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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9D_11/2024  
 
 
Urteil vom 22. August 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Steueramt Amriswil, Arbonerstrasse 2, 8580 Amriswil, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau, Steuerperiode 2022, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau vom 8. Juli 2024 (STRE.2024.72). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1982; nachfolgend: die Steuerpflichtige) hat Wohnsitz in U.________/TG. Zur hier interessierenden Steuerperiode 2022 liegt eine rechtskräftige Veranlagung der Steuerverwaltung des Kantons Thurgau (KSTV/TG) zu den Staats- und Gemeindesteuern vor. Daraus ergibt sich ein Steuerbetreffnis von Fr. 2'104.55.  
 
1.2. Das bei der kommunalen Steuerbehörde eingereichte Gesuch der Steuerpflichtigen vom 14. Januar 2024 um Erlass des offenen Betrages von Fr. 2'104.55 führte zur Abweisung (Entscheid vom 21. März 2024). Dagegen erhob die Steuerpflichtige Rekurs an die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau. Mit Entscheid STRE.2024.72 vom 8. Juli 2024 wies diese den Rekurs ab. Die Begründung ging dahin, dass die Steuerpflichtige über Einnahmen von Fr. 3'710.75 pro Monat verfüge. Unter dem Titel des Notbedarfs gemäss Art. 93 SchKG seien sodann monatliche Ausgaben von Fr. 3'470.40 zu berücksichtigen (Grundbetrag: Fr. 1'200.-, Mietzins inkl. Nebenkosten: Fr. 1'480.-, Krankenkasse: Fr. 523.-, ungedeckte Medikamente: Fr. 132.-, ungedeckte Behandlungskosten: Fr. 90.40; Sozialbeiträge: Fr. 45.-). Was die ungedeckten Medikamentenkosten angehe, so hätten die zum Jahr 2023 eingereichten Rechnungen einen Totalbetrag von Fr. 1'578.40 gezeigt, umgerechnet auf zwölf Monate mithin rund Fr. 132.-. Die Gegenüberstellung von Einnahmen und zu berücksichtigenden Ausgaben führe zu einem Einnahmenüberschuss von Fr. 240.- pro Monat. Mit dem frei verfügbaren Betrag könne die Steuerpflichtige den Steuerausstand von Fr. 2'104.55 innerhalb von etwa neun Monaten tilgen. Es sei demnach von keiner finanziellen Notlage zu sprechen.  
 
1.3. Mit Eingabe vom 30. Juli 2024 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht "Einsprache". Sie ersucht sinngemäss um Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Anordnung des beantragten Steuererlasses. Sie weist darauf hin, dass sie eine volle Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung beziehe und an einer seltenen neurologischen Schmerzerkrankung leide. Zur Linderung der Schmerzen setze sie CBD-haltiges Öl ein. Seit einer Gesetzesänderung, die am 1. August 2022 in Kraft getreten sei, falle das CBD-haltige Öl nicht mehr unter die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Im Jahr 2023 sei das Produkt sodann auf dem Markt mit unterschiedlichen Rabatten angeboten worden. Wenn die Vorinstanz von ungedeckten Medikamentenkosten von Fr. 1'578.40 (bzw. Fr. 132.- pro Monat) ausgehe, treffe dies nicht zu. In Wahrheit gehe es um Fr. 206.03 im Monat bzw. Fr. 2'472.30 pro Jahr.  
 
2.  
 
2.1. Im Bereich des Abgaberechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich gegeben (Art. 83 BGG e contrario). Anders verhält es sich insbesondere im Fall von angefochtenen Entscheiden über die Stundung oder den Erlass von Abgaben. Handelt es sich um einen derartigen Entscheid, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen, es sei denn, eine doppelte Voraussetzung sei erfüllt. So ist zum einen zu verlangen, dass ein Entscheid über den Erlass der direkten Bundessteuer oder der kantonalen oder kommunalen Einkommens- und Gewinnsteuer vorliegt, und zum andern, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 83 lit. m BGG; BGE 149 II 462 E. 1.2.2). Bei der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung muss es sich um eine solche aus dem Bereich des Steuererlasses handeln (Urteil 9D_10/2024 vom 24. Juli 2024 E. 2.1). Von einem aus anderen Gründen besonders bedeutenden Fall ist (nur) auszugehen, wenn sich eine Frage stellt, die zwingend höchstrichterlich beurteilt werden muss. Ein besonders bedeutender Fall ist (nur) mit Zurückhaltung anzunehmen, wobei dem Bundesgericht bei der Beantwortung der Frage, ob diese Voraussetzung gegeben ist, ein weiter Ermessensspielraum zusteht (Botschaft vom 23. Oktober 2013 zum Steuererlassgesetz, BBl 2013 8435, insb. 8444 zu Art. 83 lit. m; BGE 143 II 459 E. 1.2.1). Weiter ist zu berücksichtigen, dass das Institut des "besonders bedeutenden Falls" die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht bezweckt (allgemein dazu: BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen).  
 
2.2. Die Steuerpflichtige erhebt weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, noch lässt sich sagen, es liege aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vor: Im Grunde rügt die Steuerpflichtige einzig die ihres Erachtens unrichtige Feststellung des Sachverhalts, indem die Vorinstanz übersehen haben soll, dass die jährlichen Kosten für die Anschaffung des Körperpflegeöls, das Cannabidiol (CBD) enthalte und von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht mehr übernommen werde, tatsächlich höher seien. Einen "besonders bedeutenden Fall" vermag dies nicht zu begründen, wenngleich die persönlichen Umstände zweifellos von Tragik geprägt sind. Die Eingabe ist damit als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen.  
 
2.3. Mit einer subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG; BGE 146 I 195 E. 1.2.1). Anders als im Fall des Bundesgesetzesrechts geht das Bundesgericht der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (einschliesslich der Grundrechte) nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet wird (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 116 und 117 BGG; BGE 149 I 109 E. 2.1; 149 III 81 E. 1.3). Die beschwerdeführende Person hat klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 149 III 81 E. 1.3). Fehlt es an einer derartigen Begründung, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 148 I 104 E. 1.5; Urteil 9D_10/2024 vom 24. Juli 2024 E. 2.3).  
 
2.4.  
 
2.4.1. Vorliegend gehen die Erlassgründe aus § 194 Abs. 1 des Gesetzes (des Kantons Thurgau) vom 14. September 1992 über die Staats- und Gemeindesteuern (StG/TG; RB 640.1) hervor. In ständiger Praxis hat das Bundesgericht erwogen, die genannte Norm verleihe keinen Anspruch auf Erlass der Steuer (Urteile 9D_3/2023 vom 7. März 2023 E. 2.3.1; 2D_14/2020 vom 23. April 2020 E. 2.2). Demgemäss kann eine steuerpflichtige Person alleine durch die angeblich willkürliche Auslegung und/oder Anwendung von § 194 Abs. 1 StG/TG in keinen rechtlich geschützten Interessen betroffen sein (Art. 115 lit. b BGG). Folglich ist sie auch nicht legitimiert, um im Erlasspunkt Willkürrügen vorzubringen (zum "Bewilligungsanspruch" als Voraussetzung von Art. 115 lit. b BGG: BGE 149 I 72 E. 3.1).  
 
2.4.2. Fehlt im Erlassverfahren ein rechtlich geschütztes Sachinteresse, weshalb eine angebliche materielle Rechtsverweigerung nicht gerügt werden kann, bleibt es der um Erlass nachsuchenden Person möglich, mit der Verfassungsbeschwerde diejenigen Rechte als verletzt zu rügen, deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Das erforderliche rechtlich geschützte Verfahrensinteresse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung der Partei, am Verfahren teilzunehmen und ihre Parteirechte auszuüben ("Star-Praxis"; BGE 149 I 72 E. 3.1). Unter diesem Titel kann etwa vorgebracht werden, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, die beschwerdeführende Person sei nicht angehört worden, sie habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder die Akteneinsicht sei ihr verwehrt worden (BGE 114 Ia 307 E. 3c). Unzulässig sind dagegen Vorbringen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids hinauslaufen und die sich von der Beurteilung in der Sache nicht trennen lassen (BGE 146 IV 76 E. 2; Urteil 9D_10/2024 vom 24. Juli 2024 E. 2.4.2).  
 
2.4.3. Die Steuerpflichtige beanstandet die unvollständige Berücksichtigung der ungedeckten Kosten des von ihr verwendeten CBD-haltigen Öls. Sie ist der Ansicht, es handle sich um Fr. 206.03 anstelle von Fr. 132.- pro Monat. Sie bringt damit im Erlasspunkt eine Willkürrüge vor, wozu sie aber - wie dargelegt - aufgrund des fehlenden Rechtsanspruchs auf Steuererlass nicht berechtigt ist. Soweit sie sinngemäss materielle Rechtsverweigerung rügt, ist sie nicht zu hören. Vor diesem Hintergrund ist nur beiläufig festzustellen, dass selbst unter Berücksichtigung der angeblichen Medikamentenkosten von Fr. 206.03 ein Einnahmenüberschuss verblieben wäre. Darauf ist nicht näher einzugehen. Kritikpunkte, die auf eine formelle Rechtsverweigerung hinweisen könnten, sind nicht ersichtlich. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass eine Laienbeschwerde vorliegt, weswegen die formellen Anforderungen praxisgemäss niedriger angesetzt werden (Urteil 9D_10/2024 vom 24. Juli 2024 E. 2.5.2), kann der Eingabe insgesamt keine verwertbare Auseinandersetzung mit der entscheidenden Verfassungsfrage entnommen werden. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist damit nicht einzutreten.  
 
3.  
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem Kanton Thurgau ist keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt der Präsident:  
 
1.  
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau und der Steuerverwaltung des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 22. August 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher