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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_210/2023  
 
 
Urteil vom 22. März 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin Koch, 
Gerichtsschreiber Caprara. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
Stiftung B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dominic Frey, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ambulante Massnahme, Anordnung einer Bewährungshilfe und Erteilung von Weisungen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 12. Januar 2023 (SBK.2022.296 / va). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Mit Urteil vom 16. Oktober 2001 verurteilte das Bezirksgericht Brugg A.________ wegen versuchten Mordes, mehrfachen (teils versuchten) Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, Freiheitsberaubung, mehrfachen Hausfriedensbruchs, sexueller Handlung mit Kindern, sexueller Nötigung, versuchter Vergewaltigung und mehrfachen Vergehens gegen das Tierschutzgesetz zu einer Zuchthausstrafe von 14 Jahren (unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft von 90 Tagen und des vorzeitigen Strafvollzugs von 523 Tagen). Darüber hinaus ordnete es eine vollzugsbegleitende ambulante Psychotherapie und die Verwahrung an.  
 
A.b. Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 17. Oktober 2002 wurde die Zuchthausstrafe zugunsten der (altrechtlichen) Verwahrung aufgeschoben und die Berufung von A.________ abgewiesen.  
 
A.c. Das Bezirksgericht Brugg ordnete mit Urteil vom 27. Mai 2008 eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 und 3 StGB für A.________ an. Die stationäre Massnahme wurde mit Beschlüssen des Bezirksgerichts Brugg vom 10. Dezember 2013 bzw. 3. April 2018 um fünf bzw. drei Jahre verlängert. Mit Beschluss vom 9. Juni 2020 verlängerte das Bezirksgericht Brugg die stationäre Massnahme bis am 26. Mai 2021 und wies den Antrag der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach auf Anordnung der Verwahrung ab. Mit Beschluss vom 6. Juli 2021 wurde die stationäre Massnahme um 14 Monate verlängert.  
 
B.  
 
B.a. Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach stellte am 13. Juni 2022 beim Bezirksgericht Brugg folgende Anträge:  
 
1. 
Gemäss Antrag der Vollzugsbehörde sei die bei A.________ mit Nachentscheid des Bezirksgerichts Brugg vom 9. Juni 2020 angeordnete und mit Urteil des Bezirksgerichts Brugg vom 6. Juli 2021 verlängerte stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB gemäss Art. 59 Abs. 4 StGB um 3 Jahre zu verlängern. 
 
2. 
Für den Fall, dass bis zum Ablauf der Regelhöchstdauer kein rechtskräftiger Entscheid vorliegt, sei dem Zwangsmassnahmengericht ein Antrag auf Anordnung von Sicherheitshaft gemäss Art. 364b StPO vorzulegen. Dies ab dem 26. Juli 2022, nach Ablauf der Regelhöchstdauer und unter Beibehaltung der aktuellen Vollzugsbedingungen. 
 
3. 
Es sei eine Entlassung von A.________ nur in Absprache mit der Vollzugsbehörde anzuordnen, weswegen höflich um frühzeitige Benachrichtigung durch das zuständige Gericht gebeten wird. 
 
4. 
Unter Kostenfolgen. 
 
 
B.b. Auf Antrag des Verfahrensleiters des Bezirksgerichts Brugg ordnete das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau mit Verfügung vom 15. Juli 2022 Sicherheitshaft über A.________ bis am 6. September 2022 an.  
 
B.c. Anlässlich der Hauptverhandlung vom 6. September 2022 vor dem Bezirksgericht Brugg wurde A.________ befragt. Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach hielt an ihren am 13. Juni 2022 gestellten Anträgen fest (vgl. oben Sachverhalt B.a). A.________ beantragte die Abweisung des Antrags der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach auf Verlängerung der stationären Massnahme unter Kostenfolgen.  
 
B.d. Mit Beschluss vom 6. September 2022 wies das Bezirksgericht Brugg den Antrag der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach auf Verlängerung der stationären Massnahme (vgl. oben Sachverhalt B.a) ab und ordnete stattdessen für die Dauer von zwei Jahren eine ambulante therapeutische Massnahme (Art. 63 StGB) an. Im Weiteren beschloss es die Entlassung von A.________ aus der Sicherheitshaft.  
 
C.  
 
C.a. Mit Eingabe vom 7. September 2022 beantragte die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach beim Obergericht des Kantons Aargau die Fortführung der Sicherheitshaft (unter Beibehaltung der aktuellen Vollzugsbedingungen) zwecks Sicherung der stationären Massnahme gemäss Art. 231 Abs. 1 bzw. 2 StPO i.V.m. Art. 364a StPO.  
 
C.b. Mit Verfügung vom 11. September 2022 wies der Verfahrensleiter des Obergerichts des Kantons Aargau den Antrag der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach auf Fortführung der Sicherheitshaft ab, soweit darauf eingetreten wurde.  
 
C.c. Gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Brugg vom 6. September 2022 (vgl. oben Sachverhalt B.d) erhob die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach am 16. September 2022 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Das Obergericht wies die Beschwerde am 12. Januar 2023 ab.  
 
D.  
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, es seien in Aufhebung von Ziffer 1 des Entscheids des Obergerichts des Kantons Aargau vom 12. Januar 2023 und in Ergänzung des Beschlusses des Bezirksgerichts Brugg vom 6. September 2022 gestützt auf Art. 63 Abs. 2 StGB für die Dauer der ambulanten Behandlung eine Bewährungshilfe und folgende Weisungen anzuordnen: (lit. a) kontrollierte Wohnform, d.h. Verbleib in der Stiftung B.________ in einer Aussenwohngruppe oder längerfristig eigene Wohnung mit Wohnbegleitung und regelmässigen Gesprächen; (lit. b) gesicherte Arbeitsstelle, d.h. Weiterführung der Ausbildung zum Logistiker; (lit. c) regelmässige Abstinenzkontrollen zur Kontrolle eines übermässigen Alkoholkonsums. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beschwerdegegners. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 148 IV 155 E. 1.1 S. 158). Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Anordnung einer ambulanten Massnahme ohne gleichzeitige Anordnung von Bewährungshilfe und Erteilung von Weisungen nach Art. 63 Abs. 2 Satz 2 StGB. In der Hauptsache geht es um den Vollzug von Massnahmen, wogegen die Beschwerde in Strafsachen zulässig ist (Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG). 
 
2.  
Die Beschwerdeführerin ist zur vorliegenden Beschwerde berechtigt (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG; BGE 145 IV 65 E. 1.2 S. 68; 139 IV 199 E. 2 S. 200). 
 
3.  
Anfechtungsobjekt bildet einzig der angefochtene Entscheid vom 12. Januar 2023 (Art. 80 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Auf ausserhalb des Streitgegenstands liegende Anträge, Rügen und weitere Vorbringen kann daher von vornherein nicht eingetreten werden (Urteil 6B_1408/2022 vom 17. Februar 2023 E. 2). Soweit die Beschwerdeführerin den Beschluss des Bezirksgerichts Brugg vom 6. September 2022 kritisiert (Beschwerde S. 4 und 6), ist darauf nicht einzutreten. 
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine offensichtlich unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung und eine willkürliche Beweiswürdigung durch die Vorinstanz. Sie bringt zur Begründung im Wesentlichen vor, die Vorinstanz gehe im Widerspruch zum psychiatrischen Gutachten vom 2. Februar 2022 und zu den Empfehlungen der konkordatlichen Fachkommission (nachfolgend: KoFako) vom 23. März 2022 fälschlicherweise davon aus, dass die alleinige Anordnung einer ambulanten therapeutischen Massnahme ohne zusätzliche Schutzmechanismen und Sicherungsmassnahmen nach der Entlassung des Beschwerdegegners aus der stationären Massnahme ausreichend sei. Die Vorinstanz interpretiere das psychiatrische Gutachten falsch und wende aus diesem Grund Art. 63 Abs. 2 StGB fälschlicherweise nicht an (Beschwerde S. 4 ff.).  
Die Vorinstanz berücksichtige zu Unrecht nicht, dass das gutachterlich empfohlene Risikomanagement eine bedingte Entlassung aus der stationären Massnahme empfehle und mit einer blossen ambulanten Massnahme nicht vereinbar sei. Sie habe sämtliche Punkte, die zu einer Minderung des Rückfallrisikos führen würden, zu Unrecht nicht berücksichtigt (Beschwerde S. 5). 
 
4.2.  
 
4.2.1. Die Vorinstanz fasst zunächst das psychiatrische Gutachten von Dr. med. C.________ vom 2. Februar 2022 und die Beurteilung der KoFako vom 23. März 2022 zusammen (angefochtener Entscheid S. 11 ff.). Sie erwägt, der Gutachter sei zum Schluss gekommen, dass im Zuge eines langjährigen und weitgehend pannenfreien Massnahmenvollzugs eine deutliche Nachreifung und Normalisierung beim Beschwerdegegner stattgefunden habe, sodass eine ursprüngliche Persönlichkeitsstörung heute als recht gut kompensiert gelten könne (a.a.O. S. 11). Der Gutachter lege nebst einer umfassenden Berücksichtigung der wesentlichen Fakten und Unterlagen die diagnostischen Überlegungen, die Legalprognose sowie die Beurteilung der Therapiemöglichkeiten nachvollziehbar dar. Das Gutachten vom 2. Februar 2022 entspreche sämtlichen an ein Gutachten gestellten Anforderungen, weshalb grundsätzlich darauf abgestellt werden könne. Daran vermöge auch die (teils widersprüchliche) Beurteilung der KoFako nichts zu ändern. Mit den von der KoFako genannten Risikofaktoren (namentlich: Persönlichkeitsstörung, Empathiedefizit, mangelndes Selbstbewusstsein, Ausagieren von Dominanz und Macht, fehlende Copingstrategien in Bezug auf Kränkungssituationen insbesondere nach sexueller Frustration, Vergewaltigungsfantasien, Vorliegen einer prekären Lebenssituation ohne sinnstiftende Tagesstruktur) habe sich der Gutachter kritisch auseinandergesetzt. Er habe die für den Beschwerdegegner ungünstigen Merkmale miteinbezogen und eine schlüssige Gesamtwürdigung vorgenommen (a.a.O. S. 14). Bezüglich des Risikofaktors der Persönlichkeitsstörung habe der Gutachter festgestellt, dass im Zuge eines langjährigen und weitgehend pannenfreien Massnahmenvollzugs eine deutliche Nachreifung und Normalisierung stattgefunden habe, so dass die ursprüngliche Persönlichkeitsstörung heute als recht gut kompensiert gelten dürfe, wobei der Gutachter aber gleichzeitig einkalkuliert und im Hinblick auf eine mögliche bedingte Entlassung berücksichtigt habe, dass der Beschwerdegegner bis anhin von einem "Schonklima" profitiert habe (a.a.O. S. 14 f.).  
Im Hinblick auf den Risikofaktor der Vergewaltigungsfantasien habe der Gutachter ausgeführt, dass die mittlerweile gut ein Jahr dauernde Intimbeziehung mit einer fünf Jahre jüngeren Frau gezeigt habe, dass der Beschwerdegegner über eine gewisse (adult-heterosexuelle) Beziehungsfähigkeit verfüge und die früher gezeigte Vergewaltigungsneigung sein aktuelles Sexualverhalten keineswegs präge. Gemäss Vorinstanz sei diese Schlussfolgerung nachvollziehbar, zumal sich der Beschwerdegegner seit März 2022 wiederum in einer intakten Beziehung befinde und er sich auch nach der (vorläufigen) Beendigung einer vorangegangenen Beziehung Mitte Mai 2021 vorbildlich verhalten habe (a.a.O. S. 15). Die Vorinstanz hält weiter fest, auch die Verlaufsberichte der Stiftung B.________ vom 12. Juli 2022 und vom 8. Dezember 2022 würden mit der gutachterlichen Stellungnahme übereinstimmen, indem sie dem Beschwerdegegner ein tadelloses Verhalten bescheinigen und den Vollzugsverlauf als positiv bezeichnen würden. Die Stiftung empfehle, dass der Beschwerdegegner weiterhin von der Bezugsperson und der Therapeutin begleitet werde. Der Beschwerdegegner kenne seinen Deliktsmechanismus sehr gut und gehe damit verantwortungsvoll um (a.a.O. S. 16). 
Die Vorinstanz erwägt, die gutachterlichen Einschätzungen würden durch das Wohlverhalten des Beschwerdegegners seit dem Ende der stationären Massnahme gestützt. Er könne - entsprechend den gutachterlichen Empfehlungen - weiterhin die (Aussen-) Wohngruppe sowie die weiteren Dienstleistungen der Stiftung B.________ in Anspruch nehmen. Der Verlaufsbericht dieser Stiftung vom 8. Dezember 2022 halte fest, dass der Beschwerdegegner weiterhin in der Bezugspersonenarbeit begleitet werde. Er habe alternierend mit seiner Psychologin und seiner Bezugsperson wöchentliche Gespräche. Er spreche offen über seine Gefühle und könne gut benennen, wenn er unter Druck gerate. Er nehme sich und seine Gefühle mittlerweile sehr gut wahr. Er lasse sich kritisch hinterfragen und reagiere adäquat auf Herausforderungen. Es sei zu keinem Zeitpunkt der Eindruck entstanden, dass er in alte Muster wie bspw. Kränkungen oder aufgestaute Wut verfalle. Er kenne seinen Deliktsmechanismus sehr gut und gehe damit verantwortungsvoll um. Die Beziehung zur Partnerin und deren Kinder, die er seit Mitte März 2022 pflege, laufe gut. Er sei gut in die Familie seiner Partnerin integriert. Daraus ergebe sich, dass sich der Beschwerdegegner seit Ende Oktober 2020 im offenen Vollzug befinde und bis anhin nie negativ in Erscheinung getreten sei. Seit Juni 2022 bewohne er zudem eine Wohnung, die für zwei Personen ausgerichtet sei, alleine. Er zeige dabei eine hohe Selbständigkeit im Bereich Wohnen, Sauberkeit und Einhalten der administrativen Arbeiten. Er habe sich seit dem erstinstanzlichen Entscheid nicht anders verhalten (a.a.O. S. 17). Gemäss Vorinstanz habe sich gezeigt, dass sich der Beschwerdegegner seit dem Ablauf der stationären Massnahme weiter positiv entwickelt habe. Er befinde sich im zweiten Lehrjahr seiner Ausbildung zum Logistiker, besuche regelmässig die Gewerbeschule und scheine diesbezüglich motiviert zu sein. Er führe seit knapp einem Jahr eine harmonische Beziehung, wobei er beabsichtige, in naher Zukunft mit seiner Freundin zusammenzuziehen. Auch die Gespräche mit Frau D.________ von der Stiftung B.________ fänden nach wie vor statt und er besuche weiterhin seine Therapiestunden. Er kenne seinen Deliktsmechanismus und habe eine Strategie erarbeitet, mit schwierigen Situationen umzugehen. Seit dem Ablauf der stationären Massnahme seien keinerlei negativen Ereignisse aktenkundig. Die Vorinstanz kommt zum Schluss, dass keine Notwendigkeit bestehe, die stationäre Massnahme zu verlängern (a.a.O. S. 18). 
 
4.2.2. Die Vorinstanz überprüft in der Folge die erstinstanzlich angeordnete ambulante Massnahme nach Art. 63 StGB (angefochtener Entscheid S. 18 ff.). Sie kommt zum Schluss, dass die Anordnung einer solchen Massnahme nicht zu beanstanden sei (a.a.O. S. 22).  
 
4.2.3. Schliesslich setzt sich die Vorinstanz mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung von Bewährungshilfe sowie Erteilung von Weisungen nach Art. 63 Abs. 2 StGB auseinander (angefochtener Entscheid S. 22 f.).  
Die Vorinstanz hält diesbezüglich fest, die Sozialen Dienste U.________ hätten am 6. Oktober 2022 eine Kostengutsprache für das begleitete Wohnen des Beschwerdegegners in einer Aussenwohngruppe der Stiftung B.________ erteilt. Gemäss dem Verlaufsbericht dieser Stiftung vom 8. Dezember 2022 werde der Beschwerdegegner in der Bezugspersonenarbeit durch Gespräche im 14-Tages-Rythmus weiterhin begleitet. Er zeige sich sehr zuverlässig und tätige an den Wochenenden jeweils einen vereinbarten Kontrollanruf. Im Übrigen befinde er sich im zweiten Jahr seiner Lehre als Logistiker bei einem Arbeitgeber des freien Arbeitsmarkts. Er setze zudem seine Therapie fort, was durch die ambulante Massnahme auch in Zukunft sichergestellt sei. Schliesslich stehe er seit März 2022 in einer Beziehung und betätige sich regelmässig sportlich. Das vom Gutachter empfohlene Entlassungssetting liege somit in nahezu idealer Form vor. Der Gutachter habe zum damaligen Zeitpunkt (Februar 2022) zwar noch die Weiterführung der Alkoholabstinenz empfohlen. Eine Lockerung sei allerdings dann angezeigt, wenn sich der Beschwerdegegner in einer eigenständigen Wohnform überzeugend etabliert habe. Der Gutachter habe in diesem Zusammenhang auch auf die Problematik hingewiesen, dass die damalige Partnerin des Beschwerdegegners mit einem ungelösten Alkoholproblem gekämpft habe. Mittlerweile wohne der Beschwerdegegner seit über einem halben Jahr weitgehend selbständig, habe sich von der früheren Partnerin getrennt und lebe in einer neuen Beziehung. Er befinde sich in stabilen Verhältnissen. Mit dem Ablauf der stationären Massnahme sei eine nachhaltige Gefährdung dieser Verhältnisse nicht ersichtlich. Die Vorinstanz kommt zum Schluss, dass es nicht notwendig erscheine, zusätzlich zur ambulanten Massnahme betreffend Therapie eine Bewährungshilfe anzuordnen oder dem Beschwerdegegner Weisungen zu erteilen (a.a.O. S. 23). 
 
4.3.  
 
4.3.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2 S. 81; 146 IV 88 E. 1.3.1 S. 91 f.; je mit Hinweisen). Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, das heisst wenn das Gericht in seinem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1 S. 92; 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substantiiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2 S. 81; 146 IV 114 E. 2.1 S. 118; je mit Hinweisen).  
 
4.3.2. Das Gericht würdigt Gutachten grundsätzlich frei (Art. 10 Abs. 2 StPO). In Fachfragen darf es indessen nicht ohne triftige Gründe davon abweichen und Abweichungen müssen begründet werden. Auf der anderen Seite kann das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen (BGE 146 IV 114 E. 2.1 S. 81; 142 IV 49 E. 2.1.3 S. 53; je mit Hinweisen). Ob das Gericht die in einem Gutachten enthaltenen Erörterungen für überzeugend halten und dementsprechend den Schlussfolgerungen der Experten folgen durfte, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die das Bundesgericht nur unter dem Aspekt der Willkür prüft (BGE 141 IV 369 E. 6.1 S. 372; Urteil 6B_1500/2022 vom 9. Februar 2023 E. 3.1.3; je mit Hinweisen).  
 
4.3.3. Nach Art. 63 Abs. 2 Satz 2 StGB kann das Gericht für die Dauer der ambulanten Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen. Nach der gesetzlichen Zielsetzung sollen betreute Personen mit der Bewährungshilfe vor Rückfälligkeit bewahrt und sozial integriert werden (Art. 93 Abs. 1 StGB). Weisungen dienen ebenfalls einem spezialpräventiven Zweck und sollen mithelfen, die Bewährungschancen zu verbessern (Urteile 6B_855/2022 vom 14. Dezember 2022 E. 2.4; 6B_82/2019 vom 1. Juli 2019 E. 2.3.8; je mit Hinweisen). Art. 63 Abs. 2 Satz 2 StGB ist als Kann-Vorschrift ausgestaltet, sodass dem Gericht bei der Entscheidung über die Anordnung von Bewährungshilfe und die Erteilung von Weisungen ein weites Ermessen zusteht (vgl. betreffend Anordnung von Bewährungshilfe: BGE 138 IV 68 E. 4.3.2 S. 68 f.; Urteil 6B_444/2014 vom 7. Januar 2015 E. 4.2; Martino Imperatori, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 4. Aufl. 2019, N. 9 zu Art. 93 StGB; Alain Joset, in: StGB Annotierter Kommentar, 2020, N. 1 zu Art. 93 StGB; betreffend Wahl und Inhalt von Weisungen: Urteile 6B_855/2022 vom 14. Dezember 2022 E. 2.4; 6B_90/2020 vom 22. April 2020 E. 3.2).  
Das Bundesgericht greift in Ermessensentscheide nach ständiger Rechtsprechung nur ein, wenn das Sachgericht grundlos von den in bewährter Lehre und Rechtsprechung anerkannten Beurteilungsgrundsätzen abweicht oder Tatsachen berücksichtigt, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen oder umgekehrt Umstände ausser Betracht lässt, die es in die Beurteilung hätte einbeziehen müssen oder wenn sich der Beurteilungs- oder Ermessensentscheid als offensichtlich unbillig bzw. als in stossender Weise ungerecht erweist (BGE 146 IV 231 E. 2.3.1 S. 234; 143 IV 339 E. 3.1 S. 342 f.; je mit Hinweisen). 
 
4.4. Es ist nicht ersichtlich, dass und inwiefern die Vorinstanz vom psychiatrischen Gutachten vom 2. Februar 2022 abgewichen sein soll. Vielmehr stützt sie sich bei ihrer Beurteilung explizit darauf ab (angefochtener Entscheid S. 14 und 17). Gemäss Gutachten sei eine einstweilige Weiterführung der Therapie und der sozialpädagogischen Unterstützung sehr empfehlenswert (Gutachten S. 36). Letztgenannte Voraussetzung ist gemäss Vorinstanz erfüllt: Die Sozialen Dienste U.________ hätten am 6. Oktober 2022 eine Kostengutsprache für das begleitete Wohnen des Beschwerdegegners erteilt, gemäss dem Verlaufsbericht der Stiftung B.________ vom 8. Dezember 2022 werde er weiterhin begleitet und er zeige sich zuverlässig (angefochtener Entscheid S. 23). Die Beschwerdeführerin geht selbst davon aus, dass dem Beschwerdegegner offenstehe, die Wohnbegleitung freiwillig zu beanspruchen, sofern die Kosten weiterhin durch den Sozialdienst übernommen werden (Beschwerde S. 6). Die Beschwerdeführerin bringt keine Gründe vor, wieso dies nicht der Fall sein sollte. Sie setzt sich nicht mit der vorinstanzlichen Erwägung betreffend die Kostengutsprache der Sozialen Dienste U.________ auseinander (angefochtener Entscheid S. 23). Dass bei der aktuellen Ausgangslage eine Weiterführung der Wohnbegleitung durch die Stiftung B.________ nicht gewährleistet wäre (Beschwerde S. 6), stellt damit eine blosse Mutmassung dar. Wenn die Vorinstanz - zumindest implizit - davon ausgeht, die gemäss Gutachten erforderliche sozialpädagogische Unterstützung sei vorliegend gegeben, ist dies unter Willkürgesichtspunkten nicht zu beanstanden.  
Indem die Beschwerdeführerin weiter vorbringt, nach dem jahrelangen Vollzugsverlauf infolge der massiven Anlassdelinquenz könne man entgegen der Vorinstanz nicht bereits nach einem halben Jahr selbständiges Wohnen und bei einer noch jungen Beziehung zu einer neuen Partnerin das Fazit ziehen, der Beschwerdegegner befinde sich nun in stabilen Verhältnissen (Beschwerde S. 6), vermag sie dadurch keine willkürliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Für die Annahme von Willkür genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 148 V 366 E. 3.3 S. 369; 137 II 353 E. 5.1 S. 356; je mit Hinweisen; vgl. oben E. 4.3.1). 
Die Vorinstanz setzt sich des Weiteren mit der aktuellen Situation des Beschwerdegegners auseinander. Sie erwägt, dass die Beziehung des Beschwerdegegners zur Partnerin und deren Kinder, die er seit Mitte März 2022 pflege, gut laufe. Er sei gut in die Familie seiner Partnerin integriert (angefochtener Entscheid S. 17). Wenn die Beschwerdeführerin diesbezüglich eine "nicht unproblematische Situation" betreffend das Zusammenleben des Beschwerdegegners mit dem 13-jährigen Sohn der neuen Partnerin, der gemäss Aussagen des Beschwerdegegners an einer ADHS-Problematik leide, geltend macht (Beschwerde S. 5 f.), ohne sich mit den vorinstanzlichen Ausführungen auseinanderzusetzen, weicht sie von den vorinstanzlich festgestellten Tatsachen ab (Art. 105 Abs. 1 BGG), ohne darzulegen, dass diese willkürlich festgestellt worden wären. Darauf ist nicht weiter einzugehen. 
Dem psychiatrischen Gutachten vom 2. Februar 2022 können Empfehlungen betreffend das konkrete Entlassungssetting entnommen werden: Eine gute Voraussetzung für ein reibungsloses Weiterfunktionieren des Beschwerdegegners würden ein kontrolliertes Wohnen und eine gesicherte Arbeitsstelle bieten, die ihm eine solide berufliche und wirtschaftliche Perspektive bieten würden. Die forensische Therapie habe sich unter verschiedenen Gesichtspunkten bis heute als stützendes und förderndes Element bewährt und sollte weitergeführt werden, bis der Beschwerdegegner überzeugend auf eigenen Beinen stehe. Daneben wäre mehr als nur wünschbar, wenn er bis dahin ein geordnetes Privatleben mit ausreichender Kontaktpflege (sportliche Aktivitäten, Kollegenkreis, Freizeitgestaltung) etabliert hätte, was bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein gutes Stück weit realisiert sei (Gutachten S. 35). Wenn die Vorinstanz aufgrund der von ihr festgestellten Umstände zum Schluss kommt, das vom Gutachter empfohlene Entlassungssetting liege in nahezu idealer Form vor (angefochtener Entscheid S. 23), weicht sie weder vom psychiatrischen Gutachten ab noch ist diese Schlussfolgerung unter Willkürgesichtspunkten zu beanstanden. Die Beschwerdeführerin legt in ihrer Beschwerde nicht hinreichend dar und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz beim Verzicht auf die Anordnung von Bewährungshilfe und auf die Erteilungen von Weisungen nach Art. 63 Abs. 2 Satz 2 StGB ihr Ermessen verletzt haben soll (vgl. oben E. 4.3.3). 
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, indem sie die Notwendigkeit der Anordnung von Bewährungshilfe und der Erteilung von Weisungen nach Art. 63 Abs. 2 Satz 2 StGB verneint. Die Vorbringen erweisen sich als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. 
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, die Variante mit einer reinen ambulanten Massnahme hätte vor der Anordnung zwingend gutachterlich gewürdigt werden müssen, was die Vorinstanz zu Unrecht unterlassen habe. Sie rügt sinngemäss eine Verletzung von Art. 56 Abs. 3 StGB (Beschwerde S. 6).  
 
5.2. Die Vorinstanz erwägt, beim Entscheid über die Anordnung einer Massnahme habe sich das Gericht auf eine sachverständige Begutachtung zu stützen (Art. 56 Abs. 3 StGB), was die Erstinstanz getan habe. Indem der Gutachter zum Schluss gekommen sei, dass keine Notwendigkeit für eine Verlängerung der stationären Massnahme bestehe, sei nicht ausgeschlossen erschienen, dass die Erstinstanz einer erneuten Verlängerung der stationären Massnahme nicht zustimme. Die Anordnung einer ambulanten Massnahme habe zumindest im Raum gestanden, zumal der Gutachter gleichzeitig ausgeführt habe, dass die forensische Therapie weitergeführt werden solle (angefochtener Entscheid S. 20).  
 
5.3. Das Gericht stützt sich bei seinem Entscheid über die Anordnung einer Massnahme auf eine sachverständige Begutachtung (Art. 56 Abs. 3 StGB). Diese äussert sich über die Notwendigkeit und die Erfolgsaussichten einer Behandlung des Täters, die Art und die Wahrscheinlichkeit weiterer möglicher Straftaten und die Möglichkeit des Vollzugs der Massnahme (Art. 56 Abs. 3 StGB, Art. 182 StPO; BGE 146 IV 1 E. 3.1 S. 6; 134 IV 315 E. 4.3.1 S. 326).  
 
5.4. Der angefochtene Entscheid ist auch in diesem Punkt nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz verweist auf die erstinstanzlichen Ausführungen betreffend die Anordnung der ambulanten Massnahme und das diesem Entscheid zugrunde liegende Gutachten (angefochtener Entscheid S. 19). Der Gutachter kam im psychiatrischen Gutachten vom 2. Februar 2022 zum Schluss, dass keine Notwendigkeit für die Verlängerung der stationären Massnahme bestehe, und führte gleichzeitig aus, dass die forensische Psychotherapie weitergeführt werden solle (Gutachten S. 35). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz erwägt, die Entscheidung betreffend die Anordnung der ambulanten Massnahme stütze sich auf eine sachverständige Begutachtung im Sinne von Art. 56 Abs. 3 StGB ab (angefochtener Entscheid S. 20). Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.  
 
6.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind. Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist insoweit gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. März 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Caprara