Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_206/2022
Urteil vom 22. April 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin Koch,
Bundesrichter Hofmann,
Gerichtsschreiber Hahn.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Zentrales Amt, Postfach, 1950 Sitten 2,
2. B.________,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Vergewaltigung; Willkür,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung, vom 15. September 2022 (P1 22 9).
Sachverhalt:
A.
Mit Urteil vom 18. August 2021 stellte das Kreisgericht Oberwallis das Strafverfahren gegen A.________ wegen Tätlichkeiten zufolge Verjährung ein. Es sprach ihn frei von den Vorwürfen der Sachbeschädigung (betreffend eine Sonnenbrille) und einfachen Körperverletzung. Hingegen verurteilte es ihn wegen mehrfacher Vergewaltigung und Sachbeschädigung (betreffend eine Digitalkamera) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten, wobei es für einen Strafteil von 27 Monaten den bedingten Strafvollzug bei einer Probezeit von zwei Jahren gewährte. Die Untersuchungshaft rechnete es auf den unbedingten Teil der Freiheitsstrafe von 9 Monaten an. Weiter verhängte es eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 150.--, bei einer Probezeit von zwei Jahren. Es befand sodann über die beschlagnahmten Gegenstände, die Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen sowie die Kosten- und Entschädigungsfolgen.
B.
Das Kantonsgericht Wallis stellte mit Urteil vom 15. September 2022 fest, dass das Urteil des Kreisgerichts Oberwallis vom 18. August 2021 betreffend der Einstellung wegen Tätlichkeit, dem Freispruch vom Vorwurf der Sachbeschädigung, der einfachen Körperverletzung und der Abweisung der Zivilforderung betreffend der Reparaturkosten der Kamera in Rechtskraft erwachsen ist. Es sprach A.________ vom Vorwurf der Sachbeschädigung betreffend die Digitalkamera frei. Hingegen bestätigte es den Schuldspruch wegen mehrfacher Vergewaltigung zum Nachteil von B.________ und die erstinstanzlich ausgefällte Freiheitsstrafe. Von einer Geldstrafe sah es ab. Weiter befand es über die beschlagnahmten Gegenstände, die Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen sowie die Kosten- und Entschädigungsfolgen.
C.
Gegen dieses Urteil führt A.________ Beschwerde in Strafsachen, mit dem Antrag, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen.
Die kantonalen Akten wurden beigezogen. Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer wurde von der letzten kantonalen Instanz strafrechtlich verurteilt und führt frist- und formgerecht Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht (Art. 42 Abs. 1, Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1, Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG ). Insofern ist auf seine Beschwerde unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen einzutreten.
2.
2.1. Der Beschwerdeführer rügt einzig Willkür in der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung und damit zusammenhängend eine Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo. Der Anklagevorwurf der mehrfachen Vergewaltigung lasse sich nicht rechtsgenüglich und mit hinreichendem Beweismass erstellen, zumal sich die Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdegegnerin 2 über weite Strecken als nicht nachvollziehbar, wenig plausibel und kaum glaubhaft erweise. Sie könne sich bloss an Teile des Tatgeschehens erinnern und ihr Aussageverhalten sei widersprüchlich, namentlich zum Geschehen in den Bergen, in der Wohnung, zum zeitlichen Ablauf und zur Frage, wie sie dem Beschwerdeführer zu verstehen gegeben habe, er solle aufhören. Er habe die Beschwerdegegnerin 2 nicht vergewaltigt, sondern der Geschlechtsverkehr sei einvernehmlich gewesen. Ein blosses "Nein" reiche nicht für die Annahme einer Vergewaltigung. Es lägen weder Nötigung, Gewalt oder Drohung vor und er habe es auch nicht für möglich gehalten, dass die Beschwerdegegnerin 2 mit dem Geschlechtsverkehr nicht einverstanden gewesen sei. Schliesslich sei es willkürlich, wenn die Vorinstanz in Bezug auf den geistigen und körperlichen Zustand der Beschwerdegegnerin 2 von einer lang anhaltenden Panikreaktion und von fehlender Widerstandsfähigkeit infolge einer Schockstarre ausgehe. Sodann sei es willkürlich, wenn die Vorinstanz auf einen Fluchtversuch seitens der Beschwerdegegnerin 2 schliesse, wenn diese jederzeit aus der Wohnung hätte gehen können. Insoweit habe er auch nicht mehrere Tatentschlüsse für den Geschlechtsverkehr vor bzw. nach einem angeblichen Fluchtversuch fassen müssen.
2.2.
2.2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ; BGE 148 IV 409 E. 2.2 mit Hinweisen). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (BGE 141 IV 317 E. 5.4 mit Hinweisen).
2.2.2. Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 148 IV 356 E. 2.1 mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 148 IV 409 E. 2.2 mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 409 E. 2.2 mit Hinweisen).
2.2.3. Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 148 IV 409 E. 2.2 mit Hinweisen). Als Beweislastregel ist der Grundsatz verletzt, wenn das Gericht einen Angeklagten (einzig) mit der Begründung verurteilt, er habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. Dies prüft das Bundesgericht frei (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.3; Urteil 6B_926/2020 vom 20. Dezember 2022 E. 1.4.2; je mit Hinweisen).
2.3.
2.3.1. Der Beschwerdeführer legt die nach ihm relevanten Aussagen und Beweismittel ausführlich dar und präsentiert daraus seine eigene Würdigung des Sachverhalts, die er aus den von ihm zitierten Aktenstellen gewinnt, ohne dabei an den Feststellungen des angefochtenen Urteils anzusetzen. Für die Annahme von Willkür genügt es jedoch gerade nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 148 V 366 E. 3.3 mit Hinweisen).
2.3.2. Dabei ist der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt im Ergebnis nicht zu beanstanden und verletzt den Grundsatz in dubio pro reo weder als Beweislast- noch als Beweiswürdigungsregel. Die Vorinstanz erwägt gestützt auf den Chat-Verkehr des Beschwerdeführers mit der Beschwerdegegnerin 2, diese hätten sich über eine Dating-Plattform kennen gelernt und anlässlich des zweiten, persönlichen Treffens in Berlin einvernehmlich Geschlechtsverkehr vollzogen. Der Beschwerdegegner habe die Beschwerdegegnerin 2 in der Folge nach Zermatt eingeladen und beide seien einer sexuellen Beziehung nicht abgeneigt, sondern damit einverstanden gewesen, als sie sich am Tattag getroffen hätten. Sie hätten einen Ausflug unternommen, anschliessend sei es zu mehrfachem Geschlechtsverkehr in der Wohnung des Beschwerdeführers gekommen, welcher Verfahrensgegenstand bilde. Die Vorinstanz gewinnt ihre Überzeugung, dass der Beschwerdeführer die Beschwerdegegnerin 2 anlässlich dieses Treffens an seinem Domizil zweimal vergewaltigt hat, aus verschiedenen Beweismitteln. Gemäss ihren Erwägungen variierten die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 zwar inhaltlich, namentlich hinsichtlich der Ereignisse auf der Aussichtsplattform. Dennoch liessen sich wesentliche Anhaltspunkte für eine Vergewaltigung ausmachen, die sich anhand der im rechtsmedizinischen Gutachten festgestellten Verletzungen, dem dokumentierten Notruf der Beschwerdegegnerin 2 bei der Polizei, übereinstimmender Aussagen der Parteien sowie damit in Einklang zu bringenden Aussagen von Nachbarn, die einen Streit wahrgenommen hätten, erhärten liessen.
2.3.3. Die Vorinstanz erachtet eine nicht sehr heftige Gewaltanwendung gegen den Hals der Beschwerdegegnerin 2 sowie das Abdecken von Mund und Nase während des Geschlechtsverkehrs als erstellt, dies aufgrund der im medizinischen Gutachten festgehaltenen Verletzungen und der diesbezüglich im Grundsatz (wenn auch nicht bezüglich der Intensität) übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers und der Beschwerdegegnerin 2. Aus dem rechtsmedizinischen Gutachten gingen gemäss Vorinstanz zahlreiche kleinere Verletzungen der Beschwerdegegnerin 2 am ganzen Körper hervor, während der Beschwerdeführer unverletzt geblieben sei. So hätten anlässlich der rechtsmediznischen Untersuchung mehrere teils petechienartige Hauteinblutungen am Hals rechts und daneben eine fast horizontale linienförmige Hautrötung festgestellt werden können. An der linken Schulter sei eine halbkreisförmige Hautrötung, am Rücken mehrere linienförmige Hautrötungen und am Gesäss eine linienförmige Hautabschürfung und eine gelbliche Hautverfärbung ersichtlich. Am rechten Unterarm habe die Beschwerdegegnerin 2 mehrere Hautrötungen und drei kleine linienförmige oberflächliche Hautverletzungen aufgewiesen. Am rechten Ringfingergrundgelenk innen habe sich eine fast horizontale Hautdurchtrennung gezeigt und am linken Oberarm und an der Schulter seien mehrere Hautrötungen ersichtlich gewesen. Diese Verletzungen stehen gemäss der zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen in Einklang mit einer gewissen Gewaltanwendung, welche sowohl mit einer Vergewaltigung als auch mit härteren Sexualpraktiken vereinbar sind.
2.3.4. In ihrer weiteren Beurteilung geht die Vorinstanz willkürfrei davon aus, der Geschlechtsverkehr sei durch das Verschliessen der Atemwege ausser Kontrolle geraten. Sie glaube der Beschwerdegegnerin 2, wonach sie dadurch in Panik geraten und Abwehrreflexe gezeigt habe. Dennoch habe der körperlich überlegene und auf der Beschwerdegegnerin 2 befindliche Beschwerdeführer die vaginale Penetration fortgesetzt. Anschliessend habe sich die Beschwerdegegnerin 2 telefonisch bei der Polizei gemeldet und versucht, die Wohnung über den Balkon zu verlassen, wobei der Beschwerdeführer sie zurückgezogen habe. Dies zeuge von einer Panikreaktion der Beschwerdegegnerin 2, welche sich auch aus der Audioaufzeichnung des Notrufs ergebe. Dass letztere Feststellungen schlechterdings unhaltbar bzw. geradezu willkürlich sein sollten, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls sagte der Beschwerdeführer selbst aus, es sei möglich, dass die Beschwerdegegnerin 2 zwischendurch "nein" gesagt habe, was er aber nicht als Totalabbruch des Geschlechtsverkehrs verstanden habe. Weiter gab er an, sie sei komplett durcheinander gewesen und habe ihm gesagt, er habe sie vergewaltigt, worauf er ihr erwidert habe, sie solle die Polizei rufen.
2.3.5. Ebenso wenig willkürlich ist die Feststellung, dass sich die Beschwerdegegnerin 2 nach dem ersten Geschlechtsverkehr mit dem Verschluss der Atemwege, dem vergeblichen Anruf bei der Polizei und dem gescheiterten Fluchtversuch in einer ausweglosen Situation sah, in welcher sie in eine Art Schockstarre verfiel, widerstandsunfähig war und den Beschwerdeführer "einfach machen liess". Wenn die Vorinstanz für diese zweite Phase davon ausgeht, der Beschwerdeführer habe nach dem Unterbruch des ersten Geschlechtsverkehrs erneut einen Tatwillen zu einer zweiten Vergewaltigung fassen müssen und sich die Situation der Beschwerdegegnerin 2 wissentlich und willentlich zunutze gemacht, so ist dies ebenfalls vertretbar.
2.4. Zusammengefasst vermag der Beschwerdeführer aus den vorgenannten Gründen nicht darzutun, dass und inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung unhaltbar und damit willkürlich im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (siehe vorne E. 2.2) sein soll.
3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird bei diesem Ausgang des Verfahrens kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. April 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Hahn