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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_352/2024  
 
 
Urteil vom 22. August 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin May Canellas, 
Gerichtsschreiber Kistler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian Schreiber, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ansprüche aus Kollektiv-Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts 
von Graubünden, II. Zivilkammer, vom 15. Mai 2024 (ZK2 23 6). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (Versicherter, Beschwerdeführer) war mit verschiedenen Einzelunternehmen selbstständig erwerbstätig. Er war über eine Kollektivversicherung, die seine Bank für ihre Kunden abgeschlossen hatte, bei der B.________ AG (Versicherung, Beschwerdegegnerin) gegen Unfall versichert.  
 
A.b. Der Versicherte meldete der Versicherung am 11. April 2014 einen Zeckenbiss als versicherten Unfall. In der folgenden Korrespondenz anerkannte die Versicherung zunächst den Vorfall und auch die vom Versicherten geltend gemachten Folgen. Aufgrund eines Gutachtens, das sie beim Neurologen Dr. med. C.________ einholte, kam sie allerdings später zum Schluss, es bestünden keine ausreichenden Grundlagen für die geltend gemachten Versicherungsleistungen.  
 
B.  
 
B.a. Nach erfolglosem Schlichtungsversuch beantragte der Versicherte beim Regionalgericht Albula, die Versicherung sei zu verpflichten, ihm Fr. 150'000.-- nebst Zins zu bezahlen. Mit Entscheid vom 7. Dezember 2022 wies das Regionalgericht die Klage ab.  
 
B.b. Mit Urteil vom 15. Mai 2024 wies das Kantonsgericht von Graubünden die Berufung des Versicherten gegen den Entscheid des Regionalgerichts ab, soweit es darauf eintrat. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Versicherte habe sich in seiner Berufungsschrift nicht mit sämtlichen Gründen auseinandergesetzt, auf welche die Erstinstanz ihren Entscheid gestützt habe, weshalb auf die Berufung nicht einzutreten sei. Selbst wenn darauf einzutreten wäre, wäre die Berufung abzuweisen. So sei die Anerkennung der Leistungspflicht durch die Beschwerdegegnerin wegen absichtlicher Täuschung des Beschwerdeführers ungültig. Sodann habe sich die Beschwerdegegnerin auch zu Recht auf Art. 40 VVG berufen, um ihre Leistungspflicht abzulehnen.  
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ihm den Betrag von Fr. 150'000.-- nebst Zins zu bezahlen. Eventualiter sei die Sache zur Beweisergänzung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem sei die ausseramtliche Entschädigung im Rahmen der unentgeltlichen Prozessführung für das vorinstanzliche Berufungsverfahren auf Fr. 5'000.-- zu erhöhen. Schliesslich stellt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung noch einen Beweisantrag auf Einholung eines Obergutachtens. 
Mit separatem Gesuch ersucht der Beschwerdeführer für das Verfahren vor Bundesgericht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 140 IV 57 E. 2; 138 III 471 E. 1). 
 
1.1.  
 
1.1.1. Zur Beschwerde in Zivilsachen ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. b).  
Das schutzwürdige Interesse besteht im praktischen Nutzen, den die Gutheissung des Rechtsmittels der beschwerdeführenden Partei verschaffen würde, indem ihr ein wirtschaftlicher, ideeller, materieller oder sonstiger Nachteil erspart bleibt, den der angefochtene Entscheid für sie mit sich bringen würde (BGE 143 III 578 E. 3.2.2.2; 138 III 537 E. 1.2.2; Urteil 5A_542/2019 vom 30. Juli 2019 E. 3.1). Das Interesse an der Beschwerde muss aktuell und persönlich sein, weshalb es grundsätzlich nicht zulässig ist, rechtlich vorzugehen, um nicht das eigene, sondern das Interesse eines Dritten oder das öffentliche Interesse geltend zu machen (Urteile 5A_399/2023 vom 9. Juni 2023 E. 1.2.2.1; 5A_111/2021 vom 9. Juni 2021 E. 2.2; 5A_749/2014 vom 14. Januar 2015 E. 1.2; 5A_819/2014 vom 1. Dezember 2014 E. 1.2). Die beschwerdeführende Partei hat darzulegen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Beschwerderechts gegeben sind. Soweit diese nicht ohne weiteres ersichtlich sind, ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, anhand der Akten oder weiterer, noch beizuziehender Unterlagen nachzuforschen, ob und inwiefern die Beschwerde zulässig ist (BGE 138 III 537 E. 1.2; 133 II 353 E. 1; Urteil 5A_399/2023 E. 1.2.2.1). 
 
1.1.2. Soweit der Beschwerdeführer um eine Erhöhung des Honorars seines amtlichen Rechtsbeistands ersucht, ist er zur Beschwerde nicht legitimiert, zumal er nicht geltend macht bzw. nicht ersichtlich ist, über welches schützenswerte Interesse er verfügt. So handelt es sich bei der unentgeltlichen Verbeiständigung um ein öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen dem Staat und dem Rechtsanwalt, an dem der Vertretene nicht beteiligt ist (BGE 132 V 200 E. 5.1.4; Urteile 5A_438/2022 vom 31. August 2023 E. 1.2; 5A_451/2011 vom 25. Juli 2011 E. 1.2). Der Anspruch steht daher dem Rechtsbeistand selbst und nicht der verbeiständeten Person zu (BGE 140 V 121 E. 4; Urteile 5A_438/2022 E. 1.2; 4A_511/2015 vom 9. Dezember 2015 E. 1.4). Die unentgeltlich vertretene Partei hat gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts kein Interesse daran, dass der Rechtsvertreter eine höhere Entschädigung erhält, zumal die vertretene Partei gemäss Art. 123 ZPO dem Staat zur Nachzahlung verpflichtet ist, sobald sie dazu in der Lage ist (Urteile 5A_438/2022 E. 1.2; 4A_511/2015 E. 1.3). Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten, soweit eine Erhöhung der dem Anwalt des Beschwerdeführers zugesprochenen Entschädigung verlangt wird.  
 
1.2. Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur zulässig, soweit der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht nimmt selber keine Beweise ab (BGE 136 III 209 E. 6.1; Urteile 5A_255/2024 vom 10. Mai 2024 E. 1; 5A_279/2021 vom 1. September 2021 E. 2.3; 5A_723/2019 vom 4. Mai 2020 E. 2.1; 5A_151/2018 vom 11. Juli 2018 E. 1.4), weshalb auf den Beweisantrag des Beschwerdeführers zur Einholung eines Obergutachtens nicht einzutreten ist.  
 
1.3.  
 
1.3.1. Soweit ein Entscheid auf mehreren selbstständigen Begründungen beruht, ist für jede einzelne darzutun, weshalb sie Recht verletzt, denn soweit nicht beanstandete Begründungen das angefochtene Urteil selbstständig stützen, fehlt das Rechtsschutzinteresse an der Beurteilung der gehörig begründeten Rügen (BGE 133 IV 119 E. 6.3; Urteil 4A_436/2021 vom 22. März 2022).  
 
1.3.2. Die Vorinstanz hielt fest, die Erstinstanz habe die Klage mit mehreren selbstständigen Begründungen abgewiesen. Unter anderem sei die Erstinstanz zum Schluss gekommen, der geltend gemachte Versicherungsanspruch sei nicht hinreichend substantiiert worden. Auf diese Begründung gehe der Beschwerdeführer in seiner Berufung mit keinem Wort ein. Demnach habe sich der Beschwerdeführer in seiner Berufungsschrift nicht mit allen Begründungen der Erstinstanz auseinandergesetzt, weshalb auf die Berufung nicht einzutreten sei. In einer ausführlichen Eventualbegründung beurteilte die Vorinstanz sodann die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rügen in materieller Hinsicht und erachtete diese als unbegründet.  
 
1.3.3. In Bezug auf die Hauptbegründung der Vorinstanz macht der Beschwerdeführer geltend, die Erstinstanz habe nicht argumentiert, dass der Anspruch nicht genügend substanziiert worden sei. Vielmehr habe sie angenommen, der Zeitpunkt des Zeckenstichs sei im Verhältnis zum Zeitraum der Versicherungsdeckung nicht nachgewiesen. So habe die Erstinstanz in E. 3.3 ausgeführt, dass der Beschwerdeführer auf den Zeitpunkt des Zeckenstichs nicht näher eingegangen sei. Dies treffe grundsätzlich zu, weil er ihn gar nicht bemerkt habe. Es sei nie die Argumentation der Parteien und insbesondere des Beschwerdeführers gewesen, dass das fehlende Unfalldatum zu nicht gegebenen Versicherungsleistungen führe. Vielmehr sei der Zeitpunkt des Unfallereignisses bei nicht festgestellten Zeckenstichen aufgrund der medizinischen Abklärungen zu bestimmen.  
 
1.3.4. Die Erstinstanz hielt fest, der Beschwerdeführer habe nicht hinreichend substantiiert behauptet, dass er am Tag vor dem Zeckenbiss im Jahr 2009 oder 2010 eine für eine Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin hinreichend gewichtige Beziehung zu seiner Bank unterhalten habe, weshalb die Klage auch aus diesem Grund abzuweisen sei. Der Beschwerdeführer vermag in seinen Ausführungen nicht darzulegen, inwiefern er sich mit dieser Begründung der Erstinstanz bereits vor der Vorinstanz genügend auseinandergesetzt hat. Er setzt sich somit nicht hinreichend mit der vorinstanzlichen Hauptbegründung für die Unzulässigkeit der Berufung auseinander, weshalb ihm das Rechtsschutzinteresse für die Beurteilung seiner übrigen Rügen zur Eventualbegründung der Vorinstanz fehlt.  
 
2.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist abzuweisen, weil die Beschwerde als von vornherein aussichtslos erscheint (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer wird bei diesem Verfahrensausgang kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG), wobei die Gerichtskosten wegen des geringeren Aufwandes reduziert werden. Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000..-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. August 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Kistler