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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.476/2002 /min 
 
Urteil vom 22. Januar 2003 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
E.________ AG, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Stephan Rawyler, Vorstadt 18, 8200 Schaffhausen, 
 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Schaffhausen, Postfach 568, 8201 Schaffhausen, 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (Konkurseröffnung nach Überschuldungsanzeige), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 1. November 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
H.________, Präsidentin des Verwaltungsrates, und I.________, Verwaltungsrat, beschlossen am 13. Juni 2002, aufgrund des Revisionsberichtes vom 11. Juni 2002 für das Geschäftsjahr 2001 und desjenigen vom 12. Juni 2002 zum Zwischenabschluss per 13. Mai 2002 dem Richter die Überschuldung der E.________ AG anzuzeigen. Am 20. Juni 2002 setzte H.________ das Kantonsgericht Schaffhausen entsprechend in Kenntnis. Der Einzelrichter eröffnete über das Vermögen der E.________ AG mit Verfügung vom 21. Juni 2002 den Konkurs. 
B. 
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen trat auf den von der E.________ AG gegen die Konkurseröffnung erhobenen Rekurs bzw. auf die Beschwerde mit Beschluss vom 1. November 2002 nicht ein und wies das Wiederherstellungsgesuch ab. 
C. 
Die E.________ AG beantragt dem Bundesgericht mit staatsrechtlicher Beschwerde, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben. 
 
