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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6A.64/2003 /kra 
 
Urteil vom 21. November 2003 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, 
Ersatzrichterin Pont Veuthey, 
Gerichtsschreiber Garré. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung, Obergrundstrasse 46, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Administrativmassnahmen (Überprüfung der Fahreignung), 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 
4. August 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Berner Kantonspolizei hielt am 1. August 2002 in Port den mit einem Motorrad fahrenden X.________ zu einer Kontrolle an. Aufgrund von verschiedenen Auffälligkeiten ordnete sie eine Blut- und Urinprobe an. Die chemisch-toxikologische Untersuchung beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern (IRM) ergab, dass X.________ wegen Cannabiskonsums in seiner Fahrfähigkeit eingeschränkt war. Am 9. Dezember 2002 verfügte das Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern eine ärztliche Begutachtung seiner Fahreignung. Von einem vorsorglichen Entzug des Führerausweises wurde abgesehen. 
B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies am 4. August 2003 die von X.________ dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab. 
C. 
Gegen dieses Urteil führt X.________ sinngemäss Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht, mit der er beantragt, es sei keine ärztliche Begutachtung anzuordnen. 
D. 
Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann beim Bundesgericht die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens, gerügt sowie eine unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 104 lit. a und b OG). Zum Bundesrecht zählt auch das Verfassungsrecht des Bundes (BGE 122 IV 8 E. 1b; 119 Ib 254 E. 2b). In diesem Fall sind aber die strengeren Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG zu beachten (BGE 122 IV 8 E. 2a; 118 Ia 8 E. 1c). Nicht überprüfen kann das Bundesgericht grundsätzlich die Angemessenheit des angefochtenen Entscheides (Art. 104 lit. c OG). Gemäss Art. 105 Abs. 2 OG ist das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhalts gebunden, wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat. An die Begründung der Begehren ist es nicht gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG). 
2. 
Der Beschwerdeführer behauptet, die Blut- und Urinprobe sei rechtswidrig angeordnet worden, er sei nie mit dem Motorrad unter dem Einfluss von Drogen gefahren, und es drängten sich keine Abklärungen seiner Fahrfähigkeit auf. 
2.1 Gemäss den verbindlichen Feststellungen der richterlichen Vorinstanz (Art. 105 Abs. 2 OG) wurde der Beschwerdeführer von der Polizei zur Kontrolle angehalten, weil er mit seinem Motorrad durch schnelle Fahrweise aufgefallen war. Im Rahmen dieser Kontrolle wurden bei ihm ca. 2 Gramm Marihuana und ein Schlagring sichergestellt. Aufgrund von körperlichen Anzeichen (schwitzen, zittern, blasse Haut, enge Pupillen) und seiner Aussage, dass er am Vorabend einen Joint konsumiert habe, wurde eine Blut- und Urinprobe im Spitalzentrum Biel angeordnet. 
2.2 Anders als die Feststellung von Fahren in angetrunkenem Zustand ist das Verfahren um die Feststellung von Fahren unter Drogen- und Medikamenteneinfluss noch nicht bundesrechtlich geregelt und weitgehend eine Domäne des kantonalen Rechts, insbesondere was die Anordnung von Blut- und Urinproben angeht (René Schaffhauser, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. 1, 2. Aufl., Bern 2002, S. 234, Fn. 103). Die Verletzung von kantonalem Recht kann im Rahmen einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur auf Willkür hin überprüft werden (BGE 122 IV 8 E. 2a; 120 Ib 224 E. 2a). In casu wird eine willkürliche Anwendung der einschlägigen Normen des kantonalen Rechts (namentlich von Art. 161 f. StrV/BE i.V.m. den Empfehlungen EJPD/KKJPD vom 30. Dezember 1994 zur Feststellung der Verminderung der Fahrfähigkeit durch Drogen und/oder Medikamente) weder gerügt noch substanziiert. Auf die Beschwerde kann in diesem Punkt daher mangels rechtsgenügender Begründung i.S.v. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht eingetreten werden. 
2.3 Gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG darf der Führerausweis nicht erteilt werden, wenn der Bewerber dem Trunke oder anderen die Fahrfähigkeit herabsetzenden Süchten ergeben ist. Wird nachträglich festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen, ist der Führerausweis nach Art. 16 Abs. 1 SVG zu entziehen. Ein solcher Sicherungsentzug dient nach Art. 30 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV; SR 741.51) dem Schutz des Verkehrs vor Führern, die aus medizinischen oder charakterlichen Gründen, wegen Trunksucht oder anderen Süchten oder wegen einer anderen Unfähigkeit zum Führen von Motorfahrzeugen nicht geeignet sind. Nach der Rechtsprechung darf auf fehlende Fahreignung geschlossen werden, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, Alkohol- bzw. Drogenkonsum und Strassenverkehr ausreichend zu trennen, oder wenn die nahe liegende Gefahr besteht, dass er im akuten Rauschzustand am motorisierten Strassenverkehr teilnimmt (BGE 129 II 82 E. 4.1 mit Hinweis). 
2.4 Der Sicherungsentzug wegen Trunksucht oder anderer Suchtkrankheiten wird gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 17 Abs. 1bis SVG auf unbestimmte Zeit angeordnet und mit einer Probezeit von mindestens einem Jahr verbunden. Nach Ablauf der Probezeit kann der Ausweis bedingt und unter angemessenen Auflagen wieder erteilt werden. In der Regel wird hiefür der Nachweis der Heilung durch eine mindestens einjährige kontrollierte Abstinenz verlangt. Der Sicherungsentzug greift damit tief in den Persönlichkeitsbereich des Betroffenen ein. Nach der Rechtsprechung ist daher in jedem Fall und von Amtes wegen eine genaue Abklärung der persönlichen Verhältnisse und insbesondere der Trinkgewohnheiten bzw. der Konsumgewohnheiten anderer Drogen des Betroffenen vorzunehmen. Das Ausmass der notwendigen behördlichen Nachforschungen, namentlich die Frage, ob ein medizinisches Gutachten eingeholt werden soll, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und liegt im pflichtgemässen Ermessen der Entzugsbehörde. Bei Drogensucht ist die Entzugsbehörde in aller Regel verpflichtet, ein gerichtsmedizinisches Gutachten einzuholen. Ein Verzicht auf eine spezialärztliche Begutachtung ist nur ausnahmsweise, etwa in Fällen offensichtlicher schwerer Drogenabhängigkeit, gerechtfertigt (BGE 129 II 82 E. 2.2 mit Hinweisen). 
2.5 Die chemisch-toxikologische Untersuchung ergab, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt, in dem er angehalten wurde, derart unter dem direkten Einfluss von Cannabis stand, dass seine Fahrfähigkeit eingeschränkt war. Gemäss seinen eigenen Angaben konsumiert er zudem seit vielen Jahren täglich Cannabis (angefochtenes Urteil S. 5). Bei diesen Umständen stellt sich nahe liegend die Frage, ob er noch in der Lage ist, seinen Drogenkonsum und den Strassenverkehr ausreichend zu trennen. Diese Frage kann nur aufgrund einer fachärztlichen Begutachtung rechtsgenügend beantwortet werden. Die Vorinstanz ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass eine Überprüfung der Fahreignung durch einen Facharzt geboten ist. Sie hat kein Bundesrecht verletzt und das eigene Ermessen korrekt ausgeübt. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist abzuweisen. 
3. 
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie dem Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 21. November 2003 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: