Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_1008/2021
Urteil vom 24. August 2022
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichter Beusch,
Bundesrichterin Ryter,
Gerichtsschreiber Matter.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Nicolas Pfister, AD LITEM Rechtsanwälte,
gegen
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern,
Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern (ABEV),
Ostermundigenstrasse 99B, 3011 Bern.
Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 10. November 2021 (100.2020.358U).
Erwägungen:
1.
1.1. Der serbische Staatsangehörige A.________ (Jg. 1966) reiste seinen eigenen Angaben zufolge erstmals im Jahr 1983 in die Schweiz ein und war in der Folge als Saisonnier tätig. 1987 leistete er den Militärdienst im damaligen Jugoslawien. Am 1. Oktober 1993 heiratete er dort die Landsfrau B.________ (Jg. 1970). Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor (Jg. 1993, 1998, 2002). Gemäss Angaben des Amtes für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern, Migrationsdienst (ABEV), reiste A.________ hingegen am 12. März 1996 erstmals in die Schweiz ein, wo ihm eine Aufenthaltsbewilligung für Saisonniers erteilt wurde. Im Jahr 2004 wurde ihm die Niederlassungsbewilligung erteilt. Seine Ehefrau und Kinder verfügen ebenfalls über Niederlassungsbewilligungen.
Am 19. März 2019 verurteilte das Regionalgericht Bern-Mittelland A.________ für zwischen August 2015 und Juni 2016 begangene Delikte wegen mengen- und gewerbsmässig qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelrecht, wegen Geldwäscherei sowie wegen mehrfacher Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrs- und Alters- bzw. Hinterlassenenrecht zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten sowie zu einer Übertretungsbusse von Fr. 200.--. Dieses Urteil blieb unangefochten und erwuchs in Rechtskraft.
1.2. Mit Verfügung vom 6. März 2020 widerrief das ABEV die Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies ihn auf den Tag seiner Entlassung aus dem Strafvollzug aus der Schweiz weg. Dagegen erhob A.________erfolglos die ihm auf kantonaler Ebene zur Verfügung stehenden Rechtsmittel (Entscheid der Sicherheitsdirektion vom 18. August 2020; Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. November 2021).
1.3. Am 10. Dezember 2021 hat A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Im Wesentlichen beantragt er, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben, auf den Widerruf der Niederlassungsbewilligung zu verzichten und ihn stattdessen zu verwarnen; eventualiter sei die Niederlassungsbewilligung auf eine Aufenthaltsbewilligung zurückzustufen, subeventualiter sei die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung an angemessene und verhältnismässige Bedingungen zu knüpfen.
Das ABEV verzichtet auf Antragsstellung. Die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für Migration hat sich nicht vernehmen lassen.
1.4. Mit Verfügung vom 14. Dezember 2021 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
2.
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist zulässig, da auf den Fortbestand dieser Bewilligung ein Rechtsanspruch besteht (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG ; BGE 135 II 1 E. 1.2.1). Als Adressat des angefochtenen Urteils ist der Beschwerdeführer zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde überdies form- und fristgerecht eingereicht wurde (vgl. Art. 42 und 100 BGG ), ist darauf einzutreten.
2.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden ( Art. 95 lit. a und b BGG ). Bei der Prüfung wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5) und verfügt es über volle Kognition (Art. 95 BGG; BGE 141 V 234 E. 2). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.1; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht es nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig, unvollständig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt wurden und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG ; BGE 147 I 73 E. 2.2; 142 I 135 E. 1.6). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen; auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung geht das Gericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).
3.
Der Beschwerdeführer wendet sich über weite Strecken (Ziff. 15 S. 4- Ziff. 40 S. 14 der Beschwerdeschrift) gegen die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen. Dabei beschränkt er sich darauf, der Sachverhaltsermittlung im angefochtenen Urteil seine eigene Sichtweise in verschiedener Hinsicht (Integration und langer Aufenthalt; Ehegemeinschaft und Familie; unzumutbare Rückreise; Schwere des Verschuldens und Verhalten gegenüber der öffentlichen Sicherheit und Ordnung; Rückfallgefahr) entgegenzuhalten. Insoweit diese Aspekte nicht im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung Eingang in die Güterabwägung finden, erschöpfen sich die Ausführungen in nicht zu hörender appellatorischer Kritik. Dem Beschwerdeführer gelingt es insbesondere nicht, rechtsgenügend darzutun, dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung als geradezu offensichtlich unzutreffend einzustufen wäre (vgl. oben E. 2.3). Auszugehen ist mithin von dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt.
4.
4.1. Das Regionalgericht Bern-Mittelland verurteilte den Beschwerdeführer für zwischen August 2015 und Juni 2016 begangene Delikte am 19. März 2019 u.a. wegen mengen- und gewerbsmässig qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelrecht und Geldwäscherei zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten sowie zu einer Übertretungsbusse von Fr. 200.-- (vgl. E. 1.1). Damit hat er den Widerrufsgrund der längerfristigen Freiheitsstrafe gesetzt (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration [Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG, SR 142.20]), was er nicht bestreitet (vgl. E. 2.2 des angefochtenen Urteils [nachfolgend a.U.]). Er vertritt jedoch die Auffassung, die Entfernungsmassnahme sei unverhältnismässig.
4.2. Wenn ein Widerrufsgrund vorliegt, so ist landes- wie konventionsrechtlich zu prüfen, ob die damit verbundene aufenthaltsbeendende Massnahme verhältnismässig ist (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 Abs. 1 AuG; Art. 8 Ziff. 2 EMRK), was eine umfassende Interessenabwägung zwischen dem in Art. 63. Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG positivrechtlich verankerten öffentlichen Fernhalteinteresse und dem gegenüberstehenden privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in der Schweiz erfordert (vgl. u.a. BGE 144 I 266 E. 3.7; Urteile 2C_666/2019 vom 8. Juni 2020 E. 4.1; 2C_458/2019 vom 27. September 2019 E. 4.2; 2C_813/2018 vom 5. April 2019 E. 4.2; 2C_633/2017 vom 2. Mai 2018 E. 3.2). Im Rahmen dieser Interessenabwägung gründet das öffentliche Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung und der Wegweisung des Beschwerdeführers primär darauf, dass dieser u.a. wegen mengen- und gewerbsmässig qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelrecht zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt wurde. Sein Verschulden wiegt sehr schwer. Bereits zuvor hatte er mehrfach gegen die Rechtsordnung verstossen. Verbunden mit der Rückfallgefahr, von welcher nicht zuletzt angesichts der sehr hohen Verschuldung des Beschwerdeführers auszugehen ist, begründet das ein sehr gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung (vgl. zum Ganzen E. 3.1-3.4, S. 6-11 a.U., m.H. u.a. auf BGE 139 I 145 E. 2.3, 2.5, 3.4 u. 3.8; 139 I 31 E. 2.3.2; 139 I 16 E. 2.2.1; 135 II 377 E. 4.4; 134 II 10 E. 4.2; Urteile 2C_1068/2015 vom 22. Februar 2016 E. 2.3; 2C_881/2018 vom 14. Dezember 2018 E. 4.2.1). Zu Recht hat die Vorinstanz diesbezüglich auch auf den ausländerrechtlich im Vordergrund stehenden Sicherheitsaspekt hingewiesen, der ausserhalb des Anwendungsbereichs der Freizügigkeitsabkommens (FZA; SR 0.142.112.681) auch generalpräventiv wirken darf und soll (vgl. etwa auch Urteil 2C_367/2021 vom 30. September 2021 E. 4.3.4 mit Hinweisen). Die dagegen gerichteten Einwände des Beschwerdeführers (vgl. Ziff. 43 S. 14 - Ziff. 45 S. 15), welche dessen Verschulden relativieren wollen und damit auf nicht zu hörende Kritik am Strafurteil hinauslaufen, sind nicht geeignet, diese Interessen nicht als sehr gewichtig einzustufen.
4.3. Dem öffentlichen Interesse an der Wegweisung sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz gegenüber zu stellen.
4.3.1. Zwar sind diese privaten Interessen mit Blick auf die lange Aufenthaltsdauer und die Beziehung zur Ehefrau sowie zur Familie von beträchtlichem Gewicht.
Das hat die Vorinstanz durchaus berücksichtigt, wie auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit rund 28 Jahren mit seiner serbischen Ehefrau verheiratet ist. Zu Recht hat sie aber auch darauf hingewiesen, dass die langjährige und intakte Ehe ihn indes nicht davon abzuhalten vermocht hat, vielfach zu delinquieren. Mit seinem Verhalten hat er den Fortbestand des Familienlebens in der Schweiz selbstverschuldet und mutwillig aufs Spiel gesetzt. Daher hat er es hinzunehmen, wenn die Beziehung zu seiner Ehefrau künftig nur noch unter erschwerten Bedingungen gelebt werden kann, sollte sie ihm nicht nach Serbien folgen. Weiter mag zwar die Beziehung zu seinen Söhnen (Jg. 1993, 1998 und 2002) zu berücksichtigen sein, doch sind diese mittlerweile volljährig; ebenso wenig behauptet er ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis. Auch dass seine Ehefrau und der jüngste Sohn bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Serbien finanziell schlechter gestellt wären, ändert nichts, zumal die beiden bereits heute umfassend von der Sozialhilfe unterstützt werden (vgl. zum Ganzen E. 4.3.2 u. 5.1 a.U.).
4.3.2. Zudem ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, sich zufriedenstellend in die hiesigen Verhältnisse zu integrieren, namentlich in wirtschaftlicher Hinsicht: 2005 machte er sich erstmals selbständig, das Unternehmen ging 2013 in Konkurs; die daraufhin von ihm gegründete GmbH befindet sich seit 2017 in Liquidation, wobei die Restschuld des Beschwerdeführers Fr. 809'668.85 beträgt und bei der GmbH 78 nicht getilgte Verlustscheine aus Pfändungen der letzten 20 Jahre im Gesamtbetrag von Fr. 319'080.30 bestehen (vgl. E. 4.2 S. 12-14 a.U.).
4.3.3. Die Reintegration in Serbien dürfte dem Beschwerdeführer nicht leichtfalllen. Wie die Vorinstanz zu Recht darauf hinweist, ist ihm sein Heimatland und die dortigen kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten jedoch nach wie vor vertraut, zumal er mindestens die ersten 17 Jahre seines Lebens dort verbracht hat und auch dort sozialisiert worden ist. Ebenfalls ist er der Landessprache mächtig. Zur medizinischen Versorgung in Serbien hat die Vorinstanz festgehalten, dass nichts darauf hindeute, wonach die bisherige medikamentöse Behandlung nicht auch dort weitergeführt werden könne (vgl. E. 4.3.1 a.U.; siehe zur Zumutbarkeit der Rückkehr gesamthaft die zutreffende Würdigung in E. 4.3 S. 15-17a.U.).
4.3.4. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung und die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz erweisen sich somit auch im Licht von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV als verhältnismässig (vgl. E. 4.3 S. 15-17 a.U.).
4.4. Es mag im Übrigen wohl zutreffen, dass der Beschwerdeführer vor dem Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung nicht verwarnt worden war. Das ist aber insbesondere unter Umständen wie den vorliegenden nicht dazu geeignet, gegen den ausgesprochenen Widerruf der Bewilligung oder die Wegweisung zu sprechen; eine vorgängige Verwarnung ist - gerade bei wie vorliegend schwerer Delinquenz - nicht zwingend (Urteil 2C_1024/2020 vom 19. Mai 2021 E. 7.2; vgl. E. 5.2 a.U). Kein Raum besteht aus demselben Grund auch für die mit Eventualbegehren beantragte Rückstufung auf eine Aufenthaltsbewilligung (BGE 148 II 1 E. 2.5; vgl. E. 5.3 a.U.) oder den im Subeventualbegehren gestellten Antrag.
4.5. Die mit Blick auf das Gesagte offensichtlich unbegründete Beschwerde ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG ) - abzuweisen.
5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 24. August 2022
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: Matter