Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
9C_388/2010
Urteil vom 21. September 2010
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Fessler.
Verfahrensbeteiligte
CONCORDIA Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung AG, Bundesplatz 15, 6003 Luzern,
Beschwerdeführerin,
gegen
Kanton Basel-Landschaft,
handelnd durch den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude, Rathausstrasse 2, 4410 Liestal, dieser vertreten durch die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion Kanton Basel-Landschaft, Bahnhofstrasse 5, 4410 Liestal,
Beschwerdegegner,
M.________,
Gegenstand
Krankenversicherung
(Ausserkantonale Behandlung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 2. Dezember 2009.
Sachverhalt:
A.
Die in O.________ wohnhafte M.________ war 2007 und 2008 bei der CONCORDIA Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung AG (nachfolgend: Concordia) u.a. obligatorisch krankenpflegeversichert. Wegen Herzbeschwerden (u.a. Diagnose: Koronare 3- Gefässerkrankung) wurde M.________ vom 30. Juli bis 7. August 2007, vom 23. bis 28. August 2007 sowie vom 5. bis 6. August 2008 im Spital X.________ stationär behandelt. Ein Teil der Behandlung (Koronarangiographie, Stent-Implantationen) wurde ambulant im Herzkatheterlabor des Universitätsspitals Basel durchgeführt. Die Concordia bezahlte die vom Spital X.________ in Rechnung gestellten Kosten. Mit Verfügung vom 12. Januar 2009 lehnte die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft das Gesuch der Concordia um Kostenbeteiligung nach Art. 41 Abs. 3 KVG für die Behandlung von M.________ vom 23. bis 28. August 2007 mangels medizinischer Gründe für die ausserkantonale Hospitalisation ab. Die Beschwerde der Concordia, mit welcher eine Kostenbeteiligung des Wohnkantons auch für die Behandlungen vom 30. Juli bis 7. August 2007 sowie vom 5. bis 6. August 2008 beantragt wurde, wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft ab, soweit er darauf eintrat (Entscheid vom 7. Juli 2009).
B.
Die Beschwerde der Concordia wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, mit Entscheid vom 2. Dezember 2009 ab.
C.
Die Concordia führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 2. Dezember 2009 sei aufzuheben und der Kanton Basel-Landschaft zu verpflichten, ihr für die stationären Klinikaufenthalte von M.________ im Spital X.________ vom 30. Juli bis 7. August 2007, vom 23. bis 28. August 2007 sowie vom 5. bis 6. August 2008 die Kostendifferenz gemäss aArt. 41 Abs. 3 KVG im Betrag von Fr. 18'698.- zu erstatten.
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde. M.________ und das Bundesamt für Gesundheit lassen sich nicht vernehmen.
Erwägungen:
1.
Die Kostenübernahme im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bei Behandlung in einem als Leistungserbringer zugelassenen Spital wird in Art. 41 KVG geregelt, hier anwendbar in der bis 31. Dezember 2008 gültig gewesenen Fassung. Danach muss der Versicherer die Kosten höchstens nach dem Tarif übernehmen, der im Wohnkanton der versicherten Person gilt (Abs. 1 dritter Satz). Beanspruchen Versicherte aus medizinischen Gründen einen anderen Leistungserbringer, so richtet sich die Kostenübernahme nach dem Tarif, der für diesen Leistungserbringer gilt (Abs. 2 erster Satz). Medizinische Gründe liegen bei einem Notfall vor oder wenn die erforderlichen Leistungen im Wohnkanton oder in einem auf der Spitalliste des Wohnkantons nach Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe e aufgeführten ausserkantonalen Spital nicht angeboten werden (Abs. 2 zweiter Satz und lit. b). Beansprucht die versicherte Person aus medizinischen Gründen die Dienste eines ausserhalb ihres Wohnkantons befindlichen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals, so übernimmt der Wohnkanton die Differenz zwischen den in Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen des betreffenden Spitals für Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons (Abs. 3 erster Satz; Ausgleichs- oder Differenzzahlungspflicht: BGE 130 V 215 E. 1.1 S. 218 mit Hinweisen).
2.
Die Concordia fordert vom Kanton Basel-Landschaft die Erstattung des Kostenanteils nach Art. 41 Abs. 3 KVG für die stationäre Behandlung der in diesem Kanton wohnhaften Versicherten im Spital X.________, vom 30. Juli bis 7. August 2007, vom 23. bis 28. August 2007 sowie vom 5. bis 6. August 2008. Dazu ist sie grundsätzlich berechtigt, da sie die in Rechnung gestellten Kosten bezahlt hat ( Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ; BGE 130 V 215 E. 2.3 S. 219 und RKUV 2006 Nr. KV 369 S. 232, K 81/05, E. 1). Allerdings fehlt es in Bezug auf die Behandlungen vom 30. Juli bis 7. August 2007 und vom 5. bis 6. August 2008 an einem Anfechtungsobjekt. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft war auf die diesbezüglichen Begehren in der Beschwerde gegen die Verfügung der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion vom 12. Januar 2009 nicht eingetreten, was die Vorinstanz bestätigt hat. Sie hat sich dabei auf kantonales Verwaltungsverfahrensrecht gestützt, dessen falsche bzw. willkürliche Anwendung die Beschwerdeführerin nicht rügt (Art. 106 Abs. 2 BGG). Insoweit ist auf die Beschwerde somit nicht einzutreten. Zu beurteilen ist der Zeitraum vom 23. bis 28. August 2007.
3.
Es steht fest, dass ein Teil der Behandlung vom 23. bis 28. August 2007 (Koronarangiographie, Stent-Implantation) ambulant im Universitätsspital Basel durchgeführt wurde, da das Spital X.________ nicht über die hiefür notwendige Infrastruktur (Herzkatheterlabor) verfügte. Beide Spitäler waren auf der gemeinsamen Spitalliste für somatische Akutmedizin der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft aufgeführt und zwar als durch den Standortkanton, das Universitätsspital Basel in Bezug auf bestimmte Leistungen auch durch den Wohnkanton der Versicherten subventioniert. Zu diesen im Spitalabkommen beider Basel vom 14. Juni 1994 näher umschriebenen zentrumsmedizinischen Leistungen zählten auch die durchgeführten invasiven Untersuchungen und Eingriffe im Universitätsspital Basel im Rahmen der Behandlung vom 23. bis 28. August 2007. Die Vorinstanz hat festgestellt, die im Spital X.________ allein erbrachten Leistungen seien auch in den basellandschaftlichen Spitälern W.________ und Z.________ angeboten worden. Diese Feststellung ist nicht offensichtlich unrichtig und somit für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 2 BGG), woran der Einwand der Beschwerdeführerin nichts ändert, gemäss ihrer Abrechnungspraxis würden im Kanton Basel-Landschaft wohnhafte Patienten für medizinisch indizierte invasive kardiologische Untersuchungen und Eingriffe in der Regel direkt ins Universitätsspital Basel eintreten und dort behandelt. Da auch die Spitäler W.________ und Z.________ nicht über die hiefür notwendige Infrastruktur (Herzkatheterlabor) verfügten, hätten bei einer Behandlung der Versicherten in einem dieser Spitäler die Koronarangiographie und die Stent-Implantationen ebenfalls im Universitätsspital Basel vorgenommen werden müssen. Dabei hätte sich der Kanton Basel-Landschaft gestützt auf das einschlägige Spitalabkommen beider Basel an den Kosten beteiligt, gemäss dessen Ausführungen in der Vernehmlassung wie wenn die betreffenden Leistungen (ebenfalls) im gewählten Kantonsspital erbracht worden wären.
4.
Die Vorinstanz hat zur streitigen Differenzzahlungspflicht des Wohnkantons Basel-Landschaft der Versicherten erwogen, die in Frage stehende Behandlung vom 23. bis 28. August 2007 sei in den Spitäler Z.________ und W.________ in gleicher Weise wie im Spital X.________ angeboten worden. Mit einer ambulant im Universitätsspital Basel durchgeführten Untersuchung sei keine Verlegung in ein ausserkantonales Spital bzw. ein Unterbruch des stationären Spitalaufenthalts verbunden. Somit sei festzustellen, dass die umstrittenen Leistungen im fraglichen Zeitpunkt innerkantonal angeboten worden seien. Daran ändere nichts, dass bei Behandlungen im Universitätsspital Basel einzelfallweise eine Kostenbeteiligung des Kantons Basel-Landschaft stattfinde. Könne eine stationäre Behandlung innerkantonal nicht durchgeführt werden, werde sie jedoch in einem ausserkantonalen Spital, welches auf der Spitalliste des Wohnkantons figuriere und von diesem mitsubventioniert werde, angeboten, bestehe bei Inanspruchnahme der Dienste eines anderen Spitals keine Differenzzahlungspflicht nach Art. 41 Abs. 3 KVG.
5.
5.1 Die notwendiger Bestandteil der Behandlung der Versicherten vom 23. bis 28. August 2007 bildenden Koronarangiographie und Stent-Implantationen wurden ambulant im Universitätsspital Basel vorgenommen. Insoweit ist der Vorinstanz beizupflichten, dass der Aufenthalt im Spital X.________ dadurch nicht unterbrochen wurde und grundsätzlich von einer Leistung mit einem Leistungserbringer auszugehen ist. Diese Betrachtungsweise ändert jedoch nichts daran, dass für die invasiven Untersuchungen und Eingriffe eine Infrastruktur (Herzkatheterlabor) benötigt wurde, welche im Wohnkanton Basel-Landschaft der Versicherten nicht vorhanden war. Insoweit ist ein medizinischer Grund im Sinne von Art. 41 Abs. 3 KVG gegeben, wie der Beschwerde führende Krankenversicherer richtig vorbringt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Differenzzahlungspflicht der Kantone auch für ambulante Behandlungen in öffentlichen oder öffentlich subventionierten ausserkantonalen Spitälern gilt, sofern diesbezüglich nach Kantonszugehörigkeit differenzierende Tarife bestehen (BGE 127 V 409), was vorliegend zutrifft. Bei Behandlung und Aufenthalt im Spital Z.________ oder W.________ hätte sich der Kanton Basel-Landschaft - ganz im Sinne der Differenzzahlungspflicht nach Art. 41 Abs. 3 KVG (BGE 127 V 409 E. 3b/bb S. 419, 123 V 290 E. 3b/aa S. 297) - auch an den Kosten der mangels Infrastruktur (Herzkatheterlabor) im Universitätsspital Basel durchzuführenden invasiven Untersuchungen und Eingriffe beteiligt (vorne E. 3). Es ist kein Grund ersichtlich, diesen Kostenbeitrag nicht zu leisten, wenn sich die versicherte Person in ein anderes auf der gemeinsamen Spitalliste aufgeführtes ausserkantonales Spital, wie vorliegend das Spital X.________, begab. Bei direktem Eintritt ins Universitätsspital Basel hätte sich der Wohnkanton Basel-Landschaft gemäss den vom Krankenversicherer im vorinstanzlichen Verfahren ins Recht gelegten Rechnungen wie bei einem eigenen innerkantonalen Spital aufgrund von Art. 49 Abs. 1 KVG (BGE 127 V 422) sogar an den gesamten Kosten beteiligt.
5.2 Hingegen war der Aufenthalt im Spital X.________ nicht medizinisch begründet im Sinne von Art. 41 Abs. 3 KVG. Die in diesem Spital durchgeführte Behandlung hätte auch im Spital Z.________ oder W.________ vorgenommen werden können (vorne E. 3). Dass die für die invasiven Untersuchungen und Eingriffe benötigte Infrastruktur (Herzkatheterlabor) im Wohnkanton Basel-Landschaft der Versicherten nicht vorhanden war, führte insoweit nicht zur freien Wahl unter den Spitälern auf der gemeinsamen Spitalliste beider Basel bei vollem Tarifschutz und Kostenbeteiligung des Wohnkantons (vgl. BGE 127 V 398). Die gegenteilige Auffassung des Krankenversicherers liefe auf eine gesetzlich und auch im Spitalabkommen vom 14. Juni 1994 nicht vorgesehene Subventionierung des im Kanton Basel-Stadt gelegenen Spitals X.________ durch den Kanton Basel-Landschaft hinaus. Anders verhielte es sich höchstens, wenn eine Behandlung in den Spitälern Z.________ und W.________ oder im Universitätsspital Basel, etwa aus Kapazitätsgründen nicht oder nicht innert nützlicher Frist möglich gewesen wäre (SVR 2009 KV Nr. 11 S. 38, 9C_548/2008), was jedoch nicht geltend gemacht wird.
5.3 Die Höhe des nach dem Gesagten vom Kanton Basel-Landschaft zu leistenden Kostenbeitrags an die ambulante Behandlung im Universitätsspital Basel (Herzkatheterlabor) ist nicht bekannt und lässt sich aufgrund der Akten auch nicht ermitteln. Die Sache ist daher zu diesem Zwecke und zu neuer Verfügung an die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft zurückzuweisen.
6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 2. Dezember 2009 und der Einspracheentscheid des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft vom 7. Juli 2009 werden aufgehoben. Die Sache wird an die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen den Kostenbeitrag im Zusammenhang mit der Behandlung von M.________ im Universitätsspital Basel im Zeitraum vom 23. bis 28. August 2007 festsetze. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Von den Gerichtskosten von Fr. 2000.- werden der Concordia Fr. 1000.- und dem Kanton Basel-Landschaft Fr. 1000.- auferlegt.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, M.________, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 21. September 2010
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Meyer Fessler