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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_992/2022  
 
 
Urteil vom 23. Januar 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Regionalgericht Berner Jura-Seeland, Amthaus, Spitalstrasse 14, 2502 Biel, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
unentgeltliche Rechtspflege (Abänderung des Ehescheidungsurteils), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, vom 24. November 2022 (ZK 22 477). 
 
 
Sachverhalt:  
A.________ und B.________ sind die Eltern von C.________ (geb. 2013). Im Rahmen des Scheidungsverfahrens schlossen sie am 21. Juni 2021 vor dem Regionalgericht Berner Jura-Seeland eine Scheidungsvereinbarung. Gestützt hierauf wurde C.________ im gleichentags ergangenen Scheidungsurteil unter die gemeinsame elterliche Sorge und alternierende Obhut mit Wohnsitz beim Vater gestellt; ferner errichtete das Regionalgericht eine Beistandschaft. 
Am 18. Mai 2022 verlangte die Mutter, dass C.________ in Abänderung des Scheidungsurteils unter ihre alleinige Obhut mit Wohnsitz bei ihr zu stellen sei und die Unterhaltsbeiträge neu zu bestimmen seien. Am 20. Juni 2022 ersuchte sie für das Abänderungsverfahren um unentgeltliche Rechtspflege; dieses Gesuch wurde am 30. August 2022 abgewiesen, ohne dass die Mutter dagegen ein Rechtsmittel ergriffen hätte. Das erneute Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege vom 25. Oktober 2022 wies das Regionalgericht mit Entscheid vom 26. Oktober 2022 mangels veränderter Verhältnisse ab. 
Die gegen den Entscheid vom 26. Oktober 2022 erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 24. November 2022 ab, soweit es darauf eintrat. 
Mit Beschwerde vom 23. Dezember 2022 wendet sich die Mutter an das Bundesgericht, wobei sie auf der ersten Seite ihrer Eingabe nebst der unentgeltlichen Rechtspflege die Alleinobhut verlangt und ab Seite 49 ihrer Eingabe eine Vielzahl von weiteren Rechtsbegehren stellt, welche sich primär um die Obhut drehen, teils aber auch andere Anliegen betreffen (Kindesunterhalt von Fr. 1'700.-- pro Monat; Anhörung des Kindes mit polnischer Übersetzung, u.a.m.). Ferner stellt sie zusätzlich noch ein separates Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Eingabe ist auf Französisch und damit in einer Amtssprache verfasst (Art. 42 Abs. 1 BGG). Das vorliegende Urteil ist jedoch in der Sprache des angefochtenen Entscheides abzufassen (Art. 54 Abs. 1 BGG). 
 
2.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG) betreffend Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG bewirken kann und deshalb sofort beim Bundesgericht anfechtbar ist (BGE 129 I 129 E. 1.1; letztmals Urteile 4A_404/2022 vom 17. Oktober 2022 E. 2.3; 4A_410/2022 vom 15. Dezember 2022 E. 2.2). Der Rechtsweg folgt demjenigen in der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1). Bei dieser geht es um die Abänderung eines Scheidungsurteils, wofür letztinstanzlich die Beschwerde in Zivilsachen offen stünde (Art. 72 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Somit ist sie auch vorliegend gegeben. 
Zu beachten ist jedoch, dass es im angefochtenen Entscheid ausschliesslich um die Frage ging, ob nach der unangefochten gebliebenen Abweisung des Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege solche Änderungen eingetreten sind, dass das erneute Gesuch nicht hätte abgewiesen werden dürfen. Soweit mehr oder anderes verlangt wird oder sich die Beschwerdeführerin zu anderem äussert, kann darauf von vornherein nicht eingetreten werden (BGE 136 II 457 E. 4.2; 136 V 362 E. 3.4.2; 142 I 155 E. 4.4.2); insbesondere sind vor Bundesgericht neue Begehren unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). Dies betrifft den allergrössten Teil der Beschwerde; die Beschwerdeführerin schildert auf Jahre zurück weitschweifig ihr Eheleben sowie die elterliche Beziehung zum Kind und sie verlangt nebst vielem anderem in erster Linie die Alleinobhut. All dies steht ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes und darauf kann wie gesagt von vornherein nicht eingetreten werden. 
 
3.  
Was den soeben umschriebenen Anfechtungsgegenstand anbelangt, ist festzuhalten, dass der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich ist (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann nur eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG), was bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 142 III 364 E. 2.4; 144 V 50 E. 4.2; 145 II 32 E. 2.1). 
In rechtlicher Hinsicht hat die Beschwerde, wiederum auf den Anfechtungsgegenstand beschränkt, eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4). 
 
4.  
Das Obergericht hat festgestellt, dass der Vorfall vom 23. September 2022 (Streit bei der Kindesübergabe), den die Beschwerdeführerin zum Anlass für ihr erneutes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege genommen habe, sich in erster Linie zwischen ihr und dem Vater abgespielt habe. C.________ sei insofern involviert gewesen, als er nach den Angaben der Beschwerdeführerin vom Vater an den Armen gepackt worden sei und er die Nacht bei der Mutter verbracht habe. Am nächsten Tag habe er den Wunsch geäussert, mit dem Vater nach Hause gehen zu können. Obwohl die Beschwerdeführerin noch verschiedentlich interveniert und die Behörden auf eine angebliche Gefährdung des Kindes hingewiesen habe, hätte eine solche nicht ergründet werden können. Vielmehr habe C.________ bestätigt, dass er die Ferien mit seinem Vater antreten wolle, was er denn auch getan habe. Der Beschwerdeführerin habe diese Entwicklung nicht gepasst und sie habe darauf bestanden, dass weiter gegen den Vater vorgegangen werden müsse. Dies sei so weit gegangen, dass sie schliesslich unter Protest und Handgreiflichkeiten aus dem Polizeirevier habe begleitet werden müssen. Anlässlich der Kindesanhörung am 19. Oktober 2022 habe C.________ dem Gerichtspräsidenten bestätigt, dass es bisweilen zu Streit mit dem Vater komme, dass dieser aber nett sei und sie die Differenzen bereinigt hätten. Die gemeinsamen Ferien habe er genossen. Er sei zufrieden mit der momentanen Betreuungsregelung. Im Anschluss an diese Aussage habe er sogar spontan den Wunsch geäussert, einen Tag länger beim Vater bleiben zu können. Wie sich aus dem Protokoll ergebe, seien nur C.________, der Gerichtspräsident und die Gerichtsschreiberin anwesend gewesen, weshalb die Behauptung der Beschwerdeführerin, C.________ sei durch die Anwesenheit des Vaters beeinflusst worden, nicht zutreffe. Im Übrigen habe C.________ bei der Anhörung durchaus auch Elemente erwähnt, welche die Beziehung zum Vater belasten würden, diese aber in der Folge nachvollziehbar eingeordnet. Sodann befinde sich in den Akten ein aktueller Bericht der Beiständin vom 15. Oktober 2022 dahingehend, dass sich der Elternkonflikt seit August 2022 verschärft habe; beide Elternteile würden sich gegenseitig vorwerfen, C.________ zu manipulieren und psychisch unter Druck zu setzen; gleichzeitig werde dieser vermehrt traurig und nachdenklich, er gerate zunehmend zwischen die Fronten und sei einem Loyalitätskonflikt ausgesetzt. Die daraus resultierende Gefährdung sei aber nicht so akut, dass sich eine Änderung der alternierenden Obhut aufdrängen würde. 
Aus all diesen Tatsachen hat das Obergericht geschlossen, dass eine Gefährdung des Kindeswohles nicht aufgrund einer eingeschränkten Erziehungsfähigkeit des Vaters, sondern aufgrund des sich stetig zuspitzenden elterlichen Konfliktes drohe. Im Ergebnis vermöge der Vorfall vom 23. September 2022 keine Neuregelung zu rechtfertigen und sei die Interventionsschwelle für eine Obhutsumteilung nicht erreicht, da es an einer wesentlichen oder dauerhaften Veränderung der Verhältnisse fehle und zudem bereits gestützt auf die Akten nicht davon auszugehen sei, dass die latente Gefährdung des Kindeswohls durch eine Umteilung der Obhut an die Beschwerdeführerin behoben oder verbessert werden könnte, denn die Gefährdung ergebe sich nicht aus der tatsächlich gelebten alternierenden Obhut, sondern die Ursache liege auf der Elternebene. Insofern sei das Regionalgericht bei der Beurteilung des zweiten Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege zu Recht von einer Aussichtslosigkeit des Abänderungsverfahrens ausgegangen. 
 
5.  
In ihrer Beschwerde nimmt die Mutter keinen konkreten Bezug auf die ausführlichen Erwägungen des Obergerichtes. Nebst all den weiteren Punkten, die von vornherein ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes liegen (dazu E. 2), äussert sie sich zwar auch weitschweifig zur unentgeltlichen Rechtspflege. Sie tut dies aber nur mit abstrakten Ausführungen unter Zitierung verfassungsrechtlicher Normen und zahlreicher Gerichtsentscheide. Weder finden sich substanziierte Willkürrügen, inwiefern das Obergericht den relevanten Sachverhalt qualifiziert unrichtig festgestellt hätte, noch äussert sich die Beschwerdeführerin in konkreter Weise dazu, inwiefern vor dem Hintergrund der unangefochten gebliebenen Abweisung des ersten Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege mit der Abweisung des kurz darauf erneut gestellten Gesuches gegen Recht verstossen worden sein soll. 
 
6.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde zum grossen Teil als offensichtlich unzulässig und im Übrigen als offensichtlich nicht hinreichend begründet, weshalb auf sie nicht eingetreten werden kann und der Präsident im vereinfachten Verfahren entscheidet (Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG). 
 
7.  
Wie die vorstehenden Erwägungen ausserdem zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. 
 
8.  
Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt der Präsident:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Vater und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Januar 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli