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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 360/03 
 
Urteil vom 23. September 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Krähenbühl 
 
Parteien 
D.________, 1958, Beschwerdeführer, vertreten durch die Winterthur-ARAG Rechtsschutz, Gartenhofstrasse 17, 8004 Zürich, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 31. März 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1958 geborene D.________ hat wegen Rückenbeschwerden und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung seit dem 1. September 1999 Anspruch auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung mit Zusatzrente für die Ehefrau und drei Kinderrenten. Am 6. September 2001 meldete er sich zum Bezug einer Hilflosenentschädigung an. Gestützt auf die Ergebnisse ihrer Abklärungen sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 12. April 2002 rückwirkend ab 1. September 2000 eine Hilflosenentschädigung wegen Hilflosigkeit leichten Grades zu. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Begehren um Gewährung einer Entschädigung wegen Hilflosigkeit mittelschweren Grades wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 31. März 2003 ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt D.________ seinen im kantonalen Verfahren gestellten Antrag erneuern. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung (Art. 42 Abs. 1 und 2 IVG), die in Art. 36 IVV geregelte, für die Höhe der Entschädigung wesentliche Unterscheidung dreier Hilflosigkeitsgrade und die nach der Rechtsprechung bei deren Bestimmung massgebenden sechs alltäglichen Lebensverrichtungen (Art. 42 Abs. 3 und 4 in Verbindung mit Art. 36 IVV; BGE 124 II 247 f., 121 V 90 Erw. 3a mit Hinweisen) zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird. 
Zu ergänzen ist, dass im Gebiet der Invalidenversicherung ganz allgemein der Grundsatz gilt, dass die versicherte Person, bevor sie Leistungen verlangt, auf Grund der ihr obliegenden Schadenminderungspflicht alles ihr Zumutbare selber vorzukehren hat, um die Folgen der Invalidität bestmöglich zu mildern (BGE 127 V 297 f. Erw. 4b/cc mit Hinweisen). Dies gilt auch im Bereich der Hilflosenentschädigung (ZAK 1989 S. 214 Erw. 1c mit Hinweis). 
1.2 Beizupflichten ist der Vorinstanz auch darin, dass vorliegend die Bestimmungen des auf den 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG), die dazugehörende Verordnung vom 11. September 2002 (ATSV) und die gestützt darauf auf Gesetzes- und Verordnungsstufe erfolgten Revisionen noch nicht anwendbar sind, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 12. April 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2). 
2. 
2.1 Von keiner Seite in Frage gestellt wird, dass der Beschwerdeführer in den drei Lebensverrichtungen "An-/Auskleiden", "Körperpflege" sowie "Fortbewegung/Kontaktaufnahme" regelmässig in erheblicher Weise auf fremde Hilfe angewiesen ist. Unbestrittenermassen keine Dritthilfe benötigt er demgegenüber in den Bereichen "Aufstehen/Absitzen/ Abliegen" sowie "Essen". 
2.2 Auf Grund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zunächst zu prüfen, ob auch im Bereich "Notdurftverrichtung" eine regelmässige Hilfsbedürftigkeit erheblichen Ausmasses besteht. Gegebenenfalls wäre damit bei vier der massgebenden sechs alltäglichen Lebensverrichtungen fremde Hilfe notwendig, sodass dem Beschwerdeführer rechtsprechungsgemäss ein Anspruch auf eine Entschädigung wegen mittelschwerer Hilflosigkeit zustehen würde (Art. 36 Abs. 2 lit. a IVV; BGE 121 V 90 Erw. 3a mit Hinweis). Trifft dies nicht zu, wäre weiter zu prüfen, ob zusätzlich zu den notwendigen Hilfeleistungen in drei alltäglichen Lebensverrichtungen eine dauernde persönliche Überwachung erforderlich ist, was für die Annahme einer mittelschweren Hilflosigkeit ebenfalls genügen würde (Art. 36 Abs. 2 lit. b IVV). 
3. 
3.1 Die Vorinstanz hat erwogen, eine Begleitung bei den nächtlichen Toilettengängen gehöre zum Bereich Hilfeleistung bei der Fortbewegung und könne beim Verrichten der Notdurft nicht nochmals berücksichtigt werden. Wie diese in BGE 121 V 88 noch ausdrücklich offen gelassene Frage (BGE 121 V 96 Erw. 6d in fine) zu beantworten ist, braucht vorliegend nicht geklärt zu werden. Wie im kantonalen Entscheid zutreffend dargelegt wird, kann nämlich bereits die Notwendigkeit einer solchen Begleitung nicht als ausgewiesen gelten. 
3.2 Aus dem Bericht der von der IV-Stelle mit der Abklärung der Verhältnisse an Ort und Stelle betrauten Mitarbeiterin vom 26. Februar 2002 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer nachts häufig aufsteht, um dann zur Linderung seiner Schmerzen im Zimmer hin- und herzugehen. Weiter erklärte er der Abklärungsperson, er sei in der Lage, sich in der Wohnung selbstständig fortzubewegen, wobei er allerdings schon bei kleinsten Unebenheiten wie etwa einem Teppichrand stürzen könne. Schliesslich lässt sich dem Abklärungsbericht entnehmen, dass der Beschwerdeführer nach der Verrichtung der Notdurft die Kleider selbstständig ordnet und ihm auch die Nachreinigung ohne fremde Hilfe möglich ist. Während der Abklärung soll er die Toilette aufgesucht haben, ohne Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. 
 
Wenn demgegenüber in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, nachts sei die bekannte Sturzgefahr wegen der veränderten Lichtverhältnisse akzentuierter als tagsüber, ist daraus noch nicht auf eine unabdingbar notwendige Begleitung auf dem Weg zur Toilette zu schliessen. Dem Beschwerdeführer sollte es vielmehr ohne grossen Aufwand möglich sein (vgl. Erw. 1.1 hievor, in fine), für günstigere Lichtverhältnisse auch während der Nacht zu sorgen, um so das Risiko eines Sturzes über Teppichränder zu vermindern bis gar ganz auszuschliessen. Sicher zumutbar wäre es auch, störende Teppiche anders zu verlegen oder zu beseitigen. Was die Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Notwendigkeit der regelmässigen Entleerung einer Urinflasche anbelangt, ist festzuhalten, dass die Verwaltung die Verwendung einer solchen zwar als mögliche Hilfe bei allfälligen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Notdurftverrichtung in Betracht gezogen hat. Aus den Akten ergeben sich indessen keinerlei Hinweise darauf, dass eine Urinflasche tatsächlich zum Einsatz gelangt. Entgegen der Argumentation in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist unter diesen Umständen die geltend gemachte Hilfsbedürftigkeit bei der "Notdurftverrichtung" nicht erstellt. 
4. 
4.1 In ihrem Bericht vom 26. Februar 2002 ausdrücklich verneint hat die von der IV-Stelle eingesetzte Abklärungsperson eine dauernde persönliche Überwachungsbedürftigkeit. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, er benötige täglich Medikamente, die ihm seine Ehegattin verabreichen müsse, da er sonst vergesse, sie einzunehmen; ebenso müsse ihm von seiner Ehefrau ein Lendengürtel jeweils an- und ausgezogen werden. Schliesslich macht er geltend, auf Grund der psychischen Beeinträchtigungen sei auch die Verabreichung von Medikamenten durch Drittpersonen sicherzustellen. 
4.2 Die dauernde persönliche Überwachung, wie sie in Art. 36 Abs. 2 lit. b IVV für die Annahme einer mittelschweren Hilflosigkeit alternativ verlangt wird, bezieht sich begrifflich nicht auf die alltäglichen Lebensverrichtungen. Vielmehr ist darunter eine medizinische und pflegerische Hilfeleistung zu verstehen, welche infolge des physischen und/ oder psychischen Gesundheitszustandes der versicherten Person notwendig ist. Eine solche persönliche Überwachung ist beispielsweise dann erforderlich, wenn eine versicherte Person wegen geistiger Absenzen nicht während des ganzen Tages allein gelassen werden kann (ZAK 1986 S. 486 Erw. 1a mit Hinweisen). Um als anspruchsrelevant gelten zu können, muss die persönliche Überwachung eine gewisse Intensität erreichen. 
 
Der Beschwerdeführer weist Rückenbeschwerden und eine somatoforme Schmerzstörung auf. Inwiefern bei diesem Leidensbild die regelmässige und korrekte Medikamenteneinnahme nur unter Kontrolle einer Drittperson gewährleistet sein sollte, ist nicht ersichtlich. Auf Grund der medizinischen Unterlagen jedenfalls ist nicht anzunehmen, dass sich der Beschwerdeführer in einem derart verwirrten Geisteszustand befinden würde, dass es ihm nicht mehr möglich wäre, sich selbst um seinen Bedarf an Medikamenten zu kümmern. Dass die hier geleistete Hilfe der Ehefrau einer Notwendigkeit entsprechen würde, ist nicht erstellt. Abgesehen davon dürfte diese Hilfeleistung auch kaum ein Ausmass erreichen, dass von einer Erfüllung der in Art. 36 Abs. 2 lit. b IVV genannten Voraussetzungen gesprochen werden könnte. Daran ändert nichts, wenn zusätzlich noch das An- und Ausziehen des Lendenmieders berücksichtigt würde, wobei offen bleiben kann, ob diese Hilfe nicht schon unter die Lebensverrichtung "An-/Auskleiden" fällt. Die konkreten Umstände lassen die Annahme einer persönlichen Überwachungsbedürftigkeit im Sinne von Art. 36 Abs. 2 lit. b IVV nicht zu. 
5. 
Ist somit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht in vier der entscheidrelevanten alltäglichen Lebensverrichtungen hilflos ist und auch keiner dauernden persönlichen Überwachung bedarf, haben Vorinstanz und Verwaltung den Anspruch auf eine Entschädigung wegen Hilflosigkeit mittelschweren Grades zu Recht verneint. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 23. September 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: