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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_370/2022  
 
 
Urteil vom 24. November 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter von Werdt, Schöbi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Kantonsgericht von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, 
Poststrasse 14, 7002 Chur, 
Beschwerdegegner, 
 
Betreibungsamt der Region Maloja, 
Chesa Ruppanner, 7503 Samedan. 
 
Gegenstand 
Neuschätzung von Grundstücken durch einen Sachverständigen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurs-kammer als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 5. Mai 2022 (KSK 22 12). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 16. März 2022 stellte das Betreibungsamt der Region Maloja B.________ (Schuldner) und der A.________ AG (Pfand-eigentümerin) die Mitteilung der betreibungsamtlichen Schätzungen der Grundstücke xxx, yyy und zzz in der Gemeinde U.________ zu. Der Schätzungsbetrag wurde auf insgesamt Fr. 5'150'000.-- für die zwei erstgenannten Grundstücke und auf Fr. 1'170'000.- für das weitere Grundstück festgelegt.  
 
A.b. B.________ und die A.________ AG wandten sich am 28. März 2022 an das Kantonsgericht von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Sie beantragten die Anordnung einer neuen Schätzung durch einen Sachverständigen. Das Kantonsgericht habe einen Vorschlag zu machen, wozu sich die Parteien äussern können. Nach Vorliegen der Neuschätzung sei ihnen Frist zur Stellungnahme und zur Einreichung von Ergänzungs- und Erläuterungsfragen an den Experten anzusetzen.  
 
B.  
Mit Entscheid vom 5. Mai 2022 hiess das Kantonsgericht das Gesuch um Neuschätzung der zur Verwertung anstehenden Liegenschaften gut. Es wies das Betreibungsamt an, nach Leistung des Kostenvorschusses eine neue Schätzung durch Sachverständige einzuholen. Die weiteren Anträge wurden abgewiesen. 
 
C.  
Die A.________ AG ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 20. Mai 2022 an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt, den kantonsgerichtlichen Entscheid aufzuheben. Sie erneuert ihre im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Rechtsbegehren. 
Mit Verfügung vom 9. Juni 2022 ist der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. 
Das Kantonsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Betreibungsamt verzichtet auf eine Stellungnahme in der Sache. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in SchK-Sachen, welche über das Gesuch um Neuschätzung durch einen Sachverständigen entschieden hat, ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Die im kantonalen Verfahren unterlegene Beschwerdeführerin ist als Grundpfandeigentümerin zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 148 V 174 E. 2.2).  
 
2.  
Anlass zur Beschwerde gibt die Zuständigkeit hinsichtlich der Neuschätzung von Liegenschaften in einem grundpfandrechtlichen Zwangsverwertungsverfahren. 
 
2.1. Gegen Vorschuss der Kosten kann jeder Beteiligte innert zehn Tagen bei der kantonalen Aufsichtsbehörde eine Neuschätzung durch einen Sachverständigen verlangen (Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 99 Abs. 2 VZG). Eine Begründung hierfür braucht es nicht (BGE 145 III 487 E. 3.3.3).  
 
2.2. Die Vorinstanz hat das fristgerecht eingereichte Gesuch um Neuschätzung der zur verwertenden Liegenschaften ohne weiteres gutgeheissen. Alsdann hat sie das Betreibungsamt angewiesen, nach Leistung des Kostenvorschusses über die betroffenen Liegenschaften eine neue Schätzung durch Sachverständige einzuholen. Für dieses Vorgehen verwies sie auf ihre Praxis, wonach der Antrag auf eine Neuschätzung an das Betreibungsamt zurückgewiesen werde. Zudem falle die Einsetzung eines Sachverständigen nicht in die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde. Die weiteren Anträge des Beschwerdeführers betreffend die Durchführung der Neuschätzung wies die Vorinstanz ab.  
 
2.3. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz die Verletzung des rechtlichen Gehörs vor (Art. 29 Abs. 2 BV). Sie habe ihren Entscheid nicht genügend begründet. Insbesondere gehe daraus nicht hervor, weshalb sie die Einsetzung des Sachverständigen dem Betreibungsamt überlasse und nicht selber vornehme. Worauf sich ihre Praxis stütze, werde nicht ausgeführt.  
 
2.3.1. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheides Rechenschaft geben kann und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 148 III 30 E. 3.1).  
 
2.3.2. Die Vorinstanz hat ihren Entscheid zum Ablauf einer Neuschätzung lediglich mit dem Hinweis auf ihre Praxis begründet. Einen konkreten Beleg hierfür nennt sie nicht. Zudem führt sie mit keinem Wort an, auf welcher Rechtsgrundlage sie ihre Anweisungen an das Betreibungsamt vornimmt. Es ist der Beschwerdeführerin somit nicht möglich, den kantonal letztinstanzlichen Entscheid beim Bundesgericht sachgerecht anzufechten. Dies führt bereits zur Gutheissung der Beschwerde, ohne dass die weiteren Rügen der Beschwerdeführerin über die Verletzung ihrer Parteirechte zu behandeln sind.  
 
3.  
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde Erfolg beschieden. Der angefochtene Entscheid genügt den Begründungsanforderungen nicht und wird daher aufgehoben. Die Vorinstanz wird sich mit der Sache im Sinne der Erwägungen erneut befassen. Es werden keine Kosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Graubünden hat die Beschwerdeführerin angemessen zu entschädigen (Art. 68Abs. 4 BGG; BGE 133 I 234 E. 3). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 5. Mai 2022 wird aufgehoben. 
 
2.  
Die Sache wird zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
3.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4.  
Der Kanton Graubünden hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Kantonsgericht von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, und dem Betreibungsamt der Region Maloja mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. November 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante