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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_148/2021  
 
 
Urteil vom 22. Februar 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber A. Brunner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________ Ltd, 
3. C.________ Corp., 
Beschwerdeführer, 
alle drei vertreten durch Tax Partner AG, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, Eigerstrasse 65, 3003 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe DBA (CH-IN), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 22. Januar 2021 (A-105/2020). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Am 6. März 2019 ersuchte die indische Steuerverwaltung (Ministry of Finance; MoF) die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) gestützt auf Art. 26 des Abkommens vom 2. November 1994 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Indien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA CH-IN; SR 0.672.942.31) um die amtshilfeweise Übermittlung verschiedener näher bezeichneter Informationen zu A.________. Das Amtshilfeersuchen steht im Zusammenhang mit Kontenbeziehungen, welche A.________ (über die B.________ Ltd bzw. die C.________ Corp.) bei der D.________ AG bzw. der E.________ AG unterhält. Es bezweckt die Festsetzung der Einkommenssteuern für den Zeitraum vom 1. April 2011 bis 31. März 2017.  
 
1.2. Mit Schlussverfügung vom 4. Dezember 2019 erklärte die ESTV, der indischen Steuerverwaltung die anbegehrte Amtshilfe leisten zu wollen. Das Bundesverwaltungsgericht wies die von A.________, der B.________ Ltd und der C.________ Corp. dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 22. Januar 2021 ab, hielt die ESTV jedoch an, das indische Ministry of Finance darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen des vorliegenden Amtshilfeverfahrens zu übermittelnden Informationen nur gemäss Art. 26 Abs. 2 DBA CH-IN in Verfahren betreffend A.________ verwendet werden dürften.  
 
1.3. A.________, die B.________ Ltd und die C.________ Corp. fechten das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Januar 2021 mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 8. Februar 2021 beim Bundesgericht an.  
 
2.  
Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt (Art. 84a BGG; vgl. dazu BGE 145 IV 99 E. 1.1; 139 II 404 E. 1.3). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist in der Beschwerdeschrift in gedrängter Form darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 139 II 404 E. 1.3 S. 410). 
 
3.  
Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, das angefochtene Urteil werfe gleich vier Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Zu klären seien zunächst die "Auswirkungen des Standards der voraussichtlichen Erheblichkeit auf die Anforderungen an die Dichte der Sachverhaltsdarstellung im Amtshilfeersuchen"; sodann stelle sich die Grundsatzfrage, inwiefern "Informationen in Bezug auf verjährte Steuerjahre" überhaupt voraussichtlich erheblich sein könnten (vgl. zu diesen beiden Fragen E. 3.1 und 3.2 hiernach). Weiter sei zu klären, "ob nach dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip der gute Glaube erschüttert [sei], wenn in einem Amtshilfeersuchen als Zweck des Amtshilfeersuchens explizit auch abkommensfremde Zwecke genannt w[ürden], der ersuchende Staat aber nichtsdestotrotz die Erklärung abgebe, er werde die ersuchten Informationen in Einklang mit dem DBA verwenden"; erläuterungsbedürftig sei hier insbesondere, "wann die ersuchte Behörde gestützt auf das völkerrechtliche Vertrauensprinzip von der ersuchenden Behörde Spezifizierungen bzw. Zusicherungen über die Verwendung der Informationen einholen" müsse (vgl. hierzu E. 3.3 hiernach). Und schliesslich stelle sich mit Blick auf den schweizerischen ordre public die Frage, "ob ersuchte Informationen auch dann in einem Steuerstrafverfahren verwendet werden dürf[t]en, wenn der ersuchende Staat im Amtshilfegesuch explizit eine Steuerstrafbestimmung seines internen Rechts nenn[e], welche aufgrund des Wortlauts gegen die völkerrechtliche Unschuldsvermutung verst[osse], und als Folge davon das Risiko besteh[e], dass die ersuchten Informationen in einem Strafverfahren verwendet w[ü]rden, das gegen das völkerrechtlich verankerte Verschuldensprinzip verst[osse]" (vgl. hierzu E. 3.4 hiernach). 
 
3.1. Was die abstrakten Vorgaben an die voraussichtliche Erheblichkeit ersuchter Informationen anbelangt (Art. 26 Abs. 1 Satz 1 DBA CH-IN), besteht eine ganze Reihe bundesgerichtlicher Präjudizien (vgl. nur BGE 145 II 112 E. 2.2.1; 143 II 185 E. 3.3.2; 142 II 161 E. 2.1.1; 141 II 436 E. 4.4.3). In Anwendung dieser Präjudizien hat die Vorinstanz vorliegend unter anderem erwogen, dass allein von den indischen Steuerbehörden zu beurteilen sei, in welchem Umfang die vom Amtshilfeersuchen betroffene Person in den interessierenden Steuerperioden in Indien tatsächlich steuerpflichtig gewesen sei. Die Beschwerdeführer hätten mit ihren unsubstanziierten Behauptungen hinsichtlich der Steueransässigkeit der von dem Amtshilfeersuchen betroffenen Person nicht aufzuzeigen vermocht, dass ein Zusammenhang zwischen den verlangten Informationen und der in Indien durchgeführten Untersuchung wenig wahrscheinlich erscheine; ebenso wenig vermöchten ihre Ausführungen die Erklärung der indischen Behörden in Frage zu stellen, dass die ersuchten Informationen für die Besteuerung relevant sei. Mit dieser Begründung bewegt sich die Vorinstanz rechtlich klarerweise auf der Linie der vorerwähnten bundesgerichtlichen Rechtsprechung; ob die entsprechenden Vorgaben im konkreten Fall auch korrekt zur Anwendung gebracht worden sind, ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Urteile 2C_618/2020 vom 12. August 2020 E. 2.1.1; 2C_829/2019 vom 8.Oktober 2019 E. 3.1.2; 2C_588/2018 vom 13. Juli 2018 E. 4.2).  
 
3.2. Die vorstehenden Überlegungen gelten auch für die zweite von den Beschwerdeführern aufgeworfene Rechtsfrage. Diesbezüglich ist freilich zusätzlich zu bemerken, dass die indischen Behörden der ESTV gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz noch nach dem von den Beschwerdeführern geltend gemachten angeblichen Verjährungszeitpunkt ausdrücklich mitgeteilt haben, dass sämtliche ersuchten Informationen für die richtige Anwendung des indischen Einkommenssteuerrechts von Belang seien (vgl. angefochtenes Urteil, E. 3.1.3). Vor dem Hintergrund dieser Mitteilung ist anzunehmen, dass die indischen Steuerbehörden davon ausgehen, aus den erfragten Informationen Rückschlüsse für eine rechtskonforme Besteuerung noch nicht verjährter Steuerforderungen ziehen zu können; die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Rechtsfrage, ob nämlich "Informationen in Bezug auf verjährte Steuerjahre" überhaupt voraussichtlich erheblich sein könnten, stellt sich damit nicht in der von ihnen dargelegten Form.  
 
3.3. Was die dritte von den Beschwerdeführern aufgeworfene Rechtsfrage anbelangt, hat das Bundesgericht in BGE 146 II 150 eingehend dargelegt, wie die ESTV vorzugehen hat, wenn sie konkrete Anzeichen dafür erkennt, dass der ersuchende Staat übermittelte Informationen für abkommensfremde Zwecke einsetzen wird (a.a.O., E. 7.5; demnach ist der ersuchte Staat dann aufgrund des völkerrechtlichen Grundsatzes von Treu und Glauben verpflichtet, sich an den ersuchenden Staat zu wenden und diesen anzuhalten, die Einhaltung seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen zuzusichern). Die Vorinstanz erkannte für den vorliegenden Fall keine "konkreten Anzeichen" für eine drohende zweckwidrige Verwendung der ersuchten Informationen, und verwies in diesem Zusammenhang auf die ausdrückliche Bestätigung der indischen Steuerbehörden, dass sich die Verwendung der ersuchten Informationen auf "purposes permitted in the agreement which forms the basis for the request" beschränken werde (vgl. E. 3.3 des angefochtenen Urteils). Diese Würdigung erscheint nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass die von den indischen Behörden abgegebene Erklärung gemessen an BGE 146 II 150 (a.a.O., E. 7.6) auch klarerweise den Anforderungen an eine Zusicherung Genüge tun würde, was freilich nur dann von Belang wäre, wenn überhaupt konkrete Anzeichen für eine drohende zweckwidrige Verwendung bestünden. Die von den Beschwerdeführern gestellte Rechtsfrage erschöpft sich so oder anders darin, die Anwendung der Leitsätze von BGE 146 II 150 auf den vorliegenden Einzelfall in Frage zu stellen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist hierin nicht zu erkennen (vgl. E. 3.1 hiervor).  
 
3.4. Was die vierte aufgeworfene Rechtsfrage angeht, wollen die Beschwerdeführer aus der blossen Nennung einer Steuerstrafbestimmung des indischen Rechts ableiten, dass die Gefahr eines gegen sie gerichteten Steuerstrafverfahrens bestehe, in dem sodann Art. 278E des indischen Einkommenssteuergesetzes zur Anwendung gelangen könne, der nach ihrer Auffassung gegen die Unschuldsvermutung und damit gegen den schweizerischen "ordre public" verstosse. Angesichts des Umstands, dass die indischen Steuerbehörden ihr Ersuchen damit begründet haben, die Einkommenssteuern richtig zu erheben, erscheint dieser Kausalverlauf sehr hypothetisch; selbst wenn sich die Annahmen als zutreffend erwiesen, ist darauf hinzuweisen, dass nicht nur die Schweiz, sondern auch Indien den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 (UNO-Pakt-II; SR 0.103.2) ratifiziert hat. In Art. 14 Abs. 2 UNO-Pakt II ist die Unschuldsvermutung verankert. Die Beschwerdeführer zeigen in keiner Art und Weise auf, inwiefern die Vorinstanz (auch unter Berücksichtigung des völkerrechtlichen Vertrauensgrundsatzes) hätte davon ausgehen müssen, dass Indien den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkäme. Da die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Rechtsfrage damit für die Entscheidung des vorliegenden Falls nicht erheblich ist, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (BGE 142 II 161 E. 3).  
 
3.5. Damit ist vorliegend keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargetan.  
 
4.   
Auf die Beschwerde ist aufgrund vorstehender Erwägungen nicht einzutreten. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind den Beschwerdeführern solidarisch zu überbinden (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Februar 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Brunner