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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 445/04 
 
Urteil vom 24. Februar 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiberin Polla 
 
Parteien 
H.________, 1946, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Ausfeld, Weinbergstrasse 18, 8001 Zürich, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 20. Juli 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1946 geborene H.________ meldete sich am 27. September 2002 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 13. März 2003 sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Wirkung ab 1. Mai 20002 eine halbe Rente (nebst Zusatzrente für die Ehefrau und einer Kinderrente) zu. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 27. Oktober 2003 fest. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsge-richt des Kantons Zürich mit Entscheid vom 20. Juli 2004 teilweise gut, indem es H.________ mit Wirkung ab 1. September 2003 bei einem Invaliditätsgrad von 75 % eine ganze Rente zusprach (Dispositiv-Ziffer 1). Ferner wurde darauf verzichtet, der IV-Stelle eine Prozessentschädigung aufzuerlegen, wobei der Rechtsvertreter von H.________ als unentgeltlicher Rechtsbeistand mit Fr. 1075.- entschädigt wurde (Dispositiv-Ziffer 3). 
C. 
H.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Entscheides sei die Vorinstanz zu verpflichten, ihm eine Prozessentschädigung zuzusprechen. 
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
1.2 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Gemäss Art. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 IVG ist Art. 61 lit. g ATSG im Bereich der Invalidenversicherung anwendbar. Die Auslegung und Anwendung des Art. 61 lit. g Satz 1 ATSG, welcher bestimmt, dass die obsiegende Beschwerde führende Person für das Verfahren vor kantonalem Versicherungsgericht Anspruch auf den Ersatz der Parteikosten hat, prüft das Eidgenössische Versicherungsgericht als Frage des Bundesrechts ebenso frei wie die Frage, ob die zugesprochene Parteientschädigung den Bemessungskriterien gemäss Art. 61 lit. g Satz 2 ATSG entspricht, wonach die vom Versicherungsgericht festzusetzenden Parteikosten ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses zu bemessen sind. 
1.3 Nach Art. 82 Abs. 2 ATSG haben die Kantone ihre Bestimmungen über die Rechtspflege diesem Gesetz innerhalb von fünf Jahren nach seinem In-Kraft-Treten anzupassen (Satz 1); bis dahin gelten die bisherigen kantonalen Vorschriften (Satz 2). Der Kanton Zürich hat bis anhin seine Rechtspflegebestimmungen noch nicht an das auf den 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG angepasst. Indessen genügt das Verfahrensrecht des Kantons Zürich sowohl hinsichtlich der nun bundesrechtlich verlangten einheitlichen Rechtspflegeinstanz (Art. 57 ATSG) ebenso wie in Bezug auf die weiteren für die Verfahrensordnung wesentlichen Punkte, insbesondere die in Art. 61 lit. a-i ATSG aufgestellten Minimalanforderungen an die kantonalen Beschwerdeverfahren, bereits heute den Anforderungen des ATSG. Bei dieser legislatorischen Ausgangslage gilt das Verfahrensrecht des Kantons Zürich im Sozialversicherungsbereich ohne weiteres über den 1. Januar 2003 hinaus, nicht nur während der durch diese Bestimmung eingeräumten fünfjährigen Übergangsfrist. Denn auch nach dem ATSG richtet sich das Verfahren in der kantonalen Sozialversicherungsrechtspflege in erster Linie nach kantonalem Recht, wie aus Art. 61 Ingress ATSG zweifelsfrei hervorgeht. An der grundsätzlichen und prioritären Geltung des kantonalen ATSG-konformen Verfahrensrechts für das Beschwerdeverfahren vor dem Sozialversicherungsgericht ändert die Übergangsbestimmung von Art. 82 Abs. 2 ATSG hingegen nichts (BGE 130 V 324 Erw. 2.1). 
1.4 Gemäss § 34 Abs. 1 des Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 7. März 1993 (Zürcher Gesetzessammlung 212.81) sowie gestützt auf § 8 und 9 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtlichen Gebühren, Kosten und Entschädi-gungen vom 6. Oktober 1994 (Zürcher Gesetzessammlung 212.812) haben die Parteien auf Antrag nach Massgabe ihres Obsiegens Anspruch auf den vom Gericht festzusetzenden Ersatz der Parteikosten. Dieser wird ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. 
2. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf Parteientschädigung im kantonalen Beschwerdeverfahren. Während die Vorinstanz von einem teilweisen Obsiegen zu einem Achtel ausgeht, vertritt der Versicherte die Auffassung, in der Hauptsache obsiegt zu haben. 
2.1 Die im Rahmen von Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG entwickelten Grundsätze zur Bemessung der Parteientschädigung haben unter der Herrschaft des ATSG weiterhin Geltung, denn die in Art. 61 lit. g zweiter Satz ATSG genannten Kriterien waren schon vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes bei der Festsetzung des Ersatzes der Kosten der Prozessführung und Vertretung zu beachten. Rechtsprechungsgemäss beurteilt sich die Frage des Obsiegens in einer materiellen Betrachtungsweise, bezugnehmend auf die im Beschwerdeverfahren gestellten Anträge. Nach der Praxis ist auch bei bloss teilweisem Obsiegen ein Anspruch auf Entschädigung zu gewähren (BGE 117 V 407; Kieser, ATSG-Kommentar, Art. 61 Rz 99), wobei bei einem Teilerfolg (gemessen am Ergebnis der Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids) grundsätzlich Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung besteht (BGE 117 V 407, 108 V 111; Leuzinger-Naef, Bundesrechtliche Verfahrensanforderungen betreffend Verfahrenskosten, Parteientschädigung und unentgeltlichen Rechtsbeistand im Sozialversicherungsrecht, SZS 1991, S. 182). Die Bedeutung der Streitsache im Besonderen beurteilt sich nach den Gegebenheiten des konkreten Falles (SVR 2000 IV Nr. 11 S. 33 Erw. 3c). Dazu kann auch der materielle Ausgang des vom Rechtsuchenden angestrebten Prozesses gehören. Ebenfalls kann das wirtschaftliche Interesse an der Sache mit berücksichtigt werden (BGE 114 V 88. Erw. 4c, ZAK 1989 S. 254 Erw. 4c.). Da weder der Arbeitsaufwand eines Rechtsvertreters noch die Wichtigkeit und Schwierigkeit einer Streitsache davon abhängig ist, ob ein Rechtsbegehren konkret oder allgemein gefasst und dementsprechend ganz oder teilweise gutgeheissen wird, hat die Rechtsprechung Art. 85 Abs. 2 lit. f Satz 3 AHVG stets dahin ausgelegt, dass auch der Beschwerdeführer, der nur einen wesentlichen Teilerfolg erzielt, mindestens Anspruch auf eine entsprechende Teilentschädigung seiner Parteikosten hat. Auch dort wo das Quantitativ einer Leistung streitig ist, rechtfertigt daher eine "Überklagung" eine Reduktion der Parteientschädigung nur, wenn das ziffernmässig bestimmte Rechtsbegehren den Prozessaufwand beeinflusst hat (BGE 117 V 407 Erw. 2c; EVGE 1967 S. 215 Erw. 3a). Bildet der invalidenversicherungsrechtliche Rentenanspruch an sich den Anfechtungs- und Streitgegenstand, rechtfertigt demgemäss der Umstand allein, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren abweichend von dem auf eine ganze oder höhere Teilrente gerichteten Rechtsbegehren keine ganze oder eine geringere Teilrente als beantragt zugesprochen erhält, noch keine Reduktion der Parteientschädigung (unveröffentlichtes Urteil M. vom 24. Februar 1997 [I 243/96]). 
2.2 
2.2.1 Die Vorinstanz hiess die Beschwerde teilweise gut und traf für den Versicherten einen für ihn günstigeren Entscheid, indem sie den Anspruch auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung zwar nicht wie beantragt ab Mai, so doch ab September 2003 bejaht hat. Somit besteht ein bundesrechtlicher Anspruch auf Parteientschädigung, da ein wesentlicher Teilerfolg erzielt wurde. Ein Abweichen vom grundsätzlichen Parteientschädigungsanspruch rechtfertigt sich auch nicht durch den Umstand, dass dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Verbeiständung gewährt wurde. Soweit die unentgeltlich vertretene Partei obsiegt, steht ihr der Anspruch auf eine Parteientschädigung zu (vgl. dazu BGE 117 V 404 f.), zumal die obsiegende Partei durch eine Abgeltung des Anwaltshonorars unter dem Titel der unentgeltlichen Verbeiständung insofern beschwert wird, als sie der Gerichtskasse, sobald sie dazu im Stande wäre, Ersatz zu leisten hätte, wie der Versicherte zu Recht bemerkt. Des Weiteren hält auch die vorinstanzliche Annahme, der Beschwerdeführer sei lediglich zu einem Achtel mit seinem Rechtsbegehren durchgedrungen, den Bemessungskriterien des Art. 61 lit. g ATSG nicht Stand. Weil das kantonale Gericht über eine Dauerleistung zu befinden hatte, rechtfertigt es sich nicht, den Umfang des Obsiegens lediglich anhand des Zeitraums von der Zusprechung der ganzen Rente bis zum Zeitpunkt des Einspracheentscheides zu bemessen, zumal allfällige Änderungen des Invaliditätsgrades - zumindest von Amtes wegen - erst im Rahmen der am 28. Februar 2007 vorgesehenen Revision (Art. 17 Abs. 2 ATSG; Mitteilung des Rentenbeschlusses vom 6. Februar 2003) berücksichtigt würden. Dem Beschwerdeführer kann demnach zwar insoweit nicht gefolgt werden, als er einwendet, es bestünde bis zum Erreichen des AHV-Alters im Jahre 2011 ein Anspruch auf die im vorinstanzlichen Entscheid festgesetzte Rentenhöhe. Dennoch obsiegt der Versicherte beim Ausgang des kantonalen Verfahrens zu einem wesentlichen Teil. Der Umstand, dass dem Beschwerdeführer lediglich vier Monate später als anbegehrt ein Rentenanspruch in der beantragten Höhe zugesprochen worden ist, führt gemäss dargelegter Praxis (Erw. 2.1 hievor) zu keiner Reduktion der Parteientschädigung, weshalb dem Beschwerdeführer für das vorinstanzliche Verfahren eine Entschädigung, welche einen angemessenen Ersatz der effektiv entstandenen Parteikosten darstellt, zusteht. 
2.2.2 Da sich Art. 61 lit. g ATSG ausdrücklich auf die Parteikosten bezieht, ist hauptsächlich auf den tatsächlichen Aufwand abzustellen. Zu diesen Vorgaben können auch die Festsetzungskriterien des kantonalen Rechts beachtet werden (Kieser, ATSG-Kommentar, Art. 61, Rz 101 und 102); dies gilt insbesondere in den Fällen, in welchen das Bundesrecht - wie hier - keinen Tarif vorgibt und die Regelung dieser Frage dem kantonalen Recht überlässt (Erw. 1.3 hievor). Gegen die vom kantonalen Gericht vorgenommene Berechnung der Entschädigung im Rahmen der unentgeltlichen Verbeiständung ist nichts einzuwenden, zumal diese den kantonalen Kriterien für die Bemessung der Parteikostenentschädigung folgt (§ 10 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtlichen Gebühren, Kosten und Entschädigungen vom 6. Oktober 1994, Zürcher Gesetzessammlung 212.812). Die Parteikostenentschädigung ist demnach in derselben Höhe von Fr. 1075.- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer), festzusetzen, was - bei einem am 25. Juni 2004 geltend gemachten Zeitaufwand von 4 ¾ Stunden und Baurauslagen von Fr. 49.50 - einem Stundenansatz von Fr. 200.- entspricht. 
3. 
Das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht ist kostenpflichtig, weil es nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, sondern die rein prozessuale Frage der Parteientschädigung betrifft (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Prozessausgang sind die Gerichtskosten von der Beschwerdegegnerin zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). Diese hat überdies dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 135 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wurde zurückgezogen und ist somit gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird Dispositiv-Ziffer 3 des Entscheides des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. Juli 2004 aufgehoben. 
2. 
Die Parteientschädigung für das kantonale Verfahren wird auf Fr. 1075.- festgesetzt. 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
4. 
Der geleistete Kostenvorschuss wird dem Beschwerdeführer zurücker-stattet. 
5. 
Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
6. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse SPIDA und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 24. Februar 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: