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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_5/2023  
 
 
Urteil vom 23. März 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Chaix, Kölz, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Krumm, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren, Schriftensperre, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Präsidentin, vom 5. Dezember 2022 (SB.2021.37). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte A.________ am 8. September 2020 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, mehrfachen Raufhandels sowie Unterlassung der Buchführung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren sowie einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 100.--. Zudem verwies es A.________ für die Dauer von zehn Jahren aus dem Gebiet der Schweiz und ordnete die Ausschreibung der Ausweisung im Schengener Informationssystem an. Überdies entliess es A.________ unter Auflage einer Sicherheitsleistung von Fr. 30'000.-- sowie gleichzeitiger Anordnung einer Ausweis- und Schriftensperre aus dem vorzeitigen Strafvollzug. 
Mit Urteil vom 9. Juni 2022 bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die Schuldsprüche und die ausgesprochene Landesverweisung, erhöhte aber die Freiheitsstrafe auf fünf Jahre und sechs Monate. Gegen dieses Urteil erhob A.________ am 21. November 2022 Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Das Bundesgericht eröffnete hierzu das Verfahren 6B_1391/2022, welches noch hängig ist. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 15. Juni 2022 ersuchte A.________ beim Appellationsgericht um Aufhebung, eventualiter um vorübergehende Sistierung der vom Strafgericht Basel-Stadt mit Urteil vom 8. September 2020 angeordneten Ausweis- und Schriftensperre. Die Präsidentin des Appellationsgerichts wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 22. Juni 2022 ab. Auf die dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen trat das Bundesgericht mit Urteil 1B_449/2022 vom 1. September 2022 nicht ein. 
Am 30. November 2022 beantragte A.________ beim Appellationsgericht die vollumfängliche Aufhebung der gegen ihn angeordneten Ausweis- und Schriftensperre. Mit Verfügung vom 5. Dezember 2022 wies die Präsidentin des Appellationsgerichts das Gesuch ab. 
 
C.  
Gegen die Verfügung des Appellationsgerichts vom 5. Dezember 2022 gelangt A.________ mit Beschwerde in Strafsachen vom 4. Januar 2023 an das Bundesgericht. Er beantragt, die angefochtene Verfügung und die Ausweis- und Schriftensperre seien aufzuheben. 
Die Präsidentin des Appellationsgerichts beantragt die Abweisung der Beschwerde. Diese Vernehmlassung wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnisnahme zugestellt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über eine Ersatzmassnahme anstelle von strafprozessualer Haft (Art. 80 BGG i.V.m. Art. 237 StPO). Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. StPO grundsätzlich offen (Urteile 1B_382/2022 vom 11. Oktober 2022 E. 1; 1B_103/2018 vom 20. März 2018 E. 1). Der Beschwerdeführer ist als Adressat des angefochtenen Entscheids und als durch die aufrecht erhaltene Ausweis- und Schriftensperre direkt in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkte Person zur Beschwerdeführung berechtigt (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
Die Vorinstanz hat in der angefochtenen Verfügung das Gesuch des Beschwerdeführers um Aufhebung der Ausweis- und Schriftensperre (Art. 237 Abs. 2 lit. b StPO) wegen des Vorliegens von Fluchtgefahr abgewiesen. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. 
 
2.1. Vorab rügt der Beschwerdeführer, die Rechtsgrundlage der am 8. September 2020 im Rahmen des erstinstanzlichen Strafurteils anstelle von strafprozessualer Haft angeordnete Schriftensperre sei durch das Berufungsurteil vom 9. Juni 2022 dahingefallen, weil das Appellationsgericht die Ersatzmassnahme nicht verlängert habe.  
Diese Rüge ist unbegründet. Das Strafgericht Basel-Stadt hat die Schriftensperre im Rahmen des erstinstanzlichen Sachurteils unbefristet angeordnet, was vom Beschwerdeführer - soweit ersichtlich - zu keinem Zeitpunkt des Berufungsverfahrens in Frage gestellt wurde. Vielmehr scheint auch die frühere Verteidigung von deren Rechtmässigkeit ausgegangen zu sein. Belegt wird dies durch das frühere Gesuch des Beschwerdeführers um vorübergehende Sistierung der Schriftensperre zwecks Besuchs der Familie in der Türkei, in welchem er die gesetzlichen Voraussetzungen der Ersatzmassnahme nicht anzweifelte. Ohne einen entsprechenden Verfahrensantrag war das Appellationsgericht deshalb nicht gehalten, im Berufungsurteil über die Aufrechterhaltung der Ersatzmassnahme zu befinden (vgl. hinten E. 2.6.2). Erst nach Abschluss der Berufungsverhandlung am 9. Juni 2022 stellte der Beschwerdeführer am 15. Juni 2022 erstmals ein Gesuch um Aufhebung der unbefristet angeordneten Schriftensperre. Dieses Gesuch wies die Vorinstanz mit Verfügung vom 22. Juni 2022 ab und modifizierte die Schriftensperre insoweit, als sie diese in zeitlicher Hinsicht bis zum Antritt einer allfälligen (Rest-) Freiheitsstrafe begrenzte. Entgegen der Kritik des Beschwerdeführers bestand damit in zeitlicher Hinsicht jederzeit eine hinreichende Grundlage für die Schriftensperre. 
 
2.2. In einem zweiten Rügekomplex macht der Beschwerdeführer geltend, die Annahme von Fluchtgefahr durch die Vorinstanz sei willkürlich und bundesrechtswidrig. Zur Begründung führt er aus, er befinde sich seit seiner Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug am 10. September 2020 auf freiem Fuss, sei zu allen notwendigen Behördenterminen erschienen und sei nach einer im Jahr 2021 bewilligten Reise ins Ausland wieder rechtzeitig in die Schweiz zurückgekehrt. Daher könne nicht ernsthaft behauptet werden, eine Flucht sei wahrscheinlich. Er macht weiter geltend, die seit zwei Jahren andauernde und unbefristete Aufrechterhaltung der Schriftensperre sei in zeitlicher Hinsicht unverhältnismässig. Zudem sei die Schriftensperre untauglich, ihn von einer Flucht ins nahe Ausland abzuhalten und behindere ihn in seinem Alltag, namentlich wenn er sich gegenüber Behördenstellen ausweisen müsse.  
 
2.3. Gemäss Art. 237 StPO ordnet das zuständige Gericht anstelle der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Abs. 1). Anordnung und Anfechtung von Ersatzmassnahmen richten sich sinngemäss nach den Vorschriften über die Untersuchungs- und die Sicherheitshaft (Abs. 4). Ersatzmassnahmen sind nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft erfüllt sind, insbesondere ein dringender Tatverdacht und ein besonderer Haftgrund im Sinne von Art. 221 Abs. 1 und 2 StPO vorliegt (BGE 137 IV 122 E. 2). Sodann müssen auch Ersatzmassnahmen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit wahren (Art. 5 Abs. 2, Art. 36 Abs. 3 BV; Art. 197 StPO).  
 
2.4. Die Annahme von Fluchtgefahr als besonderer Haftgrund setzt ernsthafte Anhaltspunkte dafür voraus, dass die beschuldigte Person sich dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehen könnte (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf die Schwere der drohenden Sanktion zwar als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden. Sie genügt jedoch für sich allein nicht, um einen Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die gesamten Lebensverhältnisse der beschuldigten Person, in Betracht gezogen werden (BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.3; je mit Hinweisen). So ist es zulässig, ihre familiären und sozialen Bindungen, ihre berufliche Situation und Schulden sowie Kontakte ins Ausland und Ähnliches mitzuberücksichtigen, ebenso besondere persönliche Merkmale (wie z.B. eine Tendenz zu überstürzten Aktionen, ausgeprägte kriminelle Energie usw.), die auf eine Fluchtneigung schliessen lassen könnten. Selbst bei einer befürchteten Reise in ein Land, welches die beschuldigte Person grundsätzlich an die Schweiz ausliefern bzw. stellvertretend verfolgen könnte, ist die Annahme von Fluchtgefahr nicht ausgeschlossen (BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.3 mit Hinweisen). Die Wahrscheinlichkeit einer Flucht nimmt in der Regel mit zunehmender Verfahrens- bzw. Haftdauer graduell ab, da sich auch die Länge des allenfalls noch zu absolvierenden Strafvollzugs mit der bereits geleisteten prozessualen Haft, die der mutmasslichen Freiheitsstrafe anzurechnen wäre (vgl. Art. 51 StGB), kontinuierlich verringert (BGE 143 IV 160 E. 4.3 mit Hinweis). Eine Anklageerhebung oder gerichtliche Verurteilung kann allerdings, je nach den Umständen des Einzelfalls, im Verlaufe des Verfahrens auch neue Fluchtanreize auslösen (vgl. BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.1; je mit Hinweisen). Für den Nachweis des Haftgrunds der Fluchtgefahr ist bei Ersatzmassnahmen grundsätzlich ein weniger strenger Massstab an die erforderliche Intensität anzulegen als bei strafprozessualem Freiheitsentzug (BGE 133 I 27 E. 3.3; Urteile 1B_651/2022 vom 18. Januar 2023 E. 5.2.2; 1B_382/2022 vom 11. Oktober 2022 E. 2.7; 1B_45/2021 vom 2. März 2021 E. 3.6; 1B_103/2018 vom 20. März 2018 E. 2.4).  
 
2.5. Aus dem erstinstanzlichen Urteil des Strafgerichts vom 8. September 2020 ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer vom 31. Oktober 2018 bis zum 10. September 2020 in Untersuchungs- und Sicherheitshaft befand, ehe er nach der erstinstanzlichen Verurteilung durch das Strafgericht Basel-Stadt gegen Auflage einer Sicherheitsleistung von Fr. 30'000.-- und Anordnung der streitgegenständlichen Schriftensperre aus der Haft entlassen wurde. Aus der angefochtenen Verfügung und den Akten gehen keine Hinweise hervor, dass der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung Anstalten zur Flucht getroffen oder die ihm gemachten Auflagen nicht eingehalten hätte. In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer zudem zu Recht vor, dass die Vorinstanz auf sein Ersuchen hin die strittige Schriftensperre mit Verfügung vom 28. Juli 2021 für drei Wochen sistierte, damit er Ferien im Ausland verbringen konnte. Soweit ersichtlich verlief diese befristete Lockerung der Ersatzmassnahme ohne nennenswerte Zwischenfälle, auch wenn der Beschwerdeführer seine Ausweispapiere nach eigenen Angaben leicht verspätet retournierte. Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass sein Wohlverhalten nach seiner Haftentlassung bei der Beurteilung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen ist.  
Mit der Vorinstanz ist allerdings festzuhalten, dass sich die Sachlage in Bezug auf die Beurteilung der Fluchtgefahr durch das Berufungsurteil vom 9. Juni 2022, mit welchem der erstinstanzliche Schuldspruch inkl. der Landesverweisung bestätigt und die Freiheitsstrafe gar um sechs Monate erhöht wurde, wesentlich verändert hat. Zwar hat der Beschwerdeführer gegen dieses Urteil Beschwerde beim Bundesgericht erhoben und einen teilweisen Freispruch beantragt (vgl. Ziffer 1 des Rechtsbegehrens im hängigen Verfahren 6B_1391/2022). Angesichts der in tatsächlicher Hinsicht auf eine Willkürprüfung beschränkten Kognition des Bundesgerichts (Art. 97 und 105 BGG) ist allerdings zu berücksichtigen, dass es nach einer Verurteilung durch die Berufungsinstanz regelmässig schwieriger wird, einen Freispruch oder eine massgebliche Strafreduktion zu erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dem Beschwerdeführer durch die zweitinstanzliche Verurteilung eine empfindliche, mehrjährige (Rest-) Freiheitsstrafe sowie eine Landesverweisung droht, hat sich damit seit dem Berufungsurteil deutlich erhöht. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung durfte die Vorinstanz diesen Umstand, entgegen der Kritik des Beschwerdeführers, als ein die Fluchtgefahr erhöhendes Indiz werten (Urteile 1B_215/2021 vom 19. Mai 2021 E. 2.3; 1B_88/2014 vom 2. April 2014 E. 4.3). Aus den der Beschwerdeschrift beigelegten Auszügen aus den Haftakten und dem Berufungsurteil vom 9. Juni 2022 ergibt sich zudem, dass der aus der Türkei stammende Beschwerdeführer seine gesamte Kindheit und Jugend sowie einen Teil seines Erwachsenenlebens in seinem Heimatland verbrachte. Mit Ausnahme eines Bruders und eines Onkels lebt seine Familie weiterhin in der Türkei und der Beschwerdeführer besuchte sie in der Vergangenheit regelmässig. Der geschiedene Beschwerdeführer hat gemäss dem Berufungsurteil zudem keine Kinder und auch sonst keine gefestigten familiären Beziehungen in der Schweiz, die ihn von einer Flucht abhalten würden. Dass sich diese Sachumstände zwischenzeitlich verändert hätten, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Im Gegenteil begründet er den Wegfall der Fluchtgefahr einzig mit dem Wohlverhalten seit seiner Haftentlassung. 
Werden die massgebenden Gesichtspunkte gesamthaft gewürdigt, bestehen angesichts der familiären Beziehungen in der Türkei, der fehlenden engen sozialen Bindungen in der Schweiz und insbesondere der drohenden empfindlichen Freiheitsstrafe, welche seit dem Berufungsurteil wahrscheinlicher geworden ist, hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme von Fluchtgefahr. Diese genügen angesichts des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers seit seiner Haftentlassung zwar nicht zur Anordnung von Sicherheitshaft. Hingegen erweist es sich im Lichte der dargelegten Rechtsprechung im Ergebnis als bundesrechtlich vertretbar, wenn die Vorinstanz die Aufrechterhaltung der Ausweis- und Schriftensperre aufgrund der für eine gewisse Fluchtneigung sprechenden Indizien als gerechtfertigt erachtete. 
 
2.6. Entgegen den Rügen des Beschwerdeführers ist die Ausweis- und Schriftensperre auch verhältnismässig.  
 
2.6.1. Eine Ausweis- und Schriftensperre ist grundsätzlich geeignet und sachlich geboten, um der dargelegten Fluchtneigung entgegenzu-wirken bzw. diese zu mindern (siehe BGE 133 I 27 E. 3.5; Urteile 1B_382/2022 vom 11. Oktober 2022 E. 2.8; 1B_632/2011 vom 2. Dezember 2011 E. 5.1). Dass eine Ausweis- und Schriftensperre anstelle von Haft der Gefahr einer heimlichen Abreise ins nahe Ausland weniger gut begegnen kann als ein Freiheitsentzug, liegt in der Natur der Sache. Entgegen dem pauschalen Einwand des Beschwerdeführers lässt dieser Umstand ihre Geeignetheit im Sinne der Praxis zur Verhältnismässigkeit von strafprozessualen Zwangsmassnahmen jedoch nicht dahinfallen (BGE 130 I 234 E. 2.2; Urteil 1B_382/2022 vom 11. Oktober 2022 E. 2.8).  
 
2.6.2. Soweit der Beschwerdeführer rügt, die seit mehr als zwei Jahren aufrechterhaltene und unbefristete Schriftensperre sei unzulässig und überdies in zeitlicher Hinsicht unverhältnismässig, ist seine Kritik unbegründet. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss eine Ausweis- und Schriftensperre anstelle von Sicherheitshaft von der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts nicht periodisch überprüft werden, sondern kann sie grundsätzlich unbefristet bzw. bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens angeordnet werden (BGE 139 IV 186 E. 2.2.3; Urteil 1B_461/2020 vom 14. Oktober 2020 E. 7; je mit Hinweisen). Insoweit ist der Grundrechtsschutz durch das Recht der beschuldigten Person, bei der Verfahrensleitung jederzeit die Aufhebung der Ersatzmassnahme zu beantragen, hinreichend garantiert (BGE 141 IV 190 E. 3.3). Davon hat der Beschwerdeführer im Nachgang zur Berufungsverhandlung denn auch Gebrauch gemacht. Rechtsprechungsgemäss war die Vorinstanz somit nicht verpflichtet, periodisch über die vom Strafgericht Basel-Stadt im Rahmen des erstinstanzlichen Sachurteils vom 8. September 2020 unbefristet angeordnete Schriftensperre zu befinden. Dies hat vorliegend umso mehr zu gelten, als der Beschwerdeführer deren Rechtmässigkeit - soweit ersichtlich - erst einige Tage nach Abschluss der Berufungsverhandlung erstmals in Frage stellte (vgl. vorne E. 2.1). Im Übrigen ist die Gesamtdauer der am 8. September 2020 angeordneten und seither aufrechterhaltenen Schriftensperre angesichts der drohenden Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten ohne Weiteres verhältnismässig.  
 
2.6.3. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit nichts zu seinen Gunsten ableiten kann der Beschwerdeführer weiter aus seinem Vorbringen, die Schriftensperre beeinträchtige ihn unverhältnismässig stark in seinem Alltag, da sie ihm insbesondere Behördengänge, bei welchen er seinen Pass vorweisen müsse, verunmögliche. Als Beweis hierfür legt er ein Schreiben seiner Wohngemeinde vor, in welchem er aufgefordert wird, persönlich ein gültiges Reisedokument vorzuweisen. Es liegt auch insoweit wiederum in der Natur der Sache, dass mit einer Schriftensperre gewisse Einschränkungen, namentlich in der Bewegungsfreiheit (Art. 10 Abs. 2 BV), einhergehen. Diese Einschränkungen erweisen sich vorliegend allerdings als zumutbar, da sie für den Beschwerdeführer nicht übermässig einschneidend sind. Einerseits kann er sich in der Schweiz frei bewegen. Andererseits steht es ihm offen, wie in der Vergangenheit in begründeten Fällen bei der Verfahrensleitung ein Gesuch um eine befristete Sistierung der Schriftensperre zu stellen (Art. 237 Abs. 5 StPO), da sich die Verweigerung jeglicher Lockerungen bei einer langjährigen Schriftensperre verbunden mit Wohlverhalten seit der Haftentlassung als unverhältnismässig erweisen kann (Urteil 1B_558/2012 vom 15. März 2013 E. 5.2). Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, vermag sodann auch das genannte Schreiben seiner Wohngemeinde die Recht- bzw. Verhältnismässigkeit der Ersatzmassnahme von vornherein nicht in Frage zu stellen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer der Aufforderung zur Vorlage seiner Reisedokumente beispielsweise nicht mittels einer beglaubigten Kopie nachkommen könnte oder die Verfahrensleitung den Gemeindebehörde den Pass nicht auch auf dem Amtshilfeweg zukommen lassen könnte (Urteil 1B_382/2022 vom 11. Oktober 2022 E. 2.8).  
 
2.7. Unbegründet ist schliesslich die Rüge des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe gegen die ihr obliegende gerichtliche Begründungspflicht als Teilaspekt des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) verstossen.  
 
2.7.1. Es ist zwar zutreffend, dass die Vorinstanz die angefochtene Verfügung vom 5. Dezember 2022 nur äusserst knapp begründet. Hinsichtlich der Voraussetzungen für das Vorliegen einer die Anordnung von Ersatzmassnahmen rechtfertigenden Fluchtneigung verweist sie vollumfänglich auf ihre frühere Verfügung vom 22. Juni 2022 und hält fest, der Beschwerdeführer tue nichts dar, was an der damals erfolgten Einschätzung etwas ändern könnte. Entgegen der Kritik des Beschwerdeführers ist dieses Vorgehen im vorliegenden Fall allerdings noch mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf eine gerichtliche Urteilsbegründung vereinbar. Es ist grundsätzlich zulässig, bei sich wiederholenden Streitgegenständen auf frühere Entscheide zu verweisen, wie namentlich bei repetitiven Haftentscheiden oder wie vorliegend bei sich wiederholenden Gesuchen um Aufhebung von Ersatzmassnahmen (Urteile 1B_536/2022 vom 8. November 2022 E. 2.1; 1B_361/2021 vom 16. Juli 2021 E. 2; 1B_461/2020 vom 14. Oktober 2020 E. 4). Allerdings müssen die Verhältnisse immer noch vergleichbar sein, muss aus dem Verweis mit genügender Klarheit hervorgehen, welche Argumente weiterhin als massgeblich erachtet werden, und müssen neue Argumente der Verfahrensbeteiligten angemessen berücksichtigt werden, so dass eine aktuelle Würdigung der wesentlichen Tat- und Rechtsfragen stattfindet (Urteile 1B_361/2021 vom 16. Juli 2021 E. 2; 1B_643/2020 vom 21. Januar 2021 E. 3.3; 1C_286/2015 vom 13. Oktober 2015 E. 3.3.3; 1B_281/2015 vom 15. September 2015 E. 4.3).  
 
2.7.2. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Beschwerdeführer begründete sein erneutes Gesuch um Aufhebung der Schriftensperre einzig mit einem pauschalen Hinweis auf das genannte Schreiben seiner Wohngemeinde, mit welchem er aufgefordert wird, seine Reisedokumente persönlich vorzuweisen. Inwiefern dieses Schreiben einen Einfluss auf die von der Vorinstanz in ihrer früheren Verfügung vom 22. Juni 2022 bejahten Fluchtgefahr haben könnte, legte der Beschwerdeführer mit keinem Wort dar und ist - wie bereits aufgezeigt (vgl. vorne E. 2.6.3) - auch nicht ersichtlich. Über das genannte Schreiben hinausgehende massgebliche Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Situation machte der Beschwerdeführer nicht geltend. Infolgedessen erweist es sich mit Blick auf die zitierte Rechtsprechung als zulässig, wenn die Vorinstanz bezüglich die Begründung der Fluchgefahr auf die ihres Erachtens weiterhin massgebende Argumentation in ihrer erst knapp sechs Monate zurückliegenden früheren Verfügung verweist.  
 
3.  
Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet und ist abzuweisen. Damit wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigung ist keine auszurichten (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Präsidentin, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. März 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Müller 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn