Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
C 284/05
Urteil vom 25. April 2006
III. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Hadorn
Parteien
N.________, 1967, Beschwerdeführer, vertreten
durch die Protekta Rechtsschutz-Versicherung AG, Monbijoustrasse 68, 3007 Bern,
gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Brunngasse 6, 8400 Winterthur, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 30. August 2005)
Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 19. Mai 2004 verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich den Anspruch des N.________ (geb. 1967) auf Arbeitslosenentschädigung ab 5. Februar 2004. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 1. Juli 2004 fest.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. August 2005 ab.
N.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es sei ihm Arbeitslosenentschädigung zuzusprechen.
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Im Einspracheentscheid sind die gesetzlichen Vorschriften zur Mindestbeitragsdauer von 12 Monaten (Art. 13 Abs. 1 AVIG) innerhalb der entsprechenden Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 3 AVIG) als Voraussetzung für den Leistungsbezug (Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG) sowie die Rechtsprechung zu den beweismässigen Anforderungen an den Nachweis der tatsächlichen Lohnauszahlung (ARV 2004 S. 115 [Urteil M. vom 28. Februar 2003, C 127/02], ARV 2002 S. 116 [Urteil J. vom 5. Juni 2001, C 316/99]; vgl. nunmehr auch BGE 131 V 447 Erw. 1.2) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer in der massgebenden Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 5. Februar 2002 bis 4. Februar 2004 rechtsgenüglich eine mindestens 12-monatige beitragspflichtige Beschäftigung nachweist.
2.1 Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung unter dem Gesichtspunkt der erfüllten Beitragszeit nach Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 AVIG ist grundsätzlich einzig die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung während der geforderten Dauer von mindestens 12 Beitragsmonaten (BGE 131 V 453 Erw. 3.3). Diese Tätigkeit muss genügend überprüfbar sein. Dem Nachweis tatsächlicher Lohnzahlung kommt dabei nicht der Sinn einer selbstständigen Anspruchsvoraussetzung zu, wohl aber jener eines bedeutsamen und in kritischen Fällen unter Umständen ausschlaggebenden Indizes für die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung (BGE 131 V 453 f. Erw. 3.3 in fine).
2.2 Unbestrittenermassen hat der Versicherte vom 1. Juni 2001 bis Ende August 2003 als Geschäftsführer in der Firma X.________ GmbH (seit 18. Juli 2003: Y.________ GmbH) gearbeitet und eine Tankstelle betrieben. Ab 5. Februar 2004 beansprucht er Arbeitslosenentschädigung. Verwaltung und Vorinstanz kamen zum Schluss, dass der Lohnfluss für die erwähnte Arbeitstätigkeit nicht ausreichend dargetan sei.
2.3 In den Akten liegen verschiedene Unterlagen zur Tankstelle Z.________, welche der Beschwerdeführer im Auftrag der Firma Q.________ betrieben hat. Diese enthalten u.a. einen Arbeitsvertrag für Tankstellenpersonal vom 1. Juni 2001, ein Betriebs-Budget mit Gewinnverteilungs-Schlüssel, einen als "Anhang Nr. 1" bezeichneten Vertragsbestandteil mit Abmachungen bezüglich der vom Versicherten geschuldeten Abgaben an die Firma Q.________, Treibstofflieferungen durch die Firma Q.________, Richtpreise und Öffnungszeiten, sowie eine Kündigung vom 31. Juli 2003. Auf Grund dieser Unterlagen kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass der Beschwerdeführer die angegebene Arbeitstätigkeit ausgeübt hat.
2.4 Unklar ist hingegen, welchen Lohn er für diese Tätigkeit erhalten hat. In den Akten befinden sich monatliche Lohnabrechnungen für die Zeitspanne von Juni 2002 bis Juni 2003. Diese enden jeweils mit dem Vermerk "Betrag erhalten + Datum", sind aber nicht unterschrieben. Sie vermögen für sich allein nicht zu belegen, dass der Versicherte die darin aufgeführten Nettolohnbeträge wirklich bar erhalten hat, wie er behauptet. Auch stimmen die Zahlen der Abrechnungen bei keinem Monat mit den im Kontoauszug "Sachkonten, Konto Nr. 400, Löhne" der Arbeitgeberfirma vermerkten angeblichen Zahlungen an ihn überein. Vielfach weichen die Beträge nur um wenige Franken voneinander ab (z.B. Lohnabrechnung Juni 2002: Fr. 12'005.75; Betrag laut Lohnkonto Nr. 400 Fr. 12'000.-; Abrechnung Juli 2002: Fr. 10'017.20, Betrag laut Lohnkonto Fr. 10'000.-). Indessen gibt es auch grössere Differenzen (Lohnabrechnung Mai 2003: Fr. 6311.20; Betrag im Lohnkonto 400 Fr. 7000.-), und trotz des angeblich Ende Oktober 2002 ausbezahlten Nettolohnes von Fr. 15'006.70 findet sich im Lohnkonto 400 für diesen Monat überhaupt kein Eintrag mit dem Namen des Versicherten. Die Zahlen in den monatlichen Abrechnungen sind sodann nicht in Übereinstimmung zu bringen mit den Eingängen, die sich auf den Privatkonten des Beschwerdeführers bei der Bank A.________ finden. Im Weiteren hat die Arbeitgeberfirma am 20. Februar 2004 und nochmals am 1. Juni 2004 je einen Lohnausweis ausgestellt, wonach der Versicherte vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 (laut zweitem Lohnausweis bis 31. August 2003) brutto Fr. 60'916.- verdient habe. Diese Zahl stimmt nicht mit den Bruttolöhnen gemäss den monatlichen Abrechnungen von Januar bis Juni 2003 überein, deren Addition lediglich Fr. 53'650.- ergibt, und weicht ebenfalls von den im Lohnkonto 400 vermerkten Beträgen ab. Selbst bei Berücksichtigung von weiteren Fr. 6700.- (Eintrag vom 31. Juli 2003 auf Lohnkonto 400) stimmen die Schlusszahlen nicht überein.
2.5 Angesichts all dieser Unstimmigkeiten sind die vom Beschwerdeführer vorgelegten Akten nicht geeignet, betragsmässig einwandfrei bestimmbare Lohnzahlungen zu belegen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung zu verneinen wäre. Dem Nachweis tatsächlicher Lohnzahlungen kommt nach der Rechtsprechung (BGE 131 V 453 Erw. 3.3 letzter Absatz) nicht der Sinn einer selbstständigen Anspruchsvoraussetzung für den Bezug der erwähnten Leistung zu, sondern derjenige eines bedeutsamen, in kritischen Fällen ausschlaggebenden Indizes für die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung. Vorliegend steht nach dem in Erw. 2.3 hievor Gesagten fest, dass der Beschwerdeführer eine solche Beschäftigung während mehr als 12 Monaten ausgeübt hat. Der fehlende Nachweis des exakten Lohnes führt daher nicht zur Verneinung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung, sondern wird erst bei der Festsetzung des massgebenden versicherten Verdienstes zu berücksichtigen sein. Hiebei ist festzustellen, dass die Verwaltung das Mögliche und Zumutbare an Abklärungsmassnahmen noch nicht ausgeschöpft hat. Es drängt sich auf, die frühere Mitgesellschafterin und Lebenspartnerin des Beschwerdeführers als Auskunftsperson zu befragen. Sodann ist mittels Beizug eines aktualisierten Individuellen Kontos abzuklären, ob und gegebenenfalls auf welchen Lohnbeträgen im Jahr 2003 die gesetzlichen AHV-Abgaben entrichtet worden sind. Das in den Akten enthaltene Individuelle Konto weist nur Beiträge bis Ende 2002 aus. Die Sache ist daher an die Verwaltung zurückzuweisen, damit sie diese Abklärungen vornehme und hernach erneut über den Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosenentschädigung verfüge. Allfällige nicht auszuräumende Unklarheiten hinsichtlich der exakten Lohnhöhe werden beim versicherten Verdienst Konsequenzen zu Ungunsten des Beschwerdeführers haben.
3.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Der durch eine Rechtsschutzversicherung vertretene Beschwerdeführer hat zufolge Obsiegens Anspruch auf eine Entschädigung (Art. 159 Abs. 1 OG; Urteil H. vom 27. Januar 1992, K 44/91).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. August 2005 und der Einspracheentscheid vom 1. Juli 2004 aufgehoben werden und die Sache an die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Entschädigung von Fr. 2000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
4.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine Entschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenversicherung, Zürich, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 25. April 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: