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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.83/2005 /pai 
 
Urteil vom 24. März 2005 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd. 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher A.________, 
 
gegen 
 
Y.________, Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nötigung; Zulassung als Privatklägerin, 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer, vom 4. Februar 2005. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Am 6. April 2004 erstattete Fürsprecher A.________ gegen Fürsprecher Y.________ Strafanzeige wegen Nötigung. Er begründete seine Anzeige im Wesentlichen damit, Fürsprecher Y.________ habe ihm fristlos gekündigt und ein Hausverbot erteilt, so dass er - Fürsprecher A.________ - die Pflichten gegenüber seinen Mandanten nicht mehr habe wahrnehmen können. Die Strafverfolgung gegen Fürsprecher Y.________ wurde in der Folge durch Überweisung an das Einzelgericht eröffnet. Am 23. November 2004 beantragte X.________, eine Mandantin des Strafanzeigers, im Verfahren gegen Fürsprecher Y.________ als Privatklägerin zugelassen zu werden, weil die Nötigung direkt auch zu ihrem Nachteil erfolgt sei. Dieses Gesuch wies die Gerichtspräsidentin 14 des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen am 9. Dezember 2004 ab. Das Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, bestätigte den erstinstanzlichen Entscheid am 4. Februar 2005 auf Appellation von X.________ hin. 
 
Dagegen führt X.________ eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde beim Bundesgericht und beantragt, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, sie als Privatklägerin im Verfahren gegen Fürsprecher Y.________ zuzulassen. 
2. 
Die Vorinstanz hat in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Entscheids auf die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht verwiesen. Ob diese Beschwerdemöglichkeit im Einzelfall offen steht, richtet sich nach den im Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege geregelten Voraussetzungen (Art. 268 BStP ff.). Liegen diese nicht vor, kann auf die Rechtsvorkehr nicht eingetreten werden. Eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung ändert hieran nichts (für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde BGE 113 Ib 212 E. 1). 
3. 
Gemäss Art. 270 lit. g BStP steht die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde dem Privatstrafkläger zu, wenn er nach den Vorschriften des kantonalen Rechts allein und ohne Beteiligung des öffentlichen Anklägers die Anklage geführt hat. Nur der prinzipale Privatstrafkläger ist gestützt auf diese Bestimmung zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert. Voraussetzung dafür ist, dass der öffentliche Ankläger nach dem kantonalen Prozessrecht nicht zur Anklage befugt ist, so dass diese von Anfang an einzig dem Privatstrafkläger zusteht. Mit dieser Regelung ist sichergestellt, dass auch dort, wo der öffentliche Ankläger keine Parteirechte ausüben konnte, ein zur Beschwerde befugter Kläger vorhanden ist (BGE 62 I 55; 110 IV 114 E. 1a). Der Privatstrafkläger führt die Anklage auch dann nicht allein, wenn der öffentliche Ankläger von seinem Appellationsrecht keinen Gebrauch macht, sondern beispielsweise im Appellationsverfahren auf seine Parteirechte stillschweigend oder ausdrücklich verzichtet (BGE 128 IV 39 E. 2a; 127 IV 236 E. 2b/aa). Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Den Ausführungen des angefochtenen Beschlusses ist zu entnehmen, dass der Generalprokurator des Kantons Bern vorliegend auf eine Verfahrensbeteiligung verzichtet hat. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, die Beschwerdeführerin habe allein und ohne Beteiligung des öffentlichen Anklägers Anklage geführt. Sie ist deshalb gestützt auf Art. 270 lit. g BStP zur Nichtigkeitsbeschwerde nicht befugt. 
 
Ebenfalls ausser Betracht fällt eine Legitimation der Beschwerdeführerin als Strafantragstellerin (Art. 270 lit. f BStP) oder als Opfer (Art. 270 lit. e BStP), da es vorliegend weder um das Strafantragsrecht als solches geht, noch die Beschwerdeführerin Opfer im Sinne von Art. 2 OHG ist, da sie durch die (angebliche) Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität nicht unmittelbar beeinträchtigt worden ist (BGE 129 IV 206 E. 1b; 128 IV 39 E. 3b/bb). 
4. 
Eine Entgegennahme der Eingabe als staatsrechtliche Beschwerde scheitert daran, dass sie die gesetzlichen Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht erfüllt. 
5. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann nicht gutgeheissen werden, weil die Beschwerde von vornherein aussichtslos erschien (Art. 152 OG). Die Beschwerdeführerin wird damit grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG, Art. 278 Abs. 1 StPO). Angesichts der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Beschluss wird auf die Kostenerhebung verzichtet. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. März 2005 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: