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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_231/2010 
 
Urteil vom 22. Juli 2010 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Favre, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Gerichtsschreiber Faga. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.X.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Rita Gettkowski, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, 
An der Aa 4, 6300 Zug, 
2. B.X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Sven Finger, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Mehrfache Verleumdung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Strafrechtliche Abteilung, vom 2. Februar 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.X.________ gab gegenüber Dritten an, B.X.________ habe sie und den gemeinsamen Sohn C.X.________ geschlagen. Insbesondere erwähnte sie eine tätliche Auseinandersetzung vom 24. Dezember 2005. A.X.________ wird vorgeworfen, ihre Schilderungen gegenüber Dr. med. A.________, Dr. med. B.________ und ihrem früheren Rechtsvertreter, Rechtsanwalt E.________, erfunden zu haben, um daraus im laufenden Eheschutz- und Scheidungsverfahren Vorteile zu ziehen. 
 
B. 
Der Einzelrichter am Strafgericht des Kantons Zug sprach A.X.________ mit Urteil vom 20. März 2009 der mehrfachen Verleumdung schuldig. Er bestrafte sie mit einer bedingten Geldstrafe von 54 Tagessätzen zu Fr. 180.-- bei einer Probezeit von 2 Jahren. Zudem auferlegte er ihr eine Busse von Fr. 1'000.--. Die von A.X.________ dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Zug mit Urteil vom 2. Februar 2010 ab. Es setzte die Geldstrafe auf 55 Tagessätze zu Fr. 200.-- fest. Im Übrigen bestätigte es den erstinstanzlichen Entscheid im Schuld- und Strafpunkt. 
 
C. 
A.X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug sei aufzuheben, und sie sei vom Vorwurf der mehrfachen Verleumdung freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
D. 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz eine willkürliche Beweiswürdigung (Art. 9 BV), die Verletzung der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) sowie die Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) vor. 
 
1.2 Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39). 
 
Ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Willkür prüft das Bundesgericht, inwiefern das Sachgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel verletzt hat. Ob dieser Grundsatz als Beweislastregel verletzt ist, prüft es hingegen mit freier Kognition. Diese aus der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleitete Maxime wurde wiederholt dargelegt, worauf zu verweisen ist (BGE 127 I 38 E. 2a S. 40 f. mit Hinweisen). 
 
Wird die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) gerügt, gelten qualifizierte Anforderungen an die Begründung. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur, wenn eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68; 135 III 232 E. 1.2 S. 234; je mit Hinweisen). 
 
1.3 Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin gegenüber Dritten behauptete, der Beschwerdegegner hätte sie und den gemeinsamen Sohn (insbesondere am 24. Dezember 2005) tätlich angegriffen. Diese Vorwürfe erhob sie in der Zeit vom 24. Dezember 2005 bis 17. Januar 2006. Umstritten ist, ob ihre Aussagen unwahr sind. 
 
Die Vorinstanz würdigt, unter Hinweis auf die erstinstanzlichen Erwägungen, verschiedene Beweismittel. Sie verweist auf die Darstellungen von Dr. med. B.________ und Dr. med. A.________. Dr. med. B.________ distanzierte sich von seiner ursprünglichen Einschätzung, wonach C.X.________ von seinem Vater geschlagen werde. Ebenso hielt Dr. med. A.________ an seiner Empfehlung, das Besuchsrecht des Beschwerdegegners zu sistieren, nicht weiter fest (untersuchungsrichterliche Akten act. 1/5-7, 2/4-6 und 2/19). Die Vorinstanz legt dar, wie es zu den modifizierten Meinungen der Ärzte gekommen sei. Sie hält weiter fest, dass die Aussagen von C.________, welche Mutter der Beschwerdeführerin und einzig Zeugin vom Hörensagen sei, den Beschwerdegegner nicht zu belasten vermögen. Die Vorinstanz berücksichtigt insbesondere auch die Zeugenaussagen von D.________, frühere und mehrjährige Beiständin von C.X.________, sowie ein psychiatrisches Gutachten des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes Schwyz vom 22. Juni 2007. Schliesslich lässt die Vorinstanz die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihre Beweiswürdigung einfliessen. Sie zeigt verschiedene Widersprüche in ihren Schilderungen auf, schätzt ihre Darstellung als unglaubhaft ein und würdigt ihr Verhalten (beispielsweise die fehlende Bereitschaft zum Dialog mit Dr. med. A.________ und ihre Absage der Teilnahme an einer ärztlichen Begutachtung von C.X.________ respektive den Abbruch eines entsprechenden Gesprächs) als Verweigerungshaltung (angefochtenes Urteil S. 5 ff. mit Hinweis auf den erstinstanzlichen Entscheid S. 6 ff.). 
1.4 
1.4.1 Soweit die Beschwerdeführerin die Verletzung der aus dem Grundsatz "in dubio pro reo" abgeleiteten Beweislastregel rügt und Art. 6 Ziff. 2 EMRK sowie Art. 32 BV verletzt sieht (Beschwerde S. 5 und 11 f.), ist ihr Vorbringen unbegründet. Die Vorinstanz gelangt gestützt auf verschiedene Beweismittel zur Überzeugung, dass deren inkriminierte Äusserungen unwahr seien. Ergänzend bemerkt sie, dass die Beschwerdeführerin Gegenteiliges nicht habe beweisen können. Damit hält die Vorinstanz im Ergebnis fest, dass die Beschwerdeführerin zu den für sie ungünstigen Beweisergebnissen keine plausiblen entlastenden Umstände vorzubringen vermag. Dies ist verfassungs- und konventionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz stützt den Schuldspruch nicht auf den Vorwurf, die Beschwerdeführerin habe ihre Unschuld nicht nachgewiesen. Auch geht sie nicht davon aus, die Beschwerdeführerin habe ihre Unschuld zu beweisen. Mithin überbindet sie ihr offenkundig nicht die Beweislast. 
1.4.2 Die von der Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung erhobenen Einwände (Beschwerde S. 8 ff.) haben appellatorischen Charakter, stellt sie doch der Würdigung der Vorinstanz lediglich ihre eigene Sicht der Dinge gegenüber, ohne zu erörtern, inwiefern der angefochtene Entscheid (auch) im Ergebnis verfassungswidrig sein sollte. 
 
Die Beschwerdeführerin bringt beispielsweise vor, die Vorinstanz lege nicht dar, weshalb die erste Einschätzung der Ärzte unbeachtlich sei (Beschwerde S. 8). Diese Rüge ist zum einen unbegründet (vgl. den vorinstanzlichen Entscheid S. 5 und das erstinstanzliche Urteil S. 8). Zum anderen erörtert die Beschwerdeführerin einzig, wie die ärztliche Beurteilung ihrer Meinung nach richtigerweise zu würdigen gewesen wäre. Dieses appellatorische Vorbringen vermag keine Willkür respektive keine Verletzung der Unschuldsvermutung darzutun (vgl. dazu BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f.; 127 I 38 E. 2a S. 41; je mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang das Arztgeheimnis als verletzt rügt, ist ihr Vorbringen ungenügend substanziiert. Ebenso wenig zeigt sie eine Verfassungsverletzung auf, indem sie ausführt, wie ihre Aussagen sowie die Zeugenaussagen ihrer Mutter und von D.________ zu berücksichtigen gewesen wären (Beschwerde S. 9 ff.). Die Beschwerdeführerin beanstandet zu Unrecht, die Vorinstanz berücksichtige den in einem Schlussbericht zur Besuchsbegleitung beschriebenen Widerstand von C.X.________ gegenüber seinem Vater nicht (Beschwerde S. 10). Die Vorinstanz lässt dieses Verhalten von C.X.________ ausdrücklich in ihre Beweiswürdigung einfliessen (angefochtenes Urteil S. 7). Entgegen dem Dafürhalten der Beschwerdeführerin (Beschwerde S. 9) verfällt die Vorinstanz auf jeden Fall nicht allein deshalb in Willkür, wenn sie ein Beweismittel einzig zu ihren Ungunsten würdigt. 
 
Insgesamt zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass und inwiefern das vorinstanzliche Beweisergebnis schlechterdings nicht mehr vertretbar sein sollte, und eine Verletzung der Unschuldsvermutung ist nicht ersichtlich. 
1.4.3 Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Vorinstanz habe in Verletzung ihres rechtlichen Gehörs die Einvernahme mehrerer Zeugen unterlassen, ist ihre Rüge unbegründet. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, wenn eine Behörde auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil sie aufgrund der bereits abgenommenen Beweise ihre Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass ihre Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148 mit Hinweisen). Die Vorinstanz legt eingehend dar, weshalb sie die Einvernahme zusätzlicher Personen unterlässt (angefochtenes Urteil S. 9 f.). Beispielsweise hält sie zutreffend fest, dass die behaupteten Tätlichkeiten in der Zeit vom 24. Dezember 2005 bis zum 17. Januar 2006 erfolgt sein müssten. Da die Zeugin F.________ erstmals am 30. Juni 2007 Kontakt zu C.X.________ und seinen Eltern gehabt habe, könne sie über keine eigenen Wahrnehmungen aus der fraglichen Zeit berichten. Was die Beschwerdeführerin vorbringt (Beschwerde S. 5 ff.), überzeugt nicht und vermag die vorinstanzliche antizipierte Beweiswürdigung nicht zu erschüttern. Ob der Beschwerdegegner, wie die Beschwerdeführerin behauptet, tatsächlich am 22. Oktober 2005 sein 14-tägliches Besuchsrecht (im Rahmen dessen es zu Übergriffen gekommen sein soll) ausübte, nachdem ihm gemäss eheschutzrichterlicher Verfügung am 15. und 29. Oktober 2005 ein Nachmittag mit seinem Sohn zustand (vorinstanzliche Akten act. 6/1/4, vgl. auch act. 6/1/5), kann deshalb offengelassen werden, scheint aber zumindest fraglich zu sein. 
 
2. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
Dem Beschwerdegegner ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine wesentlichen Umtriebe entstanden sind. Ebenso wenig ist dem Kanton Zug eine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 22. Juli 2010 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Favre Faga