Der Präsident der II. Zivilabteilung gewährte der Beschwerde mit Verfügung vom 23. Dezember 2002 die aufschiebende Wirkung. Es sind in der Sache keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Gegen ein letztinstanzliches Konkurserkenntnis ist ausschliesslich die staatsrechtliche Beschwerde gegeben (BGE 119 III 49 E. 2). Auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin ist indes nur einzutreten, soweit sie den Begründungsanforderungen des Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügen. Demnach ist klar darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und einlässlich erhobene Rügen. Auf bloss appellatorische Kritik tritt es nicht ein (BGE 119 Ia 197 E. 1d). Wird der kantonalen Behörde Willkür bei der Rechtsanwendung vorgeworfen, so ist die Rechtsnorm zu bezeichnen und anhand der angefochtenen Subsumtion zu zeigen, inwiefern der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation im Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 128 I 177 E. 2.1) 
2. 
Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht die willkürliche Anwendung kantonalen Verfahrensrechtes, Rechtsverweigerung und die Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. 
2.1 Das Obergericht stellte fest, dass die Beschwerdeführerin am 17. Juni 2002 keine Universalversammlung durchführen konnte, da nicht alle Aktien vertreten waren. Die damals beschlossene Abwahl der beiden Verwaltungsräte H.________ und I.________ sei nichtig und diese hätten das Konkurserkenntnis des Kantonsgerichts entgegennehmen dürfen. Da die Zustellung am 25., spätestens am 26. Juni 2002 erfolgt sei, erweise sich der Rekurs an das Obergericht vom 12. Juli 2002 als verspätet. Auch eine allfällige Nichtigkeitsbeschwerde wäre mit dieser Eingabe nicht rechtzeitig erfolgt. Da sich die Beschwerdeführerin das Wissen ihrer beiden damaligen Verwaltungsräte anrechnen lassen müsse, hätte sie fristgerecht Rekurs erhoben können und für die Wiederherstellung der Frist seien somit keine Gründe ersichtlich. 
2.2 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist das Obergericht bei der Anwendung von Art. 54 ZPO/SH in Willkür verfallen. Die genannte Bestimmung sieht vor, dass der Richter von Amtes wegen auf die Säumnisfolgen zu erkennen hat. Davon kann er Umgang nehmen, wenn die Gegenpartei, soweit sie dabei beteiligt ist, verzichtet. Da es im Verfahren der Überschuldungsanzeige keine Gegenpartei gebe, genügt es nach Ansicht der Beschwerdeführerin, wenn sie selber auf die Säumnisfolgen verzichte, umso mehr sie sich nicht geradezu trölerisch verhalten habe. Diese Auslegung kommt zweifellos den Interessen der Beschwerdeführerin entgegen, wird jedoch durch kein einziges Argument untermauert, das die vom Obergericht festgestellte Säumnis als unhaltbar erscheinen liesse. Insofern erweist sich die Rüge als nicht rechtsgenüglich begründet (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
2.3 Weshalb das Obergericht der säumigen Beschwerdeführerin die Wiederherstellung der verpassten Rekursfrist in unhaltbarer Weise verweigert haben sollte, ist nicht nachvollziehbar. Gemäss Art. 55 Abs. 1 ZPO/SH setzt die Wiederherstellung voraus, dass dem Antragsteller oder seinem Vertreter keine grobe Nachlässigkeit zur Last fällt. Statt sich mit der einlässlichen Begründung des Obergerichts auseinander zu setzen, weshalb ihre damaligen Verwaltungsräte das Konkurserkenntnis rechtsgültig entgegengenommen haben und daher keine Gründe für eine Wiederherstellung der abgelaufenen Frist bestehen, beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf den Hinweis, diese hätten treuwidrig gehandelt, als sie die Überschuldungsanzeige einreichten. Dabei handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung, die bereits im kantonalen Verfahren vorgebracht worden ist und nunmehr vor Bundesgericht wiederholt wird, ohne dass dem Obergericht in rechtsgenüglicher Weise eine willkürliche Würdigung der Beweise vorgeworfen wird. Inwiefern der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Entscheid überdies das Recht verweigert wird, weil ihr nicht gestützt auf Art. 54 ZPO/SH die Frist wiederhergestellt worden ist, ist schlicht unverständlich. Die Nichtanwendung der Säumnisfolgen durch den Richter richtet sich nach Art. 54 ZPO/SH und ist von der Wiederherstellung der Frist auf Antrag der säumigen Partei nach Art. 55 Abs. 1 ZPO/SH auf jeden Fall klar zu unterscheiden. Schliesslich ist nicht einzusehen, weshalb das Obergericht die Ablehnung des Wiederherstellungsgesuchs einlässlicher als im angefochtenen Entscheid hätte begründen sollen. Auch hier wird die Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt, ohne dass auch nur im Ansatz eine Begründung vorgelegt wird. 
2.4 Das Nichteintreten auf die allfällige Nichtigkeitsbeschwerde wird vom Obergericht - wie schon das Nichteintreten auf den Rekurs - mit dem Argument begründet, dass die dannzumaligen Verwaltungsräte der Beschwerdeführerin das Konkurserkenntnis berechtigterweise am 25. spätestens am 26. Juni 2002 entgegengenommen haben. Die gesetzliche Frist von zehn Tagen sei mit der Eingabe vom 12. Juli 2002 nicht gewahrt. Demgegenüber bringt die Beschwerdeführerin vor, der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund sei erst später entdeckt worden, nämlich mit der Kenntnisnahme der erstinstanzlichen Verfügung durch den neuen Verwaltungsrat am 10. Juli 2002. Weshalb die früheren Verwaltungsräte der Beschwerdeführerin den Entscheid rechtsgültig entgegengenommen haben, mit dieser Argumentation des Obergerichts setzt sie sich auch an dieser Stelle mit keinem Wort auseinander. Stattdessen macht sie mit der schlichten Tatsachenbehauptung, diese hätten ihr nur schaden wollen, Rechtsverweigerung geltend. Auf diese erneut ungenügend begründete Rüge ist mit Hinweis auf das bereits Ausgeführte (Erwägung 2.3) nicht einzutreten. 
3. 
Im Weitern rügt die Beschwerdeführerin, dass das Obergericht sie aus rein formalen zivilprozessualen Gründen in den Konkurs schicke. Sie sei nicht überschuldet und falls ihre Sanierung überhaupt angezeigt sei, könnte eine solche erfolgreich durchgeführt werden. 
 
Das Obergericht konnte diesen materiellrechtlichen Standpunkt gerade nicht prüfen, da die Beschwerdeführerin die Frist verpasst hatte und eine Wiederherstellung nicht in Frage kam. Insoweit bilden diese Ausführungen nicht Gegenstand des Verfahrens und können nicht berücksichtigt werden. 
4. 
Nach dem Gesagten ist der staatsrechtlichen Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden. Bei einem solchen Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Über das Vermögen der E.________ AG mit Sitz in Luzern wird am 22. Januar 2003 um 18.00 Uhr der Konkurs eröffnet. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen, dem Konkursamt Schaffhausen sowie dem Handelsregisteramt Luzern schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 22. Januar 2003 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: