Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
8C_221/2010 {T 0/2} 
 
Urteil vom 22. April 2010 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterinnen Leuzinger, Niquille, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
E.________, 
Deutschland, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Erlass), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 23. Dezember 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
E.________, geboren 1957, war gemäss Arbeitsvertrag mit der Personalberatung X.________ GmbH vom 15. Juni 2005 bei der Firma C.________me als temporärer Arbeitnehmer für die Zeit vom 20. Juni bis zum 31. Dezember 2005 eingesetzt. Am 17. August 2005 erlitt er auf dem Heimweg von der Arbeitsstelle einen Motorradunfall. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), bei welcher E.________ für die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert war, anerkannte ihre Leistungspflicht dem Grundsatz nach und erbrachte vom 20. August 2005 bis zum 31. Januar 2008 Taggelder zu einem Ansatz von Fr. 148.70, wobei sie sich auf die Lohnangaben des Arbeitgebers in der Unfallmeldung vom 22. August 2005 stützte. Mit Verfügung vom 18. April 2008 teilte sie E.________ mit, dass sie gestützt auf eine nachträgliche Überprüfung des Jahresverdienstes ein zu hohes Taggeld entrichtet habe. Der Taggeldansatz betrage ab sofort Fr. 109.30. Gleichzeitig forderte sie die zu viel ausgerichteten Taggeldleistungen in der Höhe von Fr. 35'806.- zurück. Mit Einspracheentscheid vom 11. Juni 2008 bestätigte sie den Taggeldansatz von Fr. 109.30. Das Gesuch um Erlass der Rückforderung wies sie mit Verfügung vom 23. Juli 2008 und Einspracheentscheid vom 10. Oktober 2008 ab. 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 23. Dezember 2009 ab. 
 
C. 
E.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei dem Erlassgesuch stattzugeben. Zudem ersucht er sinngemäss um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
Zu prüfen ist, ob dem Beschwerdeführer die mit Einspracheentscheid vom 11. Juni 2008 rechtskräftig festgestellte Rückerstattungsschuld über Fr. 35'806.- erlassen werden kann. 
 
3. 
Wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt hat, sind unrechtmässig bezogene Leistungen gemäss Art. 25 Abs. 1 ATSG zurückzuerstatten (Satz 1); wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt (Satz 2). 
 
4. 
Praxisgemäss ist zu unterscheiden zwischen dem guten Glauben als fehlendem Unrechtsbewusstsein und der Frage, ob sich jemand unter den gegebenen Umständen auf den guten Glauben berufen kann oder ob er bei zumutbarer Aufmerksamkeit den bestehenden Rechtsmangel hätte erkennen sollen. Die Frage nach dem Unrechtsbewusstsein gehört zum inneren Tatbestand und ist daher Tatfrage, die von der Vorinstanz verbindlich beantwortet wird. Demgegenüber gilt die Frage nach der gebotenen Aufmerksamkeit als frei überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht, festzustellen, ob sich jemand angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben berufen kann (BGE 122 V 221 E. 3 S. 223; AHI 2003 S. 161 f., I 553/01 E. 3a). 
 
5. 
Das kantonale Gericht hat erwogen, dass dem Versicherten angesichts der Differenz von 36% zwischen dem geschuldeten Taggeld von Fr. 109.30 und dem ausbezahlten von Fr. 148.70 keine Gutgläubigkeit attestiert werden könne. Der Beschwerdeführer hat somit - auch unter Berücksichtigung, dass das Taggeld gemäss Art. 17 UVG 80% des versicherten Verdienstes entspricht, was auch im Arbeitsvertrag festgehalten worden war - von der Unfallversicherung mehr als den gemäss Arbeitsvertrag geschuldeten Lohn erhalten. Es wäre nicht nachvollziehbar, dass er die zu seinen Gunsten ausfallende deutliche Differenz nicht bemerkt haben soll, was im Übrigen auch nicht geltend gemacht wird. 
 
Die vorinstanzliche Feststellung, dass der Versicherte nicht gutgläubig gewesen sei, ist damit mangels offensichtlicher Unrichtigkeit verbindlich. 
 
6. 
Selbst wenn dem Beschwerdeführer indessen ein fehlendes Unrechtsbewusstsein zuzugestehen wäre, könnte er sich auf seinen guten Glauben unter den gegebenen Umständen nicht berufen. 
 
Der Beschwerdeführer macht geltend, es seien ihm neue Arbeitszeiten zugesichert worden und gemäss Auskunft der Personalberatungsfirma hätte er daher mehr verdienen können. Indessen räumt er selber ein, dass der entsprechende Lohnanspruch hypothetisch gewesen sei und er lediglich zukünftig damit gerechnet habe. 
 
Auch ohne Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen, wonach für die Berechnung des Taggeldes jener Verdienst massgebend ist, den die versicherte Person vor dem Unfall bezogen hat (Art. 15 UVG; Art. 22 und 23 UVV; BGE 128 V 298 E. 2b/aa S. 300), konnte der Beschwerdeführer unter diesen Umständen nicht davon ausgehen, dass sich die Leistungen des Unfallversicherers nicht nach dem gemäss Arbeitsvertrag vom 15. Juni 2005 vereinbarten und versicherten Lohn richten würden, sondern nach einer von der Arbeitgeberin allenfalls für die Zukunft in Aussicht gestellten Lohnerhöhung. So wird im Arbeitsvertrag beziehungsweise in einer vom Beschwerdeführer ebenfalls unterzeichneten Rahmenvereinbarung bezüglich der Leistungen der SUVA ausdrücklich auf das versicherte Gehalt Bezug genommen. Dass der Arbeitsvertrag vom 15. Juni 2005 zwischenzeitlich, das heisst vor dem Unfall vom 17. August 2005, lohnmässig bereits geändert worden wäre oder der Beschwerdeführer während dieser Zeit tatsächlich, etwa wegen Überstundenarbeit, beträchtlich mehr verdient hätte, wird nicht vorgebracht und es werden auch keine entsprechenden Belege eingereicht. Auch ohne weitere Abklärungen hätte der Beschwerdeführer anhand seines Arbeitsvertrages somit feststellen müssen, dass allfällige mündliche Zusicherungen einer künftigen Lohnerhöhung jedenfalls bei der Berechnung der Taggeldleistungen des Unfallversicherers nicht massgebend sein können. 
Damit hat der Beschwerdeführer die gebotene Aufmerksamkeit vermissen lassen und kann sich daher auf den guten Glauben nicht berufen. 
 
7. 
Bei diesem Ergebnis ist nicht zu prüfen, ob, als weitere Voraussetzung für den Erlass der Rückerstattung unrechtmässig bezogener Leistungen, eine grosse Härte vorliegt. 
 
8. 
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG, ohne Durchführung des Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid, erledigt. 
 
9. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten, die angesichts des geringen Aufwandes und der angespannten finanziellen Lage des Versicherten Fr. 300.- betragen, werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 64 Abs. 1 BGG wird einer Partei die unentgeltliche Rechtspflege nur gewährt, wenn sie bedürftig ist und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht entsprochen werden. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 300.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 22. April 2010 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Durizzo