Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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2C_509/2016
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Urteil vom 24. Mai 2017
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Mayhall.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Willensvollstrecker im Nachlass des B.D.________ sel.,
vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Sramek,
Beschwerdeführer,
gegen
Gemeinderat U.________,
Kantonales Steueramt Aargau.
Gegenstand
Veräusserungsgewinn, Kantons- und Gemeindesteuern 2007
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 22. April 2016.
Sachverhalt:
A.
B.D.________ bewirtschaftete vor seinem Tod am 28. März 2015 als selbstständiger Landwirt (ursprünglich zusammen mit seiner am 16. Ja nuar 2009 verstorbenen Ehefrau C.D.________) einen Landwirtschaftsbetrieb in U.________ (Grundbuch U.________ Parzelle Nr. xxx). In den Jahren 2006 und 2007 erschloss, parzellierte und verkaufte B.D.________ sel. drei in der Bauzone gelegene Grundstücke, welche ursprünglich Teil dieser Parzelle gebildet hatten. Die Steuererklärung der Steuerpflichtigen für die direkte Bundessteuer sowie die Kantons- und Gemeindesteuern der Steuerperiode 2007 datiert vom 21. Mai 2008 und diejenige für Grundstückgewinne derselben Steuerperiode vom 1. Juni 2008. Die Steuerkommission U.________ veranlagte die Steuerpflichtigen am 18. April 2013, wobei sie die drei Grundstückverkäufe bei den Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit berücksichtigte, und Einkünfte von Fr. 863'391.-- aufrechnete. Eine gegen die Veranlagung vom 18. April 2013 von den Steuerpflichtigen geführte Einsprache wies die Steuerkommission E.________ am 26. August 2014 ab.
B.
Das Spezialverwaltungsgericht wies den von den Steuerpflichtigen gegen den Einspracheentscheid erhobenen Rekurs am 21. Mai 2015 ab. Die vom Willensvollstrecker im Nachlass von B.D.________ sel. erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. April 2016 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 30. Mai 2016 beantragt der Willensvollstrecker im Nachlass von B.D.________ sel., das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 30. Mai 2016 sei kostenfällig aufzuheben und das steuerbare Einkommen von C.D.________ und B.D.________ sel. sei um Fr. 863'391.-- auf Fr. 58'850.-- herabzusetzen; eventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Angelegenheit zur Neuentscheidung an die Vorinstanz bzw. subeventualiter an die Steuerkommission U.________ zurückzuweisen oder das Beschwerdeverfahren bis zum rechtsgültigen Abschluss des hängigen Gesetzgebungsverfahrens zum Bundesgesetz über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke bzw. bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zu sistieren.
Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit Eintreten.
Erwägungen:
1.
1.1. Der Beschwerdeführer hat frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Sie richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz auf dem Gebiet der direkten Kantons- und Gemeindesteuern (Grundstückgewinnsteuern) der Steuerperiode 2007. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG in Verbindung mit Art. 73 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 [StHG; SR 642.14]).
1.2. Der Beschwerdeführer, welcher den Prozess um ausstehende Steuerschulden kraft seines Amtes als Prozessstandschafter in eigenem Namen, aber auf Rechnung des Nachlasses führt (BGE 129 V 113 E. 4.2 S. 116 ff.; 116 II 131 E. 3a S. 133 ff.; Urteile 4A_533/2013 vom 27. März 2014 E. 1.2; 5P.355/2006 vom 8. November 2006 E. 3.1), hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist mit seinen Anträgen unterlegen. Er ist zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).
1.3. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Als spezialgesetzliche Bestimmung ermöglicht Art. 73 StHG dem Bundesgericht nicht nur die Prüfung der Vereinbarkeit der kantonalen Gesetzgebung mit den bundesrechtlichen Vorgaben des Steuerharmonisierungsgesetzes mit freier Kognition (wozu es sich bereits auf Art. 95 BGG stützen könnte), sondern, zur Herstellung der Konkordanz mit dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG, SR 642.11), auch die freie Überprüfung der Auslegung und Anwendung von harmonisiertem kantonalem Gesetzesrecht. In den Bereichen, in denen das Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sichdie Kognition des Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 210; 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteile 2C_693/2014 / 2C_694/2014 vom 4. März 2015 E. 2.1; 2C_153/2014 vom 4. September 2014 E. 1.2).
2.
Die Vorinstanz hat erwogen, die verkauften Parzellen hätten im Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr dem Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) unterstanden, weshalb der Wertzuwachsgewinn nicht mit der Grundstückgewinnsteuer, sondern mit der Einkommenssteuer zu erfassen sei. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass diese Betrachtungsweise der Rechtsprechung gemäss BGE 138 II 32 entspricht. Er bringt jedoch vor, gemäss der bis zu jenem Entscheid herrschenden aargauischen Praxis wäre auf den vorliegenden Fall die privilegierte Besteuerung gemäss § 27 Abs. 4 des Steuergesetzes vom 15. Dezember 1998 (StG/AG) angewendet worden. Er rügt eine Verletzung von Art. 9 BV sowie von § 22 Abs. 1 KV/AG (Anspruch auf rechtliches Gehör und faire Behandlung in Verfahren), dadurch dass die Steuerbehörden das Veranlagungsverfahren während mehrerer Jahre (2008 bis 2013) stillschweigend sistiert und die Steuerpflichtigen Jahre später in Anwendung einer in der Zwischenzeit zu Ungunsten der betroffenen Steuerpflichtigen geänderten Praxis veranlagt hätten.
2.1. Eine neue oder geänderte Gerichtspraxis findet, unter Vorbehalt des Grundsatzes des Vertrauensschutzes (Urteil 2C_509/2013 vom 8. Juni 2014 E. 2.4.6 mit weiteren Hinweisen) grundsätzlich Anwendung auf alle noch hängigen Verfahren. Gestützt auf Art. 29 Abs. 1 BV besteht ein Anspruch auf Beurteilung einer Streitsache innert angemessener Frist. Die Angemessenheit einer Verfahrensdauer beurteilt sich nach der Art des Verfahrens und den konkreten Umständen einer Angelegenheit (wie Umfang und Komplexität der aufgeworfenen Sachverhalts- und Rechtsfragen, Bedeutung des Verfahrens für die Beteiligten; BGE 135 I 265 E. 4.4 S. 277; GEROLD STEINMANN, in: St. Galler Kommentar zur Schweizerischen Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, N. 22 zu Art. 29 BV). Führt eine ungebührliche Verfahrensverzögerung durch die Behörden dazu, dass zum Nachteil der Privaten eine neue Praxis anwendbar wird, die bei rechtzeitiger Verfahrenserledigung noch nicht angewendet worden wäre, so ist es allenfalls denkbar, dass aus Rechtsgleichheits- und Fairnessgründen die frühere Praxis noch anzuwenden ist (vgl. BGE 110 Ib 332 E. 3a S. 336 f.). Wie es sich damit verhält, braucht jedoch nicht abschliessend geklärt zu werden.
2.2. Das Verfahren auf Veranlagung der Steuerpflichtigen, das keine ersichtlichen besonderen rechtlichen Schwierigkeiten bereitete, dauerte, ohne dass dafür objektive Gründe aus dem angefochtenen Urteil oder den Vorakten (vgl. zur Möglichkeit der Sachverhaltsergänzung im bundesgerichtlichen Verfahren Urteil 2C_305/2016 vom 24. November 2016 E. 1.4.2) hervorgehen würden, von 2008 bis 2013, was einer Verfahrensdauer von fünf Jahren entspricht. Dies erscheint in der Tat als eher lang. Indessen ist das erwähnte (E. 2) bundesgerichtliche Präjudiz am 2. Dezember 2011 ergangen, und zwar in Bestätigung eines Urteils des aargauischen Verwaltungsgerichts vom 1. November 2010, in welchem das Verwaltungsgericht sich bereits mit der sich hier stellenden Frage auseinandergesetzt und die privilegierte Besteuerung für in der Bauzone gelegene Grundstücke verneint hatte (vgl. BGE 138 II 32 E. 2.3.2 S. 39). Es ist anzunehmen, dass es auch den Fall des Beschwerdeführers gleich entschieden hätte, wenn er damals bereits zur gerichtlichen Beurteilung gelangt wäre. Auch bei einer erheblich beförderlicheren Veranlagung wäre somit auf den vorliegenden Sachverhalt die neue Praxis angewendet worden. War somit die möglicherweise zu lange Verfahrensdauer nicht kausal für die Anwendung der neuen Praxis, sind die Grundsätze von Treu und Glauben oder Verfahrensfairness nicht verletzt worden. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.
3.
3.1. Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren, die Vorinstanz habe im April 2016 in Kenntnis dessen, dass der Bundesrat den Eidgenössischen Räten einen Entwurf für ein Bundesgesetz über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke im März 2016 vorgelegt habe, seinen Sistierungsantrag abgelehnt, und dadurch seinen Anspruch auf faire bzw. rechtsgleiche Behandlung (§ 22 Abs. 1 KV/AG; Art. 8 BV) und auf ein willkürfreies staatliches Verhalten nach Treu und Glauben (Art. 9 BV) verletzt.
3.2. Geplante oder hängige Gesetzesrevisionen entfalten grundsätzlich keine positive Vorwirkung (BGE 136 I 142 E. 3.2 S. 145; 125 II 278 E. 3c S. 282; 100 Ia 157 E. 5d S. 161 f.). Beim Entscheid darüber, ob ein hängiges Verfahren zu sistieren ist, ist auch der Anspruch auf beförderliche Behandlung zu berücksichtigen, der unabhängig davon besteht, ob das anwendbare Recht abzuändern oder zu ergänzen sei (BGE 126 II 522 E. 10b S. 535 f.).
Inwiefern im vorinstanzlichen Verfahren eine Sistierung gegenüber dem Anspruch auf Behandlung innert angemessener Frist abzuwägen gewesen wäre, braucht vorliegend jedoch deswegen nicht geprüft zu werden, weil das neue Recht so oder anders keine Anwendung gefunden hätte. Vorbehältlich einer ausdrücklichen intertemporalen Regelung kommt grundsätzlich dasjenige Recht zur Anwendung, welches bei Verwirklichung des massgebenden Tatbestandes in Kraft stand (vgl. ausführlich MARKUS WEIDMANN, Das intertemporale Steuerrecht in der Rechtsprechung, ASA 76 S. 638). Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die eine Rückwirkung der (allenfalls) in Kraft tretenden neuen Bestimmungen erlauben würde, ist im Entwurf eines Bundesgesetzes über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke nicht vorgesehen (Botschaft des Bundesrates vom 11. März 2016 zum Bundesgesetz über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke, BBl 2016 1840 f.). Unabhängig vom noch ungewissen weiteren Schicksal dieser Gesetzesvorlage (vgl. Nichteintreten des Ständerates auf das Geschäft Nr. 16.031 vom 12. Dezember 2016 [AB 2016 S 1106]) ist deshalb der im vorinstanzlichen Rechtsmittelverfahren abgelehnte Sistierungsantrag nicht geeignet, Rechte des Beschwerdeführers zu verletzen, weshalb sich die Beschwerde auch in diesem Punkt als unbegründet erweist. Gründe für eine Sistierung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sind nicht ersichtlich. Die Beschwerde ist abzuweisen.
4.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht gesprochen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. Mai 2017
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall