Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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1C_407/2017
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Urteil vom 21. September 2017
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Härri.
Verfahrensbeteiligte
H.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Virginia Demuro,
gegen
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung.
Gegenstand
Auslieferung an Italien,
Beschwerde gegen den Entscheid vom 21. Juli 2017 des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer.
Sachverhalt:
A.
Am 16. Februar 2015, ergänzt am 14. Mai 2015, ersuchte die italienische Botschaft in Bern um die Auslieferung von H.________ wegen der ihm im Haftbefehl des Gerichts von Reggio Calabria vom 12. November 2014 zur Last gelegten Beteiligung an einer kriminellen Organisation ('Ndrangheta).
Am 2. Dezember 2016 bewilligte das Bundesamt für Justiz (BJ) die Auslieferung.
Die von H.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht (Beschwerdekammer) am 21. Juli 2017 ab.
B.
H.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, die Entscheide des Bundesstrafgerichts und des BJ aufzuheben. Das Auslieferungsersuchen sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, und die Auslieferung zu verweigern. Er sei umgehend aus der Haft zu entlassen.
C.
Das Bundesstrafgericht verweist auf seinen Entscheid und hält an dessen Begründung fest. Auf weitere Bemerkungen hat es verzichtet.
Das BJ hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Es hält dafür, es fehle an der Eintretensvoraussetzung des besonders bedeutenden Falles.
H.________ hat eine Replik eingereicht.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht hat die Akten der Vorinstanz und des BJ beigezogen. Dem entsprechenden Verfahrensantrag ist damit Genüge getan. Der Beizug der Akten der Bundesanwaltschaft ist nicht erforderlich. Die Sache ist spruchreif. Für die in der Replik beantragte Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens besteht kein Grund.
2.
2.1. Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er unter anderem eine Auslieferung betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist mit Zurückhaltung anzunehmen (BGE 139 II 340 E. 4 S. 342; 136 IV 139 E. 2.4 S. 144; 134 IV 156 E. 1.3.1 S. 160).
Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst wie keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161).
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).
2.2. Zwar geht es um eine Auslieferung und damit ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich jedoch um keinen besonders bedeutenden Fall. Die Vorinstanz hat sich mit den Einwänden des Beschwerdeführers eingehend auseinandergesetzt. Ihre Erwägungen stützen sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, auf die zurückzukommen kein Anlass besteht, und lassen keine Bundesrechtsverletzung erkennen.
Das gilt insbesondere, soweit die Vorinstanz zum Schluss kommt, das Auslieferungsersuchen genüge den Anforderungen von Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe (angefochtener Entscheid E. 3 S. 5 ff.). Inwiefern es offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche enthalten soll, die den darin dargelegten Sachverhalt sofort entkräfteten, ist nicht erkennbar.
Nicht zu beanstanden ist es auch, wenn die Vorinstanz die beidseitige Strafbarkeit bejaht (angefochtener Entscheid E. 4 S. 9 ff.). Wie sie zutreffend ausführt, beschränkt sich der Rechtshilferichter bei der Beurteilung der Strafbarkeit nach schweizerischem Recht auf eine Prüfung "prima facie" (BGE 142 IV 250 E. 5.2 S. 256 mit Hinweisen). Bei der 'Ndrangheta handelt es sich um den geradezu typischen Fall einer kriminellen Organisation gemäss Art. 260
ter StGB. Unter den Begriff der kriminellen Organisation fallen auch die verschiedenen Zweige, aus denen sich die 'Ndrangheta zusammensetzt (Urteil 1C_129/2017 vom 20. März 2017 E. 1.2). Art. 260
ter Ziff. 1 Abs. 1 StGB stellt die Beteiligung an einer derartigen Organisation unter Strafe. Wie das Bundesgericht dazu jüngst erwogen hat, ist der Begriff der Beteiligung weit zu fassen. An einer kriminellen Organisation ist nicht nur beteiligt, wer ihrem "harten Kern" angehört. Auch wer zu ihrem erweiterten Kreis gehört und längerfristig bereit ist, die ihm erteilten Befehle zu befolgen, ist ungeachtet seiner formellen Stellung in der Organisation an dieser im Sinne von Art. 260
ter Ziff. 1 Abs. 1 StGB beteiligt (Urteil 6B_1132/2016 vom 7. März 2017 E. 6.2.3, nicht publ. in BGE 143 IV 145). Der Nachweis der Mitwirkung an Straftaten der kriminellen Organisation ist nicht erforderlich (BGE 142 IV 175 E. 5.4.1 S. 189). Die blosse Beteiligung an dieser genügt (Urteil 1C_129/2017 vom 20. März 2017 E. 1.2 mit Hinweisen). Im Lichte dieser Rechtsprechung fällt das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten jedenfalls "prima facie" unter den Tatbestand der kriminellen Organisation gemäss Art. 260
ter StGB.
Kein Bundesrecht verletzt es auch, wenn die Vorinstanz zum Schluss kommt, das BJ habe das ihm insoweit zustehende weite Ermessen nicht überschritten, wenn es die Auslieferung trotz gegebener schweizerischer Gerichtsbarkeit bewilligte (angefochtener Entscheid E. 6 S. 18 ff. mit Hinweisen insb. auf BGE 117 Ib 210 E. 3b S. 213 f. und das Urteil 1C_515/2013 vom 19. Juni 2013 E. 1.2).
Zutreffend erwägt die Vorinstanz sodann, dass selbst dann, wenn der Beschwerdeführer in Italien unter dem Regime des sog. "carcere duro" inhaftiert werden sollte, darin im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte keine gegen Art. 3 EMRK verstossende erniedrigende oder unmenschliche Behandlung läge (angefochtener Entscheid E. 7.4 f. S. 22 ff. mit Hinweis insb. auf das Urteil des EGMR
Riina gegen Italien vom 19. März 2013 Ziff. 22 ff.).
Auf die Erwägungen der Vorinstanz kann, was die Einzelheiten betrifft, gemäss Art. 109 Abs. 3 BGG vollumfänglich verwiesen werden. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht. Ernstliche Anhaltspunkte dafür, dass das im ersuchenden Staat geführte Strafverfahren an schweren Mängeln leidet, bestehen nicht. Dass dem Beschwerdeführer die Mitgliedschaft in der 'Ndrangheta vorgeworfen wird, genügt für die Annahme eines besonders bedeutenden Falles nicht (vgl. Urteil 1C_1/2011 vom 7. Januar 2011 E. 2.5), zumal nichts darauf hindeutet, dass der Beschwerdeführer in dieser kriminellen Organisation, die nach den Feststellungen der Vorinstanz eine pyramidale Struktur aufweist, der höchsten Führungsebene zuzurechnen wäre.
Liegt demnach kein besonders bedeutender Fall vor, ist die Beschwerde unzulässig. Die verlangte Einräumung einer Nachfrist zur Ergänzung der Beschwerdebegründung gemäss Art. 43 BGG fällt damit ausser Betracht (lit. a).
Mit dem vorliegenden Entscheid bleibt es bei der Auslieferung. Für die beantragte umgehende Haftentlassung durch das Bundesgericht besteht daher kein Grund.
3.
Der Beschwerdeführer beantragt, auf die Erhebung eines Gerichtskostenvorschusses zu verzichten. Dies kann als Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gemäss Art. 64 BGG ausgelegt werden. Im Lichte der dargelegten restriktiven Rechtsprechung zur Annahme eines besonders bedeutenden Falles (oben E. 2.1) war die Beschwerde aussichtslos. Der Beschwerdeführer hat zudem seine Bedürftigkeit nicht dargetan. Im Gegenteil führt er aus, er lebe in geordneten finanziellen Verhältnissen (Beschwerde S. 19 Ziff. 38). Die unentgeltliche Rechtspflege kann daher nicht bewilligt werden. Der Beschwerdeführer trägt damit die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. September 2017
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Merkli
Der Gerichtsschreiber: Härri