Beitrag des Selbstständigerwerbenden erhoben (Art. 8 AHVG). Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit ist jedes Erwerbseinkommen, das nicht Entgelt für in unselbstständiger Stellung geleistete Arbeit darstellt (Art. 9 Abs. 1 AHVG).  
 
3.2. Nach der Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob im Einzelfall selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, nicht auf Grund der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien. Entscheidend sind vielmehr die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die zivilrechtlichen Verhältnisse vermögen dabei allenfalls gewisse Anhaltspunkte für die AHV-rechtliche Qualifikation zu bieten, ohne jedoch ausschlaggebend zu sein. Als unselbstständig erwerbstätig ist im Allgemeinen zu betrachten, wer von einem Arbeitgeber in betriebswirtschaftlicher bzw. arbeitsorganisatorischer Hinsicht abhängig ist und kein spezifisches Unternehmerrisiko trägt. Aus diesen Grundsätzen allein lassen sich indessen noch keine einheitlichen, schematisch anwendbaren Lösungen ableiten. Die Vielfalt der im wirtschaftlichen Leben anzutreffenden Sachverhalte zwingt dazu, die beitragsrechtliche Stellung einer erwerbstätigen Person jeweils unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Weil dabei vielfach Merkmale beider Erwerbsarten zu Tage treten, muss sich der Entscheid oft danach richten, welche dieser Merkmale im konkreten Fall überwiegen (BGE 149 V 57 E. 6.2 ff.; 144 V 111 E. 4.2 mit diversen Hinweisen).  
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der massgeblichen Kriterien erwogen, bei der Erwerbstätigkeit der Beigeladenen für die Beschwerdeführerin würden die Merkmale einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit deutlich überwiegen. Darauf kann verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag - soweit die Beschwerdeschrift mit Blick auf Art. 42 Abs. 2 BGG überhaupt genügend begründet ist und sich nicht auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil beschränkt - die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz nicht als offensichtlich unrichtig und die daraus gezogenen Schlüsse nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. So legt die Beschwerdeführerin etwa nicht dar, inwiefern die Beigeladene in ihrer Tätigkeit für sie ein spezifisches Unternehmerrisiko tragen würde. Nicht als solches gelten kann das Risiko, bei finanziellen Schwierigkeiten der Arbeitgeberin kein Entgelt für die geleistete Arbeit zu erhalten, ist dieses doch auch einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit inhärent (vgl. auch Urteil U 280/01 vom 23. Juni 2003 E. 5.2.5). Weiter macht sie zwar geltend, sie habe gegenüber der Beigeladenen kein Weisungsrecht gehabt, diese sei nicht in die Arbeitsorganisation eingefügt und nicht zu persönlicher Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Damit stellt sie lediglich ihre eigene Sichtweise dar, ohne jedoch auszuführen, inwiefern die gegenteiligen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen auf einer Bundesrechtsverletzung beruhen würden oder willkürlich im Sinne der Rechtsprechung (vgl. E. 1.2 hiervor) wären.  
 
4.2. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin schafft der Umstand, dass die Beigeladene bereits vor Arbeitsaufnahme als Selbstständigerwerbende einer Ausgleichskasse angeschlossen war, keine Vertrauensgrundlage dafür, dass sämtliche mit dieser Person abgeschlossenen Verträge auf Arbeitsleistung sozialversicherungsrechtlich als selbstständige Erwerbstätigkeit qualifiziert werden. Bereits deshalb verbleibt kein Raum für den von der Beschwerdeführerin angerufenen öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutz (BGE 121 V 65 E. 2). Damit kann auch offenbleiben, ob das entsprechende Vorbringen mit Blick auf Art. 99 BGG (vgl. E. 1.3 hiervor) vorliegend überhaupt zu hören wäre.  
 
4.3. Zusammenfassend ergibt sich, dass das kantonale Gericht nicht gegen Bundesrecht verstossen hat, als es von einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit der Beigeladenen für die Beschwerdeführerin ausging. Entsprechend ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist (Art. 109 Abs. 1 lit. a BGG).  
 
5.  
 
5.1. Mit diesem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.  
 
5.2. Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die Beigeladene nicht aufgefordert wurde, eine Stellungnahme einzureichen, sie sich in der Folge nicht vernehmen liess und ihr damit durch das bundesgerichtliche Verfahren kein Aufwand entstanden ist, ist ihr keine Parteientschädigung zuzusprechen.  
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, C.________, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. März 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold