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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1119/2023  
 
 
Urteil vom 22. April 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Muschietti, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Bundesrichter von Felten, 
Gerichtsschreiberin Erb. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern, 
2. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Sian Affolter, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Veruntreuung, mehrfache üble Nachrede; amtliche Verteidigung; Anklagegrundsatz, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 12. Juni 2023 (4M 21 95). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Kantonsgericht Luzern sprach A.________ mit Urteil vom 12. Juni 2023 der Veruntreuung sowie der mehrfachen üblen Nachrede schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu Fr. 40.--. Es stellte fest, dass das Urteil des Bezirksgerichts Luzern vom 5. August 2021 teilweise in Rechtskraft erwachsen ist - die Privatklägerin B.________ wurde mit ihren Zivilforderungen auf den Zivilweg verwiesen -, und regelte überdies die Kosten- und Entschädigungsfolgen. 
Mit (als Einsprache bezeichneter) Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ sinngemäss, er sei vom Vorwurf der Veruntreuung freizusprechen. Dazu sei die von Rechtsanwalt C.________ vorgelegte Erklärung als valide Zeugenaussage zu berücksichtigen. Weiter sei das Urteil vom 12. Juni 2023 nachträglich zu berichtigen und Rechtsanwalt C.________ sei rückwirkend als amtlicher Verteidiger zu entlassen. Das Bundesgericht solle schliesslich prüfen, ob sich auch B.________ der mehrfachen üblen Nachrede schuldig gemacht habe. 
 
2.  
Soweit sich der Beschwerdeführer auf sein Recht auf körperliche Unversehrtheit bezieht und Ausführungen zu verschiedenen ärztlichen Zeugnissen und der daraus hervorgehenden Verhandlungsunfähigkeit macht, so ist auf seine Beschwerde bereits deshalb nicht einzutreten, weil er damit keine formelle Rüge erhebt. Die Vorinstanz führt lediglich in der Prozessgeschichte aus, die angesetzte Berufungsverhandlung habe wegen Verhandlungsunfähigkeit des Beschwerdeführers abzitiert werden müssen und das Verfahren sei aus demselben Grund vom 3. November 2022 bis 12. Januar 2023 erneut sistiert worden. Inwieweit die Vorinstanz Recht verletzt haben soll (vgl. Art. 95 BGG), macht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang weder geltend noch ist dies ersichtlich. 
 
3.  
 
3.1. Als Veruntreuung wird dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, als Gesellschafter und Geschäftsführer der D.________ GmbH, die ihrerseits mit dem am xx.yy.2019 verstorbenen E.________ in einem Auftragsverhältnis gestanden habe, habe der Beschwerdeführer am 23. April 2019 von dessen Konto Fr. 16'000.-- und am 24. April 2019 Fr. 10'000.-- abgehoben. Die Vorinstanz erwägt, das Bankkonto von E.________ sei dem Beschwerdeführer anvertraut gewesen. Von den abgehobenen Fr. 26'000.-- seien insgesamt Fr. 19'947.05 rechtmässig durch den Beschwerdeführer verwendet worden. Fr. 3'000.-- habe er zudem verrechnen dürfen, weshalb in diesem Umfang kein Vermögensschaden eingetreten sei. Der Beschwerdeführer habe sich indes Fr. 6'000.-- unrechtmässig angeeignet, da er keinen Anspruch auf diesen Betrag gehabt habe. Diesen Betrag habe er genutzt, um sein eigenes Vermögen zu äufnen bzw. seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten. Der Vermögensschaden belaufe sich insgesamt auf Fr. 3'052.95 (Fr. 26'000.-- - Fr. 19'947.05 - Fr. 3'000.--). Der objektive Tatbestand sei erfüllt. Der Beschwerdeführer habe zudem im Wissen um die wirtschaftliche Fremdheit der Gelder sowie um die unrechtmässige Verwendung und in der Absicht, sich selber unrechtmässig zu bereichern, gehandelt und damit auch den subjektiven Tatbestand erfüllt. Die Vorinstanz spricht ihn der Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 StGB schuldig.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, bei den Fr. 6'000.-- handle es sich um die Entschädigung seiner Überstunden aus dem Auftragsverhältnis mit E.________ für den Monat Mai 2019. Er macht geltend, er sei dem Druck der Suggestivfragen nicht gewachsen gewesen, so dass er in seinen Antworten Unsicherheit gezeigt habe. Aus der Geschäftskorrespondenz mit dem Willensvollstrecker könnten die Überstunden indes verlässlich abgeleitet werden. Dazu bezieht sich der Beschwerdeführer auf entsprechende Beilagen bzw. Beweismittel.  
 
3.3. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1). Dies ist der Fall, wenn der angefochtene Entscheid geradezu unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht. Erforderlich ist, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1). Für die Willkürrüge gelten erhöhte Begründungsanforderungen (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es genügt nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 148 V 366 E. 3.3; 137 II 353 E. 5.1 mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 148 IV 205 E. 2.6; 146 IV 88 E. 1.3.1). Dem Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel kommt im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zu (BGE 148 IV 409 E. 2.2; 146 IV 88 E. 1.3.1).  
 
3.4. Mit seiner Kritik wendet sich der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung. Seine Rüge erweist sich als unbegründet, zumal er damit grösstenteils den Begründungsanforderungen nicht zu genügen vermag (Art. 42 Abs. 2 BGG). Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Anklagegrundsatzes mit denselben Argumenten geltend macht, die er bereits vor der Vorinstanz vorgebracht hat, und dabei nicht auf die diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz eingeht, so ist er nicht zu hören.  
Die Vorinstanz setzt sich ausführlich mit den fraglichen Fr. 6'000.-- auseinander. Sie erachtet die Darstellung des Beschwerdeführers, er habe das Honorar für den Monat Mai 2019 zur Verrechnung bringen wollen, als nicht plausibel. Die Gründe hierfür legt sie im Einzelnen und nachvollziehbar dar. Mit seiner Kritik genügt der Beschwerdeführer den Begründungsanforderungen nicht, weshalb darauf nicht näher einzugehen ist (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
Weiter befasst sich die Vorinstanz mit der vom Beschwerdeführer erstmals anlässlich der Berufungsverhandlung vorgebrachten Rüge, wonach der Betrag von Fr. 6'000.-- die Überzeiten bzw. Überstunden für die Zeit von Januar bis April 2019 betreffe. Sie erwägt, weder die neu geltend gemachten Überstunden noch die entsprechende Entschädigung sei seinerzeit - im Mai 2019 bzw. bei der Auflistung des Beschwerdeführers - Thema gewesen. Es sei kein damaliger Verrechnungswille ersichtlich. Der Beschwerdeführer vermag diese Beweiswürdigung nicht als willkürlich auszuweisen. Er legt grösstenteils lediglich seine eigene Sicht der Dinge dar und bringt vor, anlässlich früherer Befragungen sei er eingeschüchtert gewesen und habe deshalb Unsicherheit gezeigt. Dabei macht er (sinngemäss) geltend, er habe im Auftrag des Willensvollstreckers im Monat Mai 2019 Leistungen im Umfang von Fr. 6'000.-- erbracht und habe einen entsprechenden Vergütungsanspruch in dieser Höhe. Inwieweit die von ihm als "Beweismittel" bezeichneten SMS-Nachrichten an den Willensvollstrecker Willkür in der vorinstanzlichen Beweiswürdigung begründen sollten, erschliesst sich nicht, zumal sie den Zeitraum vom 26. April 2019 bis 29. Juni 2019 betreffen und weder ersichtlich ist noch rechtsgenüglich begründet wird, inwieweit dies nicht bereits im Verfahren vor Vorinstanz hätte eingebracht werden können. Seine Rüge erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit überhaupt darauf einzutreten ist (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
Ebenso wenig überzeugt der Beschwerdeführer, wenn er sich auf eine Erklärung des Rechtsanwalts C.________ vom 10. Februar 2020 bezieht. "Er hat schlicht nie irgendwelche Vermögenswerte verheimlicht oder veruntreut und war immer bestrebt, so schnell wie möglich alle Informationen offen zu legen, die er vor allem nur elektronisch zur Verfügung hat". Wenn er diesbezüglich den Antrag stellt, diese Erklärung sei "durch das Bundesgericht Lausanne als valide Zeugenaussage zu berücksichtigen", so verkennt er, dass das Bundesgericht keine Beweise abnimmt, sondern den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt und die Beweiswürdigung der Vorinstanz lediglich auf Willkür überprüft (vgl. oben E. 3.3). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was der Beschwerdeführer nicht geltend macht. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang weder ersichtlich noch vom Beschwerdeführer dargetan, inwieweit die vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich sein soll bzw. die Vorinstanz Recht verletzt haben soll. Mit Bezug auf den Rechtsanwalt C.________ stellt der Beschwerdeführer denn auch den Antrag, das Bundesgericht solle der "Entlassung als Amtlicher Verteidiger" vom 21. Juli 2021 rückwirkend entsprechen. Darauf ist mangels begründeter Rüge einer Rechtsverletzung und aufgrund des Umstands, dass diese Frage nicht Verfahrensgegenstand bildet (Art. 80 Abs. 1 BGG), nicht einzutreten. Gleiches gilt für sein pauschales Vorbringen, er erhebe Anspruch, "dass ihm sein blaues Downhill-Fahrrad ausgehändigt wird oder er eine Entschädigung von Fr. 4'000.-- erhält". 
Insgesamt ist weder Willkür in der Sachverhaltsfeststellung noch eine falsche Rechtsanwendung vom Beschwerdeführer rechtsgenüglich dargetan bzw. ersichtlich. Daran ändern auch die Ausführungen des Beschwerdeführers unter dem Titel "Verhältnismässigkeit" nichts, gehen diese doch grösstenteils an der Sache vorbei und erweisen sich im Übrigen als offensichtlich unbegründet, soweit überhaupt darauf einzutreten ist (Art. 42 Abs. 2, 105 Abs. 1 BGG). 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer macht Ausführungen zum Schuldspruch wegen mehrfacher übler Nachrede zum Nachteil der Beschwerdegegnerin 2.  
Die Vorinstanz erwägt diesbezüglich, der Beschwerdeführer habe der Beschwerdegegnerin 2 in Äusserungen gegenüber verschiedenen Adressaten vorgeworfen, sie leide unter einem Alkoholproblem und kümmere sich nicht um ihren (mittlerweile verstorbenen) Ehemann E.________ bzw. sie habe es stattdessen einzig auf finanzielle Vorteile abgesehen. Zusammenfassend führt die Vorinstanz aus, der Beschwerdeführer habe die Beschwerdegegnerin 2 wiederholt eines unehrenhaften Verhaltens beschuldigt und sie als charakterlich minderwertigen, fehlerhaften und nicht anständigen Menschen dargestellt. Die Vorinstanz lässt den Beschwerdeführer nicht zum Entlastungsbeweis i.S.v. Art. 173 Ziff. 3 StGB zu. Sein Handlungsziel habe vorrangig darin bestanden, die Beschwerdegegnerin 2 zu diskreditieren und zu schmähen, weshalb die Beleidigungsabsicht zu bejahen sei. Weder ein Wahrheits- noch Gutglaubensbeweis nach Art. 173 Ziff. 2 StGB seien möglich. Entsprechend bejaht die Vorinstanz sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand von Art. 173 Ziff. 1 StGB
 
4.2. Aus der Beschwerde geht nicht klar hervor, ob und inwieweit der Beschwerdeführer auch den Schuldspruch wegen übler Nachrede anzufechten gedenkt. In seinen Ausführungen legt er aber ohnehin lediglich seine eigene Sicht der Dinge dar und vermag den Begründungsanforderungen vor Bundesgericht nicht zu genügen; so präsentiert er insbesondere seine Beziehung zum verstorbenen E.________ und der Beschwerdegegnerin 2 und bezichtigt Letztere seinerseits der üblen Nachrede. Sein in diesem Zusammenhang erhobener Antrag, wonach das Bundesgericht anhand eines von ihm eingereichten Blogeintrags prüfen müsse, ob sich auch die Beschwerdegegnerin 2 der üblen Nachrede schuldig gemacht habe, ist nicht zu behandeln. Verfahrensgegenstand im vorliegenden Verfahren bildet einzig das vorinstanzliche Urteil vom 12. Juni 2023 (Art. 80 Abs. 1 BGG). Mit den vorinstanzlichen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer überhaupt nicht auseinander (Art. 42 Abs. 2 BGG). Im Übrigen bringt er selbst vor, ihm bleibe vermutlich keine andere Wahl, als das strafrechtliche Urteil des Kantonsgerichts Luzern anzuerkennen. Auf die Beschwerde ist diesbezüglich, soweit daraus überhaupt eine Rüge hervorgeht, nicht einzutreten.  
 
5.  
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG als unbegründet abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2 ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. April 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Muschietti 
 
Die Gerichtsschreiberin: Erb