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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.246/2002, 7B.247/2002 /bnm 
 
Urteil vom 23. Januar 2003 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Bundesrichterin Escher, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch die Firma C.________, handelnd durch D.________, 
 
gegen 
 
Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4502 Solothurn. 
 
Berechnung des Existenzminimums, 
 
Beschwerden gegen die Urteile der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn vom 7. November 2002 (SCBES.2002.79, SCBES.2002.80). 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 16. Oktober 2002 verfügte das Betreibungsamt Z.________ im gegen A.________ laufenden Arrestvollzug, dass das Existenzminimum auf Fr. 2'298.-- festgesetzt werde. Hiergegen erhob A.________ Beschwerde, auf welche die Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn mit Urteil (SCBES.2002.79) vom 7. November 2002 nicht eintrat. 
 
Am 16. Oktober 2002 verfügte das Betreibungsamt auch, dass der in der Existenzminimumsberechnung berücksichtigte Mietzins per 1. April 2003 von Fr. 2'850.-- auf Fr. 800.-- herabgesetzt werde. A.________ gelangte mit Eingabe vom 28. Oktober 2002 ebenfalls an die kantonale Aufsichtsbehörde, welche mit Urteil (SCBES.2002.80) vom 7. November 2002 auf die Beschwerde nicht eintrat. 
B. 
A.________ hat beide Urteile der kantonalen Aufsichtsbehörde mit vom 25. November 2002 datierenden Beschwerdeschriften an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt, die beiden angefochtenen Urteile seien aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen sowie (in Bezug auf das Urteil SCBES.2002.80) bei der Notbedarfsermittlung Fr. 2'850.-- netto für Wohnkosten zu berücksichtigen. 
 
Die Aufsichtsbehörde schliesst auf Abweisung der Beschwerden (soweit darauf einzutreten sei). 
 
Weitere Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die 10-tägige Beschwerdefrist für die Weiterziehung der Urteile der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 7. November 2002 an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts begann mit Entgegennahme der beiden Entscheide durch den Vertreter des Beschwerdeführers am 15. November 2002 mit dem 16. November 2002 zu laufen (Art. 31 Abs. 1 SchKG) und endigte am Montag, den 25. November 2002 um Mitternacht (Art. 32 Abs. 1 SchKG). 
 
Beide Beschwerden sind bei der kantonalen Aufsichtsbehörde am 27. November 2002 eingegangen. Das Datum des Poststempels auf beiden A-Post-Sendungen ist unleserlich; lediglich die Aufgabezeit "8" Uhr lässt sich erkennen. Der Beschwerdeführer behauptet Rechtzeitigkeit beider Beschwerden. Zum Beweis offeriert er das bei der Aufsichtsbehörde (ebenfalls) am 27. November 2002 eingetroffene Schreiben von Rechtsanwalt B.________, der darin bestätigt, dass der Vertreter des Beschwerdeführers am 25. November 2002 um 22 Uhr zwei verschlossene, an die Aufsichtsbehörde adressierte Briefumschläge in den Briefkasten der Bahnpost Y.________ eingeworfen habe; gleichlautende handschriftliche Bestätigungen dieser Person sind auf den Beschwerdeumschlägen angebracht. Da die Poststempel unleserlich sind und daher die Übergabe der Beschwerden an die Post - im Sinne einer widerlegbaren Vermutung - nicht als verspätet ausweisen (vgl. Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la LOJ, N. 5.1.3 zu Art. 78, Bd. II S. 742), kann von der Einvernahme des Zeugen B.________ oder vom Einzug seiner schriftlichen Auskunft abgesehen werden (vgl. Art. 40 OG i.V.m. Art. 45 und Art. 49 BZP). Die bei der Aufsichtsbehörde am 27. November 2002 eingegangenen Beschwerden können als rechtzeitig erhoben gelten. 
1.2 Da den angefochtenen Urteilen derselbe Nichteintretensgrund zugrunde liegt, sie übereinstimmende Begründungen und Dispositive aufweisen und die Beschwerdeanträge und -begründungen im Wesentlichen gleich lauten, rechtfertigt es sich, die beiden Beschwerdeverfahren zu vereinigen und in einem Urteil zu erledigen (BGE 125 III 252 E. 1 S. 254). 
1.3 Vor Bundesgericht besteht in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen freie Wahl des Vertreters (Art. 29 Abs. 2 OG e contrario); kantonale Reglemente gemäss Art. 27 SchKG über die gewerbsmässige Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren gelten nicht vor Bundesgericht (Poudret/Sandoz-Monod, a.a.O., N. 3.1 zu Art. 29, Bd. I S. 162, und N. 4.2 zu Art. 78, Bd. II S. 733). 
 
Der Beschwerdeführer wird im vorliegenden Verfahren durch die "Firma C.________ - Dienstleistungen für Soziale Sicherheit", handelnd durch Sozialarbeiter D.________, vertreten. Auf die Beschwerde kann unter dem Gesichtspunkt der zulässigen Parteienvertretung eingetreten werden. 
2. 
2.1 Die Aufsichtsbehörde hat offen gelassen, ob der Beschwerdeführer nach kantonalem Recht im kantonalen Beschwerdeverfahren durch eine Aktiengesellschaft oder durch einen Sozialarbeiter gültig vertreten werden könne. Da der Unterzeichnete der Beschwerdeeingaben ohnehin keine Vollmacht für das konkret eingeleitete Verfahren eingereicht habe und eine Nachfrist zur Verbesserung nach Ablauf der 10-tägigen Beschwerdefrist nicht möglich sei, könne auf beide Beschwerden nicht eingetreten werden. 
 
Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die Aufsichtsbehörde hätte dem Unterzeichneten der Beschwerde eine Nachfrist ansetzen müssen, um eine genügende Vollmacht einreichen zu können. 
2.2 Gemäss Art. 32 Abs. 4 SchKG ist bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, Gelegenheit zur Verbesserung zu geben. Nach dieser verfahrensrechtlichen Selbstverständlichkeit (BBl 1991 III 45) können mangelhafte Eingaben wie Beschwerden an die kantonale Aufsichtsbehörde, denen etwa notwendige Unterschriften, Vollmachten oder Beilagen fehlen, nachträglich korrigiert werden (BGE 126 III 288 E. 2a S. 289; Francis Nordmann, in Kommentar zum SchKG, N. 15 zu Art. 32; Pierre-Robert Gilliéron, Commentaire de la LP, N. 53, 63 ff. zu Art. 32). Die zuständige Behörde ist verpflichtet, der betreffenden Partei eine angemessene Notfrist zur Verbesserung der mangelhaften Eingabe zu setzen, mit der Androhung, dass diese ansonsten unbeachtet bliebe (vgl. Art. 30 Abs. 2 OG). 
2.3 Die angefochtenen Nichteintretensentscheide sind mit den dargelegten Regeln nicht vereinbar. Die Aufsichtsbehörde verweist zwar zu Recht darauf, dass eine ungenügende Begründung der Beschwerde kein verbesserlicher Fehler im Sinne von Art. 32 Abs. 4 SchKG ist (vgl. BGE 126 III 30 E. 1b S. 31). Indessen verkennt sie, dass die fehlende Vollmacht einer Person zur Beschwerdeerhebung für einen Anderen - der Grund des Nichteintretens - gerade einen Fehler darstellt, der auch nach Ablauf der 10-tägigen Beschwerdefrist verbessert werden kann. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz lässt sich aus dem Urteil 7B.166/2002 des Bundesgerichts vom 29. August 2002 nichts für die vorliegende Frage ableiten: Aus dem Urteil geht einzig hervor, dass eine Nachfrist zur Einreichung einer genügenden Beschwerdebegründung (Art. 79 Abs. 1 OG) nach Ablauf der 10-tägigen Beschwerdefrist ausgeschlossen ist. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rüge des Beschwerdeführers gegen das Nichteintreten der Vorinstanz auf seine Beschwerden zufolge fehlender Vollmacht als begründet, und die angefochtenen Urteile sind aufzuheben. 
 
Die Aufsichtsbehörde braucht nicht mehr angewiesen zu werden, dem Unterzeichneten der im kantonalen Verfahren eingereichten Beschwerden eine angemessene Nachfrist anzusetzen, um eine gehörige Vollmacht des Beschwerdeführers einzureichen, da dieser im vorliegenden Verfahren die nach ihm genügende Vollmacht vom 23. Oktober 2002, zu deren Einreichung ihm im kantonalen Verfahren keine Gelegenheit geboten wurde, beigelegt hat. Die Aufsichtsbehörde wird daher angewiesen, die Beschwerden gestützt auf die insoweit ergänzten kantonalen Akten entgegenzunehmen, die Eintretensvoraussetzungen zu prüfen und - gegebenenfalls - in der Sache zu entscheiden. 
2.4 An diesem Ergebnis ändert im Übrigen nichts, dass die Aufsichtsbehörde in Bezug auf die eine Beschwerde (SCBES.2002.80) trotz Nichteintreten festgestellt hat, es liege unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeit ohnehin kein krasser Eingriff in das Existenzminimum vor. 
 
Im Fall des Eintretens auf die Beschwerde wäre zu prüfen, ob die Existenzminimumsberechnung den Regeln gemäss Art. 93 Abs. 1 SchKG folgt (vgl. Amonn/Gasser, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Aufl. 1997, § 23 Rz. 61 ff.), und nicht bloss, ob nicht offensichtlich krass in das Existenzminimum des Schuldners eingegriffen bzw. gegen Art. 22 SchKG verstossen wird (vgl. BGE 110 III 17 E. 2c S. 19). Da die Prüfung und Feststellung der Vorinstanz, die Existenzminimumsberechnung sei nicht nichtig, eine Konsequenz des Nichteintretens, nicht aber eine selbständige (Alternativ-)Begründung für den Fall des Eintretens darstellt (vgl. BGE 121 III 46 E. 2 S. 47), bleibt es beim vorliegenden Verfahrensausgang. 
3. 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG). 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
 
1. 
Die Verfahren 7B.246/2002 und 7B.247/2002 werden vereinigt. 
2. 
Die Beschwerden gegen die Urteile SCBES.2002.79 und SCBES.2002.80 der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn vom 7. November 2002 werden gutgeheissen. Die Urteile werden aufgehoben, und die Sache wird im Sinne der Erwägungen an die Aufsichtsbehörde zurückgewiesen. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt Z.________ und der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. Januar 2003 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: