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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_195/2008 /fun 
 
Urteil vom 24. Juli 2008 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Reeb, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Steinmann. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Besonderes Untersuchungsrichteramt des Kantons Basel-Landschaft, Rheinstrasse 21, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Überprüfung der Haftanordnung und Haftverlängerung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 25. Juni 2008 
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die Strafbehörden des Kantons Basel-Landschaft führten gegen X.________ eine Strafuntersuchung wegen mehrfachen qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfacher qualifizierter Geldwäscherei. Mit Urteil des Strafgerichts Basel-Landschaft vom 3. November 2006 wurde X.________ der ihm vorgeworfenen Handlungen für schuldig erklärt und zu einer Zuchthausstrafe von sechs Jahren verurteilt. Am 29. Januar 2008 bestätigte das Kantonsgericht Basel-Landschaft den erstinstanzlichen Schuldspruch und verurteilte X.________ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren sowie zu einer Busse von Fr. 4'000.--. 
 
Mit Urteil vom 15. Juli 2008 hat die strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts die von X.________ gegen das Urteil des Kantonsgerichts vom 29. Januar 2008 erhobene Beschwerde in Strafsachen abgewiesen, soweit darauf einzutreten war (Verfahren 6B_371/2008). 
 
B. 
X.________ befand sich seit dem 7. Januar 2005 in Untersuchungshaft, infolge der erstinstanzlichen Verurteilung in Sicherheitshaft. Das Kantonsgericht verlängerte die Sicherheitshaft mit Verfügung vom 29. November 2007 bis zum 29. Mai 2008. 
 
In Anbetracht der beim Bundesgericht am 14. Mai 2008 erhobenen Beschwerde in Strafsachen wurde vorerst von einer Verlängerung der Sicherheitshaft abgesehen. Am 6. Juni 2008 ersuchte X.________ um Haftentlassung. Darauf hin ordnete das Kantonsgericht mit Verfügung vom 13. Juni 2008 unter Abweisung des Haftentlassungsgesuchs die erneute Haft bis zum 11. Juli 2008 an. 
 
Mit Verfügung vom 25. Juni 2008 wies das Kantonsgericht das Gesuch um Haftentlassung sowie um Ersatzmassnahmen ab, bestätigte die Anordnung der Sicherheitshaft vom 13. Juni 2008, verlängerte die Sicherheitshaft um weitere sechs Monate und trat auf die Anträge nicht ein, es sei das zwischenzeitliche Fehlen eines gültigen Haftbefehls festzustellen und eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter Haft zuzusprechen. 
 
C. 
Mit Beschwerde vom 10. Juli 2008 verlangt X.________ die Aufhebung der kantonsgerichtlichen Verfügung vom 25. Juni 2008, die Entlassung aus der Haft, die Feststellung, dass die Haft seit dem 29. November 2007, bzw. seit dem 29. Januar 2008 und evtl. seit dem 29. Mai 2008 ohne rechtsgültigen Haftbefehl erfolgt sei, sowie die weitere Feststellung, dass dem Grundsatz nach eine Haftentschädigung geschuldet sei. Der Beschwerdeführer bezieht sich auf Art. 5, 10, 29 und 31 BV sowie auf Art. 5 EMRK. Auf die Begründung im Einzelnen ist in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen. 
 
Das Untersuchungsrichteramt beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Kantonsgericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. In der Replik hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Verfügung vom 25. Juni 2008 kann mit Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff. BGG beim Bundesgericht angefochten werden. Zur Behandlung ist die I. öffentlich-rechtliche Abteilung zuständig (Art. 29 Abs. 3 des Bundesgerichtsreglements). Der Beschwerdeführer ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG grundsätzlich zur Beschwerde legitimiert. Indes ist im Einzelnen in Anbetracht der gestellten Anträge sowie der aktuellen Rechtslage zu prüfen, inwiefern auf die Beschwerde eingetreten werden kann. 
 
Die strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die gegen das Urteil des Kantonsgerichts vom 29. Januar 2008 gerichtete Beschwerde in Strafsachen am 15. Juli 2008 abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Bei dieser Sachlage ist die Sicherheitshaft in diesem Zeitpunkt beendet und beginnt die Phase des eigentlichen Strafvollzugs. Insoweit erweist sich die gegen die Verlängerung der Sicherheitshaft gerichtete Beschwerde als gegenstandslos. Damit wird auch das vom Beschwerdeführer gestellte Gesuch um Haftentlassung gegenstandslos. 
 
Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Verlängerung der Sicherheitshaft vom 29. November 2007 richtet. Die Frist von 30 Tagen zur Anfechtung gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG ist längst verstrichen, wie das Bundesgericht bereits festgehalten hat (Urteile 1B_91/2008 vom 28. April 2008 und 1B_ 145/2008 vom 29. Mai 2008). Daran vermag auch das Urteil des Kantonsgerichts vom 29. Januar 2008 nichts zu ändern. Demnach erweisen sich auch die Anträge um Feststellung, dass die Sicherheitshaft ab dem 29. November 2007 bzw. seit dem 29. Januar 2008 rechtswidrig sei, als unzulässig. 
 
Im Übrigen kann auf die Beschwerde eingetreten werden. 
 
2. 
Mit den Verfügungen vom 13. Juni 2008 und vom 25. Juni 2008 ist erneut Sicherheitshaft angeordnet und verlängert worden. 
 
Nach § 77 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft (StPO) kann Haft angeordnet werden, wenn dringender Tatverdacht besteht und u.a. der besondere Haftgrund der Fluchtgefahr gegeben ist. Die Haft muss gemäss § 78 StPO aufgehoben werden, wenn sie unverhältnismässig geworden ist und sie die Dauer der zu erwartenden Freiheitsstrafe erreicht. Anstelle von Haft können nach § 79 StPO Ersatzmassnahmen angeordnet werden. 
 
Der Tatverdacht ist nach der oberinstanzlichen Verurteilung gegeben. Ebenso ist die Fluchtgefahr klar zu bejahen. Der Beschwerdeführer hat keine näheren Beziehungen zur Schweiz und könnte sich im Falle einer Haftentlassung ohne weiteres ins Ausland absetzen. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien Wohnsitz hat und von da zur Strafverbüssung ausgeliefert werden könnte (BGE 123 I 31 E. 3d S. 37). Der Annahme von Fluchtgefahr steht auch nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer während der bisher erstandenen Haft keinen Fluchtversuch unternommen hat. Der konkreten Fluchtgefahr kann schliesslich auch mit Ersatzmassnahmen nicht hinreichend begegnet werden. Unverhältnismässigkeit der Haft wird nicht gerügt. Damit erweist sich die Beschwerde in diesem Punkte als unbegründet. 
 
3. 
Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, es habe ab dem 29. Mai 2008 an einem rechtsgültigen Haftbefehl gefehlt, weshalb die Rechtswidrigkeit der Haft und ein entsprechender Anspruch auf Haftentschädigung festzustellen seien. In der angefochtenen Verfügung vom 25. Juni 2008 ist auf entsprechende Begehren nicht eingetreten worden. 
 
Im angefochtenen Entscheid wird dargelegt, dass zur Beurteilung dieser Begehren das Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht, zuständig ist. Nach § 33 Abs. 4 StPO entscheidet die Behörde, die das Verfahren abschliesst, über solche Entschädigungsbegehren; entsprechende Anträge sind innert 30 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu stellen. Bei dieser Sachlage ist auf das Begehren um Feststellung, dass im Grundsatz eine Haftentschädigung geschuldet ist, mangels Vorliegens eines kantonalen Entscheides nicht einzutreten. 
 
4. 
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist und auf sie eingetreten werden kann. Angesichts der offensichtlichen Aussichtslosigkeit der vorliegenden Beschwerde kann dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Auf eine Kostenauflage kann indessen verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist und auf sie eingetreten werden kann. 
 
2. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Besonderen Untersuchungsrichteramt des Kantons Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, sowie Advokatin Renate Jäggi schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. Juli 2008 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: 
 
Aemisegger Steinmann