Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_768/2019
Urteil vom 22. November 2019
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Unseld.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Freiermuth,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Willkür, rechtliches Gehör, Rechtsgleichheitsgebot (mehrfache Widerhandlung gegen das kantonale Planungs- und Baugesetz),
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 10. Mai 2019 (4M 18 22).
Sachverhalt:
A.
A.a. Das Bezirksgericht Willisau sprach A.________ am 22. Dezember 2017 der mehrfachen Widerhandlung gegen das kantonale Planungs- und Baugesetz (§ 213 Abs. 1 i.V.m. § 184 Abs. 1 und § 202 Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Luzern vom 7. März 1989 [PBG/LU; SRL 735]) schuldig, begangen durch Terrainveränderungen von mehr als 1,5 m Höhe und Erstellung einer Quadersteinmauer auf der Parzelle Nr. xxx in B.________. Es verurteilte ihn hierfür zu einer Busse von Fr. 350.--.
A.b. Das Kantonsgericht Luzern bestätigte am 10. Mai 2019 auf Berufung von A.________ das erstinstanzliche Urteil.
Das Kantonsgericht hält für erwiesen, dass am 4. Juli 2016 im südlichen Bereich des Mehrfamilienhauses B auf der Parzelle Nr. xxx gegenüber den Parzellen Nrn. yyy und zzz in B.________ Abgrabungen vorgenommen wurden. Abgetragen worden sei dabei nicht nur dort deponiertes Aushubmaterial. Es seien vielmehr auch Abtragungen am bestehenden Terrain erfolgt. Diese hätten mehr als 1,5 m betragen. Der Baustelleninstallationsplatz im südlichen Bereich des Gebäudes B sei bereits im Sommer 2014 erstellt worden. Am 4. Juli 2016 sei das Haus B bereits erstellt gewesen. Als bauliche Massnahmen seien lediglich noch die Umgebungsarbeiten und die Sickerleitung vorgesehen gewesen. Es sei davon auszugehen, dass die Abgrabungen nicht zur Erstellung der Sickerleitung durchgeführt worden seien.
Das Kantonsgericht stellt zudem fest, am 4. Juli 2016 sei im westlichen Teil des Grundstücks Nr. xxx in B.________ statt der im bewilligten Umgebungsplan vorgesehenen 1 m hohen Winkelplatte eine Quadersteinmauer mit einer Höhe von 1,2 m ab massgebendem Terrain erstellt worden. Die Mauer sei nicht an jenem Standort errichtet worden, der im Umgebungsplan für die Winkelplatte vorgesehen gewesen sei.
B.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 10. Mai 2019 sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen das Planungs- und Baugesetz freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, da die Vorinstanz die in seiner Berufungsbegründung erwähnte Baueinstellungsverfügung vom 8. Juli 2016, welche Grundlage der Strafanzeige gewesen sei, unberücksichtigt gelassen habe. Die Gemeinde habe die Baueinstellungsverfügung am 2. November 2016 ohne Begründung aufgehoben, womit die gewünschte Sickerleitung wie beantragt habe gebaut werden können. Zwischen der Zuwiderhandlung gegen die Baueinstellungsverfügung im Sinne § 210 PBG/LU (i.V.m. Art. 292 StGB) und der Blankettstrafnorm von § 213 PBG/LU bestehe eine Alternativität oder Spezialität, die geklärt werden müsse, ansonsten der Schuldspruch gegen das Prinzip "ne bis in idem" verstosse. Ferner müsse die Aufhebung der Baueinstellungsverfügung vom Gericht qualifiziert werden. "Soweit eine Baueinstellung verfügt und eine erstinstanzliche Beurteilung durchgeführt werde, müsse die Aufhebung eine 'res iudicata' Wirkung entfalten. Es könne nicht der gleiche Sachverhalt zwischen den gleichen Parteien wie hier erneut mittels Strafbefehl abgeurteilt werden".
1.2. Der angefochtene Entscheid betrifft eine Widerhandlung gegen das kantonale Planungs- und Baugesetz. Das Bundesgericht überprüft die Anwendung kantonalen Gesetzesrechts - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - nur auf Willkür und Vereinbarkeit mit anderen verfassungsmässigen Rechten (vgl. Art. 95 BGG; BGE 145 I 121 E. 2.1 S. 133; 142 IV 70 E. 3.3.1 S. 79; je mit Hinweisen). Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 144 I 113 E. 7.1 S. 124 mit Hinweis). Die Rüge der Willkür muss explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30 mit Hinweisen).
1.3. Die Rüge des Beschwerdeführers ist unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Die Vorinstanz hätte sich mit der Baueinstellungsverfügung vom 8. Juli 2016 und deren Aufhebung am 2. November 2016 nur auseinandersetzen müssen, wenn dies für die Beurteilung der Strafbarkeit des Beschwerdeführers relevant gewesen wäre, was das Bundesgericht vorliegend nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür überprüft. Eine willkürliche Rechtsanwendung ist in diesem Punkt indes weder rechtsgenügend dargetan noch ersichtlich. Nicht nachvollziehbar ist zudem, weshalb vorliegend das Verbot der Doppelbestrafung zur Anwendung gelangen soll, weil die Baueinstellungsverfügung am 2. November 2016 aufgehoben wurde und der Beschwerdeführer gegen das darin unter Androhung einer Busse nach Art. 292 StGB enthaltene Verbot der Widerhandlung nicht verstossen hat.
Für die strafrechtliche Beurteilung des Beschwerdeführers nach § 213 PBG/LU war entscheidend, dass für die streitgegenständliche bewilligungspflichtige Terrainabtragung im Zeitpunkt der Vornahme der Terrainveränderung am 4. Juli 2016 keine Baubewilligung vorlag. Die Vorinstanz weist zudem darauf hin, dass für die zu beurteilenden Abgrabungen eine Bewilligungspflicht auch bestand, wenn diese nur vorübergehender Natur waren, da bei Abgrabungen etwa die Gefahr bestehe, dass Leitungen beschädigt würden oder das Grundwasser verschmutzt werde (angefochtenes Urteil S. 6 f.). Damit ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid zumindest indirekt, dass für die vorinstanzliche Beurteilung nicht entscheidend war, ob die Baubewilligung schliesslich erteilt wurde.
Im Übrigen geht die Vorinstanz davon aus, die Abgrabungen seien nicht zur Erstellung der Sickerleitung durchgeführt worden. Sie hatte auch deshalb keinen Anlass, sich mit dem Umstand auseinanderzusetzen, dass die Sickerleitung letztlich erstellt werden durfte.
2.
2.1. Der Beschwerdeführer macht weiter einen Verstoss gegen das Willkürverbot geltend. Er trägt in diesem Zusammenhang vor, Strafnormgrundlage sei eine Kombination aus zwei Blankettstrafnormen (§ 213 i.V.m. § 184 bzw. § 202 PBG/LU) in Verbindung mit einem von der Gemeinde legitimierten Bauplan. "Dadurch sei dieses Geflecht an Normen entweder nicht hinreichend bestimmt oder zusammen mit dem Plan keine adäquate Rechtsgrundlage auf der Stufe zumindest von einer Verordnung, die es erlaube[,] den Sachverhalt zu subsumieren und ein[en] Verstoss mit einer Busse bis Fr. 20'000.-- zu bedrohen". Die Vorinstanz versuche dieses Manko aufzulösen, indem sie aus den oben zitierten Normen einerseits eine fortlaufende Überprüfungspflicht des Bauherrn ableite, welcher die Bewilligungspflicht im Lichte des öffentlichen Interesses interpretieren müsse. Andererseits sei gemäss der Vorinstanz jede Abweichung des Bauplans, einschliesslich des bewilligten Umgebungsplans, bewilligungspflichtig und mit Busse bedroht.
2.2. Die Rüge des Beschwerdeführers ist schwer verständlich und vermag den erhöhten Begründungsanforderungen an eine Willkürrüge nicht zu genügen.
Blankettstrafnormen sind im Strafrecht nicht zwingend unzulässig (vgl. etwa Urteil 6B_49/2019 vom 2. August 2019 E. 2.2, zur Publikation vorgesehen). Weshalb das Bestimmtheitsgebot ("nulla poena sine lege certa") als Teilgehalt des Legalitätsprinzips vorliegend verletzt sein soll, legt der Beschwerdeführer nicht rechtsgenügend dar.
Die Vorinstanz stellt für die beanstandete Terrainveränderung darauf ab, dass eine Baubewilligung notwendig gewesen wäre (§ 184 Abs. 1 PBG/LU). Bei der Quadersteinmauer war gemäss dem angefochtenen Urteil entscheidend, dass damit vom bewilligten Bauplan abgewichen wurde (§ 202 Abs. 1 PBG/LU). Die vorinstanzlichen Schuldsprüche betreffen demnach zwei verschiedene, in § 213 Abs. 1 PBG/LU separat unter Strafe gestellte Verhaltensweisen. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, was daran widersprüchlich und damit geradezu willkürlich sein könnte.
Entgegen dem Beschwerdeführer geht die Vorinstanz zudem nicht davon aus, bei der Quadersteinmauer habe es sich um eine bewilligungsfreie Baute oder Anlage im Sinne von § 54 Abs. 2 lit. h der Planungs- und Bauverordnung vom 29. Oktober 2013 (PBV/LU; SRL 736) gehandelt. Sie erwägt vielmehr, es bestehe durchaus ein Interesse sowohl der Öffentlichkeit wie auch der Nachbarn an einer Kontrolle der Mauer, da diese zur Hangsicherung diene (angefochtenes Urteil S. 14 f.). Für die Erstellung der Quadersteinmauer wäre gemäss der Vorinstanz demnach eine Baubewilligung notwendig gewesen. Der Beschwerdeführer setzt sich damit zu Unrecht nicht auseinander. Er legt auch insofern nicht dar, weshalb die Vorinstanz bei der Anwendung kantonalen Rechts in Willkür verfallen sein soll.
3.
Der Beschwerdeführer macht zudem einen Verstoss gegen das in Art. 8 Abs. 1 BV verankerte Gleichheitsgebot geltend, da ein nicht bewilligungsfreies Element ohne Bauplan anders behandelt werde als ein bewilligungsfreies Element in einem Bauplan (Beschwerde S. 13 f.). Darauf ist nicht einzutreten, da die Rüge den erhöhten Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht zu genügen vermag. Der Beschwerdeführer übergeht auch insofern, dass es sich bei der Quadersteinmauer zur Hangsicherung gemäss der Vorinstanz nicht um eine bewilligungsfreie Baute oder Anlage im Sinne von § 54 Abs. 2 lit. h PBV/LU handelt.
4.
Der Beschwerdeführer argumentiert schliesslich, das Strafrecht sei nicht das mildeste Mittel zur Erreichung des Ziels, sofern wirklich ein öffentliches Interesse oder ein Interesse des Nachbarn bestehe. Das Verwaltungsrecht schaffe grundsätzlich die Möglichkeit, über eine Ersatzvornahme oder eine Baustoppverfügung den Sachverhalt abzuklären und zu überprüfen und nicht gleich den Bauherrn für die Errichtung von bewilligungsfreien Bauten zu büssen und per Strafbefehl abzuurteilen.
Darauf ist nicht einzutreten, da der Beschwerdeführer nicht darlegt, was er daraus zu seinen Gunsten ableiten will.
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. November 2019
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Die Gerichtsschreiberin: Unseld