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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_619/2007 
 
Urteil vom 22. November 2007 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger,Ferrari, 
Gerichtsschreiber Thommen. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
Y.________, 
Beschwerdeführerin, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Raphael Mullis, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Beschlagnahme, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 15. August 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ verkaufte zwischen dem Frühjahr 2003 und Juni 2004 rund 1.5 kg Kokain. 
B. 
Im Lauf des gegen X.________ erhobenen Strafverfahrens beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen im Hinblick auf allfällig zu deckende Verfahrens- und Vollzugskosten mit Verfügung vom 10. Juni 2005 Vermögenswerte auf Konten der A.________ Bank (Fr. 14.--) und der B.________ Bank (Fr. 94'044.--). Letzteres Konto lautete auf die Mutter von X.________, Y.________. 
C. 
Am 29. März 2007 wurde X.________ wegen verschiedener Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu 35 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und zur Bezahlung einer Ersatzforderung von Fr. 35'000.-- sowie der Verfahrenskosten von Fr. 28'133.-- verpflichtet. 
D. 
Am 11. Mai 2007 verfügte die Staatsanwaltschaft eine Teilrückzahlung des beschlagnahmten Geldes im Umfang von Fr. 25'000.-- an Y.________. Am 22. Mai 2007 verfügte sie, dass die restlichen beschlagnahmten Vermögenswerte zur Begleichung der Ersatzforderung und der Verfahrenskosten verwendet würden. 
E. 
Dagegen erhoben X.________ und Y.________ Beschwerde, welche die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons St. Gallen am 15. August 2007 abwies. 
F. 
X.________ und Y.________ erheben Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragen die Aufhebung und Abänderung des angefochtenen Entscheids sowie die Freigabe des noch beschlagnahmten Geldes. X.________ verlangt zudem die unentgeltliche Rechtspflege. Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
Erwägungen: 
1. 
Bei der kantonal letztinstanzlich bestätigten Beschlagnahme von Vermögenswerten zur Begleichung einer Ersatzforderung für rechtswidrig erlangten Gewinn und zur Deckung der Strafverfahrenskosten handelt es sich um eine Strafsache, die der Beschwerde an das Bundesgericht untersteht (Art. 78 Abs. 1 und Art. 80 Abs. 1 BGG). Im Gegensatz zur vorläufigen Anordnung einer Beschlagnahme während der Untersuchung liegt hier ein Endentscheid (Art. 90 BGG) vor, mit dem definitiv über die beschlagnahmten Vermögenswerte entschieden wurde. Als von der Beschlagnahme betroffene Personen sind die Beschwerdeführer grundsätzlich zur Beschwerde legitimiert, zumal beide bereits am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt waren (Art. 81 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert, weil und soweit sein Vermögen beschlagnahmt wurde. Die Beschwerdeführerin ist nur insoweit betroffen, als sie behauptet, ihre wirtschaftliche Berechtigung an den Geldern sei zu Unrecht verneint worden. 
2. 
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht sowie behauptete Mängel in der Sachverhaltsfeststellung nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und substantiiert begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 286 E. 1.4). 
3. 
Die Beschwerdeführer rügen, dass die Eigentumsverhältnisse an den beschlagnahmten Konti willkürlich festgestellt worden seien. 
3.1 Die Vorinstanz kommt zum Schluss, dass der noch streitige Geldbetrag zu Recht dem Eigentum des Beschwerdeführers zugeordnet wurde. Zwar sei die Beschwerdeführerin formelle Kontoinhaberin, sie habe jedoch der Bank gegenüber im "Formular A" erklärt, dass der Beschwerdeführer am Konto wirtschaftlich berechtigt sei. Dieser habe eine unbeschränkte Vollmacht über das Konto gehabt und von seiner Verfügungsberechtigung auch mit grossen Geldbezügen Gebrauch gemacht. 
3.2 Was die Beschwerdeführer hiergegen vorbringen, erweist sich als rein appellatorische Kritik. Mit ihren Behauptungen, die Beschwerdeführerin habe das Geld von ihrem früheren Lebenspartner erhalten, die Gelder versteuert und den Autohandel des Beschwerdeführers unterstützt, stellen die Beschwerdeführer lediglich ihre Sichtweise der Berechtigungsverhältnisse dar, ohne Willkür im angefochtenen Entscheid aufzuzeigen. Es ist deshalb mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass es sich bei den beschlagnahmten Geldern um Vermögenswerte des Beschwerdeführers handelt. 
4. 
Die Beschwerdeführer bestreiten die Zulässigkeit der Beschlagnahme. 
4.1 Nach dem Ausgeführten steht die wirtschaftliche Berechtigung des Beschwerdeführers am eingezogenen Geld fest. Die Beschwerdeführerin ist deshalb zu Vorbringen gegen die Beschlagnahme nicht legitimiert (vgl. Entscheid 6S.141/2007 vom 5. September 2007, E. 6). 
4.2 Die Untersuchungsbehörde kann im Hinblick auf die Durchsetzung der Ersatzforderung Vermögenswerte des Betroffenen mit Beschlag belegen (Art. 71 Abs. 3 Satz 1 StGB). Zur Sicherstellung der Verfahrens- und Vollzugskosten können Vermögenswerte des Angeschuldigten beschlagnahmt werden (Art. 142 Abs. 1 StPG/SG). 
4.3 Die Vorbringen des Beschwerdeführers gehen fehl. Mit seiner Bestreitung der deliktischen Herkunft der beschlagnahmten Vermögenswerte ("Drogengelder") wendet er sich nicht gegen den angefochtenen Entscheid. Es wurden keine unmittelbar oder mittelbar aus dem Drogenhandel stammenden Gelder eingezogen, sondern es wurde eine Ersatzforderung ausgefällt. Zur Sicherung der Ersatzforderung können nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung jedoch irgendwelche Vermögenswerte des Betroffenen mit Beschlag belegt werden (BGE 126 I 97 E. 3c/cc.). Ebenso ist es nach der Rechtsprechung im Rahmen des jeweiligen kantonalen Prozessrechts zulässig, zur Sicherung erwarteter Verfahrenskosten Vermögenswerte des Angeschuldigten zu beschlagnahmen (BGE 115 III 1). Mit seinen übrigen Vorbringen gegen die Beschlagnahme, insbesondere dass die Beschwerdeführerin nicht "Betroffene" im Sinne von Art. 71 Abs. 3 StGB sei, und dass in Verletzung von Art. 142 StPG/SG Vermögenswerte Dritter beschlagnahmt worden seien, stellt der Beschwerdeführer bloss die willkürfrei festgestellte wirtschaftliche Berechtigung des Beschwerdeführers am beschlagnahmten Geld erneut in Frage. Darauf ist nicht mehr einzugehen. 
 
5. 
Zusammenfassend sind die Beschwerden abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführer werden kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, dem jedoch infolge Aussichtslosigkeit seiner Begehren nicht stattgegeben werden kann (Art. 64 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen Lage ist bei der Bemessung der Kosten Rechnung zu tragen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Der Beschwerdeführerin wird eine Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.--, dem Beschwerdeführer eine reduzierte Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 22. November 2007 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: