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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.302/2002/sch 
 
Urteil vom 24. Juni 2002 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Merkli, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Bundeshaus West, 3003 Bern. 
 
Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer 
 
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 14. Mai 2002). 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der Schweizer Bürger A.________ (geb. 1940) übersiedelte am 1. Oktober 1998 nach Mulhouse (F), wo er unter der Firma "X.________" ein Ingenieurbüro betrieb. Wegen finanzieller Probleme ersuchte er am 28. November 2001 um die Ausrichtung von Unterstützungsleistungen gemäss dem Bundesgesetz vom 21. März 1973 über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer (ASFG; SR 852.1), was das Bundesamt für Justiz am 6./10. Dezember 2001 ablehnte. 
B. 
A.________ gelangte hiergegen am 15. Dezember 2001 bzw. 14. Januar 2002 an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, welches ihm am 28. Dezember 2001 eine als Überbrückungshilfe gedachte Notunterstütztung für den Monat Januar in der Höhe von umgerechnet Fr. 2'500.-- zukommen liess. Am 21. Januar 2002 lehnte es im Rahmen einer vorsorglichen Massnahme weitere Überbrückungshilfen für die Dauer des Beschwerdeverfahrens ab. Mit Entscheid vom 14. Mai 2002 wies es die Beschwerde in der Sache selber ab, soweit es darauf eintrat. 
C. 
A.________ hat am 14. Juni 2002 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er beantragt, den Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements aufzuheben und ihm Schadenersatz und Genugtuung in der Höhe von 155'261 Euro zuzusprechen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersucht A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Da die Streitsache aufgrund der vorliegenden Unterlagen spruchreif erschien, wurde davon abgesehen, Vernehmlassungen und die amtlichen Akten einzuholen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gegenstand des Verfahrens bildet ausschliesslich die Frage, ob dem Beschwerdeführer zu Unrecht die von ihm beantragten Unterstützungsleistungen gemäss dem Fürsorgegesetz für Auslandschweizer verweigert wurden. Auf die Eingabe ist deshalb nicht einzutreten, soweit der Beschwerdeführer Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche gegen die Eidgenossenschaft geltend machen will (vgl. Art. 10 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958 [SR 170.32] sowie Art. 1 und 2 der entsprechenden Verordnung [SR 170.321]). 
1.2 Der Beschwerdeführer befindet sich inzwischen wieder in der Schweiz und wird im Kanton Graubünden unterstützt. Es erscheint unter diesen Umständen zweifelhaft, ob und wieweit er noch ein aktuelles praktisches Interesse an seiner Eingabe hat (Art. 103 lit. a OG; BGE 123 II 285 E. 4). Die Frage braucht indessen nicht vertieft zu werden, da sich die Beschwerde so oder anders als unbegründet erweist. 
2. 
Gemäss Art. 1 und Art. 5 ASFG gewährt der Bund Auslandschweizern, die ihren Lebensunterhalt nicht hinreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, Beiträgen von privater Seite oder Hilfeleistungen des Aufenthaltsstaates bestreiten können, in Notlagen Fürsorgeleistungen. Dem Hilfsbedürftigen kann die Heimkehr in die Schweiz nahegelegt werden, wenn eine solche in seinem wohlverstandenen Interesse oder in dem seiner Familie liegt. In diesem Fall übernimmt der Bund anstelle der weiteren Unterstützung im Ausland die Heimreisekosten (Art. 11 Abs. 1 ASFG). Ob die Heimkehr im wohlverstandenen Interesse des Hilfsbedürftigen liegt, beurteilt das Bundesamt für Justiz im Einvernehmen mit der schweizerischen Vertretung nach fürsorgerischen Grundsätzen; finanzielle Erwägungen sollen dabei nicht ausschlaggebend sein (Art. 14 Abs. 1 der Verordnung vom 26. November 1973 über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer [ASFV; SR 852.11]). Dem Hilfsbedürftigen ist die Heimkehr unter anderem namentlich dann nicht nahezulegen, wenn Menschlichkeitsgründe dagegen sprechen, insbesondere wenn enge Familienbande zerrissen bzw. aus einem Aufenthalt von längerer Dauer sich ergebende enge Beziehungen zum Aufenthaltsort zerstört würden oder wenn die Hilfsbedüftigkeit bloss von kurzer Dauer ist (Art. 14 Abs. 2 ASFV). 
3. 
Entgegen den Einwänden des Beschwerdeführers hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement diese Grundsätze in seinem detailliert begründeten Entscheid, auf den im Übrigen verwiesen werden kann, nicht verkannt: 
3.1 Der heute 62-jährige Beschwerdeführer hat den grössten Teil seines Lebens in der Schweiz verbracht und ist erst auf den 1. Oktober 1998 nach Frankreich ausgewandert. Zum Zeitpunkt seines Gesuchs befand er sich seit rund drei Jahren dort. Gestützt hierauf kann nicht gesagt werden, es habe bereits wegen der Aufenthaltsdauer eine enge Verwurzelung stattgefunden. Die Familie des Beschwerdeführers (geschiedene Frau, Kinder und Enkelkinder usw.) lebt in der Schweiz, was mitberücksichtigt werden durfte, auch wenn der Beschwerdeführer zu dieser kaum mehr Beziehungen unterhält. Dass anderweitige familiäre Bande im Ausland gelebt würden, macht er nicht geltend. Der Beschwerdeführer verfügte lediglich über eine provisorische Aufenthaltsbewilligung, was seine Möglichkeiten - wie die Vorinstanz festgestellt hat, ohne dass dies bestritten würde - bei seiner Erwerbstätigkeit einschränkte. Unter diesen Umständen wäre es im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten an ihm gewesen, die behauptete enge Verbundenheit an seinem Aufenthaltsort zu belegen (BGE 124 II 361 E. 2b S. 365); die Vorinstanz war nicht gehalten, ihrerseits entsprechende Abklärungen im Ausland mit den damit verbundenen Schwierigkeiten in die Wege zu leiten. 
3.2 Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als unabhängiger Ingenieur ist nicht ortsgebunden, und er hat seine Aktivitäten denn offenbar inzwischen auch bereits von der Schweiz aus wieder aufgenommen. Sein im Februar 1999 gegründetes Unternehmen erlaubte ihm, während etwas mehr als zwei Jahren seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Sein Betrieb erschien indessen auf dem Markt noch nicht etabliert, und die durch den Verlust eines Grosskunden entstandenen Probleme waren nicht bloss punktueller, sondern struktureller Natur (vgl. die Rz. 17.3 des angefochtenen Entscheids). Der Beschwerdeführer war über die "X.________" erst daran, seine Existenz aufzubauen; eine Unterstützung vor Ort nach dem ASFG kommt grundsätzlich jedoch nur dann in Frage, wenn sich der Auslandschweizer bereits eine gewisse Existenz geschaffen und im neuen Land weitgehend integriert hat (vgl. Urteil 2A.255/2001 vom 19. Dezember 2001, E. 1b). Es geht bei den entsprechenden materiellen Hilfen nicht darum, unternehmerische Risiken abzudecken. 
3.3 Die Zukunftsperspektive in Frankreich war schliesslich insofern belastet und die vorübergehende Natur allfälliger Leistungen deshalb unsicher, als der Beschwerdeführer auch aufgelaufene Schulden zu tilgen hatte. Aus dem in Österreich hängigen Forderungsprozess gegen die "Y.________ GmbH" ist kurzfristig nicht mit Einnahmen zu rechnen. Der anfangs 2002 erwartete Auftrag der Firma "Z.________" ist zwar inzwischen eingegangen; er umfasst aber lediglich ein Arbeitsvolumen von 300 Stunden (rund zwei Monate) zu 18'000 Euro. Weitere konkrete Aufträge vermochte der Beschwerdeführer nicht zu belegen. Soweit er kritisiert, das EJPD hätte ihm mit seiner Zwischenverfügung vom 21. Januar 2002 zum Vornherein jede Möglichkeit genommen, sich gegen die Heimschaffung zu wehren, verkennt er, dass er selber davon abgesehen hat, diesen Entscheid rechtzeitig anzufechten und im entsprechenden Verfahren gegebenenfalls um den Erlass vorsorglicher Massnahmen zu ersuchen. 
4. 
4.1 Gestützt auf die Dauer der Anwesenheit des Beschwerdeführers in Frankreich, auf seine familiären Verhältnisse, seine Bindungen zum Aufenthaltsstaat, seine Zukunftsperspektiven und der Art der gewünschten Unterstützung durfte die beantragte Hilfeleistung demnach abgewiesen und ihm die Heimkehr in die Schweiz nahegelegt werden. 
4.2 Aufgrund der einlässlichen Begründung im angefochtenen Entscheid war die vorliegende Eingabe aussichtslos, weshalb dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen werden kann (Art. 152 Abs. 1 OG). Mit Blick auf die finanzielle Situation des Beschwerdeführers rechtfertigt es sich indessen, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (vgl. Art. 153a Abs. 1 OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 OG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. Juni 2002 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: