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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_957/2017  
 
 
Urteil vom 22. Dezember 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Herr Urs Vögele, 
 
gegen  
 
Kantonales Steueramt Aargau, 
Tellistrasse 67, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2009, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 3. Oktober 2017 (WBE.2017.123). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Eheleute A.A.________ und B.A.________ geb. C.________ haben steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/AG, wo sie früher einen Landwirtschaftsbetrieb geführt haben.Bei Aufgabe des Betriebs blieben die betrieblich genutzten Grundstücke im Geschäftsvermögen. Im Jahr 2009 veräusserte A.A.________ aus diesem Bestand zwei unbebaute und vollumfänglich in der Bauzone gelegene Grundstücke im Halt von 1'074 bzw. 876 m2 an eine Drittperson. Der Preis belief sich auf Fr. 555'000.-- bzw. Fr. 520'000.--.  
 
1.2. Das örtliche Steueramt würdigte die beiden Veräusserungen dahingehend, dass für die Zwecke der Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Aargau die Grundstückgewinnsteuer anzuwenden sei. Die Veranlagungsverfügungen vom 27. Mai 2011 erwuchsen unangefochten in Rechtskraft. Hingegen erwog dasselbe Steueramt in der Veranlagungsverfügung vom 30. Mai 2016 zur Steuerperiode 2009, auf Ebene der direkten Bundessteuer sei der Gewinn von insgesamt Fr. 945'595.-- als Einkunft aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu erfassen. Die dagegen gerichtete Einsprache und die Beschwerde der Steuerpflichtigen an das Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau, Abteilung Steuern, blieben erfolglos (Entscheide vom 26. Juli 2016 bzw. vom 26. Januar 2017).  
 
1.3. Auch die hierauf an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, gerichtete Beschwerde führte zur Abweisung (Entscheid WBE.2017.123 vom 3. Oktober 2017). Das Verwaltungsgericht erwog, die Beschwerde sei "nicht nur in weiten Teilen, sondern vollumfänglich mutwillig". Die vorgebrachten Argumente seien in früheren Verfahren, an welchen der Vertreter der Steuerpflichtigen mitgewirkt habe, ausführlich widerlegt worden. Dies betreffe namentlich auch den Entscheid WBE.2014.287 vom 17. Februar 2015, in welchem ein im Jahr 2008 erfolgter Grundstückverkauf der Steuerpflichtigen zu würdigen gewesen sei. Darin sei aufgezeigt worden, dass und weshalb einer rechtskräftigen Grundstückgewinnsteuerveranlagung für die Zwecke der direkten Bundessteuer keinerlei präjudizierende Wirkung zukomme. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Steuervertreter abermals die damalige Argumentation vorbringe, obwohl die Steuerpflichtigen den seinerzeitigen Entscheid in Rechtskraft hätten erwachsen lassen. Die Beschwerde sei "aussichtslos und ein weiteres Beispiel für mutwilliges Prozessieren des Parteivertreters". Das Verwaltungsgericht hielt abschliessend fest, die Kosten des Verfahrens müssten dem Steuervertreter auferlegt werden, wenn das kantonale Verwaltungsverfahrensrecht dies nur zuliesse. Dies sei nach dem Recht des Kantons Aargau aber nicht möglich.  
 
1.4. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) hat den Beizug der kantonalen Verfahrensakten angeordnet, von weiteren Instruktionsmassnahmen aber abgesehen.  
 
2.  
 
2.1. Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 146 DBG [SR 642.11]). Auf die Beschwerde ist einzutreten.  
 
2.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht, wozu auch das Recht der direkten Bundessteuer zählt (Art. 128 BV), von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und mit uneingeschränkter (voller) Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).  
 
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.3 S. 156).  
 
3.  
 
3.1. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) ist das örtliche Steueramt kantonalrechtlich bei Würdigung der beiden streitbetroffenen Veräusserungen zum Ergebnis gelangt, dass es sich um  land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne von Art. 12 Abs. 1 StHG (SR 642.14) bzw. § 106 des Steuergesetzes (des Kantons Aargau) vom 15. Dezember 1998 (StG/AG; SAR 651.100) handle. Dementsprechend war der Gewinn auch im Kanton Aargau, der dem dualistischen System folgt, mit der Grundstückgewinnsteuer zu erfassen (Urteil 2C_1155/2014 vom 1. Februar 2016 E. 3.2.5 mit Hinweisen, in: ASA 84 S. 719, RDAF 2017 II S. 392, StE 2016 B 23.43.2 Nr. 19, StR 71/2016 S. 612). Die Verfügung vom 27. Mai 2011 ist, ebenso nach vorinstanzlichen Feststellungen, unangefochten in Rechtskraft erwachsen (vorne E. 1.2).  
 
3.2. Im Unterschied dazu kam das kommunale Steueramt in der Veranlagungsverfügung vom 30. Mai 2016 dann aber zum Schluss, es lägen im Anwendungsbereich der direkten Bundessteuer keine land- und/oder forstwirtschaftlichen Grundstücke vor, was zur Folge gehabt hätte, dass lediglich die wiedereingebrachten Abschreibungen zu besteuern gewesen wären (Art. 18 Abs. 4 DBG; Urteile 2C_708/2017 vom 27. September 2017 E. 3.1; 2C_1155/2014 vom 1. Februar 2016 E. 3.2.5). Die Steuerpflichtigen machen mit Blick darauf vor Bundesgericht sinngemäss geltend, wenn die Grundstücke für die Staats- und Gemeindesteuer als land- und/oder forstwirtschaftlicher Natur gewürdigt würden, müsse dasselbe auch für die direkte Bundessteuer gelten. Bei Schaffung des DBG und des StHG sei der Gesetzgeber von demselben Gedanken ausgegangen.  
 
3.3. Der Rechtsbegriff der land- und/oder forstwirtschaftlichen Grundstücke, wie er sich in Art. 18 Abs. 4 DBG und Art. 8 Abs. 1 StHG - also jeweils zu den Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit - findet, ist vertikal harmonisiert und daher übereinstimmend auszulegen (Urteil 2C_708/2017 vom 27. September 2017 E. 3.2.3 und 3.2.4). Nachdem Art. 8 Abs. 1 (Gewinnsteuer) und Art. 12 Abs. 1 StHG (Grundstückgewinnsteuer) ein lückenloses System schaffen wollen, müssen folglich auch Art. 12 Abs. 1 StHG und Art. 18 Abs. 4 DBG übereinstimmen. Insoweit ist den Steuerpflichtigen zuzustimmen. Indessen hat das Bundesgericht nach dem Erlass der Verfügung vom 27. Mai 2011 eine Praxis zu Art. 12 Abs. 1 StHG begründet, die in der Zwischenzeit gefestigt ist. Ausgangspunkt der Praxisfestlegung bildet die Überlegung, dass sich die Qualifikation als landwirtschaftliches Grundstück nicht nach der tatsächlichen Nutzung richtet, sondern grundsätzlich nach dem Geltungsbereich des BGBB (SR 211.412.11). Nach dessen Art. 2 Abs. 2 gilt das bäuerliche Bodenrecht auch für Grundstücke mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen, einschliesslich angemessenen Umschwungs, die in einer Bauzone liegen und zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehören. Im Umkehrschluss ergibt sich, dass die Ausnahmeregelung für land- und/oder forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne von Art. 12 Abs. 1 StHG dann keine Anwendung findet, wenn es um unbebaute und vollumfänglich in der Bauzone gelegene Grundstücke geht, die zwar land- und/oder forstwirtschaftlich genutzt werden, die aber keinen "angemessenen Umschwung" eines Grundstückes mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen bilden (Urteil 2C_11/2011 vom 2. Dezember 2011, publ. in: BGE 138 II 32).  
 
3.4. Als das örtliche Steueramt am 27. Mai 2011 die Grundstückgewinnsteuer veranlagte, war diese Praxis des Bundesgerichts noch nicht bekannt. Das Urteil 2C_11/2011 erging, wie gesagt, erst am 2. Dezember 2011. Umso mehr war sie zu berücksichtigen, als es am 30. März 2016 zur Veranlagung der direkten Bundessteuer kam. Nicht nur Praxisänderungen, auch erstmalige Praxisfestlegungen wirken sich unmittelbar auf alle noch nicht rechtskräftig veranlagten Fälle aus (dazu etwa Urteil 2C_509/2013 / 2C_510/2013 und 2C_527/2013 / 2C_528/2013 vom 8. Juni 2014 E. 2.4.4 und 2.4.5, in: ASA 83 S. 68). Vorbehalten bleibt einzig der Grundsatz des Vertrauensschutzes (Urteil 2C_509/2016 vom 24. Mai 2017 E. 2.1).  
 
3.5. Die Steuerpflichtigen bringen nicht vor, bei den beiden streitbetroffenen Parzellen handle es sich um land- und/oder forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne von Art. 18 Abs. 4 DBGin Verbindung mit dem BGBB. Den vorinstanzlichen Feststellungen ist zu entnehmen, dass die beiden Grundstücke im Geschäftsvermögen belassen wurden. Mit Blick darauf und auf die Praxisfestlegung ist offenkundig, dass die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, wenn sie erwägt, es sei der gesamte Veräusserungsgewinn - und nicht bloss die wiedereingebrachten Abschreibungen - mit der Gewinnsteuer zu erfassen. Für eine präjudizierende Wirkung der Verfügung vom 27. Mai 2011 bleibt kein Raum, lässt sich der Veranlagung doch von vornherein keine individuell-konkrete Zusicherung hinsichtlich der direkten Bundessteuer entnehmen (zu den Voraussetzungen BGE 141 I 161 E. 3.1 S. 164; 141 V 530 E. 6.2 S. 538; 137 II 182 E. 3.6.2 S. 193; ANDREAS AUER/GIORGIO MALINVERNI/MICHEL HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Band II: Les droits fondamentaux, 3. Aufl. 2013, N. 1174 ff.). Rügen, die auf eine Verletzung des Gebots von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV; BGE 142 IV 286 E. 1.6.2 S. 288) bzw. das dieses konkretisierende Vertrauensprinzip (Art. 9 BV; BGE 142 V 551 E. 4.1 S. 558 f.) oder auf ein widersprüchliches Verhalten (Art. 2 Abs. 2 ZGB; BGE 143 V 66 E. 4.3 S. 69; Urteil 2C_853/2017 vom 13. Dezember 2017 E. 3.4.4) des örtlichen Steueramtes hinauslaufen, erheben die Steuerpflichtigen nicht.  
 
3.6. Unerheblich ist schliesslich, ob die Steuerpflichtigen mit der Zahlung der provisorischen Steuerrechnung vom 28. Mai 2014 die Steuer anerkannt haben oder nicht. Die Vorinstanz hat diese Rechnung nur erwähnt als verjährungsunterbrechende Handlung.  
 
3.7. Die Beschwerde erweist sich daher als offensichtlich unbegründet. Sie ist abzuweisen, was im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG geschehen kann.  
 
4.  
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Diese tragen ihren Anteil zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit (Art. 66 Abs. 5 BGG). Dem Kanton Aargau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 5'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. Diese tragen ihren Anteil zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Dezember 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher