Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_573/2023
Urteil vom 23. Juli 2024
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.
Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Claude Wyssmann,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 28. Juli 2023 (VSBES.2021.207).
Sachverhalt:
A.
A.a. Mit Verfügung vom 4. Januar 2013 lehnte die IV-Stelle des Kantons Solothurn das Gesuch des 1972 geborenen A.________ um Zusprache einer Invalidenrente ab. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 26. Mai 2014 in dem Sinne gut, als es die Verfügung aufhob und die Sache an die Verwaltung zurückwies, damit sie eine neue MEDAS-Abklärung im Sinne der Erwägungen einhole und hierauf neu entscheide.
A.b. Das von der IV-Stelle in der Folge beim Zentrum für Medizinische Begutachtung (ZMB), Basel, eingeholte polydisziplinäre Gutachten wurde am 16. April 2015 erstattet. Unter Zugrundelegung der dem Versicherten darin attestierten Arbeitsfähigkeit von 80 % in einer leidensangepassten (d.h. leichten bis mittelschweren) Tätigkeit ermittelte die IV-Stelle einen Invaliditätsgrad von 23 %. Am 9. August 2017 verfügte sie, es bestehe weder Anspruch auf berufliche Massnahmen noch auf eine Rente. Die von A.________ eingereichte Beschwerde hiess das kantonale Versicherungsgericht teilweise gut. Es bestätigte die Verfügung im Rentenpunkt und wies die Sache betreffend die beruflichen Massnahmen zur Neuprüfung an die IV-Stelle zurück (Urteil vom 14. Januar 2019). Diese verneinte mit Verfügung vom 29. August 2019 einen diesbezüglichen Anspruch.
A.c. Im Januar 2021 meldete sich der Versicherte ein weiteres Mal bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Einholung einer Stellungnahme ihres Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) und Durchführung des Vorbescheidverfahrens lehnte die IV-Stelle den Anspruch auf berufliche Massnahmen und eine Rente erneut ab (Verfügung vom 3. November 2021).
B.
A.________ liess wiederum Beschwerde erheben. Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn holte bei Prof. Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ein psychiatrisches Gerichtsgutachten ein, welches am 24. März 2023 erstattet wurde. Gestützt auf die gutachterliche Einschätzung, wonach der Versicherte in einer den psychischen Einschränkungen Rechnung tragenden Tätigkeit zu 37.5 % arbeitsfähig sei, hiess es die Beschwerde gut, hob die Verfügung vom 3. November 2021 auf (Dispositiv Ziffer 1) und sprach A.________ eine Dreiviertelsrente mit Wirkung ab 1. Juli 2021 zu (Ziffer 2). Es liess die Akten der IV-Stelle zukommen zwecks Prüfung des Anspruchs auf Verzugszins auf der Rentennachzahlung im Sinne der Erwägungen (Ziffer 3). Weiter verpflichtete es die IV-Stelle zur Ausrichtung einer Parteientschädigung an A.________ und zur Tragung der Gerichtskosten (Ziffer 4 und 5) sowie zur Übernahme der Kosten des psychiatrischen Gerichtsgutachtens in der Höhe von Fr. 16'560.- (Ziffer 6).
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die IV-Stelle beantragen, das kantonale Urteil sei, soweit es die Dispositiv Ziffern 1-5 betreffe, aufzuheben und die Verfügung vom 3. November 2021 zu bestätigen. Ziffer 6 betreffend die Überbindung der Kosten des psychiatrischen Gerichtsgutachtens sei aufzuheben und die Sache an das kantonale Versicherungsgericht zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Eventualiter seien die ihr auferlegten Kosten für das psychiatrische Gerichtsgutachten ermessensweise mindestens um die Hälfte zu reduzieren.
A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1).
2.
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie dem Beschwerdegegner rückwirkend ab 1. Juli 2021 (aufgrund der erst am 27. Januar 2021 erfolgten Neuanmeldung, vgl. Art. 29 Abs. 1 IVG) eine Dreiviertelsrente zusprach und die IV-Stelle zur Übernahme der Kosten des Gerichtsgutachtens in der Höhe von Fr. 16'560.- verpflichtete.
I. Zum Rentenanspruch
3.
Hinsichtlich des Rentenanspruchs rügt die Beschwerdeführerin einzig, die Vorinstanz habe zu Unrecht einen Revisionsgrund angenommen bzw. offensichtlich unrichtig festgestellt, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdegegners im revisionsrechtlich relevanten Zeitraum anspruchserheblich verschlechtert habe.
4.
4.1. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19.6.2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar.
4.2. Das kantonale Gericht hat die hier massgebenden Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Es betrifft dies insbesondere die bei einer Neuanmeldung analog anwendbaren Grundsätze zur Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG, Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV ; vgl. BGE 144 I 103 E. 2.1; 141 V 9 E. 2.3). Darauf wird verwiesen.
4.3. Kognitionsrechtlich gilt Folgendes: Ob eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist, betrifft eine Tatfrage und kann damit vom Bundesgericht nur auf offensichtliche Unrichtigkeit und auf Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG überprüft werden. Frei überprüfbare Rechtsfrage ist demgegenüber, ob mit der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG vorliegt (SVR 2023 IV Nr. 37 S. 124, 8C_533/2021 vom 13. April 2023 E. 4.2.5 mit Hinweisen).
5.
5.1. Die Vorinstanz hatte ergänzende Abklärungen für angezeigt erachtet wegen Unklarheiten beim psychischen Gesundheitszustand, in welchem Bereich, anders als betreffend das Rückenleiden, eine revisionsrelevante Verschlechterung nicht ohne weiteres habe ausgeschlossen werden können. So habe ein Vergleich des Berichtes der Psychiatrischen Dienste vom 2. Juni 2021 mit dem ZMB-Gutachten vom 16. April 2015 eine veränderte Befundlage ergeben und auch der Suizidversuch vom 16. März 2019 mit nachfolgender stationärer psychiatrischer Hospitalisierung habe auf eine Verschlechterung hingedeutet. Eine abschliessende Beurteilung sei indessen auch gestützt auf die Stellungnahme der RAD-Ärztin vom 7. September 2021 nicht möglich gewesen, denn eine Begründung für die darin postulierte Weitergeltung der im ZMB-Gutachten attestierten Arbeitsfähigkeit und eine Auseinandersetzung mit den seither ergangenen divergierenden Berichten habe gefehlt. Das aus diesen Gründen eingeholte Gerichtsgutachten vom 24. März 2023 sei voll beweiskräftig und gebe Aufschluss über die massgeblichen Indikatoren, so dass die gutachterlich festgestellten funktionellen Auswirkungen der psychischen Beeinträchtigungen hinreichend ausgewiesen seien. Die Begründung der Diagnosestellung (kombinierte Persönlichkeitsstörung [ICD-10: F61] mit emotional instabilen und abhängigen, ängstlich-vermeidenden Anteilen, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert [ICD-10: F33.4], anamnestisch mittelgradig bis schwere depressive Episoden, psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide: Abhängigkeitssyndrom [ICD-10 F12.2] und psychotische Störung [ICD-10: F12.5] sowie anhaltende Schmerzstörung [ICD-10: F45.0]) leuchte ein und gestützt auf die Indikatorenprüfung überzeuge auch die Arbeitsfähigkeitsschätzung (Restarbeitsfähigkeit von 37.5 %).
Zum Verlauf habe der Gutachter ausgeführt, der Versicherte habe sich zum Zeitpunkt der ZMB-Begutachtung vom 16. April 2015 offenbar in einem relativ stabilen Zustand befunden und wenig psychopathologische Defizite gezeigt; im Vergleich zur damaligen "Momentaufnahme" sei es im Durchschnitt über die letzten Jahre, insbesondere bis zum Zeitpunkt des Verfügungserlasses am 3. November 2021, zu einer Zustandsverschlechterung gekommen. Gestützt darauf sowie auf die Vorakten sei davon auszugehen, dass die vom Gerichtsgutachter attestierte Arbeitsfähigkeit von 37.5 % mindestens seit der Trittico-Intoxikation in suizidaler Absicht vom 16. März 2019 bestanden habe (vgl. Bericht der Psychiatrischen Dienste, Klinik C.________ [nachfolgend: Psychiatrische Dienste], vom 2. Juni 2021). Im Jahr 2019 habe der Beschwerdegegner von fraglichen akustischen Halluzinationen in Form von Tiergeräuschen berichtet, weswegen eine Neuroleptika-Medikation begonnen worden sei, worunter sich die Häufigkeit der psychotischen Episoden reduziert habe. Bei jeder Zuspitzung der depressiven Symptomatik werde der Beschwerdegegner vermehrt durch paranoid gefärbte Ängste überwältigt. Seit Dezember 2020 hätten sich Symptome wie Schlafstörungen, Niedergestimmtheit, Reizbarkeit, Antriebsverlust, Verfolgungsideen und akustische Halluzinationen verstärkt. Auch im Bericht der Psychiatrischen Dienste vom 1. April 2022 werde explizit eine Verschlechterung des Zustandes trotz intensivierter pharmakotherapeutischer Behandlung erwähnt. Bei dieser Sachlage sei von einer revisionsrelevanten Verschlechterung seit der letzten Rentenbeurteilung vom 9. August 2017 auszugehen.
5.2. Die Beschwerdeführerin vertritt demgegenüber den Standpunkt, es liege lediglich eine im revisionsrechtlichen Kontext unbeachtliche abweichende Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts vor, indem die Fachärzte die rezidivierende depressive Störung und die Persönlichkeitsstruktur des Versicherten unterschiedlich gewürdigt hätten. Das kantonale Gericht übersehe, dass seine Feststellung betreffend einen veränderten Gesundheitszustand auf der Kritik des Prof. Dr. med. B.________ an der Vorbegutachtung im Jahr 2015 beruhe. Der psychiatrische Gerichtsgutachter habe eine Veränderung nur insoweit erkannt, als der Zustand im Durchschnitt über die letzten Jahre im Vergleich zur "Momentaufnahme" von 2015 schlechter geworden sei.
5.3. Der Beschwerdegegner kritisiert, die IV-Stelle habe diesen Standpunkt im vorinstanzlichen Verfahren trotz mehrmaliger Gelegenheit nicht vorgebracht und damit ihre Mitwirkungspflicht verletzt. Ihre Rüge, es sei gemäss Beweisergebnis von einem unveränderten Sachverhalt auszugehen, sei zudem neu und daher unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG). Im Übrigen werde im angefochtenen Urteil die Feststellung einer gesundheitlichen Verschlechterung ausführlich begründet. Was daran offensichtlich unrichtig sein soll, vermöge die Beschwerdeführerin mit ihrer appellatorischen Kritik nicht aufzuzeigen.
6.
6.1. Es trifft zu, dass die IV-Stelle im kantonalen Verfahren von der ihr eingeräumten Gelegenheit, sich zum Gerichtsgutachten vom 24. März 2023 zu äussern, keinen Gebrauch gemacht, sondern auf eine Stellungnahme ausdrücklich verzichtet hat. Vor Bundesgericht vertritt sie sinngemäss den Standpunkt, entgegen dem angefochtenen Urteil liege ein Revisionsgrund auch bei Berücksichtigung der Einschätzung des Prof. Dr. med. B.________ nicht vor. Anders als der Beschwerdegegner dafürhält, kann in dieser (die bisherige ablehnende Haltung der IV-Stelle bestätigenden) Argumentation indessen keine neue Tatsachenbehauptung, welche novenrechtlich unzulässig wäre (Art. 99 Abs. 1 BGG), erblickt werden.
6.2. Zu prüfen ist, ob die beschwerdeführerischen Vorbringen die für das Bundesgericht grundsätzlich verbindliche (vgl. E. 4.3) vorinstanzliche Feststellung, wonach sich der Gesundheitszustand des Beschwerdegegners im massgebenden Vergleichszeitraum (d.h. zwischen dem 9. August 2017 und dem 3. November 2021) verschlechtert hat, als offensichtlich unrichtig oder sonst wie bundesrechtswidrig erscheinen lassen.
6.2.1. Wie die Vorinstanz zutreffend feststellte, ergaben sich erste Hinweise auf eine veränderte Befundlage, welche für die Annahme eines Revisionsgrundes im Sinne veränderter gesundheitlicher Verhältnisse vorausgesetzt wird (SVR 2023 IV Nr. 37 S. 124, 8C_553/2021 E. 4.2.4, und 2022 IV Nr. 19 S. 60, 9C_212/2021 E. 4.4.1), bereits bei einem Vergleich der im ZMB-Gutachten vom 16. April 2015 zum psychischen Gesundheitszustand getroffenen Feststellungen, wonach beim Versicherten lediglich ein labiles psychisches Gleichgewicht und eine gewisse psychische Minderbelastung, aktuell aber ein blander bzw. kein relevanter psychopathologischer Status bestand, mit dem Bericht der Psychiatrischen Dienste vom 2. Juni 2021, in welchem von paranoid gefärbten Ängsten sowie akustischen Halluzinationen (DD Pseudohalluzinationen) die Rede war. Weiter berichteten die Ärzte der Psychiatrischen Dienste schon damals von sich seit Dezember 2020 zuspitzenden psychopathologischen Symptomen (Schlafstörungen, Niedergestimmtheit, Reizbarkeit, Antriebsverlust, Verfolgungsideen und akustische Halluzinationen). Dass sich die gesundheitlichen Verhältnisse in diesem Sinne massgebend verschlechtert hatten, bestätigte schliesslich das Gerichtsgutachten vom 24. März 2023, in welchem das Leistungsvermögen wesentlich einschränkende (Arbeitsfähigkeit von 37.5 %) neue Befunde erhoben und zahlreiche psychiatrische Diagnosen gestellt wurden, so eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F61), eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert (ICD-10: F33.4), anamnestisch mittelgradig bis schwere depressive Episoden, psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide: Abhängigkeitssyndrom (ICD-10 F12.2), eine psychotische Störung (ICD-10: F12.5) sowie eine anhaltende Schmerzstörung (ICD-10: F45.0).
6.2.2. Dass es sich dabei - entgegen der IV-Stelle - nicht bloss um eine revisionsrechtlich unbeachtliche abweichende Einschätzung eines gleich gebliebenen Zustandes handelt bzw. die Verschlechterung sich nicht in der blossen Kritik des Prof. Dr. med. B.________ am ZMB-Gutachten vom 16. April 2015 erschöpft, zeigen die detaillierten Erläuterungen im Gerichtsgutachten vom 24. März 2023. So führte Prof. Dr. med. B.________ zwar aus, im Rahmen der ZMB-Begutachtung seien der rezidivierende/schwankende Verlauf und die verminderte Belastbarkeit zu wenig gewürdigt und das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung nicht adäquat abgeklärt worden, womit er sich - wie die IV-Stelle insoweit zutreffend vorbringt - kritisch zur damaligen Einschätzung der ZMB-Gutachter äusserte. Er liess aber nicht nur durchblicken, dass er damals bereits psychiatrische Diagnosen gestellt und das Leistungsvermögen des Versicherten geringer eingeschätzt hätte, sondern hielt darüber hinaus ausdrücklich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes fest. Dabei erkannte er eine solche Entwicklung, anders als die Beschwerdeführerin behauptet, nicht nur im Durchschnitt über die letzten Jahre verglichen mit der "Momentaufnahme" von 2015. Vielmehr zeigte Prof. Dr. med. B.________ auf, dass in den Akten zusätzlich ("zudem") eine Verschlechterung des Zustandes seit Dezember 2020 dokumentiert sei, wobei er auf den Gutachtensabschnitt "9.3 Verlauf über die Zeit" verwies, in welchem er sich mit den entsprechenden Feststellungen der Psychiatrischen Dienste auseinandersetzte (vgl. Berichte vom 1. April 2022 bzw. 2. Juni 2021). Auf diese Ausführungen sowie die durch den phasenhaften Verlauf bedingten Schwierigkeiten einer genauen zeitlichen Einordnung verwies Prof. Dr. med. B.________ schliesslich auch in seiner Antwort auf die Frage, wann ein allfälliger veränderter Gesundheitszustand mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % erreicht gewesen sei. Aufgrund seiner Aussagen steht damit fest, dass Prof. Dr. med. B.________ von einer gesundheitlichen Verschlechterung ausging und sich lediglich nicht in der Lage sah, deren Eintritt in zeitlicher Hinsicht genau zu bestimmen (weshalb er auf die entsprechende aktenmässige Dokumentation verwies).
6.2.3. Bei dieser Sachlage ist die vorinstanzliche Feststellung, wonach sich der Gesundheitszustand des Beschwerdegegners im massgebenden Vergleichszeitraum richtungsweisend verschlechtert hat, weder offensichtlich unrichtig noch sonst wie bundesrechtswidrig. Im angefochtenen Urteil wurde ein Revisionsgrund damit zu Recht bejaht. Die von der Vorinstanz in der Folge vorgenommene allseitige Prüfung des Rentenanspruches beanstandet die Beschwerdeführerin nicht; Weiterungen dazu erübrigen sich.
6.2.4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzte, indem sie dem Beschwerdegegner eine Dreiviertelsrente zusprach. Im Rentenpunkt ist die Beschwerde mithin abzuweisen.
7.
Soweit die IV-Stelle schliesslich auch die Aufhebung von Dispositiv Ziffer 3 des kantonalen Urteils beantragt, wonach sie den Anspruch auf Verzugszins auf der Rentennachzahlung im Sinne der Erwägungen zu prüfen hat, kann auf ihr Begehren nicht eingetreten werden, weil sie es mit keinem Wort begründet ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ).
II. Zu den Kosten des Gerichtsgutachtens
8.
8.1. Was die Kosten des Gerichtsgutachtens anbelangt, führte die Vorinstanz in E. 9.4 ihres Urteils lediglich aus, sie habe die durch die unzureichende Sachverhaltserhebung der IV-Stelle entstandene Abklärungslücke durch ein Gerichtsgutachten schliessen müssen. Aus diesem Grund habe die IV-Stelle die Kosten des Gutachtens von Prof. Dr. med. B.________ vom 24. März 2023 von Fr. 16'560.- zu tragen.
8.2. In ihrer Beschwerde macht die IV-Stelle eine Verletzung der Begründungspflicht im Sinne von Art. 61 Abs. 1 lit. h ATSG geltend. Sie hält eine Rückweisung an das kantonale Gericht zur Neubeurteilung nach Art. 45 Abs. 1 Satz 2 ATSG für gerechtfertigt, weil es nicht geprüft habe, ob ihr die exorbitanten Kosten des monodisziplinären Gutachtens einfach tel quel auferlegt werden durften. Deren Höhe entspreche in etwa dem in der aktuellen Vereinbarung betreffend die Erstellung von polydisziplinären Gutachten zwischen der IV und Gutachterstellen für ein Gutachten unter Einbezug von Allgemeiner Innerer Medizin und notabene 5 Disziplinen vorgesehenen Pauschalpreis von Fr. 16'371.- (inkl. Mehrwertsteuer; Anhang 2 "Tarif zur Vergütung der polydisziplinären medizinischen Gutachten" [Stand: 1. Februar 2023], Tarifziffer 290.4.1). Diese Diskrepanz lasse sich nicht erklären, auch nicht mit dem Umstand, dass der gerichtliche Sachverständige der Strafdrohung ( Art. 307 und 309 lit. a StGB ) unterstehe, was sich rechtsprechungsgemäss in der Sorgfalt und damit im Arbeitsaufwand niederschlagen könne.
8.3. Da die Beschwerdeführerin mit ihren (in E. 8.2 wiedergegebenen) Vorbringen nicht bestreitet, dass die Voraussetzungen für die Kostenüberbindung grundsätzlich gegeben waren (vgl. dazu BGE 143 V 269 E. 3.3; 140 V 70 E. 6.1; 139 V 496 E. 4.4), kann auf Ausführungen dazu verzichtet werden. In ihrer Eingabe beanstandet sie lediglich die Höhe der ihr überbundenen Kosten. Ob es sich bei der von ihr erst im letztinstanzlichen Verfahren sinngemäss vorgetragenen Behauptung, das Honorar sei übersetzt, um ein unzulässiges neues tatsächliches Vorbringen im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG handelt, wie der Beschwerdegegner dafürhält, kann aus den in E. 8.4 erwähnten Gründen offen bleiben.
8.4. Der Beschwerdeführerin ist insoweit zuzustimmen, als sie rügt, das kantonale Gericht hätte die Überbindung von Kosten in dieser Höhe begründen müssen. Es ist zwar anzunehmen, dass sich die Vorinstanz für das Massliche auf die Honorarrechnung des Gutachters vom 30. März 2023 stützte, welche in ihrem Urteil indessen mit keinem Wort erwähnt wurde (d.h. weder im Sachverhalt noch in den Erwägungen) und im Übrigen auch in den dem Bundesgericht vorliegenden Unterlagen fehlt. Den Akten lässt sich lediglich entnehmen, dass die Vorinstanz Prof. Dr. med. B.________ anlässlich der Auftragserteilung am 11. Oktober 2022 aufforderte, mit dem Gutachten eine "detaillierte, nach den einzelnen Positionen aufgegliederte Kostennote" einzureichen, und eine Kopie der nach der Gutachtenserstellung bei ihr eingegangenen Rechnung vom 30. März 2023 den Parteien mit Verfügung vom 6. April 2023 zur Kenntnisnahme zustellte (weil die Akten liquid sind, kann das Bundesgericht den Sachverhalt diesbezüglich ergänzen). Eine Auseinandersetzung mit dem von Prof. Dr. med. B.________ in Rechnung gestellten Honorar wäre nur schon deshalb angezeigt gewesen, weil der Betrag von Fr. 16'560.- das für ein monodisziplinäres Gerichtsgutachten üblicherweise zu Erwartende deutlich überstieg (vgl. beispielsweise Urteile 8C_98/2023 vom 10. August 2023: Fr. 10'000.- [auszugsweise veröffentlicht in: SVR 2023 UV Nr. 52 S. 184]; 8C_60/2023 vom 14. Juli 2023: Fr. 11'352.50; Urteil 9C_13/2012 vom 20. August 2012: Fr. 6'774.- [auszugsweise veröffentlicht in: SVR 2013 IV Nr. 1 S. 1], je Sachverhalt Bst. B). Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie sich mit der (in den eingereichten Akten fehlenden) Kostennote vom 30. März 2023 auseinandersetze und über die Höhe des von der IV-Stelle zu tragenden Gutachterhonorars neu entscheide.
III. Zu den Kostenfolgen
9.
9.1. Die Beschwerde führende IV-Stelle unterliegt im Rentenpunkt (d.h. mit ihren Begehren auf Aufhebung der Dispositiv Ziffern 1-5 des vorinstanzlichen Urteils sowie auf Bestätigung der Verfügung vom 3. November 2021) und obsiegt, soweit sie die Aufhebung von Dispositiv Ziffer 6 des vorinstanzlichen Urteils betreffend die Überbindung der Kosten des psychiatrischen Gerichtsgutachtens in der Höhe von Fr. 16'560.- und die diesbezügliche Rückweisung der Sache an das kantonale Versicherungsgericht zur Neubeurteilung beantragt. Bei diesem Prozessausgang rechtfertigt es sich, ihr die Gerichtskosten zu drei Vierteln und dem Beschwerdegegner zu einem Viertel aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Zudem hat die IV-Stelle dem Beschwerdegegner eine reduzierte Parteientschädigung auszurichten ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ).
9.2. Soweit der Beschwerdegegner unterliegt, ist ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, da seine Bedürftigkeit aktenkundig ist und die anwaltliche Vertretung geboten war ( Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG ). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach er der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn er später dazu im Stande ist.
9.3. Das vorliegende Urteil rechtfertigt keine Änderung der vorinstanzlichen Verlegung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung, weil dafür ausschliesslich die vom Bundesgericht bestätigte Zusprache einer Dreiviertelsrente an den Beschwerdegegner die Grundlage bildete.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Dispositiv Ziffer 6 des Urteils des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 28. Juli 2023 wird aufgehoben und die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwalt Claude Wyssmann wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin zu drei Vierteln (Fr. 600.-) und dem Beschwerdegegner zu einem Viertel (Fr. 200.-) auferlegt. Der Anteil des Beschwerdegegners wird vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.
4.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'100.- zu entschädigen.
5.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 700.- ausgerichtet.
6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 23. Juli 2024
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann