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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 467/00 /Vr 
 
Urteil vom 21. August 2002 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Krähenbühl 
 
Parteien 
R.________, 1969, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jean-Pierre Menge, Quaderstrasse 5, 7000 Chur, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Chur 
 
(Entscheid vom 23. August 2000) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1969 geborene R.________ war seit dem 16. März 1987 als Chauffeur/Bauarbeiter in der Firma B.________ beschäftigt. Am 23. Juni 1997 zog er sich beim Sprung von einer Lastwagenbrücke eine Verletzung des linken Fusses zu. Nach der Erstbehandlung durch Dr. med. L.________ wurden im Spital X.________ am 26. Juni 1997 eine OSG-Fraktur mit Abrissfraktur des Malleolus medialis diagnostiziert und eine Schraubenosteosynthese des Malleolus medialis durchgeführt. Obschon ärztlicherseits von einem zwar verzögerten, im Übrigen jedoch auch postoperativ positiven Verlauf die Rede war und eine rasche Rückkehr an den Arbeitsplatz angestrebt wurde, hat R.________ seine Erwerbstätigkeit nicht wieder aufgenommen. 
 
Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) anerkannte ihre Haftung für den Arbeitsunfall vom 23. Juni 1997, kam für Heilungskosten auf und richtete Taggelder aus. Mit Verfügung vom 11. Januar 1999 sprach sie dem Versicherten für die Zeit ab 1. Februar 1999 eine 20%-ige Invalidenrente sowie eine 10%-ige Integritätsentschädigung zu. Nach erfolgter Einsprache gelangte sie gestützt auf ein Gutachten des Chirurgen Dr. med. B.________, leitender Arzt des anstaltsinternen Ärzteteams Unfallmedizin, vom 2. Februar 2000 zum Schluss, dass die Anspruchsvoraussetzungen weder für eine Invalidenrente noch für eine Integritätsentschädigung erfüllt seien. Mit Einspracheentscheid vom 2. März 2000 hob sie deshalb die Verfügung vom 11. Januar 1999 auf und lehnte den Anspruch auf Ausrichtung einer Invalidenrente, einer Integritätsentschädigung sowie sonstiger Versicherungsleistungen ab. 
B. 
Hiegegen liess R.________ Beschwerde erheben mit den Begehren um Zusprechung einer auf einer 100%-igen Erwerbsunfähigkeit basierenden Invalidenrente sowie einer Entschädigung für eine 50%-ige Integritätseinbusse. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wies die Beschwerde mit Entscheid vom 23. August 2000 ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Ramani Ljavdrim seine im kantonalen Verfahren gestellten Anträge erneuern. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, als von der SUVA beschäftigter Arzt nehme Dr. med. B.________ Parteistellung ein, weshalb seinem Bericht die Beweistauglichkeit abzusprechen sei. Zudem beanstandet er, dass SUVA und Vorinstanz massgeblich auf das Gutachten des Dr. med. B.________ vom 2. Februar 2000 abgestellt haben, obschon dieses mit den Meinungen der übrigen Ärzte, die sich mit seinem Leiden befasst haben, in Widerspruch stehe. 
2. 
2.1 Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wesentlichen Begriffe der für einen Leistungsanspruch gegenüber dem Unfallversicherer vorausgesetzten natürlichen (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen) und adäquaten (BGE 125 V 461 f. Erw. 5a mit Hinweisen) Kausalität eines versicherten Unfallereignisses für eine darauf zurückgeführte gesundheitliche Schädigung zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird. 
2.2 Hinsichtlich der bei der Würdigung medizinischer Berichte allgemein geltenden Grundsätze und ihres beweisrechtlichen Stellenwerts kann ebenfalls auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. 
 
In BGE 125 V 352 ff. Erw. 3b findet sich überdies eine Zusammenfassung der vom Eidgenössischen Versicherungsgericht in Ergänzung zum massgebenden Prinzip der freien Beweiswürdigung (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweisen) erarbeiteten Richtlinien für die beweismässige Auswertung bestimmter Arten medizinischer Unterlagen (Gerichtsexpertisen, von Unfallversicherern eingeholte Gutachten externer Spezialärzte, Berichte versicherungsinterner Ärzte, Parteigutachten, hausärztliche Stellungnahmen). 
3. 
3.1 Nach der Rechtsprechung, auf die in vorstehender Erw. 2.2 verwiesen wird, stellt der Umstand allein, dass Dr. med. B.________ im Ärzteteam Unfallversicherung der SUVA tätig ist, keinen Grund dar, den Beweiswert seiner Berichte in Frage zu stellen, solange nicht konkrete Indizien gegen deren Zuverlässigkeit sprechen. Da eine Expertise eines versicherungsinternen Gutachters vorliegt, müssen dessen Aussagen als schlüssig erscheinen und nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sein. Zudem dürfen 
keine besonderen Umstände vorliegen, welche objektiv ein Misstrauen in die Unparteilichkeit der Beurteilung begründen können. 
3.2 Inwiefern das Gutachten des Dr. med. B.________ vom 2. Februar 2000 einer Prüfung nach Massgabe dieser Kriterien nicht sollte standhalten können, ist nicht ersichtlich. Nachdem Dr. med. B.________ keine auf das Unfallereignis vom 23. Juni 1997 zurückzuführenden organischen Befunde hat erheben können, begründet er seine Stellungnahme auf Grund seiner eigenen Untersuchungen und unter eingehender Bezugnahme auf die Ergebnisse früherer ärztlicher Abklärungen ausführlich. Seine Überlegungen sind nachvollziehbar und besondere Umstände, welche den Verdacht auf Unparteilichkeit oder Befangenheit aufkommen lassen könnten, liegen nicht vor. Es besteht deshalb kein Anlass, der Expertise zum Vornherein jegliche Beweiskraft abzusprechen. 
3.3 Im Übrigen ist festzuhalten, dass der medizinische Sachverhalt durch die zahlreichen ärztlichen Berichte umfassend dokumentiert ist. Die vorhandenen Unterlagen ermöglichen eine abschliessende Beurteilung der geltend gemachten Leistungsansprüche, ohne dass es der beantragten zusätzlichen Abklärungen bedürfte. 
4. 
Zu prüfen bleibt, ob SUVA und Vorinstanz der Auffassung des Dr. med. B.________ im Rahmen ihrer Beweiswürdigung zu Recht entscheidendes Gewicht beigemessen haben. 
4.1 Wie Dr. med. B.________ als - was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausdrücklich anerkannt wird - mit dem Beschwerdebild der Algodystrophie nach Sudeck bestens vertrauter Experte zutreffend aufzeigt, haben längst nicht alle behandelnden Ärzte diese Diagnose vorbehaltlos bestätigt, weshalb mit der Vorinstanz ein unlösbarer Widerspruch zwischen den Ergebnissen seiner Untersuchung und früheren ärztlichen Äusserungen zu verneinen ist. Die diesbezügliche Diagnosestellung, welche auf Grund der Aktenlage nie als restlos gesichert gelten konnte, wird durch die Ausführungen des Dr. med. B.________ überzeugend widerlegt. Es besteht kein Anlass, von dessen Folgerungen abzuweichen, wonach "im posttraumatischen Verlauf kein Morbus Sudeck vorlag, oder dann höchstens in leichtem Grade, beginnend oder inkomplett, sowie zeitlich rasch vorübergehend, der seit langem nicht mehr ins Gewicht fällt". Mit SUVA und Vorinstanz kann gestützt auf das Gutachten des Dr. med. B.________ vom 2. Februar 2000 "die Diagnose der organischen Komplikation einer Algodystrophie nach Sudeck zweifellos ausgeschlossen" werden. 
4.2 Die unbestrittenermassen vorhandenen Beschwerden erklärt Dr. med. B.________ als "Erscheinung eines Immobilisationsschadens des linken Beins durch fortgesetzte Langzeit-Entlastung". Dieses als "Neclect-Syndrom" bezeichnete Beschwerdebild führt er auf ausschliesslich psychische und psychosoziale Ursachen zurück. Vor diesem Hintergrund haben die Vorinstanzen zu Recht die Adäquanzfrage nach Massgabe der bei psychischen Fehlentwicklungen nach Unfällen massgebenden, in BGE 115 V 138 ff. Erw. 6 erläuterten Kriterien geprüft. Dass sie dabei eine Häufung mehrerer wie auch eine besondere Ausgeprägtheit eines einzelnen der relevanten Faktoren, wie sie für die Anerkennung der Adäquanz psychischer Folgeschäden nach mittelschweren Unfällen vorliegen müssten, verneint haben, ist auch unter Berücksichtigung der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zu beanstanden. Insoweit ist den Ausführungen im angefochtenen kantonalen Entscheid nichts beizufügen. 
5. 
Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich daher als gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann hingegen gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Dr. Jean-Pierre Menge, Chur, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 21. August 2002 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: 
 
i.V.