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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_68/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 23. Mai 2014  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Herrmann, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Bank X.________ AG,  
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Betreibungsamt Liestal,  
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Betreibungsbegehren, Einleitung einer Betreibung auf Grundpfandverwertung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde Schuldbetreibung und Konkurs Basel-Landschaft vom 10. Dezember 2013 (420 13 279). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 18. Juli 2013 reichte die Bank X.________ AG beim Betreibungsamt Liestal je ein Betreibungsbegehren auf Pfandverwertung gegen A.________ und gegen B.________ für Fr. 287'000.-- ein. Als Pfandgegenstand wurde der Inhaber-Papier-Schuldbrief vom 9. Juli 2007 über Fr. 308'000.-- lastend als Gesamtpfand auf den Grundstücken Nr. xxx und Nr. yyy in C.________ bezeichnet. A.________ ist verheiratet mit D.________ und Alleineigentümerin der belasteten Grundstücke, wobei das erstgenannte Grundstück als Familienwohnung dient. 
 
B.  
 
B.a. Das Betreibungsamt stellte A.________ in ihrer Eigenschaft als Betriebene und Pfandstellerin - entsprechend dem Betreibungsbegehren - sowie ihrem Ehemann einen Zahlungsbefehl zu. Es wurde kein Rechtsvorschlag erhoben.  
 
B.b. B.________ erhielt als Betriebener unter der selben Verfahrensnummer ebenfalls einen Zahlungsbefehl, auf welchem A.________ als Dritteigentümerin des Pfandes aufgeführt wurde. Dagegen setzte sich die Bank zur Wehr und verlangte vom Betreibungsamt, B.________ in einem eigenen Verfahren einen Zahlungsbefehl als Betriebener zuzustellen und A.________ als Dritteigentümerin zu bezeichnen. Das Betreibungsamt wies die Bank am 27. September 2013 darauf hin, dass B.________ nicht als Eigentümer des Pfandobjektes im Grundbuch eingetragen sei und ihr gegenüber lediglich solidarisch hafte. Der entsprechende Zahlungsbefehl an B.________ werde daher von Amtes wegen aufgehoben. Zudem wies das Betreibungsamt auf die Möglichkeit hin, gegen B.________ eine ordentliche Betreibung einzuleiten, allenfalls auch gegen ihn und gegen A.________ als Solidarschuldner.  
 
B.c. Die Bank bestand gemäss Schreiben vom 10. Oktober 2013 auf ihrem ursprünglichen Betreibungsbegehren gegen B.________, welchem das Betreibungsamt (wie bereits zuvor in Aussicht gestellt) am 22. Oktober 2013 keine Folge leistete.  
 
C.   
Gegen diese Mitteilung erhob die Bank am 30. Oktober 2013 Beschwerde an die Aufsichtsbehörde Schuldbetreibung und Konkurs Basel-Landschaft. Sie bestand auf der Anweisung an das Betreibungsamt, ihrem Betreibungsbegehren vom 18. Juli 2013 Folge zu leisten und B.________ einen Zahlungsbefehl auf Verwertung des Pfandes und A.________ einen solchen als Dritteigentümerin zuzustellen. Mit Entscheid vom 10. Dezember 2013 trat die Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde nicht ein. 
 
D.   
Die Bank X.________ AG ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 27. Januar 2014 an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und erneuert ihre im kantonalen Verfahren gestellten Begehren. 
Die Aufsichtsbehörde hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Das Betreibungsamt hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen unabhängig eines Streitwertes der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit a, Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Der Beschwerdeführerin, auf deren Beschwerde gegen die Rückweisung des Betreibungsbegehrens nicht eingetreten wurde, steht ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung des Entscheides der Aufsichtsbehörde zu (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich grundsätzlich von Amtes wegen und mit freier Kognition an (Art. 106 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Das Bundesgericht legte seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG).  
 
2.   
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt ein Betreibungsbegehren auf Pfandverwertung. 
 
2.1. Nach Ansicht der kantonalen Aufsichtsbehörde ist aufgrund der bereits laufenden Betreibung auf Pfandverwertung gegen die Solidarschuldnerin und Pfandstellerin nicht ersichtlich, in welcher Weise sich die Position der Beschwerdeführerin durch die gewünschte Betreibung gegen den Solidarschuldner für den gleichen Betrag verbessern könnte. Das Verwertungsbegehren hinsichtlich des Pfandobjektes sei bereits möglich und das gleiche Pfandobjekt könne für ebendiese Forderung nicht ein weiteres Mal verwertet werden. Aus diesem Grund bestehe kein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Beantwortung der Frage, ob gegen den Solidarschuldner eine Betreibung auf Pfandverwertung angehoben werden könne.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin besteht auch vor Bundesgericht auf der Betreibung auf der Pfandverwertung gegen den Solidarschuldner. Ihrer Ansicht nach hat das Betreibungsamt dem gültigen Betreibungsbegehren durch Zustellung eines Zahlungsbefehls Folge zu leisten und es steht ihm und der Aufsichtsbehörde nicht zu, über materiellrechtliche Fragen wie den Bestand einer Forderung zu befinden. Da ihr die Betreibung gegen den Solidarschuldner die Möglichkeit eines Pfandausfallscheines gemäss Art. 158 SchKG verschaffe, habe sie ein aktuelles Rechtsschutzinteresse am Beschwerdeverfahren, was die kantonale Aufsichtsbehörde übersehen habe.  
 
2.2.1. Die Aufsichtsbehörde ist auf die Beschwerde der Betreibungsgläubigerin wegen fehlenden "aktuellen praktischen Interesses" bzw. "Rechtsschutzinteresses" nicht eingetreten. Das ist nicht haltbar. Die Aufsichtsbehörde hat die Regeln über die Beschwerdelegitimation gemäss Art. 17 SchKG verletzt, wenn es die Beschwerde als unzulässig erachtet hat. Die Beschwerdeführerin hat ohne weiteres ein rechtliches oder zumindest tatsächliches Interesse (vgl. BGE 120 III 42 E. 3 S. 44; 129 III 595 E. 3 S. 597), an die Aufsichtsbehörde zu gelangen, damit diese prüfe, ob das Betreibungsamt sich weigern darf, ihr Betreibungsbegehren zurückzuweisen.  
 
2.2.2. Von einem fehlenden "aktuellen Interesse" an der Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG kann gesprochen werden, wenn die blosse Feststellung einer Gesetzesverletzung angestrebt wird (vgl. BGE 54 III 183 S. 184) oder eine abstrakte Rechtsfrage geklärt werden soll ( LORANDI, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, 2000, N. 174 zu Art. 17). Davon kann hier keine Rede sein; die Vorinstanz übergeht vielmehr den weiteren Verlauf einer Betreibung auf Pfandverwertung. Konnte im Verfahren auf Pfandverwertung das Pfandobjekt wegen ungenügenden Angebotes nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus (Art. 158 Abs. 1 SchKG, Art. 120 VZG). Gestützt darauf kann der Pfandgläubiger die Betreibung, je nach Person des Schuldners, auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses führen. Betreibt er innert Monatsfrist, so ist ein neuer Zahlungsbefehl nicht erforderlich (Art. 158 Abs. 2 SchKG). Zudem gilt der Pfandausfallschein als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 SchKG (Art. 158 Abs. 3 SchKG). Der Pfandausfallschein erleichtert damit dem Gläubiger das Inkasso seiner Forderung (vgl. Bernheim/Känzig, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 2 zu Art. 158), weshalb das Ansinnen der Beschwerdeführerin mit Blick auf ihre Beschwerdelegitimation (E. 2.2.1) durchaus nachvollziehbar ist.  
 
2.3. Von der Frage der Beschwerdelegitimation ist zu unterscheiden, in welchem Verfahren die Beschwerdeführerin ihre Forderung gegen den Solidarschuldner vollstrecken kann, und insbesondere, ob eine Betreibung auf Pfandverwertung gegen ihn überhaupt in Frage kommt.  
 
2.3.1. Haben sich zwei Schuldner gegenüber einem Gläubiger solidarisch verpflichtet, so kann jeder von ihnen eigens und in voneinander unabhängigen Verfahren betrieben werden (vgl. Art. 70 Abs. 2 SchKG; BGE 28 I 408 S. 411; WÜTHRICH/SCHOCH, in: Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 11 zu Art. 70). Hat nur ein Solidarschuldner ein Pfand bestellt, so ist gegen diesen die Betreibung auf Pfandverwertung einzuleiten. Gegenüber dem anderen ist nur die ordentliche Betreibung gegeben, es sei denn, das Pfand sei auch für seine subjektive Verpflichtung bestellt worden (BGE 28 I 408 S. 411; 49 III 21 E. 2 S. 23; 50 III 83 S. 85; ACOCELLA, in: Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 8 zu Art. 41; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 22 zu Art. 41; JAEGER, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 1911, N. 4 zu Art. 41). Behauptet der Betreibende selber nicht, dass seine Forderungen pfandgesichert sei, oder folgt aus seinen Vorbringen auf Grund des Gesetzes ohne weiteres das Gegenteil, so steht für das Betreibungsamt fest, dass es an der Voraussetzung einer Betreibung auf Pfandverwertung fehlt und dem entsprechenden Begehren kann nicht stattgegeben werden (BGE 49 III 180 S. 182). Der Betreibungsbeamte darf die Ausstellung des Zahlungsbefehls hingegen nicht verweigern, wenn die eigenen Angaben des Betreibenden das Pfandrecht wenigstens als möglich erscheinen lassen (BGE 105 III 117 E. 2 S. 120).  
 
2.3.2. Welche Betreibungsart im konkreten Fall zur Anwendung kommt, bestimmt der Betreibungsbeamte (Art. 38 Abs. 3 SchKG), wobei er an die Angaben im Betreibungsbegehren gebunden ist. Ohne spezifische Hinweise des Betreibenden kommt nur die ordentliche Betreibung auf Pfändung oder Konkurs in Frage, deren Einleitungsverfahren identisch ist ( JENT-SØRENSEN, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, N. 1 zu Art. 41, N. 19 und 20 zu Art. 38). Erst nach Erhalt des Fortsetzungsbegehrens legt der Betreibungsbeamte fest, in welcher Weise das ordentliche Vollstreckungsverfahren weitergeht (Art. 39 und Art. 42 Abs. 1 SchKG). Die Betreibung auf Pfandverwertung (Grundpfand und Faustpfand) wird hingegen nur auf ein entsprechendes Begehren des Betreibenden eingeleitet, an welches das Amt gebunden ist (Art. 151 Abs. 1 lit. a SchKG; JAEGER, a.a.O., N. 11 zu Art. 38). Der Bestand des Pfandes wird vom Betreibungsamt nicht überprüft, und auf Rechtsvorschlag des Betriebenen prüft der Rechtsöffnungsrichter nur die Frage, ob die Voraussetzungen zur Vollstreckung auf dem Betreibungsweg für das Pfand und für die betriebene Forderung erfüllt sind (vgl. Art. 85 Abs. 1 VZG; KREN KOSTKIEWICZ, in: Kurzkommentar VZG, 2011, N. 9 zu Art. 85). Eine Beschwerde an die Aufsichtsbehörde kann der Betriebene hingegen nur einreichen, sofern der Betreibende selber einräumt, dass zu seinen Gunsten bloss ein Faustpfand besteht und er dennoch eine Grundpfandbetreibung anhebt (BGE 122 III 295 E. 1 S. 297; 78 III 93 S. 97). Der materielle Bestand eines Pfandes ist (bei Drittansprachen) hingegen durch den Richter im Widerspruchsverfahren zu klären (Art. 155 Abs. 1 SchKG; BGE 127 III 115 E. 3 S. 116, mit Hinweisen).  
 
2.4. Nach dem Dargelegten kann der kantonalen Aufsichtsbehörde nicht gefolgt werden, wenn sie der Beschwerdeführerin die Legitimation zur Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG abgesprochen hat; sie hat auf das Rechtsmittel einzutreten. Im vorliegenden Fall liess die Beschwerdeführerin dem Betreibungsamt zwei Betreibungsbegehren zukommen. Ob dasjenige gegen B.________ den formellen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Zahlungsbefehls für die Betreibung auf Pfandverwertung (Art. 67 und Art. 151 SchKG) genügt, ist indessen nicht im vorliegenden Verfahren, sondern von der Aufsichtsbehörde zu entscheiden. Bei der Beurteilung der Beschwerde wird sie berücksichtigen (E. 2.3.1), dass das Betreibungsamt die Ausstellung des Zahlungsbefehls für eine Betreibung auf Pfandverwertung nicht verweigern darf, wenn die eigenen Angaben der Beschwerdeführerin das Pfandrecht wenigstens als möglich erscheinen lassen.  
 
3.   
Der Beschwerde ist Erfolg beschieden. Der Entscheid der Aufsichtsbehörde Schuldbetreibung und Konkurs Basel-Landschaft vom 10. Dezember 2013 ist aufzuheben und die Sache im Sinne der Erwägungen an die Aufsichtsbehörde zur neuen Entscheidung zurückzuweisen. 
 
 Dem Kanton Basel-Land sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 SchKG). Der (nicht anwaltlich vertretenen) Beschwerdeführerin sind im bundesgerichtlichen Verfahren keine ersatzpflichtigen notwendigen Kosten entstanden, weshalb ihr keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 1 BGG; Art. 1 des Reglementes über die Parteientschädigung; SR 173.110.210.3). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid der Aufsichtsbehörde Schuldbetreibung und Konkurs Basel-Landschaft vom 10. Dezember 2013 wird aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Aufsichtsbehörde zurückgewiesen. 
 
2.   
Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben. 
 
3.   
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und der Aufsichtsbehörde Schuldbetreibung und Konkurs Basel-Landschaft schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Mai 2014 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante