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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_126/2024  
 
 
Urteil vom 22. April 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, Kölz 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________ AG, 
2. B.________ AG, 
3. C.________ AG, 
4. D.________ AG, 
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mark Livschitz, 
Beschwerdeführerinnen, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, II. Abteilung, An der Aa 4, Postfach, 6300 Zug, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Einstellung (ungetreue Geschäftsbesorgung), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zug, I. Beschwerdeabteilung, vom 13. Dezember 2023 (BS 2022 11). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Geschwister E.E.________ und F.E.________ befinden sich seit längerer Zeit in einem Streit um den Nachlass ihrer Eltern. Sie sind Eigentümer von je 45 % der Aktien der D.________ AG. Die restlichen 10 % der Aktien sind im Eigentum von G.E.________, der Tochter von E.E.________. Die D.________ AG hält ihrerseits alle Aktien der C.________ AG, die wiederum alleinige Aktionärin der B.________ AG ist. Ausserdem ist die D.________ AG Alleinaktionärin der A.________ AG und der H.________ AG. 
Bis zum Verkauf am 14. September 2017 war die C.________ AG Eigentümerin der Liegenschaft Strasse xxx und die B.________ AG Eigentümerin der Liegenschaft Strasse yyy in U.________. Die Gültigkeit dieser Grundstückverkäufe ist umstritten. 
Zwischen E.E.________ und F.E.________ sowie zwischen den involvierten Gesellschaften, Gesellschaftsorganen und weiteren Akteuren waren oder sind zahlreiche Verfahren zivil-, verwaltungs- und strafrechtlicher Natur hängig. Hauptsächlich geht es dabei um die Vorgänge rund um den Verkauf der Liegenschaften in U.________. 
 
B.  
 
B.a. Am 25. September 2017 erstattete E.E.________ bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug Strafanzeige gegen die Gesellschaftsorgane F.E.________ und I.________ wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung nach Art. 158 StGB. Der Anzeige lag eine Vielzahl von Teilsachverhalten zugrunde.  
 
B.b. Mit Verfügung vom 12. Januar 2022 stellte die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung gegen F.E.________ und I.________, mit Ausnahme zweier Teilsachverhalte, ein.  
 
B.c. Die dagegen von der A.________ AG, der B.________ AG, der C.________ AG und der D.________ AG eingereichte Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zug mit Beschluss vom 13. Dezember 2023 ab, soweit es darauf eintrat und soweit es sie nicht zufolge Gegenstandslosigkeit abschrieb.  
 
C.  
Gegen den Beschluss des Obergerichts führen die vier Gesellschaften gemeinsame Beschwerde in Strafsachen vor Bundesg ericht. Sie beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sei die Sache an die Staatsanwaltschaft zwecks Ergänzung der Untersuchung bzw. Anhandnahme im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Es wurden die kantonalen Akten, nicht aber Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist die Privatklägerschaft zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Bei den Zivilansprüchen geht es in erster Linie um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; je mit Hinweisen).  
 
1.1.1. Richtet sich die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme oder wie hier die Einstellung eines Verfahrens, muss die geschädigte Person, soweit sie vor den kantonalen Behörden noch keine Zivilforderung erhoben hat, im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen und inwiefern sich der angefochtene Entscheid auf welche konkreten Zivilforderungen auswirken kann (BGE 141 IV 1 E. 1.1; Urteile 7B_78/2023 vom 15. Januar 2024 E. 1.1; 6B_1055/2020 vom 13. Juni 2022 E. 3.2.1). Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Es prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 149 IV 9 E. 2; 143 IV 357 E. 1), aber ohne eingehende Auseinandersetzung mit der Sache. Dementsprechend ist, namentlich bei komplexen Fällen, in welchen allfällige Zivilansprüche nicht offensichtlich sind, in der Beschwerdeschrift einleitend und in gedrängter Form darzulegen, inwiefern die Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind (Urteile 6B_787/2022 vom 5. Dezember 2022 E. 2.2.2; 7B_89/2022 vom 31. Juli 2023 E. 2.3). Dabei genügt nicht, dass die Privatklägerschaft lediglich behauptet, von der fraglichen Straftat betroffen zu sein; sie muss vielmehr die Anspruchsvoraussetzungen und namentlich den erlittenen Schaden genau substanziieren und letzteren soweit möglich beziffern (Urteile 7B_79/2022 vom 10. Januar 2024 E. 1.1; 7B_69/2023 vom 28. August 2023 E. 1.1.1; zum Ganzen: Urteil 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; je mit Hinweisen).  
Wird die Beschwerde von mehreren Privatklägern oder Privatklägerinnen gemeinsam erhoben, hat sodann jeder und jede von ihnen individuell den persönlich entstandenen Schaden darzulegen (Urteile 7B_79/2022 vom 10. Januar 2024 E. 1.1; 7B_831/2023 vom 15. Dezember 2023 E. 1.2; 6B_621/2021 vom 20. August 2021 E. 3.2; je mit Hinweisen). Dasselbe gilt in Bezug auf verschiedene Beschuldigte, gegen welche der jeweils geltend gemachte Schaden zu individualisieren ist (Urteil 7B_831/2023 vom 15. Dezember 2023 E. 1.2). Bezieht sich die Privatklägerschaft ausserdem auf verschiedene Straftaten, muss sie in Bezug auf jede dieser Straftaten genau angeben, worin ihr Schaden besteht (Urteile 7B_79/2022 vom 10. Januar 2024 E. 1.1; 6B_764/2022 vom 17. April 2023 E. 2.1; je mit Hinweisen). 
 
1.1.2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht: Im formellen Teil ihrer Eingabe an das Bundesgericht versuchen die Beschwerdeführerinnen zwar, ihre Beschwerdelegitimation darzulegen; die dabei gemachten Ausführungen stellen jedoch keine hinreichende Substanziierung und Konkretisierung von Zivilforderungen dar. Vielmehr begnügen sich die Beschwerdeführerinnen - weitgehend in Wiederholung der Anzeigevorwürfe - mit der Aufzählung dutzender beanstandeter Handlungen der Beschuldigten (und weiteren Personen), um daran anschliessend knapp festzuhalten: "Die zivilrechtliche Forderungsbasis ist jeweils Art. 41 ff. OR/Art. 754 OR, je i.V.m. Art. 158 StGB". Damit sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Zivilforderungen indessen nicht hinreichend substanziiert und konkretisiert: Die Beschwerdeführerinnen müssten vielmehr die jeweilige Widerrechtlichkeit der beanstandeten Handlungen und den Ursachenzusammenhang zu einem - soweit möglich - bezifferten Schadensposten im Einzelnen aufzeigen, was sie aber unterlassen. Immerhin ist ihnen zugute zu halten, dass sie vereinzelt gewisse Bezifferungen vornehmen. Dabei ist aber nicht mit hinreichender Klarheit ersichtlich, ob es sich um bezifferte Schadensposten handeln soll, geschweige denn ist ein Ursachenzusammenhang zu einer widerrechtlichen Handlung hinreichend dargetan. Auf die Beschwerde ist damit in der Sache mangels rechtsgenüglicher Substanziierung der Legitimation nicht einzutreten.  
 
1.2.  
 
1.2.1. Ungeachtet der Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft mit Beschwerde in Strafsachen eine Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Das geforderte rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Nicht zulässig sind dagegen Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 78 E. 1.3; je mit Hinweisen).  
 
1.2.2. Eine solche Rüge bringen die Beschwerdeführerinnen 2-4 insoweit vor, als sie sich auf eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs berufen. Diese sehen sie darin begründet, dass die Vorinstanz "bundesrechtsfehlerhaft" eine staatsanwaltschaftliche Gehörsverletzung negiere und damit ihrerseits das rechtliche Gehör verletze. Die staatsanwaltschaftliche Verletzung - die von der Vorinstanz im Übrigen auch als solche festgestellt wird - liegt darin, dass es die Staatsanwaltschaft unterliess, den Beschwerdeführerinnen 2-4 vor Erlass der Einstellungsverfügung eine Schlussverfügung im Sinne von Art. 318 StPO zuzustellen. Allerdings sieht die Vorinstanz diese Gehörsverletzung als im Beschwerdeverfahren geheilt an.  
Was die Beschwerdeführerinnen 2-4 gegen die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz vorbringen, ist unbehelflich und vermag nicht darzutun, weshalb die Vorinstanz die erstinstanzliche Gehörsverletzung nicht hätte heilen können bzw. dürfen (vgl. dazu BGE 145 I 167 E. 4.4; 137 I 195 E. 2.3.2; Urteil 7B_1028/2023 vom 12. Januar 2024 E. 3.2.2; je mit Hinweisen). Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Vorinstanz überhöhte Begründungsanforderungen an die Beschwerdeführerinnen 2-4 gestellt hat (vgl. Art 396 Abs. 1 StPO; Urteil 6B_319/2021 vom 15. Juli 2021 E. 6 mit Hinweisen). Auf die überzeugende Erwägung 3 im angefochtenen Entscheid kann im Übrigen nach Art. 109 Abs. 3 BGG vollumfänglich verwiesen werden. Der an die Vorinstanz gerichtete Vorwurf der Gehörsverletzung geht demnach fehl. 
 
2.  
Die Beschwerde erweist sich - soweit sie überhaupt zulässig ist - als unbegründet. Sie ist entsprechend abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführerinnen kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Nach Abs. 5 derselben Bestimmung haften sie für die Verfahrenskosten solidarisch und intern zu gleichen Teilen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden den Beschwerdeführerinnen zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, I. Beschwerdeabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. April 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger