Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_930/2022
Urteil vom 22. November 2022
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Gerichtsschreiberin Ivanov.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Rita Karli,
gegen
Departement des Innern des Kantons Solothurn,
Migrationsamt,
Ambassadorenhof, 4509 Solothurn.
Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung; unentgeltliche Rechtspflege,
Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 12. Oktober 2022 (VWBES.2022.347).
Erwägungen:
1.
1.1. Mit Verfügung des Migrationsamts des Kantons Solothurn vom 8. September 2022 wurde A.________ (geb. 1981), aus Thailand, gestützt auf Art. 50 Abs. 1 AIG (SR 420.20) i.V.m. Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbewilligung erteilt (Dispositiv-Ziffer 2). Gemäss Dispositiv-Ziffer 3 der Verfügung erfolgte die Erteilung der Bewilligung unter den Bedingungen, dass A.________ weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachgeht und das Arbeitspensum erhöht, sich von der Sozialhilfe ablöst, keine Schulden anhäuft und nicht mehr straffällig wird (Art. 105 Abs. 2 BGG).
A.________ erhob Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und verlangte die Aufhebung der Bedingungen, unter welchen ihr die Aufenthaltsbewilligung erteilt worden war. Zudem stellte sie unter anderem ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren.
Mit Verfügung vom 12. Oktober 2022 wies das Verwaltungsgericht, Einzelrichter, das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung ab (Dispositiv-Ziffer 3) und forderte A.________ - unter Androhung des Nichteintretens - auf, einen Kostenvorschuss zu bezahlen (Dispositiv-Ziffern 4 und 5).
1.2. Dagegen gelangt A.________ mit Beschwerde vom 17. November 2022 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragt, es seien die Dispositiv-Ziffern 3 bis 5 der Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 12. Oktober 2022 aufzuheben und es sei ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen, unter Beiordnung einer Rechtsbeiständin. Zudem ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren.
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet.
2.
2.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung in einem Verfahren betreffend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.
Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1). In der Sache geht es um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 AIG i.V.m. Art. 8 EMRK bzw. um die damit verbundenen Auflagen, sodass die Beschwerde in öffentlichen-rechtlichen Angelegenheiten offen steht (Art. 83 lit. c
e contrario; vgl. Urteile 2C_125/2021 vom 17. August 2021 E. 1; 2C_896/2020 vom 11. März 2021 E. 1.2). Folglich ist dieses Rechtsmittel auch gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung zulässig.
2.2. Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG) können selbständig angefochten werden, falls sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; vgl. BGE 143 III 416 E. 1.3). Die beschwerdeführende Partei hat darzutun, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, soweit dies nicht ohne Weiteres ersichtlich ist (vgl. BGE 144 III 475 E. 1.2; 134 III 426 E. 1.2; 133 IV 288 E. 3.2).
Vorliegend tut die Beschwerdeführerin nicht dar, inwiefern diese Eintretensvoraussetzung erfüllt ist. Die Rechtsprechung geht indessen davon aus, dass Zwischenentscheide, mit denen die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wird, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken können, sofern sie die gesuchstellende Person zur Leistung eines Kostenvorschusses auffordern und ihr androhen, bei Säumnis auf das Rechtsmittel nicht einzutreten (BGE 142 III 798 E. 2.3.1; Urteil 4A_497/2020 vom 19. Oktober 2021 E. 1.1.1, nicht publ. in: BGE 147 III 529). Dies ist hier der Fall (vgl. Dispositiv-Ziffern 4 und 5 der vorinstanzlichen Verfügung). Es kann somit davon ausgegangen werden, dass der Zwischenentscheid selbständig anfechtbar ist.
2.3. Das Bundesgericht prüft die Anwendung und Auslegung kantonalen Rechts - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen ( Art. 95 lit. c-e BGG ) abgesehen - nur auf Willkür und Vereinbarkeit mit anderen bundesverfassungsmässigen Rechten hin (BGE 146 I 11 E. 3.1.3; 143 I 321 E. 6.1; 141 IV 305 E. 1.2; 141 I 105 E. 3.3.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich des Willkürverbots, und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 143 I 321 E. 6.1; 142 I 99 E. 1.7.2). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 148 I 104 E. 1.5; 143 I 1 E. 1.4; 134 II 349 E. 3).
2.4. Die Vorinstanz hat in Anwendung von § 76 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Solothurn vom 15. November 1970 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG/SO; BGS 124.11) festgehalten, dass die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wird, wenn der Prozess nicht als aussichtslos oder mutwillig erscheint. Sie hat sodann erwogen, es sei höchst fraglich, ob auf die Beschwerde, mit welcher die Aufhebung der Bedingungen, unter welchen der Beschwerdeführerin die Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei, verlangt werde, einzutreten sei. Gestützt auf eine summarische Prüfung ist das Verwaltungsgericht zum Schluss gelangt, dass die Beschwerdeführerin kein schutzwürdiges Interesse im Sinne von § 12 Abs. 1 VRG/SO an der Aufhebung der strittigen Bedingungen habe, zumal diese im Wesentlichen ohnehin den in Art. 62 AIG festgehaltenen Widerrufsgründen entsprechen würden, die angefochtene Ziffer der Verfügung des Migrationsamts vom 8. September 2022 nicht direkt vollstreckbar sei und diese sinngemäss einen Zwischenentscheid darstelle. Schliesslich hat die Vorinstanz erwogen, dass kein besonders starker Eingriff in die Rechtsposition der Beschwerdeführerin vorliege, sodass sie keinen Anspruch auf eine unentgeltliche Rechtsbeiständin habe. Somit erging der angefochtene Entscheid gestützt auf kantonales (Verfahrens-) Recht.
2.5. Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, sie habe ein schutzwürdiges Interesse an der Überprüfung ihrer Beschwerde durch die Vorinstanz, da sie die ihr auferlegten Bedingungen (insbesondere Ablösung von der Sozialhilfe und keine Anhäufung von Schulden) nicht werde einhalten können, sodass ihr der Widerruf der erteilten Aufenthaltsbewilligung drohe. Zudem behauptet sie, die Vorinstanz habe zu Unrecht angenommen, dass es sich bei den auferlegten Bedingungen um einen Zwischenentscheid handle.
2.6. Zunächst ist festzuhalten, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu den Gründen, weshalb sie die strittigen Auflagen nicht erfüllen könne, die Hauptsache bzw. das Hauptverfahren betreffen und somit über den auf die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung im kantonalen Verfahren beschränkten Verfahrensgegenstand hinausgehen.
Sodann vermag die Beschwerdeführerin, die sich auf keine verfassungsmässigen Rechte beruft, nicht substanziiert darzutun, dass und inwiefern der angefochtene Entscheid das massgebende kantonale Recht willkürlich anwendet oder Art. 29 Abs. 3 BV verletzt. Damit entspricht ihre Beschwerde den qualifizierten Rüge- und Begründungsanforderungen für Verfassungsrügen nicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. E. 2.3 hiervor).
2.7. Mangels hinreichender Begründung (Art. 106 Abs. 2 BGG) ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, was durch einzelrichterlichen Entscheid der Abteilungspräsidentin als Instruktionsrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG zu geschehen hat.
3.
Dem Verfahrensausgang entsprechend wären die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Sie stellt aber ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. Dieses ist wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abzuweisen ( Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG ). Angesichts der finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin wird indessen auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 22. November 2022
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov