Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_446/2023
Urteil vom 23. April 2024
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Haag, Merz,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch die Rechtsanwältinnen Celestina Lindauer und/oder Jill Tonin,
Beschwerdegegner,
Gemeinderat Steinhausen,
Bahnhofstrasse 3, 6312 Steinhausen,
Amt für Raum und Verkehr des Kantons Zug, Aabachstrasse 5, Postfach, 6301 Zug,
Bundesamt für Raumentwicklung, 3003 Bern.
Gegenstand
Baubewilligung (Forstwirtschaftsbetrieb ausserhalb Bauzonen),
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 18. August 2023 (V 2022 51).
Sachverhalt:
A.
B.________ ist Eigentümer der in der Landwirtschaftszone gelegenen Parzelle Nr. 84 in Steinhausen (Weiler Erli). Er reichte am 20. November 2019 ein Baugesuch zur Genehmigung diverser Umnutzungen, gebäudeinterner Anpassungen und von Aussenlagern ein. Gegen das Gesuch erhob unter anderem A.________ Einsprache. Das Amt für Raum und Verkehr (ARV) der Baudirektion des Kantons Zug verfügte am 31. Juli 2020, dass dem Forstwerkhof und der Umnutzung der Betriebsgebäude zu "stillen Lagern" im Sinne von Art. 24a RPG (SR 700) zugestimmt werden könne. Weiter ordnete es an, dass der Erteilung der kommunalen Baubewilligung unter Berücksichtigung gewisser Auflagen und Bedingungen nichts entgegenstehe.
Am 7. September 2020 erliess der Gemeinderat von Steinhausen zwei Beschlüsse, zum einen den "Entscheid über Einsprachen und Baugesuch", zum andern die "Ausnahme-Bewilligung". Im ersten Beschluss hiess er die erhobenen Einsprachen gut, erteilte aber gleichzeitig die Ausnahme-Baubewilligung mit Auflagen und Bedingungen. Weiter ordnete er an, die (Holz-) Lager im Aussenbereich seien zu entfernen, das Brennholzlager (F1) auf eine Fläche von 400 m² zu reduzieren und die Betriebssituation auf dem Grundstück in den bewilligten Zustand zu überführen. Dazu setzte er eine Frist von zwölf Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses und drohte die Ersatzvornahme an. Im zweiten Beschluss stimmte er dem Forstwerkhof und der Umnutzung der Betriebsgebäude zu stillen Lagern im Sinne von Art. 24a RPG zu und erklärte die Verfügung des ARV vom 31. Juli 2020 zum integrierenden Bestandteil der Baubewilligung. Die Notwendigkeit der als Holzbeige gestalteten Mauer im südwestlichen Teil der Parzelle sei im Rahmen der Überarbeitung der Umgebungsgestaltung aufzuzeigen.
Dagegen erhob A.________ Beschwerde und beantragte, der Beschluss des Gemeinderats vom 7. September 2020 sei aufzuheben und der Gemeinderat anzuweisen, die zonenfremde Nutzung der Parzelle Nr. 84 zu untersagen. Mit Urteil vom 27. Juli 2021 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug die Beschwerde ab. Mit einem weiteren Urteil vom gleichen Datum wies es auch eine Beschwerde von B.________ ab.
In der Folge erhoben A.________ und das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht (Verfahren 1C_474/2021 und 1C_544/2021). Mit Urteil vom 2. Juni 2022 vereinigte das Bundesgericht die beiden Verfahren, hiess die Beschwerden gut, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurück.
Zur Begründung führte das Bundesgericht aus, die Nutzung der Parzelle als Forstwerkhof sei baubewilligungspflichtig. Zudem handle es sich um eine in der Landwirtschaftszone nicht zonenkonforme Nutzung. Eine Auseinandersetzung mit der Rechtsgrundlage der dafür notwendigen Ausnahmebewilligung sei im angefochtenen Entscheid jedoch nicht erfolgt. Der Hinweis, die betreffenden Bauten und Anlagen seien für die Forstnutzung seit Langem rechtskräftig bewilligt, reiche nicht aus, um das aktuelle Baubewilligungsgesuch ebenfalls gutzuheissen. Sollten die Betriebsgebäude auf der Parzelle Nr. 84 als Lager für Holz, Schnitzel und Ähnliches oder für das Einstellen von forstwirtschaftlichen Maschinen und Kleingeräten benutzt werden, handle es sich dabei nicht um stille Lager, die nach Art. 24a Abs. 1 RPG bewilligt werden könnten. Auch die neuen Wände im Innern des Gebäudes Assek. Nr. 40c könnten nach dieser Bestimmung nicht bewilligt werden. Schliesslich äusserte sich das Bundesgericht zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands. In diesem Zusammenhang hielt es fest, inwieweit für die auf der Parzelle Nr. 84 erstellten Bauten und Anlagen bzw. ihre nicht zonenkonforme Nutzung eine rechtskräftige Bewilligung bestehe, lasse sich gestützt auf die ihm vorliegenden Akten nicht abschliessend beurteilen.
B.
Das erneut mit der Sache befasste Verwaltungsgericht forderte den Gemeinderat und das ARV auf, ihm sämtliche Akten derjenigen Verfahren einzureichen, die in den Jahren 2007 und 2012 betreffend den Forstwerkhof von B.________ durchgeführt worden waren. Es gewährte den Parteien das rechtliche Gehör und fällte am 18. August 2023 folgendes Urteil:
"1. Die Beschwerde wird insofern teilweise gutgeheissen, als die erteilte Bewilligung für die Nutzung des Gebäudes Assek. Nr. 40c als stilles Lager und für die Erstellung der Trennwände im Gebäude Assek. Nr. 40c aufgehoben wird. [B.________] hat gemäss Erwägung 5 innert zwölf Monaten seit Rechtskraft dieses Urteils Folgendes vorzunehmen:
- Aufgabe der Nutzung des Gebäudes Assek. Nr. 40c, soweit diese nicht ausschliesslich privat erfolgt;
- Beschränkung der 2007 auf die im Zusammenhang mit dem Abbruch und Wiederaufbau der Scheune, Assek. Nr. 40b, sowie bezüglich des Magazins, Assek. Nr. 40d, bewilligten Nutzung auf 210 m2 (unter Einbezug des Gebäudes Assek. Nr. 40g, soweit dieses nicht privat genutzt wird), was in einem Plan auszuweisen ist;
- Entfernung des Brennholzlagers (F1) und der Container F3a und F3b.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2. [A.________] wird eine Spruchgebühr von Fr. 500.- auferlegt [...]. [B.________] wird eine Spruchgebühr von Fr. 1 '500.- auferlegt.
3. [A.________] hat [B.________] eine Parteientschädigung von Fr. 1'250.- (inkl. MWST und Barauslagen) zu bezahlen.
4. [Rechtsmittelbelehrung]
5. [Mitteilung]"
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 8. September 2023 beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. August 2023 sei entsprechend den Intentionen des Bundesgerichts zu ändern, indem B.________ die weitere gewerbliche Nutzung seiner Liegenschaft zu untersagen sei. Die in Ziffer 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts angesetzte Frist sei auf maximal drei Monate zu verkürzen. Weiter sei von der ihm auferlegten Spruchgebühr und der Verpflichtung, B.________ eine Parteientschädigung zu bezahlen, abzusehen.
Der Gemeinderat hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Das ARV beantragt die Abweisung der Beschwerde, das Verwaltungsgericht und der Beschwerdegegner deren Abweisung, soweit darauf einzutreten sei. Das ARE verzichtet auf einen Antrag und weist unter anderem darauf hin, es sei hilfreich, wenn die Wiederherstellungsanordnung des angefochtenen Urteils möglichst schnell rechtskräftig werde.
Erwägungen:
1.
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind grundsätzlich erfüllt. Es kann diesbezüglich auf das Urteil 1C_474/2021, 1C_544/201 vom 2. Juni 2022 verwiesen werden. Näher zu prüfen ist jedoch, ob die Beschwerde die gesetzlichen Begründungsanforderungen erfüllt.
2.
2.1. In der Begründung der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem und kommunalem Recht, prüft das Bundesgericht nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Insofern gelten qualifizierte Begründungsanforderungen. Diese kommen auch zum Tragen, wenn eine offensichtlich unrichtige (willkürliche) Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz geltend gemacht wird (Art. 97 Abs. 1 BGG). Soweit sie nicht eingehalten sind, ist auf die Rügen nicht einzutreten (zum Ganzen: BGE 147 II 44 E. 1.2; 145 I 26 E. 1.3; je mit Hinweisen).
2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, vor dem Hintergrund des klaren Verdikts des Bundesgerichts in seinem Rückweisungsentscheid habe das Zuger Verwaltungsgericht in seinem neusten Urteil einen Weg gefunden, dem Beschwerdegegner für die Umsetzung verschiedener Vorgaben eine grosszügige Frist zu gewähren und in reduziertem Mass auf seiner Liegenschaft weiterhin gewerbliche Aktivitäten zu erlauben. Beispielhaft sei auch auf die weiterhin mögliche "private" Nutzung des Gebäudes Assek. Nr. 40g hingewiesen. Dieses grosse Gebäude mit diversen Einrichtungen inkl. Dieseltankstelle und Dieselöllager sei gebaut worden, nachdem sich die Aufgabe des Nebenerwerbsbetriebs des Vaters des Beschwerdegegners längst abgezeichnet hatte. Nicht nachvollziehbar sei, dass der Beschwerdegegner seine langjährigen illegalen Aktivitäten im bisherigen Umfang ein Jahr ungehindert weiterführen könne und dies auch tue.
2.3. Das Verwaltungsgericht legte unter Bezugnahme auf den Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts ausführlich dar, welche Bauten, Anlagen und Umnutzungen nicht bewilligt werden können. Weiter hielt es - ebenfalls mit detaillierter Begründung - fest, welche Bauten, Anlagen und Umnutzungen in den Jahren 2007 und 2012 rechtskräftig bewilligt worden waren. Auch begründete es, weshalb es eine Frist von zwölf Monaten für die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands als angemessen erachtete, wobei es insbesondere darauf hinwies, dass die Anordnung möglicherweise Angestellte des Forstwirtschaftsunternehmens treffe und weitere einschneidende betriebliche Auswirkungen habe. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den betreffenden Erwägungen nicht auseinander. Seine Beschwerde genügt den dargelegten Begründungsanforderungen in dieser Hinsicht nicht, weshalb darauf in diesem Umfang nicht einzutreten ist.
3.
3.1. Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, im angefochtenen Urteil werde nicht begründet, weshalb er zu einem Viertel unterlegen sein soll und daher von den Verfahrenskosten Fr. 500.-- zu übernehmen habe. Aus seiner Sicht habe er im Verfahren vor Bundesgericht mit dem Verweis auf die Einhaltung des Raumplanungsgesetzes obsiegt, was im konkreten Fall die Weitergabe von Verfahrenskosten ausschliesse. Ebenso unverständlich sei, dass er dem Beschwerdegegner für seine langjährigen illegalen Aktivitäten nun noch eine Parteientschädigung zu bezahlen habe.
3.2. Es ist zutreffend, dass der Beschwerdeführer im Verfahren vor Bundesgericht obsiegt hatte, was im Urteil vom 2. Juni 2022 bei den Kosten- und Entschädigungsfolgen denn auch berücksichtigt wurde (a.a.O., E. 6). Im wieder aufgenommenen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht waren hinsichtlich der Frage des Obsiegens bzw. Unterliegens die Anträge des Beschwerdeführers vor dieser Instanz massgebend, nicht dagegen der Ausgang des vorangehenden bundesgerichtlichen Verfahrens. Da der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde ans Verwaltungsgericht weitergehende Anordnungen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands beantragt hatte, die das Verwaltungsgericht aufgrund der erwähnten früheren Baubewilligungen nicht als gerechtfertigt erachtete, ist nicht zu beanstanden, dass es ihn als teilweise (nämlich zu einem Viertel) unterliegend qualifizierte. Im Übrigen macht der Beschwerdeführer nicht geltend, dass es bei der Festlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen das anwendbare kantonale Verfahrensrecht willkürlich angewendet hätte (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG).
3.3. Das angefochtene Urteil ist in dieser Hinsicht auch hinreichend begründet (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV und BGE 148 III 30 E. 3.1 mit Hinweisen). Zwar legte das Verwaltungsgericht in seiner Erwägung zu den Kosten- und Entschädigungsfolgen nicht nochmals dar, in welchen Punkten die Beschwerde begründet bzw. unbegründet sei, dies ergab sich jedoch aus den vorangehenden Erwägungen. Die Rüge des Beschwerdeführers ist somit unbegründet.
4.
Die Beschwerde ist aus diesen Erwägungen abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat dem anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Steinhausen, dem Amt für Raum und Verkehr des Kantons Zug, dem Bundesamt für Raumentwicklung und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. April 2024
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Der Gerichtsschreiber: Dold