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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.41/2007 /bnm 
 
Urteil vom 23. März 2007 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Parteien 
1. X.________, vertreten durch Regionale Amtsvormundschaft, 
2. Y.________, 
3. Z.________, 
Beschwerdeführer, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Edmund Schönenberger, 
 
gegen 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, 
Kammer III, Postfach 2266, 6431 Schwyz. 
 
Gegenstand 
Fürsorgerische Freiheitsentziehung; Rechtsverzögerung; unentgeltliche Rechtspflege, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III, vom 19. Dezember 2006. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der an einer chronisch verlaufenden paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie sowie leichter Intelligenzminderung leidende X.________ war verschiedentlich in Psychiatrischen Kliniken hospitalisiert. Zuletzt wurde er im Wohnheim A.________ untergebracht, aus dem er schliesslich austreten wollte. Deshalb erliess die Vormundschaftsbehörde B.________ am 17. Juni 2005 eine Rückbehaltungsverfügung. Spätere Entlassungsgesuche von X.________ wurden jeweils abgewiesen. 
 
Am 25. September 2006 stellte X.________ sinngemäss ein Gesuch um Aufhebung des fürsorgerischen Freiheitsentzugs, um Entlassung aus dem Wohnheim und um Auflösung der Vormundschaft (kantonale Akten 003). Am 13. November 2006 ersuchte X.________ erneut - diesmal per Telefax - um seine Entlassung. Am 4. Dezember 2006 wies die Vormundschaftsbehörde das Gesuch um Aufhebung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung bzw. um Aufhebung des Platzierungsentscheides im Wohnheim ab und verlängerte die Unterbringung gestützt auf Art. 397a ZGB bis auf weiteres. Die Postzustellung des Entscheides erfolgte am 12. Dezember 2006. 
 
Am 5. Dezember 2006 ersuchte Rechtsanwalt S.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz gestützt auf eine Vollmacht des Betroffenen um sofortige Entlassung von X.________ gestützt auf Art. 5 Ziff. 4 EMRK und um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Zur Begründung führte er aus, nachdem die Vormundschaftsbehörde trotz Entlassungsgesuchs vom 13. November 2006 seit bald einem Monat noch keinen Entscheid gefällt habe, sei festzustellen, dass das Beschleunigungsgebot von Art. 5 Ziff. 4 EMRK verletzt sei (angefochtener Entscheid S. 2 B). Das Verwaltungsgericht trat mit Entscheid vom 19. Dezember 2006 auf die Beschwerde nicht ein, erhob in der Sache keine Kosten und wies überdies das Begehren um unentgeltliche Verbeiständung ab. 
 
X.________ sowie seine Eltern, Y.________ und Z.________, führen in einer gemeinsamen Eingabe gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde. Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragen sie die Aufhebung des Entscheides, die Entlassung des Beschwerdeführers 1 sowie die Feststellung, dass die Art. 3, 5 Ziff. 1 und 4, Art. 6 Ziff. 1, Art. 8, 11 und 14 EMRK verletzt worden seien. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersuchen sie um unentgeltliche Rechtspflege. Es ist keine Vernehmlassung eingeholt worden. Die Beschwerdeführer haben ihre Eingabe am 21. März 2007 unaufgefordert ergänzt. 
2. 
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht in Kraft getreten (BGG; SR 173.110; AS 2006 1205, 1243). Der angefochtene Entscheid ist vorher ergangen, so dass noch die Bestimmungen des Bundesrechtspflegegesetzes anzuwenden sind (vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG). Die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde ist von der II. zivilrechtlichen Abteilung zu beurteilen (Art. 32 Abs. 1 lit. c des Reglementes vom 20. November 2006 für das Bundesgericht; BgerR; SR 173.110.131). 
3. 
Wird in der gleichen Sache sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde erhoben, so ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden, und der Entscheid über die Berufung ist auszusetzen (Art. 57 Abs. 5 OG). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, anders zu verfahren. 
4. 
4.1 Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist von vornherein nicht einzutreten, soweit sie von den Eltern des Beschwerdeführers 1 erhoben worden ist. Diese waren im kantonalen Verfahren nicht Partei. Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich auch nicht, dass sie als nahe stehende Personen des Betroffenen in eigenem Namen um Entlassung des Beschwerdeführers 1 ersucht haben (Art. 397d Abs. 1 ZGB). Sie sind damit nicht in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen (Art. 88 OG). 
4.2 Ebenso wenig kann auf die staatsrechtliche Beschwerde eingetreten werden, soweit der Beschwerdeführer 1 um Feststellung der Verletzung verschiedener Bestimmungen der EMRK ersucht. Dem Beschwerdeführer 1 steht die Klage nach Art. 429a ZGB offen, mit welcher als Form der Genugtuung die Feststellung der Verletzung von Bestimmungen der EMRK verlangt werden kann (BGE 118 II 254 E. 1c S. 258). Insoweit liegt kein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid vor (Art. 86 Abs. 1 OG). 
4.3 Nicht einzutreten ist ferner auf die nach Ablauf der Beschwerdefrist (Art. 89 Abs. 1 OG) eingegangene Ergänzung der staatsrechtlichen Beschwerde vom 21. März 2007. 
5. 
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darstellung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Rügeprinzip; vgl. BGE 125 I 71 E. 1c S. 76; 129 I 185 E. 1.6 S. 189; 130 I 258 E. 1.3 S. 262). Allgemeine Vorwürfe ohne eingehende Begründung dafür, inwiefern welches verfassungsmässige Recht verletzt sein soll, genügen den gesetzlichen Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht (BGE 117 Ia 10 E. 4b). Ebenso wenig tritt es auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid ein (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 130 I 258 E. 1.3 S. 262). Unzulässig ist sodann der schlichte Verweis auf kantonale Akten (BGE 114 Ia 317 E. 2b S. 318). Nicht einzutreten ist schliesslich grundsätzlich auf neue tatsächliche sowie rechtliche Vorbringen im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde (BGE 114 Ia 204 E. 1a S. 205; 118 Ia 20 E. 5a S. 26; 129 I 49 E. 3 S. 57). 
6. 
6.1 Das Verwaltungsgericht führte zur Begründung seines Entscheides aus, im vorliegenden Fall habe die Vormundschaftsbehörde die Unterbringung bzw. die Zurückbehaltung im Wohnheim angeordnet, womit auch diese Instanz zur Behandlung des Entlassungsgesuchs zuständig sei. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Verwaltungsgericht um Entlassung ersuche, sei auf die Beschwerde nicht einzutreten (angefochtener Entscheid S. 3, E. 1). 
 
Der Beschwerdeführer 1 macht geltend, das nur einen Tag nach dem Entscheid vom 4. Dezember 2006 direkt beim Verwaltungsgericht gestellte Gesuch um Entlassung sei absolut zulässig (Beschwerde S. 5). Er verweist diesbezüglich auf nicht näher spezifizierte Urteile des Zürcher Obergerichts. Mit dieser und anderen allgemein gehaltenen appellatorischen Ausführungen ist die Rüge der Verletzung von Art. 5 Ziff. 4 und 6 Ziff. 1 EMRK nicht in einer Art. 90 Abs. 1 lit. b OG entsprechenden Weise zu begründen. Darauf ist nicht einzutreten. 
6.2 Mit Bezug auf die Rechtsverzögerungsbeschwerde hat das Verwaltungsgericht dafürgehalten, die Vormundschaftsbehörde habe mit Beschluss vom 4. Dezember 2006 und damit einen Tag vor Einreichung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht (5. Dezember 2006) über das Entlassungsgesuch entschieden, womit die Rechtsverzögerungsbeschwerde bereits zum Zeitpunkt ihrer Einreichung gegenstandslos gewesen sei. Im Übrigen erweise sie sich auch als unbegründet, da zwischen dem per Telefax vom 13. November 2006 gestellten Entlassungsgesuch und dem Beschluss der Vormundschaftsbehörde vom 4. Dezember 2006 eine Frist von rund 20 Tagen verstrichen sei, was die Lehre als vertretbar erachte. Im vorliegenden Fall habe die Vormundschaftsbehörde den Beschwerdeführer am 14. November 2006 angehört, den Wohngruppenleiter des Wohnheims befragt, weitere Abklärungen beim Facharzt vorgenommen, schliesslich die Eltern zur Anhörung vorgeladen, welche allerdings dieser Einladung nicht gefolgt seien und auch die schriftlichen Fragen nicht beantwortet hätten. Angesichts der konkreten Umstände sei eine Rechtsverzögerung zu verneinen (angefochtener Entscheid S. 3 ff., E. 1-3). 
 
Diesbezüglich ficht der Beschwerdeführer 1 die erste Begründung überhaupt nicht an, weshalb die Beschwerde bereits aus diesem Grund unzulässig ist (BGE 104 Ia 381 E. 6a S. 392; 113 Ia 94 E. 1a/bb mit Hinweisen). Auch mit Bezug auf die zweite Begründung lässt sich der Eingabe keine rechtsgenüglich begründete Rüge entnehmen. Darauf ist nicht einzutreten. 
6.3 Nicht rechtsgenügend setzt sich der Beschwerdeführer 1 sodann mit der Begründung auseinander, die unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren sei wegen Aussichtslosigkeit des Verfahrens zu verweigern. Insoweit ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten. 
6.4 Nicht einzutreten ist sodann auf die staatsrechtliche Beschwerde, soweit sich der Beschwerdeführer 1 zur Zulässigkeit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung, zur Zwangsmedikation oder ganz allgemein zur Zwangsbehandlung äussert (Beschwerde S. 7 ff.), setzt er sich doch damit nicht mit dem angefochtenen Entscheid auseinander, der sich über diese Fragen nicht ausgesprochen hat. Unzulässig sind schliesslich die allgemeinen Äusserungen ohne Bezug zur Sache. 
7. 
Damit ist auf die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen, wobei sie hiefür solidarisch haften (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG). 
8. 
Das Gesuch der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege wird infolge Aussichtslosigkeit des Beschwerdeverfahrens abgewiesen (Art. 152 Abs. 1 OG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG
 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Das Gesuch der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. März 2007 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: