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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 119/02 
 
Urteil vom 25. März 2003 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard; Gerichtsschreiber Flückiger 
 
Parteien 
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Z.________, 1982, Beschwerdegegnerin, handelnd durch ihre Eltern K.________ und U.________, 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
(Entscheid vom 18. Januar 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1982 geborene Z.________ leidete an Trisomie 21 (Down-Syndrom). Die Invalidenversicherung erbrachte in diesem Zusammenhang verschiedene Leistungen. Zur Abklärung der beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten wurde vom 18. Oktober bis 5. November 1999 sowie nochmals vom 13. November bis 1. Dezember 2000 eine Schnupperlehre (Probezeit) in der Montageabteilung des A.________ durchgeführt. Der zweite Probeeinsatz erfolgte im Hinblick auf den allfälligen Antritt einer im Herbst 2001 beginnenden Ausbildung. Bei der Auswertung der Schnupperlehre (Schlussbericht vom 12. Dezember 2000) kam das A.________ jedoch zum Schluss, es sei nicht davon auszugehen, dass für die Versicherte eine praktische Ausbildung in einer Montageabteilung möglich sein werde. Die IV-Stelle Luzern lehnte daraufhin - nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens - mit Verfügung vom 16. Januar 2001 einen Anspruch auf erstmalige berufliche Ausbildung ab. 
B. 
In Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache an die IV-Stelle zurück, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre (Entscheid vom 18. Januar 2002). Das Gericht gelangte zum Ergebnis, ein Anspruch auf erstmalige berufliche Ausbildung in Form einer Tätigkeit in der Montageabteilung des A.________ bestehe nicht; die IV-Stelle hätte jedoch darüber hinaus prüfen müssen, ob in einem anderen Betrieb im Beschäftigungsbereich Anspruch auf die Vorbereitung auf eine Hilfsarbeit oder eine Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte bestehe. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die IV-Stelle die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. 
 
Die Versicherte hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf deren Gutheissung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen in Form einer erstmaligen beruflichen Ausbildung (Art. 16 Abs. 1 IVG; AHI 2002 S. 179 Erw. 3a, 2000 S. 188 Erw. 2) sowie die einer solchen gleichgestellte Vorbereitung auf eine Hilfsarbeit oder auf eine Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte (Art. 16 Abs. 2 lit. a IVG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 16. Januar 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
Auf Grund des Schlussberichts des A.________ vom 12. Dezember 2000 muss davon ausgegangen werden, dass die Versicherte im Rahmen einer Tätigkeit in der Montageabteilung dieser Institution den für die Übernahme der entsprechenden Ausbildung durch die Invalidenversicherung vorausgesetzten Mindestverdienst (AHI 2002 S. 179 Erw. 3a, 2000 S. 188 Erw. 2, je mit Hinweisen) nicht erreichen könnte. Dies ist letztinstanzlich unbestritten. 
 
Streitig und zu prüfen ist dagegen, ob das kantonale Gericht die Sache zu Recht an die Verwaltung zurückgewiesen hat, damit diese prüfe, ob in einem anderen Betrieb im Beschäftigungsbereich zumindest ein Anspruch auf Vorbereitung auf eine Hilfsarbeit oder auf eine Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte (Art. 16 Abs. 2 lit. a IVG) bestehe, und über die in der Stellungnahme der Eltern der Versicherten vom 3. Januar 2001 angesprochene Unterbringung in der Werkgruppe H.________ entscheide. 
3. 
3.1 Nach der Rechtsprechung wahrt die versicherte Person mit der Anmeldung alle nach den Umständen vernünftigerweise in Betracht fallenden Leistungsansprüche. Die Abklärungspflicht der IV-Stelle erstreckt sich auf die nach dem Sachverhalt und der Aktenlage im Bereich des Möglichen liegenden Leistungen. Insoweit trifft sie auch eine Beschlusses- bzw. Verfügungspflicht (BGE 111 V 264 Erw. 3b; AHI 1997 S. 190 Erw. 2a). 
Der Anfechtungsgegenstand des Rechtsmittelverfahrens umfasst zunächst diejenigen Rechtsverhältnisse, über welche die Verwaltung in der Verfügung tatsächlich eine Anordnung getroffen hat. Zum beschwerdeweise anfechtbaren Verfügungsgegenstand gehören aber - in zweiter Linie - auch jene Rechtsverhältnisse, hinsichtlich deren es die Verwaltung zu Unrecht unterlassen hat, verfügungsweise zu befinden. Dies ergibt sich aus dem Untersuchungsgrundsatz und dem Prinzip der Rechtsanwendung von Amtes wegen, welche für das gesamte Administrativverfahren der Invalidenversicherung massgeblich sind (BGE 116 V 26 Erw. 3c mit Hinweis). 
3.2 In der Verfügung vom 16. Januar 2001 wird ausgeführt, die IV-Stelle habe auf Grund des Gesuchs der Versicherten den Anspruch auf berufliche Massnahmen geprüft. Gemäss den Abklärungsergebnissen der beiden Schnupperlehren im A.________ von Oktober 1999 und November 2000 werde die Versicherte in der ihr zur Verfügung stehenden Ausbildungszeit voraussichtlich keine wirtschaftlich ausreichend verwertbare Arbeitsleistung erreichen können. Damit seien die Voraussetzungen für eine erstmalige berufliche Ausbildung nicht erfüllt. In einem vorangegangenen Brief vom 10. Januar 2001 hatte die IV-Stelle - als Antwort auf ein Schreiben der Eltern der Versicherten vom 3. Januar 2001, in welchem ein Platz in der Werkgruppe in H.________ beantragt worden war - erklärt, sie könne dem Anliegen der Versicherten nicht entsprechen, biete jedoch bei einer eventuellen Platzierung nach der Sonderschulzeit in einer anderen Institution im Rahmen des Möglichen ihre Dienste an. In den nächsten Tagen werde der definitive Entscheid betreffend eine erstmalige berufliche Ausbildung im B.________ erlassen (die Stiftung B.________ ist die Betreiberin des A.________). Aus dem Text der Verfügung in Verbindung mit dem wenige Tage zuvor verfassten Schreiben wird deutlich, dass die Verwaltung mit der angefochtenen Verfügung einzig über eine erstmalige berufliche Ausbildung im A.________ entschieden hatte. 
3.3 Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass der Hinweis im Schlussbericht des A.________ vom 12. Dezember 2000, wonach ein Arbeitsangebot im Beschäftigungsbereich eher den Fähigkeiten der Versicherten entspreche, genügenden Anlass bot, einen Anspruch auf berufliche Massnahmen gemäss Art. 16 IVG im Beschäftigungsbereich eines anderen Betriebs zu prüfen (entgegen den Ausführungen des BSV in seiner Vernehmlassung beziehen sich die Erwägungen des kantonalen Gerichts nicht auf den Beschäftigungsbereich des A.________). Die IV-Stelle war deshalb gehalten, die für die Beurteilung eines diesbezüglichen Anspruchs erforderlichen (zur Zulässigkeit einer antizipierten Beweiswürdigung BGE 124 V 94 Erw. 4b; SVR 2003 IV Nr. 1 S. 1 Erw. 2 mit Hinweisen) Abklärungen zu treffen und nach deren Abschluss in Verfügungsform zu entscheiden. Ebenso war auf Grund des Schreibens der Eltern der Versicherten vom 3. Januar 2001 über den darin gestellten Antrag zu befinden, woran der Umstand nichts ändert, dass sich die IV-Stelle dazu bereits im Schreiben vom 10. Januar 2001 geäussert hatte. Das kantonale Gericht hat daher die Sache zu Recht an die IV-Stelle zurückgewiesen und die Beschwerde insoweit gutgeheissen. Dagegen bestand kein Anlass, die Verfügung vom 16. Januar 2001, mit welcher zu Recht ein Anspruch auf erstmalige berufliche Ausbildung in der Montageabteilung des A.________ verneint worden war, aufzuheben. Das Dispositiv des vorinstanzlichen Entscheids ist diesbezüglich zu präzisieren. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 25. März 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: