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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 228/03 
 
Urteil vom 22. September 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiberin Berger Götz 
 
Parteien 
S.________, 1944, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Ehrenzeller, Engelgasse 214, 9053 Teufen AR, 
 
gegen 
 
IV-Stelle für Versicherte im Ausland, avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, Lausanne 
 
(Entscheid vom 24. Februar 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1944 geborene S.________ war von 1983 bis 1991 als Saisonarbeiter bei der Firma V._________ AG, Gipsergeschäft, in W.________, tätig gewesen. Am 15. Mai 1992 wurde er aus der Schweiz ausgewiesen und kehrte in das ehemalige Jugoslawien zurück. 
 
Anlässlich eines Aufenthaltes in der Schweiz vom 29. September bis Ende Dezember 1992 meldete sich S.________ am 5. Oktober 1992 zum Bezug von Leistungen bei der Invalidenversicherung an. Die Schweizerische Ausgleichskasse wies das Leistungsgesuch ab (Verfügung vom 3. Mai 1994). Auf Beschwerde hin hob die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen den Verwaltungsakt auf und wies die Sache zur Ergänzung der Akten und zum Erlass einer neuen Verfügung an die nunmehr zuständige IV-Stelle für Versicherte im Ausland zurück (Entscheid vom 30. Mai 1995). Mit Verfügung vom 5. August 1996 lehnte die IV-Stelle das Leistungsbegehren ab. Die Rekurskommission hiess die dagegen von S.________ erhobene Beschwerde gut und wies die Akten zur Abklärung, ob er nach Verlassen der Schweiz weiterhin versichert gewesen sei, sowie zur Einholung eines Gutachtens der Medizinischen Abklärungsstelle der Invalidenversicherung am Spital X.________ (MEDAS) an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 5. Februar 1997). Nach Ergänzung der Akten und Durchführung des Vorbescheidverfahrens lehnte die IV-Stelle das Leistungsbegehren mangels rentenbegründender Invalidität ab (Verfügung vom 8. August 2001). 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen ab (Entscheid vom 24. Februar 2003). 
C. 
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es sei ihm mit Wirkung ab 1. Januar 2001 eine ganze, eventuell eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Der Eingabe liegen die Berichte des Dr. K.________, Orthopäde und Traumatologe, Regionales Krankenhaus Y.________ in P.________/YU, vom 12. März 2003, des Dr. L.________, Neuropsychiater, Regionales Krankenhaus Y.________ in P.________/YU vom 12. März 2003 und des Dr. N.________, Internist, UNI-Klinikzentrum Q.________ in R.________/YU vom 20. März 2003, jeweils mit deutscher Übersetzung, bei. Am 7. Mai 2003 liess S.________ ausserdem die Stellungnahme des Dr. D.________, Facharzt für Arbeitsmedizin, vom 22. August 2001 in deutscher Übersetzung und am 23. Mai 2003 den Rapport des Dr. N.________ vom 24. April 2003 zu den Akten reichen. 
 
Die IV-Stelle schliesst unter Verweis auf die Stellungnahme des Dr. U.________, medizinischer Dienst, vom 3. Juni 2003 auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 lit. a des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Sozialversicherung vom 8. Juni 1962 mit Recht festgestellt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich unter den gleichen Voraussetzungen Anspruch auf eine ordentliche Rente der schweizerischen Invalidenversicherung hat wie ein Schweizer Bürger, und dass sich der Rentenanspruch auf Grund des schweizerischen internen Rechts bestimmt. Ebenso werden im angefochtenen Entscheid die Bestimmungen (jeweils in der vorliegend anwendbaren, bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) und Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs von Personen mit Wohnsitz im Ausland (Art. 28 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 1ter IVG; BGE 121 V 269 Erw. 5), die Bestimmung des Invaliditätsgrades bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 128 V 30 Erw. 1), die Entstehung des Anspruchs (Art. 29 Abs. 1 IVG; BGE 121 V 275 Erw. 6c), den Begriff der Arbeitsunfähigkeit (BGE 105 V 159 Erw. 2a; AHI 1998 S. 124 Erw. 3c mit Hinweisen), die Bedeutung ärztlicher Stellungnahmen im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen) und den Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis; RKUV 2000 Nr. KV 124 S. 214) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Richtig ist auch, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in materiellrechtlicher Hinsicht auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 8. August 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
2.1 Wie die Rekurskommission zutreffend erwogen hat, wurde das IVG insofern geändert, als die in Art. 6 Abs. 1 IVG für den Leistungsanspruch vorausgesetzte Versicherungsklausel, wonach nur die bei Eintritt der Invalidität (= Versicherungsfall) versicherten Personen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung haben, auf den 1. Januar 2001 dahingefallen ist (mit der Änderung des AHVG vom 23. Juni 2000 einhergehende Änderung des IVG; AS 2000 2677 ff.; vgl. auch BBl 1999 5000 f. und Alessandra Prinz, Aufhebung der Versicherungsklausel für die ordentlichen Invalidenrenten - Folgen im Bereich der internationalen Abkommen, in: Soziale Sicherheit 2001, S. 42 f.). Laut Abs. 4 der dazugehörenden Übergangsbestimmungen (AS 2000 2683) können Personen, denen keine Rente zustand, weil sie im Zeitpunkt der Invalidität nicht versichert waren, verlangen, dass ihr Anspruch auf Grund der neuen Bestimmungen überprüft wird (Satz 1); ein Anspruch auf eine Rente entsteht aber frühestens mit dem Inkrafttreten dieser Bestimmung (Satz 2). 
2.2 Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 1992 aus der Schweiz aus. Im ehemaligen Jugoslawien weist er nur bis 1963 Versicherungszeiten oder diesen gleichgestellte Zeiten auf. Mit Blick auf diese Umstände und auf die vorhandenen medizinischen Berichte ist letztinstanzlich zu Recht unbestritten geblieben, dass er bei einem allfälligen Eintritt des Versicherungsfalls während der Geltung des Art. 6 Abs. 1 IVG in der Fassung, die bis Ende 2000 in Kraft gestanden hat, weder in der Schweiz noch im ehemaligen Jugoslawien versichert war, weshalb ein Rentenanspruch für die Zeit bis 31. Dezember 2000 von vornherein entfällt. 
3. 
Es bleibt zu prüfen, ob seit dem 1. Januar 2001 ein Rentenanspruch entstanden ist. 
3.1 Im Gutachten der MEDAS vom 3. April 1998 werden - mit Einschränkung der Arbeitsfähigkeit - ein chronisches panvertebrales Schmerzsyndrom, ein chronisches zervikozephales Syndrom, ein vorwiegend funktionelles Hemisyndrom links und ein Status nach ischämischem Insult mit passagerem diskretem Hemisyndrom links 1990 sowie - ohne Einschränkung der Arbeitsfähigkeit - Nikotinabusus diagnostiziert. Nach Ansicht der Fachärzte wird die Arbeitsfähigkeit von panvertebralen Beschwerden mit vegetativen Begleitsymptomen und von einem demonstrativen Hemisyndrom bestimmt. Diese Leiden hätten sich nach Verlust der Arbeitsstelle und nach der Ausweisung aus der Schweiz (im Jahr 1992) bei schwieriger psychosozialer, lebensumständebedingter Situation entwickelt. Insgesamt hätten die ausgedehnten Untersuchungen weder in somatischer noch in psychischer Hinsicht objektivierbare Befunde ergeben, welche die frühere Tätigkeit als Gipser oder eine Beschäftigung als Hilfsarbeiter in einer leichteren, rückenschonenden Tätigkeit wesentlich einschränkten. Infolge der Chronifizierung und Generalisierung des Schmerzsyndroms sowie des aggravatorischen Verhaltens müsse die Prognose "skeptisch" gesehen werden. Dafür seien aber vorwiegend psychosoziale und psychokulturelle Faktoren verantwortlich. 
 
Die Verwertbarkeit der Arbeitsfähigkeit ist unter Ausschluss invaliditätsfremder Aspekte zu beurteilen. Wie dem ausführlichen und schlüssigen MEDAS-Gutachten zu entnehmen ist, bestehen auf Grund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers keine Einschränkungen in der Arbeitsfähigkeit. Für die Erwerbslosigkeit sind vielmehr psychosoziale und psychokulturelle Faktoren, welche zu den invaliditätsfremden Gründen gehören, ursächlich (vgl. BGE 127 V 299 Erw. 5a). Die IV-Stellenärztin, Frau Dr. E.________, zweifelt in ihrer Stellungnahme vom 4. Oktober 2001 das Ergebnis der MEDAS-Begutachtung nicht an, fügt aber hinzu, dass die Arbeitsunfähigkeit als Hilfsgipser 70 % betragen würde, falls man dem Versicherten die geklagten panvertebralen Rückenbeschwerden abnehme. Entgegen der Auffassung der Rekurskommission kann auf diese unter Vorbehalt geäusserte Meinung der IV-Stellenärztin nicht abgestellt werden, weil sie gleichzeitig ausdrücklich darauf hinweist, dass sich dieses Leiden demonstrativer und aggravatorischer Tendenzen des Versicherten wegen nicht objektivieren lasse. Gestützt auf das MEDAS-Gutachten ergibt sich, dass auch im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum Verfügungserlass (8. August 2001), welcher rechtsprechungsgemäss die Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen), kein Rentenanspruch entstanden ist. Der die ablehnende Verwaltungsverfügung bestätigende Entscheid der Rekurskommission vom 24. Februar 2003 ist somit im Ergebnis rechtens. 
3.2 Die vom Versicherten dagegen erhobenen Einwände vermögen nicht zu einem anderen Schluss zu führen. Soweit er die bereits im vorinstanzlichen Verfahren entkräfteten Rügen wiederholt, kann vollumfänglich auf die richtigen Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. Entgegen seiner Auffassung kann sodann aus der Angabe des Dr. D.________ vom 22. August 2001, es bestehe eine 50%ige Invalidität, der Bemerkung im Arztbericht des Dr. L.________ vom 12. März 2003, die Arbeitsfähigkeit sei deutlich reduziert, sowie aus der Stellungnahme des Dr. N.________ vom 24. April 2003, wonach eine Arbeitsunfähigkeit von über 80 % bestehe, nichts zu seinen Gunsten abgeleitet werden. Abgesehen davon, dass es nicht die Aufgabe von medizinischen Fachpersonen ist, sich zur Invalidität zu äussern (Erw. 1 hiervor), sind die Feststellungen der Dres. D.________, L.________ und N.________ teils überhaupt nicht, teils lediglich mit einem Verweis auf die diagnostizierten Krankheiten begründet. Die kurzen Stellungnahmen der Dres. N.________ (vom 20. März und 24. April 2003), K.________ (vom 12. März 2003) und L.________ (vom 12. März 2003) enthalten keine Angaben zur Krankengeschichte - im Bericht des Dr. N.________ vom 20. März 2003 wird einzig vermerkt, dass der Versicherte keine "frühere Dokumentation" besitze. Damit kommt ihnen für den Zeitraum vor den Begutachtungen im März 2003 keine Aussagekraft zu. Unbeachtet bleibt zudem bei all diesen Berichten, in welchem Umfang die zweifellos vorhandene psychosoziale und psychokulturelle Belastungssituation für den Antriebsmangel verantwortlich ist. Da schliesslich für eine zwischen der Erstellung des MEDAS-Gutachtens (vom 3. April 1998) und dem Verfügungserlass (8. August 2001) allfällig eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustandes keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, spricht entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers auch in zeitlicher Hinsicht nichts gegen die Massgeblichkeit des MEDAS-Gutachtens. Weil der nach Ablauf der Beschwerdefrist unaufgefordert eingereichte Bericht des Dr. N.________ vom 24. April 2003 für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht relevant ist, kann schliesslich offen bleiben, ob er in prozessual zulässiger Weise zu den Akten gegeben wurde (BGE 127 V 353). 
3.3 Da angesichts dieser Sachlage für den vorliegend massgebenden Zeitraum bis zum Erlass der Verfügung von weiteren Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, kann von der beantragten Einholung zusätzlicher Arztberichte abgesehen werden (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 94 Erw. 4b; RKUV 2003 Nr. U 473 S. 50 Erw. 3.4; Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., S. 39 Rz 111 und S. 117 Rz 320). Es muss folglich bei der Feststellung bleiben, dass es an den Voraussetzungen für eine Rente der Invalidenversicherung fehlt. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, der Schweizerischen Ausgleichskasse und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 22. September 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: 
 
i.V.