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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_483/2018  
 
 
Urteil vom 23. Oktober 2018  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Zingg. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Einwohnergemeinde U.________, 
2. Regionalgericht Bern-Mittelland, Zivilabteilung, 
3. Obergericht des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Provisorische Rechtsöffnung, unentgeltliche Rechtspflege, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, vom 30. April 2018 (ZK 18 108, ZK 18 109, ZK 18 195). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 14. November 2017 ersuchte die Einwohnergemeinde U.________ um provisorische Rechtsöffnung gegenüber A.________ in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Bern-Mittelland für den Betrag von Fr. 188'122.70. 
A.________ beantragte am 9. Dezember 2017 die Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs. Zudem ersuchte er um unentgeltliche Rechtspflege. 
Mit Entscheid vom 14. Februar 2018 erteilte das Regionalgericht die beantragte provisorische Rechtsöffnung. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wies es ab. Es auferlegte A.________ die Gerichtskosten von Fr. 750.-- und die Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 200.--. 
 
B.   
Am 28. Februar 2018 erhob A.________ Beschwerde an das Obergericht des Kantons Bern, und zwar sowohl gegen die Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung (Verfahren ZK 18 108) wie auch gegen die Abweisung seines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege (Verfahren ZK 18 109). Am 20. April 2018 ersuchte A.________ auch für das obergerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege (Verfahren ZK 18 195). 
Mit Entscheid vom 30. April 2018 trat das Obergericht auf die beiden Beschwerden nicht ein. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das obergerichtliche Verfahren wies es ab. Es auferlegte A.________ die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 600.--. 
 
C.   
Gegen diesen Entscheid hat A.________ (Beschwerdeführer) am 7. Juni 2018 (Postaufgabe) Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt auch für das bundesgerichtliche Verfahren unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Das Bundesgericht hat dem Beschwerdeführer am 8. Juni 2018 mitgeteilt, dass es keine Rechtsanwälte vermittle und es am Beschwerdeführer liege, einen Anwalt bzw. eine Anwältin mit der Interessenwahrung zu betrauen. 
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid steht die Beschwerde in Zivilsachen zur Verfügung (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75, Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die Begründung muss sachbezogen sein und sich auf den Streitgegenstand beziehen und beschränken; die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f.; 140 III 115 E. 2 S. 116). Strengere Anforderungen gelten für Verfassungsrügen (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerdeschrift ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den kantonalen Entscheid verletzt sein sollen (BGE 134 I 83 E. 3.2 S. 88; 142 III 364 E. 2.4 S. 368).  
 
1.3. Nicht einzutreten ist auf Anträge, mit denen der Beschwerdeführer verlangt, "alle Verfügungen und Entscheide der beiden Vorinstanzen" in den Betreibungen Nrn. xxx und yyy aufzuheben und die beiden Betreibungen zu löschen. Diese Anträge sind teilweise neu und deshalb unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). Sie gehen sodann teilweise über den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (provisorische Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. xxx und die unentgeltliche Rechtspflege in diesem Rechtsöffnungsverfahren) hinaus, weshalb weder über die Löschung von Betreibungen noch über andere Betreibungsverfahren zu urteilen ist. Schliesslich bleiben sie insofern zu unbestimmt, als sie sich auf nicht näher genannte Verfügungen und Entscheide der Vorinstanzen beziehen und sich nicht auf den Entscheid des Obergerichts vom 30. April 2018 beschränken, welcher vor Bundesgericht das einzige Anfechtungsobjekt darstellt.  
 
2.   
Das Obergericht ist auf die Beschwerde gegen die Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung mangels genügender Begründung nicht eingetreten. Der Beschwerdeführer setze sich mit den Erwägungen des Regionalgerichts in keiner Art und Weise auseinander. Er mache einzig geltend, gegen den Zahlungsbefehl sei beim Bundesgericht eine Beschwerde hängig und wenn diese gutgeheissen würde, wäre der angefochtene Entscheid hinfällig. Dieser Einwand sei vom Beschwerdeführer vor Regionalgericht nicht vorgebracht worden. Neue Tatsachenbehauptungen seien im Beschwerdeverfahren jedoch ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). 
Auch auf die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege ist das Obergericht mangels genügender Begründung nicht eingetreten. Das Gesuch sei vom Regionalgericht wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit abgewiesen worden. Vor Obergericht begründe der Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise, weshalb das Verfahren nicht aussichtslos gewesen sein soll. Stattdessen äussere er sich zur (unterbliebenen) Einreichung von Unterlagen und mache ein verfassungsmässiges Recht auf unentgeltliche Rechtspflege geltend. 
Das Obergericht hat schliesslich das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren abgewiesen. Die beiden Beschwerden seien als von Anfang an aussichtslos zu bezeichnen. Zudem habe der Beschwerdeführer seine finanziellen Verhältnisse, insbesondere seine Auslagen, wie bereits vor Regionalgericht, nicht einmal ansatzweise belegt. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, das Betreibungsamt Bern-Mittelland sei für die Betreibung nicht zuständig, da er zum damaligen Zeitpunkt Wohnsitz im Ausland gehabt habe. Solche Einwände sind mit Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG geltend zu machen und nicht im Rechtsöffnungsverfahren (BGE 120 III 7 E. 3 S. 9; vgl. für die vorliegend relevante Betreibung Urteil 5A_108/2018 vom 11. Juni 2018). Entsprechendes gilt für die weiteren angeblichen Mängel bei der Zustellung des Zahlungsbefehls (BGE 139 III 444 E. 4.1.1 S. 447).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer bringt ausserdem vor, er sei Laie und kenne die Begründungsanforderungen nicht. Wenn das Obergericht feststelle, dass seine Eingaben nicht den Anforderungen genügten, hätte es gemäss Art. 56 ZPO (gerichtliche Fragepflicht) oder Art. 69 ZPO (Unvermögen der Partei zur Prozessführung) vorgehen müssen.  
Die gerichtliche Fragepflicht nach Art. 56 ZPO bezieht sich auf Tatsachenbehauptungen. Sie entbindet nicht von einer gehörigen Begründung der Rechtsmitteleingabe (Urteile 5A_488/2015 vom 21. August 2015 E. 3.2.1 und 3.2.2; 4A_258/2015 21. Oktober 2015 E. 2.4.1; 5A_206/2016 vom 1. Juni 2016 E. 4.2 und 4.3). Das Obergericht war demnach nicht gehalten, den Beschwerdeführer gestützt auf Art. 56ZPO zur Verbesserung seiner Beschwerdebegründung anzuhalten. Auch sonst bestand dazu kein Anlass. Insbesondere besteht gestützt auf Art. 132 ZPO keine Handhabe, dass das Obergericht die den Begründungsanforderungen nicht genügende Beschwerde hätte zur Verbesserung zurückschicken können (Urteil 5A_206/2016 vom 1. Juni 2016 E. 4.2.2; vgl. BGE 137 III 617 E. 6.4 S. 622). 
Auch aus Art. 69 Abs. 1 ZPO kann der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Diese Vorschrift ist restriktiv zu handhaben. Dies ergibt sich bereits aus ihrem Wortlaut, wonach ihre Anwendung nur in Betracht kommt, wenn die Partei offensichtlich nicht imstande ist, den Prozess selber zu führen. Dass die Eingabe eines Laien als lückenhaft erscheint, rechtfertigt für sich allein die Annahme nicht, dass sie ihren Prozess nicht selber führen kann. I n Betracht fallen demgegenüber beispielsweise dauernde Abwesenheit oder gesundheitliche Beeinträchtigungen (zum Ganzen Urteile 5A_618/2015 vom 2. März 2016 E. 6.7; 5A_286/2015 vom 2. November 2015 E. 2.2.4; 5A_618/2012 vom 27. Mai 2013 E. 3.1). Dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wäre, sein Verfahren vor den kantonalen Gerichten selber zu führen, ist nicht ersichtlich: Seine Eingaben sind sprachlich verständlich, sie sind strukturiert und sie unterscheiden insbesondere zwischen den Anträgen, die ausdrücklich gestellt und als solche bezeichnet werden, und der zugehörigen Begründung. Demnach war das Obergericht nicht verpflichtet, nach Art. 69 ZPO vorzugehen. Insbesondere kann sich der Beschwerdeführer mit der Berufung auf Art. 69 ZPO nicht der Aufgabe entledigen, selber einen Anwalt zu suchen, der bereit ist, ihn zu vertreten und für ihn gegebenenfalls Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege zu stellen und weitere Rechtsvorkehren zu treffen. 
 
3.3. Der Beschwerdeführer bringt schliesslich vor, er verfüge über kein Vermögen und kein regelmässiges Einkommen, er sei Hausmann und könne sich keinen Anwalt leisten. Dies sei dem Gericht bekannt. Der Beweis der Bedürftigkeit werde ihm erst mit der Steuerveranlagung 2017 möglich sein, was dem Gericht ebenfalls bekannt sei. Er rügt in diesem Zusammenhang die Verletzung zahlreicher Verfassungsbestimmungen (Art. 5, Art. 7 bis Art. 9, Art. 12 und Art. 29 Abs. 3 BV).  
Diese Einwände gehen insofern an der Sache vorbei, als das Regionalgericht und das Obergericht die Gesuche des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege nicht wegen mangelnden Nachweises der Mittellosigkeit abgewiesen haben, sondern wegen Aussichtslosigkeit seines Standpunkts bzw. seiner Beschwerde. Insbesondere übergeht der Beschwerdeführer, dass er in Bezug auf die erstinstanzliche Ablehnung seines Gesuchs seine Beschwerde an das Obergericht nicht genügend begründet hat. Dass er dies entgegen der obergerichtlichen Beurteilung getan hätte, legt er nicht dar. Er beschränkt sich insoweit auf die bereits behandelten Einwände, Art. 56 ZPO und Art. 69 ZPO wären anzuwenden gewesen (oben E. 3.2). Seine Ausführungen sind allerdings auch insoweit unbehelflich, als ihm das Obergericht zusätzlich vorgehalten hat, er habe seine finanziellen Verhältnisse für sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im obergerichtlichen Verfahren nicht dargelegt. Weshalb dem Obergericht seine finanziellen Verhältnisse bekannt sein sollen, erläutert er nicht. Die blosse Behauptung der Mittellosigkeit belegt diese nicht. Seine Behauptung, er werde nach Auslandsabwesenheit erst für das Steuerjahr 2017 wieder veranlagt werden, stützt sich auf Sachverhaltselemente, die im angefochtenen Entscheid keine Grundlage haben und deshalb nicht berücksichtigt werden können (Art. 105 Abs. 1 BGG). Der Einwand geht ohnehin an der Sache vorbei: Selbst wenn keine aktuelle Veranlagung existiert, ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht erläutert, weshalb er keinerlei andere Unterlagen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse einreichen konnte (z.B. Kontoauszüge, ausländische Veranlagungen etc.). Ausserdem mutmasst er, man wolle verhindern, dass er einen Anwalt beiziehe. Dass solches der Fall wäre, ist nicht ersichtlich. Wie sich bereits dem von ihm selber zitierten Art. 29 Abs. 3 BV entnehmen lässt, besteht entgegen seiner Ansicht trotz allfälliger Mittellosigkeit kein unbedingter Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und trotz juristischer Unerfahrenheit einer Partei kein unbedingter Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung. Vielmehr ist für die unentgeltliche Rechtspflege (und Verbeiständung) zusätzlich die fehlende Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren erforderlich und für die unentgeltliche Verbeiständung kommt als weitere Voraussetzung hinzu, dass die Vertretung zur Wahrung der Rechte der Partei notwendig sein muss. An all dem ändert auch sein Argument nichts, die Spiesse der Parteien müssten gleich lang sein. Schliesslich ist es nicht Aufgabe der Gerichte, dem Beschwerdeführer einen Anwalt zu vermitteln. Wie bereits erläutert (oben E. 3.2 am Ende), liegt es an ihm selber, einen Anwalt beizuziehen. 
 
3.4. Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.  
 
4.   
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, war die Beschwerde von Anfang an aussichtslos. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren ist folglich abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Oktober 2018 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg