Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_84/2024
Urteil vom 22. März 2024
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin,
Gerichtsschreiber Widmer.
Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Volksschulgemeinde U.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Lukas Weinhappl,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Mietvertrag; verspätete Beschwerde,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Thurgau vom 23. November 2023 (ZBR.2023.12).
Erwägungen:
1.
1.1. Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Arbon erkannte auf Klage von B.________ und A.________ mit Entscheid vom 11. November 2022, dass das Mietverhältnis über die 6-Zimmer- Wohnung im Schulhaus X.________strasse, U.________ bis 30. Juni 2023 erstreckt werde. Im Übrigen wies der Einzelrichter die Klage ab.
Eine von B.________ und A.________ dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 23. November 2023 als unbegründet ab, soweit es darauf eintrat.
1.2. Dagegen erhoben A.________ (Beschwerdeführer 1) und B.________ (Beschwerdeführerin 2) mit Eingabe vom 29. Januar 2024 Beschwerde in Zivilsachen und ersuchten gleichzeitig darum, es sei dieser die aufschiebende Wirkung zu erteilen und es sei den Beschwerdeführern die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Die Beschwerdeschrift war nur vom Beschwerdeführer 1 unterschrieben. Die Eingabe wurde der Schweizerischen Post gemäss Poststempel am 30. Januar 2024 übergeben, jedoch gemäss Zeugenbestätigungen auf dem Briefumschlag bereits am 29. Januar 2024, um 23 Uhr 49, in einen Briefkasten der Post eingeworfen.
Mit Schreiben vom 6. Februar 2024 mit Kopie an den Beschwerdeführer 1 wurde die Beschwerdeführerin 2 in Anwendung von Art. 42 Abs. 5 BGG darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer 1 nach Art. 40 Abs. 1 BGG nicht berechtigt ist, sie im Verfahren vor Bundesgericht zu vertreten. Ihr wurde Frist bis zum 21. Februar 2024 angesetzt, um die Beschwerdeschrift eigenhändig zu unterzeichnen. Ferner wurde sie eingeladen, innerhalb der gleichen Frist zur Frage der Rechtzeitigkeit ihrer Beschwerde Stellung zu nehmen.
Obwohl der Beschwerdeführerin 2 selber das Schreiben vom 6. Februar 2024 nicht zugestellt werden konnte, reichte sie am 21. Februar 2024 ein von ihr unterzeichnetes Exemplar der Beschwerdeschrift ein. Auf ihr Ersuchen hin wurde ihr sodann mit Verfügung vom 23. Februar 2024 die Frist, um zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde Stellung zu nehmen, bis zum 11. März 2024 erstreckt.
Mit Schreiben vom 23. Februar 2024 wurde auch der Beschwerdeführer 1 eingeladen, sich bis zum 11. März 2024 zur Frage der Rechtzeitigkeit seiner Beschwerde zu äussern.
Mit gemeinsamer Eingabe vom 11. März 2024 nahmen die Beschwerdeführer zur Frage der Rechtzeitigkeit ihrer Beschwerde Stellung.
2.
Eine Beschwerde an das Bundesgericht muss innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des angefochtenen Entscheids beim Bundesgericht erhoben werden (Art. 100 Abs. 1 BGG). Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, ein Sonntag oder ein vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannter Feiertag, so endet sie am nächstfolgenden Werktag (Art. 45 Abs. 1 BGG). Überdies steht die gesetzliche Frist nach Art. 100 Abs. 1 BGG jeweils vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar still (Art. 46 Abs. 1 lit. c BGG).
Nach Art. 44 Abs. 1 BGG beginnen Fristen, die durch eine Mitteilung oder den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden, am folgenden Tag zu laufen. Die Frist ist u.a. eingehalten, wenn die Eingabe am letzten Tag der Frist der Schweizerischen Post übergeben wird (Art. 48 Abs. 1 BGG).
2.1. Der angefochtene Entscheid wurde der Beschwerdeführerin 2 nach der Sendungsverfolgung der Post am 11. Dezember 2023 am Postschalter zugestellt. Die Frist für eine Beschwerde lief damit für die Beschwerdeführerin 2 nach Art. 44 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 100 Abs. 1 BGG und unter Berücksichtigung der Gerichtsferien (Art. 46 Abs. 1 lit. c BGG) am 26. Januar 2024 ab.
Auch soweit davon ausgegangen wird, die im Namen der Beschwerdeführerin 2 erhobene Beschwerde sei, wie auf dem Briefumschlag vermerkt, am 29. Januar 2024 durch Einwurf in einen Briefkasten der Schweizerischen Post übergeben worden, wurde damit die Beschwerdefrist offensichtlich nicht eingehalten.
2.2. Was die Beschwerde im Namen des Beschwerdeführers 1 anbelangt, wird in der Beschwerdeschrift angegeben, das angefochtene Urteil sei dem Beschwerdeführer 1 am 12. Dezember 2023 zugegangen.
Wie sich aus der Sendungsverfolgung der Post und einem Schreiben des Obergerichts an den Beschwerdeführer 1 vom 13. Dezember 2023 ergibt, wurde der angefochtene Entscheid am 28. November 2023 als Gerichtsurkunde an den Beschwerdeführer 1 versandt. Am 29. November 2023 wurde er von der Post nach einem erfolglosen Zustellungsversuch eingeladen, die Gerichtsurkunde bei der Poststelle abzuholen. Nachdem er dieser Einladung keine Folge leistete, wurde die Gerichtsurkunde am 7. Dezember 2023 an das Obergericht zurückgesandt, welches ihm daraufhin mit dem genannten Schreiben vom 13. Dezember 2023 eine Orientierungskopie mit normaler Post zustellte.
Nach der Vorschrift von Art. 44 Abs. 2 BGG gilt eine Mitteilung, die nur gegen Unterschrift des Adressaten oder einer anderen berechtigten Person überbracht wird, spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt. Vorausgesetzt ist allerdings, dass der Adressat mit einer entsprechenden Zustellung rechnen musste. Da der Beschwerdeführer 1 beim Obergericht ein Rechtsmittel eingereicht hatte, musste er mit Postzustellungen dieser Gerichtsbehörde an die ihr bekannt gegebene Adresse an der X.________strasse in U.________ rechnen und dafür sorgen, dass ihm dort jederzeit Postsendungen zugestellt werden können.
Der angefochtene Entscheid gilt ihm unter diesen Umständen als am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch, mithin am 6. Dezember 2023 als zugestellt (Art. 44 Abs. 2 BGG) und nicht wie von ihm geltend gemacht, am 12. Dezember 2023, als ihm nach seinen Ausführungen das angefochtene Urteil des Obergerichts von der Beschwerdeführerin 2 zur Kenntnis gebracht wurde. Namentlich kann der Beschwerdeführer 1 nichts daraus ableiten, dass das Obergericht ihm das für ihn bestimmte Urteilsexemplar nicht im gleichen Zeitpunkt zustellte wie der Beschwerdeführerin 2 das für sie vorgesehene, da er - wie ausgeführt - jederzeit mit Zustellungen des Obergerichts zu rechnen und dafür zu sorgen hatte, dass ihm an der angegebenen Adresse jederzeit Postsendungen zugestellt werden können.
Gilt der angefochtene Entscheid dem Beschwerdeführer 1 somit als am 6. Dezember 2023 zugestellt, lief für ihn die Frist für eine Beschwerde an das Bundesgericht nach Art. 44 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 100 Abs. 1 BGG und unter Berücksichtigung der Bestimmungen von Art. 45 Abs. 1 und Art. 46 Abs. 1 lit. c BGG am 22. Januar 2024 ab.
Auch soweit davon ausgegangen wird, die im Namen des Beschwerdeführers 1 erhobene Beschwerde sei, wie auf dem Briefumschlag vermerkt, am 29. Januar 2024 durch Einwurf in einen Briefkasten der Schweizerischen Post übergeben worden, wurde damit die Beschwerdefrist offensichtlich nicht eingehalten.
2.3. Auf die Beschwerde kann demnach insgesamt nicht eingetreten werden (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).
3.
Das Gesuch der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren, über das unter den gegebenen Umständen nicht vorgängig separat entschieden werden musste (vgl. Urteil 4A_20/2011 vom 11. April 2011 E. 7.2.2), ist abzuweisen, weil die Beschwerde als von vornherein aussichtslos erschien (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit aufzuerlegen ( Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG ).
Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Mit diesem Entscheid in der Sache selbst wird das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. März 2024
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jametti
Der Gerichtsschreiber: Widmer