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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 285/05 
 
Urteil vom 25. Januar 2006 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Borella und Frésard; Gerichtsschreiber Traub 
 
Parteien 
Regionales Arbeitsvermittlungszentrum St. Gallen, Unterstrasse 4, 9000 St. Gallen, Beschwerdeführer, vertreten durch das Amt für Arbeit, Unterstrasse 22, 9000 St. Gallen, 
 
gegen 
 
A.________, 1967, Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
 
(Entscheid vom 16. August 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________, geboren 1967, meldete sich am 9. September 2004 zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an. Das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) St. Gallen wies den Versicherten am 11. November 2004 an, den Kurs "Orientierung-Kommunikation-Praktikum für Kaderleute" ("OKP-Kurs Kader") zu besuchen, bestehend aus einem "Bildungsteil" (vom 3. bis 28. Januar 2005) sowie einem Praktikum (vom 31. Januar bis 24. März 2005). Später nahm das RAV eine Umteilung vom "OKP-Kurs Kader" in den "OKP-Kurs für gut qualifizierte deutschsprachige Personen" vor. Zur Begründung dieser Vorkehr teilte es dem Betroffenen mit, inhaltlich unterschieden sich die beiden Seminare zwar kaum, indes sei die Zusammensetzung der Teilnehmer im letzteren Kurs weitaus besser auf seinen beruflichen Werdegang zugeschnitten (Schreiben vom 14. und 21. Dezember 2004). A.________ kam der Weisung zunächst nach, blieb dem Kurs aber ab dem 10. Januar 2005 fern. Am 24. Januar 2005 erschien der Versicherte wiederum im Seminar; dessen Leiterin teilte ihm alsdann mit, dass eine Fortführung des Kursbesuchs wegen des Unterbruchs nicht mehr möglich sei. Das RAV wies A.________ am 25. Januar 2005 mit seinem Einverständnis nochmals an, in der Zeit vom 7. Februar bis 29. April 2005 den Orientierungskurs für Qualifizierte zu besuchen. Diese Verfügung wurde mit Schreiben des RAV St. Gallen vom 24. Februar 2005 zufolge Krankheit des Versicherten aufgehoben. 
Mit - durch Einspracheentscheid vom 1. März 2005 bestätigter - Verfügung vom 14. Februar 2005 suspendierte das RAV St. Gallen die Anspruchsberechtigung des A.________ mit Wirkung ab dem 11. Januar 2005 für die Dauer von 25 Tagen, weil er den Kurs "ohne entschuldbaren Grund" abgebrochen habe. 
B. 
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde teilweise gut und reduzierte die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf 16 Tage (Entscheid vom 16. August 2005). 
C. 
Das Amt für Arbeit des Kantons St. Gallen führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 1. März 2005 zu bestätigen. 
A.________ lässt sich im Wesentlichen mit dem Rechtsbegehren vernehmen, der vorinstanzliche Entscheid sei zu schützen und es sei ihm gegebenenfalls eine Parteientschädigung zuzusprechen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Die Vorinstanz hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über die Pflicht der versicherten Person, auf Weisung der zuständigen Amtsstelle an arbeitsmarktlichen Massnahmen teilzunehmen, die ihre Vermittlungsfähigkeit fördern (Art. 17 Abs. 3 lit. a AVIG in der seit 1. Juli 2003 in Kraft stehenden Fassung), sowie über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung insbesondere wegen unentschuldbaren Abbruchs einer arbeitsmarktlichen Massnahme (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG, ebenfalls in Kraft seit 1. Juli 2003) richtig wiedergegeben. Dasselbe gilt hinsichtlich der verschuldensabhängigen Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 AVIV). Darauf wird verwiesen. 
2. 
Der Beschwerdegegner hat den Einstellungstatbestand von Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG unbestrittenermassen erfüllt. Streitig und zu prüfen ist, ob die von der Vorinstanz auf 16 Tage reduzierte Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung im Sinne des mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestellten Rechtsbegehrens wieder auf 25 Tage zu erhöhen oder ob eine andere Sanktionshöhe angemessen ist. 
2.1 Prüfungsmassstab bildet, neben der Vereinbarkeit mit Bundesrecht, grundsätzlich auch die Angemessenheit des angefochtenen Verwaltungsakts (Art. 132 lit. a OG). Unangemessen ist der zu überprüfende Entscheid, den die Behörde im Einklang mit den allgemeinen Rechtsprinzipien in einem konkreten Fall getroffen hat, wenn dieser zweckmässigerweise anders hätte ausfallen sollen. Allerdings darf das (erst- oder letztinstanzliche) Sozialversicherungsgericht sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen; es muss sich somit auf Gegebenheiten abstützen können, welche seine abweichende Ermessensausübung als naheliegender erscheinen lassen. Auch ist Bestrebungen der Verwaltung Rechnung zu tragen, die darauf abzielen, durch interne Weisungen, Richtlinien, Skalen usw. eine rechtsgleiche Behandlung der Versicherten zu gewährleisten. Ermessensmissbrauch (Art. 104 lit. a OG) ist gegeben, wenn die Anordnung zwar innerhalb des behördlichen Ermessensspielraums liegt, die Verwaltung sich dabei aber von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt oder allgemeine Rechtsprinzipien wie das Verbot von Willkür und rechtsungleicher Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben oder den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweisen). 
2.2 Das RAV begründete die Erfüllung des angerufenen gesetzlichen Einstellungstatbestands damit, der Versicherte sei verbindlich angewiesen worden, an einem Kurs teilzunehmen; er habe diesen aber ohne entschuldigenden Grund abgebrochen. Die gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung erfolgte Änderung der Kursbezeichnung rechtfertige dieses Verhalten nicht; der Versicherte sei über den Hintergrund der Umteilung informiert gewesen. Die mit der Einstellungsdauer von 25 Tagen gewählte Ermessensausübung wird in Verfügung und Einspracheentscheid aber nicht motiviert. Das kantonale Gericht verwies demgegenüber auf die den Durchführungsstellen vorgegebenen bundesamtlichen Richtwerte, wonach in der vorliegenden Konstellation grundsätzlich von 19-20 Einstelltagen auszugehen sei. Weiter veranschlagte es, dass der Beschwerdegegner den zunächst unterbrochenen Kursbesuch zu einem späteren Zeitpunkt aus eigenem Antrieb wieder aufnehmen wollte und sich bereit gezeigt hat, am nächsten gleichartigen Kurs teilzunehmen. Aufgrund dieser Überlegungen reduzierte die Vorinstanz die Sanktion auf 16 Tage. 
In seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde hält das RAV entgegen, der Versicherte befinde sich nunmehr bereits in der vierten Rahmenfrist. Auch angesichts des schwierigen Arbeitsmarkts in seinem Beruf - er absolvierte von April 2003 bis Oktober 2005 eine von der Invalidenversicherung finanzierte Umschulung zum Technischen Kaufmann - habe dem Beschwerdegegner bewusst sein müssen, wie wichtig ein Praktikum für die erfolgreiche Stellensuche sei. Die Bereitschaft, dem zunächst - versehentlich - verfügten Kaderkurs zu folgen, der sich im Übrigen inhaltlich kaum vom Kurs "für gut qualifizierte deutschsprachige Personen" unterscheide, erscheine nicht als glaubhaft. Der Beschwerdegegner sei nicht kooperativ und gesprächsbereit und habe verschiedene Mitarbeiter des RAV aufs Übelste beschimpft. Dies wirke sich erschwerend auf die Höhe der Einstellung aus. In Anbetracht der Umstände habe das kantonale Gericht unzulässig in das pflichtgemäss ausgeübte Ermessen der Verwaltung eingegriffen. 
2.3 Das RAV hat die vom kantonalen Gericht angeführten entlastenden Momente im Verwaltungsverfahren übergangen; im letztinstanzlichen Verfahren verneint es deren Relevanz. Die Motive und Begleitumstände des Kursabbruchs begründen zwar ein klares Verschulden des Versicherten. Doch ist den Akten nichts zu entnehmen, was die Authentizität seiner Einsicht in die Notwendigkeit, angeordnete arbeitsmarktliche Massnahmen nunmehr zu befolgen, in Frage stellen könnte. Anderseits muss im Sinne eines erschwerenden Faktors berücksichtigt werden, dass der Beschwerdegegner bereits in einer früheren Rahmenfrist für den Leistungsbezug sowohl wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit als auch wegen unwahrer Angaben in der Anspruchsberechtigung eingestellt worden war; das Eidgenössische Versicherungsgericht schützte damals den kantonalen Beschwerdeentscheid, in welchem das Mass der letzteren Sanktion von 60 auf 45 Einstelltage reduziert worden war (vgl. das Urteil C 152/03 vom 25. Juni 2004). Aus der Bestimmung von Art. 45 Abs. 2bis AVIV, wonach die Einstellungsdauer angemessen erhöht wird, wenn der Versicherte innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug wiederholt in seiner Anspruchsberechtigung eingestellt wird, folgt nicht der Umkehrschluss, dass Sanktionen in früheren Rahmenfristen ausser Betracht fallen müssten. Erscheint das Verschulden, wie hier der Fall, im Lichte von Verfehlungen aus früheren Anspruchsperioden grösser als bei isolierter Betrachtung des aktuellen Tatbestands, so widerspräche eine solche Einschränkung der Entscheidungsgrundlage dem Prinzip einer verschuldensabhängigen Bemessung (Art. 30 Abs. 3 AVIG). 
Nach dem Gesagten haben die Vorinstanzen - in entgegengesetzter Weise - entweder die entlastenden oder die verschuldenserhöhenden Umstände zu stark gewichtet. Daher ist keine der Sanktionen, auf welche bisher erkannt wurde, zu bestätigen. Das Mass der Einstellung in der Anspruchsberechtigung ist vielmehr auf 20 Tage anzusetzen: Heben sich die sanktionsmildernden und -verschärfenden Faktoren gewissermassen gegenseitig auf, so soll sich die Anordnung am Richtmass von 19-20 Einstellungstagen orientieren, wie es in den einschlägigen Regularien des Bundesamts für Wirtschaft und Arbeit (heute: Staatssekretariat für Wirtschaft) für die hier zu beurteilende Konstellation vorgesehen ist (AM/ALV-Praxis 99/1 - A1; zur Bedeutung von Verwaltungsweisungen vor allem unter dem Aspekt der rechtsgleichen Gesetzesanwendung vgl. BGE 131 V 45 Erw. 2.3, 130 V 172 Erw. 4.3.1, 232 Erw. 2.1). 
3. 
Nach ständiger Rechtsprechung hat die unverbeiständete Partei nur ausnahmsweise Anspruch auf Parteientschädigung (BGE 110 V 134 Erw. 4d; vgl. BGE 127 V 207 Erw. 4b; AHI 2000 S. 330 Erw. 5). Die Voraussetzungen, die kumulativ gegeben sein müssen, damit ein Ausnahmefall anzunehmen ist (komplexe Sache mit hohem Streitwert, ausserordentlich hoher Arbeitsaufwand, vernünftiges Verhältnis zwischen dem betriebenen Aufwand und dem Ergebnis der Interessenwahrung), sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. August 2005 und der Einspracheentscheid des RAV St. Gallen vom 1. März 2005 insoweit abgeändert, als die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf 20 Tage festgesetzt wird. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, der Unia Arbeitslosenkasse, St. Gallen, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 25. Januar 2006 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: