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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_848/2019  
 
 
Urteil vom 24. September 2020  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin Huber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Laube, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Schweizerische Ausgleichskasse SAK, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 2019 (C-2459/2018). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1956 in Thailand geborene A.________ ist seit dem 29. Dezember 1989 mit dem schweizerischen Staatsangehörigen B.________ verheiratet. Sie erlangte mit der Heirat das Schweizer Bürgerrecht. Das Ehepaar lebte seit der Heirat im Ausland. Zuletzt hielten sie sich von 1996 bis 2012 in den USA auf. A.________ ging jeweils keiner Erwerbstätigkeit nach. Im Dezember 2012 nahm sie mit ihrem Ehemann Wohnsitz in der Schweiz. Dieser leistete von 1971 bis 2015 Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV). 
Am 9. Februar 2017 reichte A.________ bei der Schweizerischen Ausgleichskasse (nachfolgend: SAK) eine Beitrittserklärung zur freiwilligen Versicherung ein. Dabei gab A.________ an, dass sie sich auf den 1. Januar 2017 hin in Thailand niedergelassen habe. Die SAK lehnte das Gesuch mit Verfügung vom 20. Februar 2017 ab. Daran hielt sie nach erhobener Einsprache mit Entscheid vom 15. März 2018 fest. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 21. November 2019 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids, des Einspracheentscheids vom 15. März 2018 sowie der Verfügung vom 20. Februar 2017 sei sie spätestens ab dem 1. Januar 2017 in die freiwillige Versicherung aufzunehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerdeführerin beantragt unter anderem die Aufhebung der Verfügung vom 20. Februar 2017. Darauf ist nicht einzugehen. Denn der Einspracheentscheid vom 15. März 2018 bildete Anfechtungsgegenstand des vorinstanzlichen Beschwerdeverfahrens und trat damit an die Stelle der Verfügung. Diese, soweit angefochten, hat seit Erlass des Einspracheentscheids jede rechtliche Bedeutung verloren (BGE 132 V 368 E. 6.1 am Ende S. 374 f.; 131 V 407 E. 2.1.2.1 S. 412; Urteil 9C_66/2016 vom 10. August 2016 E. 1.2, in: SVR 2016 AHV Nr. 15 S. 42). 
 
2.   
Die von der Beschwerdeführerin eingereichten E-Mails vom 6. und 23. Dezember 2019 sind als echte Noven von vornherein unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 23; 140 V 543 E. 3.2.2.2 S. 548). 
 
3.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
4.   
 
4.1. Unter den Verfahrensbeteiligten ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin im Besitz des Schweizer Bürgerrechts ist, sich ihr Wohnsitz im Zeitpunkt der Beitrittserklärung zur freiwilligen Versicherung ausserhalb der Schweiz, der EU oder der EFTA befindet und sie die Erklärung rechtzeitig innerhalb eines Jahres nach Ausscheiden aus der obligatorischen Versicherung bei der SAK einreichte (vgl. Art. 2 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 der Verordnung über die freiwillige Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung [VFV; SR 831.111]). Im Weiteren steht ausser Frage, dass die Beschwerdeführerin gemäss der Rentenvorausberechnung der Ausgleichskasse Arbeitgeber Basel vom 5. August 2016 im Jahr 2012 während dreier Monate, in den Jahren 2013 bis 2016 jeweils während zwölf Monaten und somit insgesamt vier Jahre und drei Monate in der Schweiz obligatorisch versichert war.  
 
4.2. Zu prüfen ist dagegen, ob die Voraussetzung gemäss Art. 2 Abs. 1 AHVG, wonach der freiwilligen Versicherung beitreten kann, wer unmittelbar vorher während mindestens fünf aufeinander folgenden Jahren obligatorisch versichert war (wobei hier das Jahr 2012 umstritten ist), erfüllt ist, was das Bundesverwaltungsgericht in Bestätigung des Einspracheentscheids vom 15. März 2018 verneinte.  
 
5.   
 
5.1. Die Vorinstanz erwog, nach innerstaatlichem Recht bestehe seit 1. Januar 2001 gemäss Art. 1a Abs. 4 lit. c AHVG für im Ausland wohnhafte, nicht erwerbstätige Ehegatten von erwerbstätigen Personen die versichert seien, die Möglichkeit, der obligatorischen Versicherung beizutreten (vgl. BGE 136 V 161 E. 6.2.1 S. 168), was aber eine schriftliche Beitrittserklärung bei der Ausgleichskasse des erwerbstätigen Ehegatten voraussetze (Art. 5j AHVV; Wegleitung über die Versicherungspflicht in der AHV/IV [WVP], gültig ab 1. Januar 2009, Stand: 1. Januar 2018, Rz. 4065).  
Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschwerdeführerin zwischen 2001 und 2012 den Beitritt zur obligatorischen AHV erklärt hätte. Überdies sei nicht davon auszugehen, dass sie bereits vor dem Jahr 2001 der freiwilligen Versicherung beigetreten sei, zumal kein entsprechendes Gesuch vorliege. Es stehe insgesamt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Beschwerdeführerin während jener Monate des Jahres 2012, in denen sie noch Wohnsitz in den USA gehabt habe, nach innerstaatlichem Recht nicht der obligatorischen oder freiwilligen AHV unterstellt gewesen sei. 
 
5.2. Im Weiteren kam die Vorinstanz zum Schluss, dass sich auch aus dem vom 1. November 1980 bis 1. August 2014 anwendbar gewesenen Abkommen vom 18. Juli 1979 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit (SR 0.831.109.336.1; im Folgenden: Sozialversicherungsabkommen CH-USA) keine Versicherungsunterstellung der Beschwerdeführerin für das ganze Jahr 2012 begründen lasse. Denn es sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ihr Ehemann im Jahr 2012 nicht mehr den Status eines Entsandten gehabt habe und die Beschwerdeführerin damit nicht automatisch der schweizerischen AHV unterstellt gewesen sei. Diese Einschätzung werde durch die Aussage in der Rechtsvorkehr gestützt, wonach der Ehemann zunächst als "Versetzter (Expat) " und später als lokal Angestellter beschäftigt gewesen sei.  
 
6.  
 
6.1. Das Bundesverwaltungsgericht trat unter anderem auf das Begehren der Beschwerdeführerin, ihr seien die Beitragsjahre 1997 bis 2012 anzurechnen, nicht ein. Die Vorinstanz begründete dies damit, dass die Berechnungsgrundlagen der (künftigen) Rentenansprüche der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes nicht Gegenstand des Einspracheentscheids bilden und damit ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes liegen würden. Die Beschwerdeführerin wiederholt dieses Begehren im letztinstanzlichen Verfahren sinngemäss. Sie macht geltend, bei einer künftigen Rentenberechnung müsse Berücksichtigung finden, dass sie in den Jahren 1996 bis mindestens 2008 der AHV unterstellt gewesen sei. Darauf ist nicht weiter einzugehen, zumal sie nicht ansatzweise dartut, inwiefern das vorinstanzliche Nichteintreten in diesem Punkt Bundesrecht verletzen soll (E. 3 oben).  
 
6.2.  
 
6.2.1. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass ihr gemäss der Rentenvorausberechnung der Ausgleichskasse Arbeitgeber Basel vom 5. August 2016 für die Jahre 1989 bis 1997 das Einkommen ihres Ehemannes angerechnet worden sei. Einen Ausschluss aus der AHV habe nicht stattgefunden. Insofern mute es unlogisch und rechtswidrig an, von ihr für die weitere Versicherung eine schriftliche Eintrittserklärung zu verlangen. Ihr Ehemann sei ausserdem ab 1995 als "Expat" bei der AHV versichert gewesen mit der Folge, dass auch sie gemäss Sozialversicherungsabkommen CH-USA der AHV unterstellt gewesen sei. Auch aus diesem Grund habe sie ihren Beitritt zur AHV nicht erklären müssen.  
 
6.2.2. Entgegen der Beschwerdeführerin lassen die in den Jahren 1989 bis 1997 aufgeführten Beiträge in der Rentenvorausberechnung keinen Rückschluss auf das Jahr 2012 zu. Ausserdem ist unbestritten, dass sich der Sachverhalt im Jahr 2012 insofern anders darstellte, als der Ehemann nicht mehr den Status eines Entsandten hatte, sondern lokal in den USA angestellt war. Wie die Vorinstanz richtig darlegte, kann die Beschwerdeführerin für das Jahr 2012 in Anlehnung an das Sozialversicherungsabkommen CH-USA somit keine automatische Versicherungsunterstellung ihrerseits ableiten. Zutreffend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass eine Beitrittserklärung, die - wie es verbindlich feststellte (E. 3 oben) - nie erfolgte, für die Unterstellung unter die obligatorische Versicherung im Sinne von Art. 1a Abs. 4 lit. c AHVG notwendig gewesen wäre. Von einer offensichtlich falschen Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz kann keine Rede sein.  
 
6.3.  
 
6.3.1. Die Beschwerdeführerin rügt, beim Wechsel ihres Ehemannes in eine lokale Anstellung habe es sich um einen für sie nicht erkennbaren administrativen Wechsel gehandelt. Das Bundesverwaltungsgericht verstosse gegen Treu und Glauben sowie gegen das Willkürverbot nach Art. 9 BV, indem es eine von 1989 bis 2008 und von 2012 bis 2016 bei der AHV obligatorisch Versicherten nicht mehr weiter versichere. Bei der ununterbrochen in gleicher Funktion weiter dauernden Arbeit ihres Ehemannes habe sie davon ausgehen dürfen, dass sie weiterhin der obligatorischen AHV unterstellt sei.  
 
6.3.2. Die Beschwerdeführerin legt in diesem Zusammenhang letztinstanzlich erstmals ein Arbeitszeugnis ihres Ehemannes vom 8. September 2008 auf. Ob es sich dabei um ein nach Art. 99 Abs. 1 BGG unzulässiges unechtes Novum handelt, kann offen bleiben. Denn daraus geht lediglich hervor, dass der Ehemann auf den 1. Oktober 2008 hin eine lokale Anstellung in den USA erhielt, was zwischen den Verfahrensparteien unbestritten ist. Daraus vermag die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten abzuleiten.  
 
6.3.3. Die Voraussetzungen des in Art. 9 BV verankerten Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. BGE 143 V 95 E. 3.6.2 S. 103 mit Hinweisen) sind - soweit diesbezüglich überhaupt von einer genügend substanziierten Rüge auszugehen ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweis) - offensichtlich nicht erfüllt. So macht die Beschwerdeführerin nicht geltend, es liege eine vorbehaltlose Zusicherung der dafür zuständigen Behörde vor, dass sie (insbesondere ab 2008) obligatorisch versichert gewesen wäre. Soweit die Beschwerdeführerin moniert, im Jahr 2008 habe sie niemand darauf aufmerksam gemacht, dass sie schon damals ein Gesuch um freiwillige Versicherung hätte stellen sollen, kann sie daraus weder eine Verletzung von Art. 8 noch von Art. 9 BV ableiten (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auch legt sie nicht (substanziiert) dar, inwiefern die Vorinstanz in Willkür verfallen sein soll.  
 
6.4. Die Beschwerdeführerin kritisiert, angesichts ihrer langen Versicherungsdauer werde sie gegenüber nicht erwerbstätigen Frauen, die nur knapp über fünf Jahre lang, dafür andauernd und unmittelbar vor dem Gesuch um freiwillige Aufnahme in die AHV versichert gewesen seien, rechtsungleich behandelt, was Art. 8 BV verletze. Die fehlenden Monate und Tage müsse sie durch ihre langjährige Versicherteneigenschaft kompensieren können. Eine rechtsungleiche Behandlung ist nicht ersichtlich, da der Beschwerdeführerin grundsätzlich die Möglichkeit offengestanden hat, sich während der geforderten fünf Jahre (Art. 2 Abs. 1 AHVG) obligatorisch zu versichern (vgl. Art. 1a Abs. 4 lit. c AHVG). Gemäss Urteil 9C_481/2009 vom 24. November 2009 E. 5 ist der Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 AHVG, wonach die betreffende Person unmittelbar vor dem Beitritt zur freiwilligen Versicherung während mindestens fünf Jahren obligatorisch versichert sein muss, klar. Daraus folgt, dass vorgängig zurückgelegte Versicherungszeiten an die fünfjährige Versicherungsdauer nicht angerechnet werden können. Mithin ist die von der Beschwerdeführerin anbegehrte Kompensation der fehlenden Monate und Tage nicht möglich.  
 
7.   
Zusammenfassend verletzte die Vorinstanz kein Bundesrecht, wenn sie bei dieser Aktenlage in Bestätigung des Einspracheentscheids vom 15. März 2018 zum Schluss kam, die Beschwerdeführerin erfülle die in Art. 2 Abs. 1 AHVG geforderte fünfjährige Zugehörigkeit zur Versicherung unmittelbar vor ihrem Ausscheiden aus der obligatorischen Versicherung nicht. Die Beschwerde ist unbegründet und der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen. 
 
8.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 24. September 2020 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Huber