Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2P.147/2006 /bie
Urteil vom 24. Oktober 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Küng.
Parteien
X.________ AG, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Hofer,
gegen
Firma Y.________ AG, Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Peter,
Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, 4002 Basel, vertreten durch Advokat Jörg Honegger,
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Bäumleingasse 1, 4051 Basel,
Gegenstand
Submission,
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 14. Februar 2006.
Sachverhalt:
A.
Das Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt (im Folgenden: Sicherheitsdepartement) bediente am 14. April 2005 im Einladungsverfahren sieben mögliche Lieferanten von Brandschutzjacken für die Berufsfeuerwehr mit Submissionsunterlagen. Drei Adressaten haben ein Angebot unterbreitet. Mit Verfügung vom 29. Juni 2005 eröffnete das Sicherheitsdepartement der Bewerberin X.________ AG, den Zuschlag habe die Firma Y.________ AG erhalten.
Nachdem sie zunächst das Sicherheitsdepartement um Mitteilung der Gründe für die Nichtberücksichtigung gebeten hatte, erhob die X.________ AG am 13. Juli 2005 beim Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht "Einsprache". Dieses nahm die Eingabe als Rekurs entgegen und trat darauf am 14. Februar 2006 - mangels genügender Begründung - nicht ein.
B.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 31. Mai 2006 beantragt die X.________ AG dem Bundesgericht, das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 14. Februar 2006 aufzuheben.
Das Sicherheitsdepartement und das Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht (im Folgenden: Verwaltungsgericht) beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
Die Firma Y.________ AG schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid, der sich auf kantonales Submissionsrecht bzw. auf kantonales Verfahrensrecht stützt und gegen den mangels Zulässigkeit eines anderen eidgenössischen Rechtsmittels nur die staatsrechtliche Beschwerde offen steht (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 und Art. 87 OG ). Die Beschwerdeführerin war am kantonalen Submissionsverfahren beteiligt und ist als übergangene Bewerberin zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG, BGE 125 II 86 E. 5b S. 97 f.). Gegenstand ihrer Rügen kann indessen nur die Frage des Nichteintretens bilden.
1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer Natur (BGE 129 I 173 E. 1.5 S. 176 mit Hinweis). Soweit die Beschwerdeführerin daher über die Aufhebung des angefochtenen Urteils hinaus die Rückweisung zur Neubeurteilung an die "Vorinstanz" beantragt, ist darauf nicht einzutreten.
2.
2.1 § 27 (Marginale "Eröffnung") des kantonalen Gesetzes vom 20. Mai 1999 über öffentliche Beschaffungen (Beschaffungsgesetz [BeG/BS]) lautet wie folgt:
1Zuschläge werden mit summarischer Begründung durch Publikation mindestens im Kantonsblatt oder durch persönliche Benachrichtigung der Anbietenden eröffnet.
2Soweit es sich nicht aus der Eröffnung des Zuschlages ergibt, können die Beteiligten innerhalb von fünf Tagen verlangen, dass ihnen durch einen weiteren Entscheid eröffnet wird:
a) welches Vergabeverfahren angewandt worden ist;
b) wer den Zuschlag erhalten hat;
c) zu welchem Preis der Auftrag vergeben worden ist;
d) aus welchen wesentlichen Gründen das Angebot des gesuchstellenden Beteiligten nicht berücksichtigt wurde;
e) worin die ausschlaggebenden Merkmale und Vorteile des berücksichtigten Angebotes liegen.
3 ...... .
Gemäss § 30 Abs. 1 BeG/BS sind Rekurse samt Begründung innerhalb von 10 Tagen "nach Eröffnung des Zuschlages oder der schriftlichen Begründung" an das Verwaltungsgericht zu richten. Soweit das Beschaffungsgesetz nichts anderes vorsieht, richtet sich das Verfahren nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz (§ 30 Abs. 5 BeG/BS). Das Gesetz vom 14. Juni 1928 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG/BS) bestimmt, dass die Rekursbegründung die Anträge des Rekurrenten, die Angabe der Tatsachen und Beweismittel und eine kurze Rechtserörterung enthalten soll. Unklare oder vorschriftswidrige Rekursbegründungen weist der Präsident des Gerichts unter Fristansetzung zur Verbesserung zurück (§ 22 Abs. 1 VRPG/BS).
2.2 Der der Beschwerdeführerin zugestellte Zuschlagsentscheid vom 29. Juni 2005 führte neben der berücksichtigten Bewerberin (Firma Y.________ AG) summarisch die dem Zuschlag zu Grunde liegenden drei Kriterien - Preis, Produkt, Garantie - an und enthielt eine die oben dargelegte Regelung wiedergebende Rechtsmittelbelehrung mit folgendem Wortlaut:
Soweit es sich nicht aus diesem Entscheid ergibt, können die Beteiligten innerhalb von fünf Tagen nach der Zustellung verlangen, dass ihnen durch einen weiteren Entscheid eröffnet wird, aus welchen Gründen ihre Bewerbung nicht berücksichtigt wurde und worin die ausschlaggebenden Merkmale und Vorteile der berücksichtigten Bewerbung liegen. Das Begehren ist schriftlich an das Sicherheitsdepartement, Bereich Rettung, zu richten. Rekurse sind innerhalb von zehn Tagen, von der Zustellung dieses Entscheides oder der ergänzenden Begründung an gerechnet, an das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt, ...., zu richten. Die Rekursschrift ist in dreifacher Ausführung einzureichen. Sie muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Die angefochtene Verfügung ist beizulegen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen.
2.3 Mit Schreiben vom 4. Juli 2005 verlangte die Beschwerdeführerin innert Frist eine nähere Begründung des Zuschlagsentscheides. Ohne deren Eingang abzuwarten, erhob sie am 13. Juli 2003 gegen den Zuschlagsentscheid "Einsprache" beim Verwaltungsgericht. Darin erklärte sie, da die nachgesuchte Begründung noch nicht vorliege, könne sie das Rechtsmittel zurzeit noch nicht detailliert begründen; sie wisse jedoch, dass die berücksichtigte Mitbewerberin ihr design- bzw. patentrechtlich geschütztes Produkt widerrechtlich kopiert und angeboten habe.
Das Verwaltungsgericht orientierte die Vergabestelle (Sicherheitsdepartement) über die eingegangene Anmeldung eines Rekurses und lud die Firma Y.________ AG zum Verfahren bei. Das Sicherheitsdepartement liess der Beschwerdeführerin am 15. August 2005 die von dieser am 4. Juli 2005 verlangte Begründung des Zuschlagsentscheides (datiert vom 27. Juli 2005) zukommen. Am 30. September 2005 erstatteten das Sicherheitsdepartement sowie die Firma Y.________ AG innert verlängerter Frist je ihre Rekursantwort. Nachdem der von der Beschwerdeführerin inzwischen (am 11. Oktober 2005) beigezogene Anwalt Einsicht in die Akten genommen hatte, reichte dieser am 1. Dezember 2005 eine Replik ein.
2.4 Das Verwaltungsgericht trat auf den Rekurs der Beschwerdeführerin nicht ein mit der Begründung, innert der Rekursfrist von 10 Tagen sei lediglich die Rekursanmeldung vom 13. Juli 2005 eingegangen, die indessen keine ausreichende Begründung enthalten habe. Darin erblickt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 29 BV (überspitzter Formalismus) und von Art. 9 BV (Willkürverbot). Sie vertritt die Auffassung, dass ihr zur Verbesserung der Eingabe vom 13. Juli 2005 eine Nachfrist hätte angesetzt werden müssen, wie dies § 16 Abs. 2 VRPG/BS für solche Fälle vorsehe. Es gehe nicht an, die genannte Eingabe im Nachhinein als ungenügend begründete Rekursschrift zu behandeln, nachdem das Verfahren auf Grundlage dieser Eingabe weitergeführt und ihr sogar am 3. Oktober 2005 Frist zur Einreichung einer Replik angesetzt worden sei; hierin liege ein überspitzter Formalismus.
2.5 Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, dass die in § 27 in Verbindung mit § 30 des kantonalen Beschaffungsgesetzes vorgesehene Regelung insoweit ungewöhnlich ist, als die Frist für die Anfechtung des Zuschlagsentscheides - je nachdem, ob die Begründung der strittigen Punkte bereits im zuerst eröffneten, summarisch begründeten Entscheid oder aber erst in dem auf Verlangen zugestellten näher begründeten "weiteren Entscheid" enthalten ist - zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu laufen beginnt, was zu entsprechenden Unsicherheiten bei den Betroffenen führen kann. Die Beschwerdeführerin wurde jedoch in der dem Zuschlagsentscheid vom 29. Juni 2005 beigefügten Rechtsmittelbelehrung auf die massgebende Regelung zutreffend hingewiesen. Sie hat diese, wie aus ihrem Gesuch vom 4. Juli 2005 um Zustellung eines näher begründeten Entscheids hervorgeht, an sich auch richtig verstanden. Auch in der kurz darauf an das Verwaltungsgericht gerichteten "Einsprache" vom 13. Juli 2005 hob sie hervor, dass die verlangte Begründung noch nicht eingetroffen sei und sie daher noch keine detaillierte Begründung ihres Rechtsmittels einreichen könne. Sie schuf jedoch eine verwirrliche Situation dadurch, dass sie trotz des ihr bewussten Fehlens der angeforderten und noch ausstehenden - nach dem Gesagten fristauslösenden - Begründung bereits ein Rechtsmittel einreichte, dessen Begründung sie selber als nicht ausreichend bzw. detaillierungsbedürftig bezeichnete. Die ihr in der Folge am 15. August 2005 zugegangene Begründung des Zuschlagsentscheides erschöpfte sich allerdings in der Darlegung der Bewertung der einzelnen Zuschlagskriterien; sie enthielt keine Ausführungen zu ihrem Vorwurf, wonach das berücksichtigte Produkt eine Kopie des Produktes der Beschwerdeführerin sei. Da deren Begründungsersuchen vom 4. Juli 2005 auf diesen Punkt noch keinerlei Bezug genommen hatte, bestand für die Vergabestelle aber auch kein Anlass, den Zuschlag in dieser Hinsicht zu rechtfertigen. Ein (nochmaliger) Hinweis auf die fristauslösende Wirkung dieser Mitteilung wäre zwar zweckmässig gewesen. Aufgrund der früher erhaltenen Rechtsmittelbelehrung musste die Beschwerdeführerin sich aber auch ohne derartigen Hinweis darüber im Klaren sein, dass im Anschluss an den Erhalt der - deutlich als solche gekennzeichneten - Zuschlagsbegründung nunmehr innert Frist die von ihr in Aussicht gestellte Rekursbegründung bzw. ein "Rekurs samt Begründung" (§ 30 BeG/BS) einzureichen war. Dass das Verwaltungsgericht nicht bereits in der Eingabe vom 13. Juli 2005, worin der - nach § 8 lit. i BeG/BS an sich zulässige - Einwand des unlauteren Wettbewerbs unter Hinweis auf die eingereichte Kopie einer Patentschrift ohne konkrete sachbezogene Erläuterungen bloss angekündigt worden war, eine grundsätzlich taugliche bzw. nach Massgabe von § 22 VRPG/BS verbesserungsfähige Rekursbegründung erblicken wollte, lässt sich verfassungsrechtlich nicht beanstanden (vgl. dazu auch BGE 131 II 449 E. 1.3 zu Art. 108 Abs. 2 OG). Wer den in einem Submissionsverfahren ergangenen Zuschlagsentscheid auf dem Rechtsmittelweg anfechten will, hat, auch wenn er ohne Anwalt handelt, die prozessualen Regeln mit der gebotenen Aufmerksamkeit zu beachten. Dass das Verwaltungsgericht den aufgrund der Rechtsmitteleingabe vom 13. Juli 2005 eingeleiteten Schriftenwechsel fortsetzte und dem von der Beschwerdeführerin nachträglich beigezogenen Anwalt Frist zur Einreichung einer Replik ansetzte, statt nach der unterbliebenen Einreichung einer detaillierten Beschwerdebegründung sofort einen Nichteintretensentscheid zu fällen, lässt sich unter dem Gesichtswinkel der angerufenen Verfassungsgarantien ebenfalls nicht beanstanden. Wohl wäre eine klarere Abwicklung des Verfahrens wünschbar gewesen, doch kann wegen der der Beschwerdeführerin anzulastenden Unterlassungen weder von überspitztem Formalismus noch von einer Verletzung des Willkürverbotes die Rede sein.
3.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie hat zudem der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 OG). Dem (im kantonalen Verfahren anwaltlich vertretenen) Sicherheitsdepartement, welches auf Gegenbemerkungen verzichtet hat, steht keine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 2 OG, analog).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- auszurichten.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Sicherheitsdepartement und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. Oktober 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: