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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.435/2004 /bie 
 
Urteil vom 23. Dezember 2004 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, 
Ersatzrichterin Stamm Hurter, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, 
Münstergasse 3, 3011 Bern, 
Steuerrekurskommission des Kantons Bern, Sägemattstrasse 2, Postfach 54, 3097 Liebefeld. 
 
Gegenstand 
Direkte Bundessteuer 1997/1998, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 
22. Juni 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ ist Treuhänder und selbständigerwerbender Liegenschaftenhändler. 1993 erwarb er in T.________ Land und realisierte darauf die Überbauung "M.________-weg", bestehend aus drei Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 27 Wohnungen, drei Bastelräumen und 34 Einstellhallenplätzen. Von 1994 bis 1998 veräusserte er im Stockwerkeigentum 23 Wohnungen, zwei Bastelräume und 28 Einstellhallenplätze. Am 1. August 1995 überführte er eine 2½-Zimmer-Wohnung und einen Einstellhallenplatz (T.________ Grundbuchblatt [Gbbl.] Nrn. 1__-1 und 2___-2) von seinem Geschäftsvermögen in sein Privatvermögen. In der Steuererklärung 1997/98 deklarierte X.________ einen Überführungswert der Wohnung und des Einstellhallenplatzes von Fr. 300'000.--. Die Steuerverwaltung des Kantons Bern (Kreis Mittelland) setzte den Überführungswert der Eigentumswohnung (inkl. Einstellhallenplatz) mit Veranlagungsverfügung vom 21. Mai 1999 hingegen auf Fr. 513'000.-- fest (Eigentumswohnung Fr. 483'000.--; Einstellhallenplatz Fr. 30'000.--). Im Einspracheverfahren setzte sie den Überführungswert der Eigentumswohnung mit Einstellhallenplatz am 21. August 2001 auf Fr. 425'000.-- herab und veranlagte X.________ betreffend die direkte Bundessteuer auf ein steuerbares Einkommen von Fr. 819'762.-- anstelle der von ihm deklarierten Fr. 763'512--. 
B. 
Die Steuerrekurskommission des Kantons Bern wies am 22. Juni 2004 die Beschwerde X.________'s gegen den Einspracheentscheid ab, nachdem sie betreffend die fragliche, ins Privatvermögen überführte Eigentumswohnung ein Verkehrswertgutachten eingeholt hatte. 
C. 
X.________ hat am 29. Juli 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben. Er beantragt (für die direkte Bundessteuer), "das steuerpflichtige Einkommen pro 1997/98 von Fr. 819'700.-- (Fr. 819'763.--) sei um Fr. 56'200.- (Fr. 56'250.--) auf Fr. 763'500.-- (Fr. 763'512.--) herabzusetzen". Eventualiter beantragt er, ein zweites Gutachten erstellen zu lassen. 
Die Steuerverwaltung und die Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen, die Beschwerde abzuweisen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Der angefochtene Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern ist ein letztinstanzliches Urteil, das sich auf Steuerrecht des Bundes stützt und mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden kann (Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG und Art. 98 lit. g OG sowie Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer; DBG, SR 642.11). 
Aufgrund der Steuerharmonisierung sind die Kantone verpflichtet, für Beschwerden betreffend die direkte Bundessteuer eine zweite kantonale Gerichtsinstanz vorzusehen, wenn - wie im Kanton Bern - für die direkten kantonalen Steuern ein zweifacher kantonaler Instanzenzug besteht (vgl. BGE 130 II 65 ff.). Diese Verpflichtung findet hier noch keine Anwendung, da die Frist von acht Jahren, die den Kantonen offen stand (vgl. Art. 72 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG, SR 642.14]), in der fraglichen Steuerperiode 1997/ 1998 noch nicht abgelaufen war (Urteile 2A.189/2004 vom 27. Juli 2004 E. 1, 2A.585/2003 vom 15. November 2004 E. 1.1). Der Entscheid der Steuerrekurskommission kann daher direkt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden. Der Beschwerdeführer ist als Abgabepflichtiger hiezu legitimiert (Art. 103 lit. a OG). Auf seine frist- und formgerechte Eingabe ist einzutreten. 
1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 104 lit. a und lit. b OG), nicht jedoch die Unangemessenheit des angefochtenen Entscheids (vgl. Art. 104 lit. c OG) gerügt werden. Hat - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt, ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Entscheid gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung nicht schon dann, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie sich als eindeutig und augenfällig unzutreffend erweist (ASA 65 S. 390 ff. E. 3a S. 393, mit Hinweis). 
2. 
Der Einkommenssteuer unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte (Art. 16 Abs. 1 DBG). Steuerbar sind nach Art. 18 Abs. 1 DBG als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit - wie schon unter dem bis Ende 1994 geltenden Bundesbeschluss vom 9. Dezember 1940 über die direkte Bundessteuer (Bundessteuerbeschluss 1940; BdBSt) - alle Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Nach Art. 18 Abs. 2 DBG zählen dazu auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen. Der Veräusserung gleichgestellt ist die Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen (BGE 125 II 113 E. 4 und 5 S. 119 ff.). Für die Gewinnberechnung ist auf den Verkehrswert im Zeitpunkte der Privatentnahme abzustellen. Als massgeblicher Verkehrswert gilt der Erlös, der am Stichtag bei einem Verkauf an einen unabhängigen Dritten hätte erzielt werden können (ASA 50 S. 303 E. 2a). 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer anerkennt, dass der Gewinn aus der Überführung der Stockwerkeinheiten aus dem Geschäfts- ins Privatvermögen der direkten Bundessteuer unterliegt. Streitig sind hier einzig die Kriterien zur Bestimmung des Überführungswertes. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, als Überführungswert gelte ein Verkehrswert, der auf dem amtlichen Wert und auf dem Ertragswert basiere. Diesen Überführungswert veranschlagt er auf Fr. 300'000.--. 
3.2 Die Veranlagungsbehörde ging von einem Überführungswert der 2½-Zimmerwohnung mit Einstellplatz von zunächst Fr. 513'000.-- aus (Eigentumswohnung Fr. 483'000.-- Einstellhallenplatz Fr. 30'000.--). Diesen Wert ermittelte sie anhand des durchschnittlichen Verkaufserlöses pro 1/1000 Wertquote der verkauften Wohnungen in den Jahren 1994 bis 1998 und der Anzahl Wertquoten der fraglichen Wohnung (103/1000 x Fr. 4'692.-- = Fr. 483'000.--). Im Einspracheverfahren setzte sie den Überführungswert der Eigentumswohnung mit Einstellhallenplatz am 21. August 2001 auf Fr. 425'000.-- herab. Die Steuerverwaltung erwog, nachdem der Beschwerdeführer am 11. Juni 1996 eine gleichwertige Wohnung (inkl. Einstellhallenplatz) für Fr. 460'000.-- habe veräussern können, im Jahre 2000 aus dem Verkauf einer weiteren Wohnung aber "sogar ein kleiner Verlust" resultiert habe, sei der Verkehrswert analog den Gestehungskosten auf Fr. 425'000.-- festgesetzt worden. Damit sei den Einwendungen des Beschwerdeführers in hohem Masse Rechnung getragen worden. 
Das durch einen Experten im Verfahren vor der Steuerrekurskommission erstellte Gutachten vom 15. August 2003 ergab nach der Vergleichsmethode per 1. August 1995 einen Verkehrswert der Wohnung von Fr. 412'500.-- bzw. für den Einstellhallenplatz einen solchen von Fr. 30'000.--, insgesamt also Fr. 442'500.--. Die Vorinstanz verzichtete hingegen auf eine "Verschlechterung der Veranlagung" zu Lasten des Steuerpflichtigen (vgl. S. 7 des angefochtenen Entscheides) und schloss sich der Beurteilung der Veranlagungsbehörde an. 
3.3 Beim umstrittenen Verkehrswert handelt es sich um einen hypothetischen Wert, der durch Schätzung ermittelt werden muss. Der Schätzer hat auf die tatsächlichen Verhältnisse des konkreten Falles abzustellen und ist, um den gesuchten Wert annäherungsweise bestimmen zu können, auf Vergleichswerte und Erfahrungszahlen angewiesen. Die durch Schätzungen vorgenommenen Sachverhaltsfeststellungen werden daher oft als eine Art Ermessensbetätigung aufgefasst. Die Verwaltungsgerichte überprüfen sie in der Regel, gleich wie Ermessensentscheide, nur mit Zurückhaltung. Das Bundesgericht prüft jeweils - im Rahmen von Art. 105 OG -, ob die möglichen und zumutbaren Abklärungen getroffen worden sind und ob die Schätzung den Beurteilungsfaktoren in vernünftiger Weise Rechnung trägt (Urteile 2P.321/2003 und 2A.599/2003 vom 27. Oktober 2004, E. 5; 2A.107/ 2002 vom 6. September 2002 E. 2, ASA 71 S. 57 E. 2c; ASA 66 S. 484 E. 3; ASA 54 S. 211 E. 5b). 
3.4 Das Vorgehen der kantonalen Behörden im vorliegenden Fall hält einer solchen bundesgerichtlichen Prüfung stand. Die Vorinstanz hat in ihrem Urteil den vom Gutachter ermittelten Verkehrswert als korrekt angesehen, indessen zugunsten des Beschwerdeführers auf das leicht niedrigere Ergebnis der Schätzung der Steuerverwaltung abgestellt. Im angefochtenen Urteil wird dazu ausgeführt, mit diesem Vorgehen werde dem Umstand Rechnung getragen, dass bei Schätzungen immer ein gewisses Ermessen des Schätzers enthalten sei und deshalb die Resultate auch bei aufwendigen und korrekt durchgeführten Schätzungen leicht voneinander abweichen könnten. Diese Schlussfolgerung erweist sich nicht als offensichtlich unhaltbar. 
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist nicht ersichtlich, inwiefern die von der Vorinstanz für die Ermittlung des Verkehrswertes angewandte Schätzung an einem offensichtlichen Mangel leiden könnte. Der Gutachter hat für die Schätzung des Verkehrswertes auf tatsächlich erzielte Vergleichspreise abgestellt, nämlich auf die vom Beschwerdeführer beim Verkauf seiner übrigen Wohnungen erzielten Verkaufserlöse. Die Vergleichsmethode wird bei der Liegenschaftenschätzung, insbesondere bei Veräusserungen von Eigentumswohnungen, vorrangig angewendet (Urteil 2A.5/2002 vom 3. Juli 2002 E. 2.5, vgl. auch Art. 6 der Verordnung des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 31. Juli 1986 über die Bewertung der Grundstücke bei der direkten Bundessteuer [SR 642.112]). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Gutachter für seine Schätzung vorliegend auf die bekannten Vergleichspreise und nicht auf den vom Beschwerdeführer angeführten amtlichen Wert bzw. auf den Mietwert der fraglichen Liegenschaft abgestellt hat. 
3.5 Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Schätzung des Gutachters sei in sich unrichtig und weise einige Fehler und Ungereimtheiten auf. Er bemängelt insbesondere die im Gutachten erwähnten Investitionskosten, die Höhe des damaligen Mietzinses, die Nettowohnfläche, den Kaufpreis pro Quadratmeter, den Kapitalisierungssatz sowie die Nichtberücksichtigung der Thunersee-Überschwemmung im Jahre 1999. 
Dem Beschwerdeführer wurde von der Vorinstanz Gelegenheit geboten, sich sowohl zum Gutachten als auch zur nachfolgenden Stellungnahme des Gutachters zur Kritik des Beschwerdeführers zu äussern. Die Vorinstanz hat sich mit den Einwendungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und sie mit haltbaren Überlegungen verworfen. Es mag zutreffen, dass die Investitionskosten wie auch der Mietertrag im Gutachten nicht korrekt erfasst wurden; entscheidend ist jedoch, dass diese Angaben nicht in die Bewertung eingeflossen sind. Auch hat die Vorinstanz in nachvollziehbarer Weise dargelegt, weshalb auf die vom Gutachter ermittelten Nettoflächen und den Kaufpreis pro Quadratmeter abzustellen ist. Sie hat auch eingehend begründet, weshalb ein aufgrund der Thunersee-Überschwemmung im Jahre 1999 eingetretener Wertzerfall für den Verkehrswert im Jahr 1995 keine Rolle spielen kann. Von einer willkürlichen Nichtberücksichtigung oder rechtsmissbräuchlichen Beweiswürdigung, wie sie der Beschwerdeführer sinngemäss geltend macht, kann daher keine Rede sein. Wenn die Vorinstanz die vom Beschwerdeführer eingereichten Inseraterechnungen nicht als Beweis für die Unverkäuflichkeit der Wohnung inkl. Einstellhallenplatz angesehen hat, so ist dies weder willkürlich noch - wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht - als "Verletzung von Treu und Glauben" zu qualifizieren. Nachdem aus den Inseraterechnungen weder hervorging, dass sie die fragliche Eigentumswohnung betrafen, noch dass diese den allfälligen Interessenten zum Preis von Fr. 442'550.-- angeboten worden wäre, brauchte die Vorinstanz diese Belege - ohne jede Verletzung von Bundesrecht - nicht zu berücksichtigen. 
3.6 Die Vorinstanz hat sich demnach bei der Bestimmung des Überführungswertes der Eigentumswohnung mit Einstellhallenplatz an die massgebenden materiell-rechtlichen Grundsätze gehalten, namentlich hat sie alle die ihr möglichen und zumutbaren Abklärungen getroffen und allen Beurteilungsfaktoren Rechnung getragen. Ebenso kann nicht gesagt werden, die Ermittlung des Verkehrswertes sei offensichtlich falsch oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen zustande gekommen. Es besteht daher kein Anlass, dem in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestellten Beweisantrag auf Anordnung einer Zweitexpertise stattzugeben. 
4. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Steuerverwaltung und der Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. Dezember 2004 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: