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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_459/2009 
 
Urteil vom 23. Juli 2009 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterinnen Leuzinger, Niquille, 
Gerichtsschreiberin Schüpfer. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(Valideneinkommen, Invalideneinkommen), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt 
vom 11. Dezember 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die 1965 geborene A.________ war seit 1994 als selbständigerwerbende Therapeutin für Reflexzonenmassage tätig. Ab Januar 2004 traten allmählich an beiden Händen und Füssen Beschwerden auf. An der Rheumatologischen Universitätsklinik des Spitals X.________ wurde im Januar 2005 die Diagnose einer seropositiven rheumatoiden Arthritis gestellt. A.________ meldete sich am 5. August 2005 bei der Invalidenversicherung zum Bezug einer Rente an. Die IV-Stelle Basel-Stadt zog die medizinischen Akten und den IK-Auszug bei, holte die Erfolgsrechnungen der Jahre 2000 bis 2004 und einen Abklärungsbericht für Selbständigerwerbende ein und liess die Versicherte durch Dr. med. B.________, Facharzt für Rheumatologie, Physikalische Medizin und Rehabilitation, begutachten. Der Arzt stellte in der Expertise vom 21. September 2006 die Diagnose einer wahrscheinlich rheumatoiden Arthritis (chronische Polyarthritis) bei radiologisch festgestellten erosiven Veränderungen an Händen und Füssen, welche Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit habe. Ohne solche Auswirkungen werden weiter eine ausgeprägte generalisierte Fibromyalgie am ehesten reaktiv bei einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung, ein Status nach Malleolarfraktur links, ein solcher nach Handgelenkkontusion rechts und ein Hallux valgus links stärker als rechts, angeführt. In der Tätigkeit als Reflextherapeutin bestehe seit Januar 2005 eine 50%ige Arbeitsfähigkeit. Eine solche bestehe auch in jeder anderen angepassten Tätigkeit, bei welcher keine Kraftanwendung beider Hände verlangt werde (Zusatzbericht vom 9. Oktober 2006). Um die gesundheitliche Entwicklung zu dokumentieren, wurde die Versicherte auf Veranlassung der IV-Stelle im Februar 2008 erneut von Dr. med. B.________ untersucht. Gemäss Gutachten vom 31. März 2008 sei der Verlauf der chronischen Polyarthritis mild bei grenzwertiger Rheumaserologie und einem negativen Waler-Rose-Test. Die Leistungsfähigkeit im Sinne des Händedrucks und der Bewegungsausmasse der Handgelenke sei gegenüber den Befunden von 2006 eindeutig besser. Die Arbeitsfähigkeit im angestammten Beruf wird ab Januar 2007 mit 75 % angegeben. Mit Verfügung vom 21. Mai 2008 eröffnete die IV-Stelle der Versicherten, sie habe keinen Anspruch auf Rentenleistungen, da ihr zumutbares Invalideneinkommen in einer angepassten 50%igen Tätigkeit als kaufmännische Angestellte höher sei als das hypothetische Valideneinkommen als selbständige Reflexzonentherapeutin. 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher sinngemäss die Ausrichtung einer Rente beantragt wurde, wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt mit Entscheid vom 11. Dezember 2008 ab. 
 
C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und stellt den Antrag auf Gewährung einer halben Invalidenrente. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
1.2 Die Feststellung des Gesundheitsschadens, d.h. die Befunderhebung und die gestützt darauf gestellte Diagnose betreffen ebenso eine Tatfrage wie die aufgrund von medizinischen Untersuchungen gerichtlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 398). Tatfrage ist weiter, in welchem Umfang eine versicherte Person vom funktionellen Leistungsvermögen und vom Vorhandensein bzw. von der Verfügbarkeit psychischer Ressourcen her eine (Rest-) Arbeitsfähigkeit aufweist und ihr die Ausübung entsprechend profilierter Tätigkeiten zumutbar ist, es sei denn, andere als medizinische Gründe stünden der Bejahung der Zumutbarkeit im Einzelfall in invalidenversicherungsrechtlich erheblicher Weise entgegen. Soweit hingegen die Beurteilung der Zumutbarkeit von Arbeitsleistungen auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützt wird, geht es um eine Rechtsfrage. Die konkrete Beweiswürdigung sodann stellt eine Tatfrage dar. Dagegen steht eine frei überprüfbare Rechtsfrage zur Diskussion, soweit gerügt wird, das kantonale Gericht habe den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) und die daraus fliessende Pflicht zu umfassender, sorgfältiger, objektiver und inhaltsbezogener Würdigung der medizinischen Berichte und Stellungnahmen (BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400) sowie den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) verletzt. 
 
2. 
Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 4 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 ATSG), den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG), die Bestimmung des Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) sowie die Aufgabe des Arztes oder der Ärztin im Rahmen der Invaliditätsbemessung (vgl. auch BGE 125 V 256 E. 4 S. 261 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Streitig ist der Anspruch auf eine Invalidenrente. Letztinstanzlich wird erstmals vorgebracht, die Vorinstanz habe das Valideneinkommen unrichtig ermittelt, weil die Gewinne der Jahre 2005 und 2006 nicht berücksichtigt worden seien. Da die Beschwerdeführerin damals schon krank gewesen sei, entspreche das Valideneinkommen dem verdoppelten durchschnittlichen Gewinn in diesen Jahren. Sie reicht dem Bundesgericht die entsprechenden Jahresabschlüsse als neue Beweismittel ein. 
Neue Vorbringen sind gemäss Art. 99 BGG grundsätzlich nicht zulässig; soweit es sich um neue Tatsachen oder Beweismittel handelt, dürfen diese nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Abs. 1). Die Beschwerdeführerin begründet nicht, warum sie die erwähnten Aktenstücke nicht bereits in ihrer Stellungnahme zum Vorbescheid, in welchem auch schon dargelegt wurde, aufgrund welcher Daten das Valideneinkommen ermittelt worden war, oder in ihrer Beschwerde vor dem kantonalen Gericht vorgelegt hat. Es ist auch nicht ersichtlich, warum die Jahresabschlüsse 2005 und 2006 nicht schon früher hätten vorgelegt werden können, inwiefern also erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gegeben habe. Das Gleiche gilt für den Einwand, das Valideneinkommen sei unrichtig ermittelt worden. Die neuen Vorbringen der Beschwerdeführerin sind daher ausser Acht zu lassen. 
 
4. 
Umstritten ist weiter, ob das Invalideneinkommen zu Recht aufgrund einer mindestens 50%igen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit, zum Beispiel als Empfangsdame oder Telefonistin, ermittelt wurde. 
 
4.1 Das kantonale Gericht hat in pflichtgemässer Würdigung der gesamten Aktenlage mit in allen Teilen überzeugender Begründung, auf die verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), erkannt, dass die Beschwerdeführerin für eine leidensangepasste wechselbelastende Tätigkeit ohne Heben von Lasten von mehr als 4 bis 6 kg im relevanten Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns - Januar 2006 - zu mindestens 50 % arbeitsfähig war. Seither habe sich die gesundheitliche Situation sogar verbessert, was aber vorliegend irrelevant sei. An dieser Betrachtungsweise vermögen die Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Sie sind nicht geeignet, die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung als offensichtlich unrichtig und unvollständig erscheinen zu lassen. Von einer willkürlichen Beweiswürdigung durch die Vorinstanz kann ohnehin nicht gesprochen werden. Eine Beweiswürdigung ist nicht bereits willkürlich, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint, sondern erst, wenn der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56). So verhält es sich hier indessen nicht. 
 
4.2 An diesem Ergebnis vermögen die Vorbringen der Beschwerdeführerin, welche zu grossen Teilen der erstinstanzlichen Beschwerde entsprechen und sich kaum mit den darauf bezogenen Erwägungen im angefochtenen Entscheid auseinandersetzen, nichts zu ändern. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, das Resultat der Begutachtung durch Dr. med. B.________ entspreche nicht ihren eigenen Wahrnehmungen und der Einschätzung ihrer behandelnden Ärztin am Spital X.________, betrifft dies grundsätzlich verbindliche Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz. Die geltend gemachte Oberflächlichkeit der Beurteilung wird nicht näher begründet und vermag das Gutachten vom 21. September 2006 nicht als offensichtlich unrichtig darzustellen. Die tatsächlichen Feststellungen sind nicht mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG und die rechtliche Würdigung des kantonalen Gerichts ist bundesrechtskonform. 
 
4.3 Die Beschwerdeführerin argumentiert sinngemäss, es sei ihr angesichts des Aufwandes, den sie in Bezug auf ihre selbständige Tätigkeit als Reflexzonentherapeutin in finanzieller und zeitlicher Hinsicht auf sich genommen hat, unzumutbar, in eine unselbständige Tätigkeit zu wechseln. 
4.3.1 Kann der nach Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung realisierte Verdienst nicht als Mass für das nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielbare Einkommen gelten, ist zu fragen, inwiefern der versicherten Person im Rahmen der Pflicht zur Selbsteingliederung (BGE 113 V 28 E. 4a) und im Lichte der Grundrechte (BGE 113 V 31 E. 4d) die Aufgabe der aktuellen und die Ausübung einer anderen erwerblichen Beschäftigung zuzumuten ist. Dabei sind die gesamten objektiven und subjektiven Umstände in Betracht zu ziehen. Bei den Anforderungen, welche unter dem Titel der Schadenminderung an den Versicherten gestellt werden, darf sich die Verwaltung nicht einseitig vom öffentlichen Interesse an einer sparsamen und wirtschaftlichen Versicherungspraxis leiten lassen, sondern sie hat auch die grundrechtlich geschützten Betätigungsmöglichkeiten des Leistungsansprechers in seiner Lebensgestaltung angemessen zu berücksichtigen. Welchem Interesse der Vorrang zukommt, kann nicht generell entschieden werden. Als Richtschnur gilt, dass die Anforderungen an die Schadenminderungspflicht zulässigerweise dort strenger sind, wo eine erhöhte Inanspruchnahme der Invalidenversicherung in Frage steht. Dies trifft insbesondere zu, wenn der Verzicht auf schadenmindernde Vorkehren Rentenleistungen auslösen würde (vgl. BGE 113 V 32 f.; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 708/03 vom 3. Januar 2005 E. 4.3.1). 
4.3.2 Der Wechsel in eine andere als die aktuell ausgeübte Tätigkeit erscheint vorliegend zumutbar. Als manuell tätige Therapeutin ist die Beschwerdeführerin insbesondere auf die uneingeschränkte Funktionsfähigkeit ihrer Hände angewiesen. Diese sind aber bei der diagnostizierten Polyarthritis primär betroffen. Es ist daher auch aus gesundheitlicher Sicht geboten, die mit dem Attest einer 50%igen Arbeitsfähigkeit beabsichtigte Schonung nicht durch extensiven Gebrauch der Hände wieder zu gefährden. Nachdem die selbständige Erwerbstätigkeit bereits im Jahre 1994 aufgenommen worden war, es der Beschwerdeführerin angesichts der Beträge gemäss IK-Auszug aber nicht gelungen ist, damit bis zum Ausbruch ihrer Krankheit im Jahre 2003 ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen, ist der Beschwerdeführerin ein Wechsel in eine den Leiden angepasste Tätigkeit zuzumuten. Die entsprechende Feststellung im vorinstanzlichen Entscheid ist jedenfalls nicht rechtswidrig. 
 
5. 
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 23. Juli 2009 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Schüpfer