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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.403/2002 /bie 
 
Urteil vom 24. März 2003 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Bundesrichterin Yersin, 
Bundesrichter Merkli, Ersatzrichter Locher, 
Gerichtsschreiber Merz. 
 
X.________, Zürich, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Peter Ulrich, Universitätsstrasse 87, Postfach 2207, 8006 Zürich, 
 
gegen 
 
Kantonales Steueramt Zürich, Abteilung Direkte Bundessteuer, Waltersbachstrasse 5, 8090 Zürich, 
Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich, Talacker 41, 8090 Zürich. 
 
Direkte Bundessteuer 1991/92, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid 
vom 26. Juni 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Betreffend die direkte Bundessteuer 1991/92 wurden X.________ und seine Ehefrau am 19. August 1996 auf ein steuerbares Einkommen von Fr. 640'300.-- veranlagt. Ihre dagegen erhobene Einsprache hiess das Kantonale Steueramt Zürich mit Entscheid vom 12. März 1999 teilweise gut und setzte das steuerbare Einkommen auf Fr. 392'100.-- fest. Hiergegen gelangten die Eheleute an die Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich (im Folgenden: Rekurskommission); sie hielten an ihrem Antrag fest, gemäss Selbstdeklaration mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 106'000.-- veranlagt zu werden. Mit Entscheid vom 26. Juni 2002 trat die Rekurskommission auf die Beschwerde der Ehefrau nicht ein und wies die Beschwerde von X.________ ab; ausserdem setzte sie das steuerbare Einkommen neu auf Fr. 581'800.-- fest. 
B. 
X.________ hat am 21. August 2002 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und "die Einschätzung 1991/92 (...) gemäss Steuererklärung gestützt auf ein steuerbares Einkommen von Fr. 106'000.-- vorzunehmen". Er macht unter anderem eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend. 
C. 
Die Rekurskommission sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Kantonale Steuerverwaltung Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide betreffend die direkte Bundessteuer ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG; SR 172.021] sowie Art. 98 lit. g OG und Art. 112 Abs. 1 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer [BdBSt] bzw. Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]). Als betroffener Steuerpflichtiger ist der Beschwerdeführer gemäss Art. 103 lit. a OG zur Anfechtung des Entscheids der Rekurskommission befugt. Auf die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist demnach einzutreten. 
2. 
Der Beschwerdeführer macht unter anderem eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend. Die Rekurskommission habe in ihrem Entscheid eine "reformatio in peius" vorgenommen, ohne ihm vorher Gelegenheit zu geben, sich hierzu äussern zu können. Diese Rüge ist vorab zu behandeln, da eine derartige Rechtsverletzung ungeachtet der Erfolgsaussichten in der Sache selbst zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen kann (vgl. BGE 126 V 130 E. 2b S. 132). 
2.1 Die Vorinstanz ist der Auffassung, es werde durch ihren Entscheid nur die Situation im ursprünglichen Einschätzungsentscheid wiederhergestellt. Daher handle es sich nicht um eine Abänderung der Veranlagung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen nach Art. 143 Abs. 1 DBG. Somit sei die in dieser Bestimmung vorgesehene Anhörung auch nicht geboten. 
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bei der kantonalen Steuerrekurskommission war die Veranlagung in der Fassung des Einspracheentscheides vom 12. März 1999 und nicht die ursprüngliche Veranlagung vom 19. August 1996 (vgl. Art. 140 Abs. 1 Satz 1 und Art. 132 Abs. 2 DBG sowie Art. 106 Abs. 1 BdBSt). Demnach ist bei der Frage, ob die Veranlagung dort gemäss Art. 143 Abs. 1 Satz 2 DBG bzw. Art. 110 Satz 2 BdBSt zum Nachteil des Steuerpflichtigen abgeändert wurde, auf den Einspracheentscheid abzustellen. Eine derartige Abweichung zu Ungunsten des Beschwerdeführers ist hier offenkundig: Im Einspracheentscheid war er mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 392'100.-- veranlagt worden, im nachfolgenden Entscheid der Rekurskommission hingegen mit dem höheren Betrag von Fr. 581'800.--. 
2.2 Die Rekurskommission hat des Weiteren ausgeführt, die Verschlechterung beruhe auf einem Rechtsstandpunkt, mit dem die Steuerpflichtigen hätten rechnen müssen. Insofern fragt sich, ob eine Anhörung nach Art. 143 Abs. 1 Satz 2 DBG bzw. Art. 110 BdBSt vor jeder durch die kantonale Steuerrekurskommission beabsichtigten reformatio in peius stattzufinden hat oder nur dann, wenn diese auf wesentliche neue Gesichtspunkte gestützt werden soll (im letzteren Sinne für das Steuerbeschwerdeverfahren bezogen auf den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör: Urteile des Bundesgerichts vom 5. Februar 1958, ASA 27 S. 520, und vom 30. März 1984, ASA 55 S. 171 E. 2; Ernst Blumenstein/Peter Locher, System des Steuerrechts, 5. Aufl. 1995, S. 422; kritisch: Michele Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Diss. Bern 2000, S. 293; Ulrich Cavelti, in Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2000, N. 2 zu Art. 143 DBG; Max Imboden/René A. Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Band 1, 6. Aufl. 1986, Nr. 82 B/III/a, S. 508; René A. Rhinow/Beat Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, 1990, Nr. 82 B/III/a, S. 267). 
 
Eine Veranlagung kann laut Art. 110 BdBSt "nötigenfalls nach erneuter Anhörung der Parteien" und gemäss Art. 143 Abs. 1 Satz 2 DBG "nach Anhören des Steuerpflichtigen" zu dessen Nachteil abgeändert werden. 
 
Das Bundesgericht hat in einer Bundessteuerangelegenheit an die seit BGE 122 V 166 im Sozialversicherungsrecht bestehende Praxis, die direkt aus der verfassungsrechtlichen Garantie des rechtlichen Gehörs abgeleitet wird, angeknüpft; auf Art. 114 Abs. 1 OG bezogen ist es davon ausgegangen, der von einer Verschlechterung bedrohte Beschwerdeführer müsse vorher angehört und - jedenfalls nach der Praxis des EVG - ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass er den Rückzug seines Rechtsmittels erklären könne (Urteil 2A.129/1997 vom 4. Juni 1998, RDAT 1998 II Nr. 22t S. 353 E. 3c/bb S. 358; vgl. auch BGE 110 Ib 319 E. 8b S. 330; Urteil A.170/1983 vom 19. Dezember 1984, ASA 54 S. 211 E. 5c). Dabei sagt der Wortlaut des Art. 114 Abs. 1 OG selber nichts zur Notwendigkeit und den Modalitäten einer Anhörung aus. In der Folge hat das Bundesgericht in einem Verfahren betreffend kantonale Steuern festgehalten, jede Behörde müsse wegen des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör den Betroffenen von einer beabsichtigten Schlechterstellung unterrichten und ihm Gelegenheit zur Äusserung geben (Urteil 2P.433/1998 vom 30. September 1999, StR 55/2000 S. 569 E. 2e/bb S. 571). In den beiden letztgenannten Entscheiden wurde nicht (mehr) danach unterschieden, ob die durch kantonale Behörden in Aussicht genommene reformatio in peius auf neue Gesichtspunkte gestützt ist. 
 
Mit Blick darauf kann auch das in Art. 143 Abs. 1 Satz 2 DBG und Art. 110 BdBSt ausdrücklich statuierte Erfordernis der vorherigen bzw. erneuten Anhörung nicht davon abhängig sein, dass der reformatio in peius neue Gesichtspunkte zu Grunde liegen. Eine gegenteilige Interpretation dieser Bestimmungen würde ansonsten möglicherweise nicht einmal den von der Rechtsprechung direkt aus der Verfassung abgeleiteten Minimalgarantien des rechtlichen Gehörs entsprechen. Eine Äusserungsmöglichkeit ist daher bereits einzuräumen, wenn die kantonale Steuerrekurskommission - wie hier - eine vom angefochtenen Entscheid zum Nachteil des Steuerpflichtigen abweichende Veranlagung beabsichtigt (in diesem Sinne Ulrich Cavelti, a.a.O., N. 2 zu Art. 143 DBG; und allgemein, nicht nur beschränkt auf Art. 143 DBG: Ernst Blumenstein/Peter Locher, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl. 2002, S. 461; Michele Albertini, a.a.O., S. 293; Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl. 1999, N. 15 zu § 27; Thomas Merkli/Arthur Aeschlimann/Ruth Herzog, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, 1997 N. 11 zu Art. 73; Max Imboden/ René A. Rhinow, a.a.O., S. 508). 
2.3 Nach dem Gesagten hätte die Rekurskommission den Beschwerdeführer vor ihrem Entscheid auf ihre Absicht, zu einer reformatio in peius zu schreiten, aufmerksam machen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen müssen. Dies hat sie unterlassen und damit Bundesrecht verletzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Seine Verletzung führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides (BGE 125 I 113 E. 3 S. 118; 120 Ib 379 E. 3b S. 383; 119 Ia 136 E. 2b S. 138, mit Hinweisen). Eine Heilung durch das bundesgerichtliche Verfahren kommt hier nicht in Betracht. Diese muss nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Ausnahme bleiben (vgl. BGE 126 V 130 E. 2b S. 132; 126 II 111 E. 6b/aa S. 123 f., mit Hinweisen). Von einer Heilung ist hier unter anderem im Interesse des Betroffenen abzusehen. Ihm soll zur Ausübung seiner Mitwirkungsrechte im steuerrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht zugemutet werden, bis ans Bundesgericht gelangen zu müssen, zumal es um sehr bedeutende Beträge geht. Ausserdem wird die Rekurskommission darüber zu befinden haben, ob sie einem allfälligen, im Rahmen der Anhörung erklärten Rechtsmittelrückzug stattgeben will. Sinn der Anhörung nach Art. 143 DBG und Art. 110 BdBSt ist sodann, dass die (letzte) kantonale Instanz möglichst in Kenntnis aller notwendigen Tatbestandselemente entscheidet. Damit wird im Übrigen auch den Zielsetzungen des Art. 105 Abs. 2 OG entsprochen (vgl. BGE 125 II 369 E. 2d S. 373, mit Hinweisen; BBl 1991 II 478). Schliesslich sind vorliegend keine Gründe ersichtlich, die einem raschen Entscheid in der Sache den Vorzug vor einer korrekten Abwicklung des Verfahrens geben. 
3. 
3.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als begründet und ist gutzuheissen. Auf die weiteren (materiellen) Rügen des Beschwerdeführers ist hier nicht mehr einzugehen. Der angefochtene Entscheid ist - soweit er den Beschwerdeführer betrifft und damit den Nichteintretensentscheid gegenüber seiner Ehefrau ausgenommen - aufzuheben und die Angelegenheit an die kantonale Steuerrekurskommission zur Weiterführung des Verfahrens mit Gewährung des rechtlichen Gehörs zurückzuweisen. 
3.2 Sollte der Beschwerdeführer - mit Blick auf eine drohende reformatio in peius - den Rückzug seiner Beschwerde gegenüber der kantonalen Steuerrekurskommission erklären, wird diese darüber zu befinden haben, ob und unter welchen Umständen sie dem entsprechen kann. Unter dem Regime des Bundesratsbeschlusses (BdBSt) liegt die Beendigung des Beschwerdeverfahrens nicht im Belieben des Steuerpflichtigen und erfordert unter Umständen sogar die Einwilligung der kantonalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung (vgl. Art. 110 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 3 und Art. 104 BdBSt; Ernst Känzig/Urs R. Behnisch, Die direkte Bundessteuer, III. Teil, 2. Aufl. 1992, N. 4 zu Art. 109, N. 2 zu Art. 110 und N. 33 zu Art. 112). Im Anwendungsbereich des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) ist die Regelungslage für das Beschwerdeverfahren nicht derart eindeutig (vgl. Art. 140 ff., insbes. Art. 142 Abs. 4, und Art. 134 Abs. 2 DBG). Das Bundesgericht, das sich dazu bislang nicht zu äussern hatte, lässt diese Frage hier vorerst offen. Sollte die Rekurskommission zur Ansicht gelangen, das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) weiche insoweit vom Bundesratsbeschluss ab, wird sie sich ebenfalls damit befassen müssen, welches Recht auf den Rückzug anzuwenden ist. Im Allgemeinen sind neue Verfahrensvorschriften auf hängige Verfahren sofort anzuwenden. Doch gerade in Bezug auf das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer hat es sich zumindest gelegentlich als gerechtfertigt erwiesen, davon abzuweichen (vgl. BGE 126 II 1 E. 2a S. 2 f.; insbesondere Urteil 2A.181/1995 vom 30. September 1997 in ASA 67 S. 409 E. 3). Bei einem Rückzug der Beschwerde wird die Rekurskommission auch den zu beteiligenden Behörden (vgl. Art. 142 DBG, Art. 108, 106 Abs. 3 und 104 BdBSt) wegen der in dieser Erwägung aufgeworfenen Fragen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben. 
3.3 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Kanton Zürich, um dessen Vermögensinteressen es auch geht, aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 2 OG in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Dieser hat dem Beschwerdeführer ferner eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 26. Juni 2002 betreffend den Beschwerdeführer aufgehoben und die Angelegenheit zur Weiterführung des Verfahrens an die Bundessteuer-Rekurskommission zurückgewiesen wird. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Kanton Zürich auferlegt. 
3. 
Der Kanton Zürich wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Steueramt Zürich (Abteilung Direkte Bundessteuer), der Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung (Abteilung Rechtswesen Direkte Bundessteuer) schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. März 2003 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: